„Es gibt schon schöne Wörter. Und man kann sie schön verpacken.
Ein Riesenproblem, in der Tat! Ich habe es versucht, 2016. In einer Geschichte, die nicht so kurz ist. Doch, ich weiß auch nicht... lest selbst. (Hintergrund: Eine Prostituierte, die gerade frisch aus der Ukraine angekommen ist, stellt sich beim "Berliner Paten" vor)
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... Er nickte ihr zu und deutete auf die Stiefel, sie bückte sich und zog sie aus und er konnte in ihrem Schritt erkennen, was vorher nicht sichtbar gewesen war. Ihm wurde warm und er räusperte sich.
„Hast Du Dich operieren lassen, irgendwo?“
Sie schlug die Augen nieder und machte eine verneinende Geste. Auch ihre Fesseln waren schlank und endeten in kleinen, wohlgeformten Füßen.
„Warum? Sind Euch irgendwo Narben aufgefallen?“
Er schüttelte den Kopf.
„Nein, eben nicht. Alles an Dir wirkt so … perfekt. Auch Deine … Möse.“
Er konnte sich nicht erinnern, jemals beim Aussprechen dieses für ihn so alltäglichen Wortes gestockt zu haben, doch für das, was zu sehen gewesen war, als sie sich gebückt hatte, klang dieser rüde Gassenausdruck viel zu vulgär – und unpassend.
Sie lachte auf. Dann hielt sie inne, deutete auf die beiden Bodyguards und bat mit ihrem Blick um die Erlaubnis, näher kommen zu dürfen. Er nickte und winkte sie heran. Sie setzte sich vor ihm auf den Tisch, lehnte sich zurück, stützte sich mit den Ellbogen ab, winkelte ihre Beine an und spreizte sie – direkt vor seinen Augen.
„Meint ihr das hier mit Möse?“
Ihre Stimme klang belustigt. Er ließ sich auf seinen Sessel fallen. Beugte sich vor. Rollte näher heran, ganz nah, bis er sie riechen konnte. Nein, verbesserte er sich, sie roch nicht – sie duftete. Und das hier durfte man keinesfalls 'Möse' nennen. Vagina oder Scheide klangen ihm zu klinisch, Muschi zu verspielt. Nein, das hier war etwas Heiliges. Er kramte in seinem Gedächtnis nach weiteren Begriffen, doch zu seinem Bedauern kamen ihm nur noch weniger passende Ausdrücke in den Sinn: Fotze, Pussy, Fut, Loch, Dose, Pflaume…
„Mein Gott … nein, Möse passt nicht. Oh, wie wunderhübsch! Wie zart! Wie …“
Er fand keine Worte. Svetlana richtete ihren Oberkörper etwas auf – auch jetzt bildeten sich keine sichtbaren Hautfalten auf ihrem Bauch – und suchte seinen Blick. Als er ihr endlich in die Augen sah, nickte sie ihm aufmunternd zu.
„Ihr dürft sie gerne berühren. Ich mag das … und es steht Euch ohnehin zu, wenn Ihr mich unter Euren Schutz nehmen werdet, Igor Borotschew!“
Er sah sie an, als wenn sie japanisch gesprochen hätte. Dann begriff er und senkte sein Gesicht in diesen Körperteil, zu dem ihm die passende Bezeichnung immer noch fehlte. Und spürte ein inneres Lachen, eine Freude, eine Helligkeit – er sprang auf und umarmte das überraschte Mädchen, das breitbeinig auf seinem Schreibtisch saß.
„Ich glaube, ich verstehe Dimitrij Boskodan! Hast Du ihm das auch gestattet? Ach, egal: Darf ich noch einmal?“
Er war außer sich und sie nickte lächelnd. Er gab sich dem Vergnügen lange hin, spielte mit Fingern, Zunge, Lippen, an ihr und in ihr, war völlig vernarrt in diese zarte, anmutige, betörende und wohlschmeckende Öffnung, für die er immer noch keinen Namen gefunden hatte. Endlich blickte er wieder in Svetlanas Gesicht. Sein Kinn glänzte feucht und seine Augen leuchteten.
„Wie hat er sie genannt? Dimitrij, meine ich?“
Er deutete unbeholfen auf zarten Spalt zwischen ihren Beinen. Sie brachte es fertig, ein klein wenig zu erröten.
„Oh, er hat sich einer anderen Kultur bedient. Er hat ein Wort aus dem Altindischen benutzt…“
Igor Borotschew nickte atemlos und leckte sich die Lippen.
„Ja, und?“
„Yoni. Er nannte sie Yoni.“ ...
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Ich weiß nicht, ob es gelungen ist. Aber seinerzeit stand ich vor genau jenem Problem: Ich wollte die Gossensprache nicht benutzen, obwohl sie doch irgendwie dazugehört.
Ein Dilemma, fürwahr.