Die Geschichte vom schlauen Stuhl
Oftmals stehen in den Ecken,
grosse, kleine, weich und hart,
die zum Sitzen oder Strecken,
Stühle einzeln, auch gepaart.
Bin jüngst solchem Exemplare
auf der Strasse live begegnet,
sehr solide Möbelware,
starkes Teil, mit Stolz gesegnet.
Als wir uns so vis a vis
wiederfanden, sehr spontan,
plauderte das Sitzgenie
mich von seiner Seite an.
Ja, er sei grad abgehauen,
und kein Freund der Pandemie,
ständig leer und trostlos schauen,
nirgendwo Sitzgarantie.
Erst stand er in einer Ecke,
dann ward er hervor gezerrt,
Kinderlachen und Geplärre
hätte er sehr gern gehört.
Doch das war noch längst nicht alles
plötzlich musst er Kleider tragen,
graue Felle für den Fall, dass
sich ein Gast würd’ zu ihm wagen.
Wochen gingen so ins Land,
Winterzeit zog Stimmung runter,
da, sehr plötzlich unverwandt,
wurde sein Besitzer munter.
Lief ganz aufgeregt durchs Haus,
rückte alle Möbel grade,
wusch sogar Gardinen aus,
dachte Stuhl, jetzt bleibts nicht fade.
Doch nach all dem regen Tun,
stellte man auf ihn ein Bild,
Halb-Akt einer Frau aus Thun,
grelle Farben ziemlich wild.
So ging es mit allen Stühlen
überall Fotografie,
echtes Menschenkinderfühlen,
fehlt so schrecklich wie noch nie.
Und so nahm er dann Reißaus,
will nun in den Süden reisen,
dort plant er dann frei heraus
sich am Strande anzupreissen.
Lange hab ich nachgedacht,
als der Stuhl schon längst entschwunden,
er gehört nicht ausgelacht,
fühlte mich mit ihm verbunden.
Deshalb plane ich jetzt auch
mich gen Süden zu bewegen,
spüre schon Sehnsucht im Bauch,
will am Strand zum Stuhl mich legen.
Und vielleicht kommt eine Welle
und der Stuhl mit mir an Bord,
bricht dann auf zur Wohlfühlstelle,
irgendwo und sehr weit fort.