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Sodo - das Mutantencorps

**st
Sodo - das Mutantencorps
Namen,Orte, Begriffe

Sodo spielt 2394nCh eurokanadisch (afroindisch/ amerarabische Zone/ chinorussische Föderation)

Mila En hat Flügel einen roten Federschopf, einen Schnabel und die Scharfsicht eines Raubvogels.

Loup ist teilweise Wolf.

Rübezah oderl Alb(ert) hat Wandlungs-Fähigkeiten vom Chamäleon. Er kann blitzschnell Distanzen überwinden.

Rät oder Miez hat Flughäute und Krallen. Kann wie eine Katze klettern.

Jade ist dunkelgrün, hat Nachtsicht.
Beherrscht Kristallpiezokommunikation und den Transport über Kristalle und Metalle.

Ponton hat Unterwassersuperkraft muss nass sein, sonst Schlaf

Obelix, Öchsle oder Tetra Weißwein ist sein Zaubertrank

Dragon hat Augentunnelblick. Der erzeugt tödliche Hitze bei Augenkontakt. Berühren lassen hilft.

BibaNell Emoradarbiber. Kann über Emotionen und Farben Kontakte/ Kommunikation herstellen

Letuchmysch Fledermaus mit Verstand. Morsekommunikation

Boris "Granate" Babakulow ist Ulukbek (Uluk) Schamane und Soldat, Frau Ainur (Mondstrahl), Sohn Tilek (Wunsch), Kirgise
kann durch Augen von Tieren sehen und ihre Emotionen spüren, sie lenken.

Umnai Name der Erdgöttin

Tenger Name von Gott

Tulpipo / Finnland (Sodo-Lager)

Ruuvaoia (Supermarkt)
Oulo (nördlichste Großstadt Europas)

Kommandeur Oberst Karhupatja
**st
Sodoggenifiziert
Trotzig schüttelt Mila ihre rote Federmähne und kickt gegen den Türsturz. "Was hat sich dieser räudige Hundesohn von Loup nur dabei gedacht?"

Seit zweihundert Jahren war die Sodogenisierung nun schon verboten. Alle Exemplare der damaligen Retortenschlacht, wie die Historiker diese weitere unrühmliche Zeit der Erdlinge nennen, waren längst gestorben. Nur der ein oder andere alterungsresistente Nachkomme eines Sodomischlings belebte noch das Stadtbild. Allerdings fallen diese nicht auf, da besonders langweilige Menschen durch die chirurgischen Fortschritte ermuntert, heute vermehrt tierisch exotische Attribute zeigen. Doch eines ist schon lange klar: Sodomischlinge und ihre Nachkommen genießen seit dieser Zeit so etwas wie Artenschutz und es ist verboten, sie auf irgendeine Bühne oder gar in eine Manege zu zerren. Es schien Mila bisher zumindest so, als könne sich der Homo Sapiens ethisch weiterentwickeln.

Der blitzeblau Uniformierte mit den bunten Kordeln und der Schildmütze im Stil eines Fregattenkapitäns, der ihr seinen Dienstausweis und den Stellungsbefehl unter die Nase hält, zeugt vom Gegenteil.
Und wirkt ungeduldig. Ein hochglänzend polierter Stiefel wippt auffällig arythmisch auf den altersmorschen Dielen und zwingt Milas Blick immer wieder nach unten. Das kann sie gar nicht leiden. Es fühlt sich an wie eine Unterwürfigkeitsgeste - obwohl sie weiß, dass dies in der Regel nur für Vierbeiner gilt. Ein Krächzen dringt durch ihre Kehle, doch sie schafft es gerade noch, ihren Schnabel geschlossen zu halten.

"Verehrteste Frau En - ich nehme zur Kenntnis, dass ihnen womöglich der Zeitpunkt gerade ungelegen kommt, doch dieses Dokument", und damit hält er ihr den Stellungsbefehl unter den Schnabel," dieses Dokument ermächtig mich, sie notfalls auch gegen ihren Willen ..."

"Einen Moment! Ich muß noch packen." Wumms - die massive ebenholzfarbene Woodplast-Tür schlägt zu und stoppt fünf Zentimeter vor dem Gesicht des geschneigelten Arschlochs. Sicher haben die Stiefelspitzen jetzt eine Delle. Geschieht dem blöden Aufdringling gerade Recht!

