Märchen-Haft
(eine Geschichte für jung gebliebene Kinder jeden Alters)Als die Schere „Schnippschnapp“, die Nadel „Pieks“ und der Hammer „Bummbumm“ einmal einen Ausflug machen wollten, da waren sie sich völlig uneins darüber, wohin, wie und wann es abgehen sollte. Das stimmte sie nachdenklich. Die Schere schnitt zornig an irgendwelchen Haaren herum, die Nadel öffnete weit ihr Öhr, um eventuell ein Kamel durchzulassen und der Hammer tat, als schmiede er eifrig an seinem Glück.
Die Sonne lachte gackernd dazu und lud alle zum fröhlichen Reisen ein, wobei sie mit kleinen, weißen Federwölkchen winkte. Aber die Uneinigkeit unter den Reisewilligen wuchs noch an, nachdem sich auch die Hexe „Besenresi“ und der Frosch „Glupschauge“ angemeldet hatten.
Nun war man sich nicht einmal mehr sicher, ob man das Auto „Stinkie“, das Schiffchen „Schlurfi“, das Flugzeug „Flattermann“, oder das Bähnchen „Pfeiff“ nehmen sollte. Sie waren zwar alle begeistert und boten sich willig an, aber damit hatte es sich auch schon!
Besenresi meinte „Ihr habt doch alle auf meinem Resi-Besen Platz!“. Doch Glupschauge gab zu, immer dann Angst zu bekommen, wenn alles höher war, als er weitspringen konnte, weshalb auch Flattermann nicht Betracht käme. „Der würde mich vielleicht aus Versehen abwerfen“, jammerte er.
Der Hammer Bummbumm klopfte jetzt nervös auf dem Boden herum. „Bummbum“ machte er und noch einmal: „Bummbumm! – ihr seid doch behämmert, wenn ihr euch nicht einfach auf Schlurfi setzt und fröhlich absegelt“.
„Ich kann euch aber nicht alle mitnehmen“, meinte Schlurfi furchtsam. „Die Besenhexe Resi schon, aber Schnippschnapp bestimmt nicht. Da bleibt ja der Wind „Blasi“ nicht mehr in meinem Segel hängen, wenn die Schere daran herumschnippelt. Und den Bummbumm nehme ich auch nicht mit, der schmiedet mir am Ende noch Löcher in meinen Rumpf!“ Der Glupschaugenfrosch darf aber mitfahren. Er ist wenigstens ein guter Schwimmer“.
Blasi blies eine Melodie zu den Worten Schlurfis und Pieks stocherte in einem Heuhaufen herum, als gehe es darum, darin noch andere Nadeln zu finden.
Seiner langen Ohren wegen hatte „Poppel“, der Hase, wieder einmal alles mitgehört. Schnalzend trennte er sich von einer Häsin, mit der er gerade – unter anderem – geredet hatte. Er kam neugierig herbei. Poppel galt als ungeheuer abenteuerlustig!
„Ich wiww auch maw!“ fiffte (zischte) er schartig. „Das wissen wir, du willst doch andauernd!“ meckerte Resi und umklammerte ihren Besen, als wäre er langohrig. Blasi guckte verschämt in den Himmel. Der Himmel räusperte sich, aber er hieß nur „Himmel“ und hatte sonst keinen Namen. Auch nicht „Siebter“.
Sein Räuspern weckte den Igel „August“ auf. Von ihm wusste man, daß er sich schwer für Poppel interessierte, weshalb er ihm überall obligatorisch zuvorkam. Und das nicht nur in Fabeln. Wohin Poppel auch hoppste, August war bereits vor ihm da.
Pfeiff pfiff laut, denn er war gerade in einen Lokomotiefschlaf verfallen. Diese unentschlossene Gemeinde langweilte ihn. Schließlich sollten allen die Vorteile der Einbahn (wie Pfeiff sich selber nannte) doch endlich unmissverständlich klar sein.
In seinen Waggons „Hin“, „Häng“ und „Er“ (dies konnte man so oft wiederholen wie man wollte) hatte Platz was da stach, oder bestochen werden wollte, was behämmert oder beladen war, was man getrost für eine Hexe halten durfte, samt Besen versteht sich, was Glupschaugen hatte, was sich begeistert mit Poppen beschäftigte, was sich um nichts oder alles scherte, oder bereits geschoren war, was Ernst oder August hieß, was wie ein Mann flatterte, wem alles oder nichts stank, usw.
Es würde schon alles befördert werden: Der Offizier zum Gentleman und umgekehrt. Was also gab es da noch für eine Frage?! Ja, sogar Blasi konnte sich eines Pfeifen nicht enthalten, entweder durch, respektive wegen der Schaffnerin „An“, oder durch die geöffneten Fenster herein oder heraus, ganz wie ihm beliebte. Der Himmel sogar war stets mit von der Partie und zwar immer der gleiche – es gibt ja auch keine zwei – nur die Erlebnisse würden unter ihm vorbeirauschen wie nichts sonst, bzw. das Leben selbst. Und dazu durfte, neben vielem Anderem, die Sonne gackernd lachen und mit Federwölkchen winken, solange sie nur wollte.
Alle sahen ein, wie sehr Recht Pfeiff doch hatte – und sie bestiegen seine Waggons! An allen Stationen stiegen noch weitere kuriose Passagiere, die von dem lustigen Unterfangen gehört hatten, hinzu: Gieraffen, Ele- und Zwöle- wie auch En-Fanten, Elf- und Zwölfriede, Hinz und Kunz, Ene, Mene und Tekel, sogar Kata kam und sang, zur Freude der Mitfahrenden sämtliche Strophen der alten Lieder neu, der er nur kannte.
Bald wurde die Fahrt zu einem Kommen, wenn es nur ging, manchmal kamen mehrere gleichzeitig und alle waren am Ende glücklich darüber, wie mit Nadeln zu sticheln, oder gestichelt zu werden, ihr Glück zu schmieden, solange Bummbumm der Hammer auch nur in ihrer Nähe war, ihre Stinkies auf dem Transportwaggon zu parken, Igel zu bürsten, oder Hase zu sein und mit Blasi um die Wette zu pusten, sobald ein Kuchen hereingetragen wurde, oder einfach etwas herumstand.
Und wenn wir gut genug aufpassen, in der Schule des Lebens, die überall dort angesiedelt ist, wo es Einbahnstationen, der hier beschriebenen Art gibt, dann hören wir ihn noch immer, wie eine Nachtigall trappsen, schnaufen und pfeifen, den, der alle mitnimmt auf seinem Weg, den Zug der Zeit, der mit sämtlichen Anhängern und uns, über die Gleise, unter unserem Himmel rauscht, wo an jeder Station gerufen wird: „Bitte zügig aus- oder zusteigen und Türen schließen…es wollen noch viele mit! Besen sollten, wenn möglich außen vor, wie auch innen zurück bleiben, es sei denn sie kehrten gut“.
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