Das zweite Kapitel.
Es war ein unwirklicher Novembermorgen.Nebelschwaden krochen dunkel durch die Gassen, unweit der Sechsundzwanzigsten Strasse, dort wo das Grauen damals sein vorläufiges Ende fand.
Ein alter Mann lief langsam, leicht humpelnd zu einem der Fabrikgebäude.
Mit einem leisen, fast schon krächzenden Geräusch führe er einen Schlüssel in das Schloss. Klackend, wie ein altes Uhrwerk, gaben die Bolzen den Weg frei, und er öffnete die Tür.
Modriger Geruch stieg ihm in die Nase, doch schien ihn dies nicht weiter zu irritieren.
Zielstrebig lief er an altem Gerümpel vorbei zu einem Verteilerkasten, auf dem in abgeblätterten Buchstaben das Wort "General Electric" nur noch zu erahnen war.
Gleich einem Ritual betätigte er die Sicherungsschalter. Einen nach den anderen.
Surrend flackerte die Neonbeleuchtung auf und glühend rote Buchstaben erhellten die noch dunkle Strasse: "Eddy Malone's Pawn Shop"
Eddy Malone war einer von vier Söhnen italienischer Einwanderer, wie sie in den Zwanziger Jahren zuhauf in New York ankamen. Schon bald interessierte er sich für Antiquitäten, besonders wenn diese den gewissen Reiz des Unbekannten, nicht Alltäglichen ausmachten. Seine Liebe galt jedoch dem Blues, und er konnte die Menschen mit seinen Erzählungen geradezu in einen mystischen Bann ziehen.
Doch die Jahre vergingen und schon bald interessierte sich niemand mehr für den Blues und seine Schätze. Ausser einige wenige Eingeweihte verirrte sich kaum jemand mehr in diese unwirkliche Gegend und so beschloss Eddy vor zwei Jahren, das Internet mit seinen zahlreichen Auktionsportalen für sich zu nutzen, um wenigstens das eine oder andere Kleinod verkaufen zu können.
Heute sollte er eine ganz besondere Lieferung erhalten.
Ein Mitarbeiter der New York Wrecking Company, eines der zahlreichen Abbruchunternehmen, rief ihn gestern an, dass sie einen Container voller Dinge hätten,
die er umsonst bekommen könnte. Eddy willigte ein.
Zischend nahm Eddy die Blechkanne von dem kleinen Zweiflammer und goss heisses Wasser in seine Tasse, die er, wie jeden Morgen bereits mit einem Löffel Instant Kaffee und zwei Löffeln Zucker befüllt hatte. Dann rückte er seine Brille zurecht und lief leise pfeifend zur Hintertür, die zur Laderampe führte. Knarrend öffnete er die Tür und seine Augen leuchteten. Der Container war bereits eingetroffen.
Kleine Schweissperlen bildeten sich auf seiner Stirn und seine Mundwinkel zuckten voller Vorfreude, als er die Plane langsam beiseite zog.
Seine Augen erstarrten.
Mit Walze und Schablone aufgetragenen Buchstaben gaben den Herkunftsort des Containers preis:
LOST HERO
...wird fortgesetzt...
© nach einer Idee von Maurice De Winter & Bob Michaels