In die Arktis hat er eben gesagt. Aufklärungsflüge über chinorussisches Gebiet fliegen soll sie! So eine gequirrlte Scheiße aber auch! Warum hatte sie beim letzten Date mit Loup auch nur so einen Mist zusammen gelabert? In seiner, nach herbem erregten Mann duftenden Achselhöhle war sie gelegen, hatte ihren Federschopf ganz fest rangekuschelt. Dass sie ihn wenigsten so noch ein paar Tage riechen kann. Hatte sich wie jeden Monat, wenn er Heimaturlaub hatte, gebenedeit unter den Sodos gefühlt. Raubvogel und Wolf - das gibt es selten. Stolz macht es sie! Schade nur, dass sie keine Jungen haben dürfen. Auch das verboten die ungerechten Gesetze der Reinrassigen.

Mila schüttel sich.

Warum hatte sie nur zugestimmt, dass es schön wäre, wenn sie mit ihm mitkommen und sie Tag für Tag, Nacht für Nacht gemeinsam durch die Tundra streifen könnten. Dass er es einrichten könne, dass sie schon bald nicht mehr getrennt wären, hatte sie geflissentlich überhört. Sie dachte wohl, dass er von ihrer Abneigung gegen das Militär wusste, und dass sie sich geschickt mit Hilfe eines befreundeten Programmierers aus deren Listen hatte löschen lassen. Wenn es nach ihr ginge, gehörten Waffen allesamt auf den Müll. Sie treffen sowieso immer nur die kleinen Leute.

Das hat sie nun davon, dass sie so gutgläubig und romantisch veranlagt ist. Und immer noch überzeugt, dass das Gute am Ende obsiegt.

"Mit Dir gehe ich überall hin, wenn es sein muß!"

Volltreffer! Doofe Pute! Scheiß Spiel!

Mittlerweile regt sich die Türklingel fürchterlich auf. Fast wie eine noch lebende Maus zwischen den Krallen. Die Halteschraube in der Mitte der Glocke dreht sich immer weiter auf und ein hässliches Scheppern, das wie keckernde Elstern klingt mischt sich bedrohlich mit den immer lauter werdenden Schlägen von der anderen Seite des Türblattes.
"Frau En - öffnen sie die Türe, sonst ....!" Der Typ klingt heiser.

Mila zieht die Schnüre des Rucksacks zusammen und beherrscht sich, den Knoten nur so zuzuziehen, dass sie ihn später noch öffnen kann.
"Ich komme ja schon, du ...!"
**st
Sodo 2 + 3

Mila will gerade ihre Flügel falten, um den Rucksack aufzusetzen, als ihr noch etwas einfällt.
Der Clown draußen hat zum Glück aufgehört, auf ihre Türe einzudreschen. Puh. Das lichtblaue Kaminsol hängt noch zum Trocknen im Bad. Wenn sie fliegen soll und zwar richtig, nicht nur spielen, ist es da oben im kalten Norden von unschätzbarem Vorteil, diese ultraleichte, kevlarverstärkte und isolierende Kleiderstück dabei zu haben.
" Loup - ich komme, du hinterhältiger Charmebolzen!" Ein Lächeln stiehlt sich schon wieder auf Milas Lippen. Als sie es bemerkt, stößt sie einen leisen ärgerlichen Schrei aus. "Wart`s nur ab, ich zieh Dir das Fell über die Ohren!"
Doch vorerst zieht sie nur ihre Haustüre zu und dreht den Schlüssel zweimal im Schloss rum. Sie fragt den Militärfuzzi, ob er wisse, wann sie wieder zurückkommen dürfe. Wenn nicht, müsse sie sich gleich darum kümmern, dass jemand ihre Pflanzen versorgen könne. Einen Nachbarn suchen, der um dieseTageszeit zuhause ist, um ihm einen Schlüssel zu geben.
Der uniformierte Fatzke schaut Richtung Firmament rollt mit den Augen und nickt dann aber.
"Sicher, junge Frau! Die Staatsraison verlangt von uns Soldaten auch, dass wir die Sicherheit und Unversehrtheit der Zimmerplflanzen unserer Bürger gewährleisten, wenn es uns möglich ist. Aber beeilen sie sich etwas! Der in Betrieb auf sie wartende Black Hawk braucht ja nur 1000 Liter Kraftstoff pro Stunde."
"Aha, Zynismus gehört auch zu den unabdingbaren Fähigkeiten, die man als Befehlsempfänger braucht. Das macht es mir schon einfacher, mich vertrauensvoll einem dekorierten Hosenträgerhelden anzuschließen!" Ihr Blick wandert grinsend zu seinem überquellenden Hosenbund. "Auf, auf zum fröhlichen Jagen! "
Sichtlich peinlich berührt, schließt der Offizier schnell seine Jacke und gibt ihr den Weg frei.
"Sie können mir inzwischen bei der Stewardess ja schon mal ein blutiges Steak bestellen!"
Mittlerweile hat sich Mila entschieden und steuert zielstrebig die Wohnung von Rieslings an. Die sind zwar nicht ihre besten Freunde in der Nachbarschaft, doch das liegt nur daran, dass sie zu Anfang bemerkt hat, dass im Blick von Sylvan Riesling mehr als nur Sympathie und Herzenswärme aufblitzte, als sie ihren Antrittsbesuch bei ihnen machte. Danach hatte der Mann von Riocha nie wieder etwas Anzügliches in seinem Benehmen. Doch Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, sagt ein altes Sprichwort! Und so hatten sie seither trotz der Sympathie nie mehr als ein paar nette Worte gewechselt, wenn sie sich auf dem Vorplatz begegnet waren.
Schade eigentlich! Mehr wird heute auch nicht drin sein. Dieser Hubschrauber ist aber auch sowas von beschissen laut! Hoffentlich ist jetzt überhaupt jemand zuhause.
**st
Sodo 4

Loup tritt von einer Pfote auf die andere. Fast lässte er sich auf alle Viere nieder, so nervös ist er. Er ist sich bewusst, dass es alles andere als in Ordnung war, dass er dem Colonel so von Mila vorgeschwärmt und ihm sogar ganz nebenbei ihren Wohnort verraten hatte.

Natürlich wusste er, was passieren wird.
Wenn er ehrlich zu sich ist, hat er genau das gewollt. Doch so sähe es nur nach einem Fauxpas aus und er könnte vor Mila so tun, als ob es nur ein Versehen war. Bullshit! Als ob sie so blöd wäre, ihn nicht zu durchschauen!

Klar, sie würde sich bei der Begrüßung nichts anmerken lassen. Wortwörtlich den Schnabel halten, solange sie nicht alleine wären. Doch er erinnerte sich noch genau an das letzte Fettnäpfchen, als er etwas über ihren Schopf entschieden hatte. Erst sah es so aus, als ob sie ihn mit ihren Flügeln zärtlich umfassen wolle. Dann stellte sich ihr Gefieder. Klar. Das tut es immer, wenn sie erregt ist. Sie fuhr ihre Krallen lasziv langsam zwischen seinen Läufen aus und ... .
An den Schmerz will er sich lieber nicht mehr erinnern. Und das oben fehlende Stück Lauscher von seinem rechten Ohr hängt bis heute als Warnung an seinem Schlüsselanhänger. Schurkenleder nennt es Mila.


Seine Lauscher stellen sich. Schon bevor er wirklich etwas hört. Jetzt - Rotoren. Etwa acht Kilometer entfernt. Der Wind kommt etwas von der Seite. Doppelrotor. Ein Hawk.

Standesgemäß für Mila!

Loup grinst. Noch etwa zweieinhalb Minuten, bis sie ihm das Fell über die Ohren zieht. Nun gut. Nicht sofort. Wie gesagt wird es auf die ein oder andere Weise erst am Abend passieren. Zum Glück hat er den Colonel wenigstens davon überzeugen können, dass es ihrer gemeinsamen Motivation und Leistungsfähigkeit zuträglicher ist, wenn sie eine gemeinsame Unterkuft bekommen.

Da ist er! Milas roter Schopf leuchtet inmitten all dem Grau und Lindgrün. Lous Herz klopft so stark, dass es fast den Krach der auslaufenden Rotoren übertönt.


Sodo 5

Als Loup später am Abend die Tür zu ihrer Hütte aufsperrt, liegt noch immer eine nicht greifbare Spannung in der Luft. Milas Begrüßung war stürmisch gewesen, ganz wie er es von ihr gewohnt war. Er hatte keine Anzeichen bemerkt, die auf Verärgerung hinwiesen. Nur ein Glitzern im Augenwinkel, das ihm zu sagen schien: "Ja, mein Liebster; warte nur auf deine Bestrafung! Inzwischen genieße ich deine Unsicherheit."

Lieber hätte er die Sache an Ort und Stelle geklärt, doch natürlich wurde Mila zuerst vom Kommandeur begrüßt. Anschließend aßen sie mit ihm zu Abend und Mila erfuhr, welch heikle Mission ihnen Beiden zugedacht ist und wie sie sich in den nächsten Wochen darauf vorbereiten sollen. Danach folgte ein Rundgang durch das Camp und nun stehen sie vor seiner Türe und Loups Finger zittern, als er den Schlüssel am Schurkenleder aus der Tasche zieht.

Er hört sie hinter sich den Schnee aus den Federn schütteln und ihr leises Lachen.
"Keine Bange, mein Schatz - im Moment besteht keine Gefahr für deine Lauscher! Ich war ganz schön zornig, als diese Uniform ohne Vorwarnung vor meiner Haustüre stand. Da hätte ich dich ohne zu zögern in der Luft zerrissen. Doch der Flug über diese unglaublichen Landschaften hat mich beruhigt und mittlerweile glaube ich, dass es gut ist, was Du entschieden hast. Für uns und auch für mich! Diese unsägliche Krawallmaschine von Hubschrauber hat mich an den Wert und die Eleganz meiner Flügel erinnert und es wird höchste Zeit, dass ich endlich meine Fähigkeiten richtig trainiere. Ich glaube, wir werden ein grandioses Team abgeben! Doch - eines kannst Du mir glauben: Wenn Du nur noch einmal über meinen Kopf entscheidest, wird ein fehlendes Stück Ohr deine geringste Sorge sein!
Und jetzt küss mich!"

Über den Rest der Nacht innerhalb der rohen Balkenwände schweigt des Sängers Höflichkeit. Doch schon das regenbogenfarbene, magische Schauspiel am Himmel über der Hütte hätte einen neugierigen Beobachter in Begeisterung und Staunen versetzt. Vielleicht hätte er sich ab und an über ein lauteres Knurren oder Kreischen gewundert, doch im Lichte des Schauspiels über ihm und der unruhigen Schlittenhunde nebenan, wären diese Geräusche ihm bald irrelevant erschienen.

Mila erwacht und es ist noch immer dunkel. Nun ja, zumindest nicht hell! Sie ist alleine in der Hütte und nach einem kurzen Moment erinnert sie sich. Loup hat auch zuhause die Angewohnheit, ihr Revier abzulaufen. Das liegt einfach in seiner Natur. Normale Zweibeiner müssen sich ein Krafttier zulegen, um sich der Natur näher zu fühlen oder meditieren. Ihre Art braucht diese Krücke nicht. Sie hat es im Blut. Es ist ein faszinierendes Geschenk. Doch ohne die Fähigkeit, die manchmal fast übermächtigen Triebe zu transformieren, kann es auch eine tragische Bürde sein.
Auch ihr ist Loups Schurkenleder Mahnung!
Ihr gemeinsames Training wird sie darin unterstützen, die widerstrebenden Anteile zu versöhnen. Die alten Wunden heilen, die ihnen in einer abweisenden Gesellschaft geschlagen wurden. Natur und Geist werden sich im freien Flug und auf Fährten ohne Zivilisationsgestank schnell versöhnen!

Als Mila das nächste Mal aufwacht, steht Loup mit dem Rosenholztablet vor dem Bett. Samt einer Kanne heißen Kaffee und zwei Tellern Rührei mit Speck.
So darf jeder Tag hier beginnen!

Das denkt sich auch die Fledermaus, die hoch oben im Gebälk hängt. Denn die Zwei sind so miteinander beschäftigt, dass sie später sicher unbemerkt mit ihnen durch die Tür schlüpfen kann.
**st
Sodo 6, Mutanten und Onkel
"Rübezahl? In echt?" Mila kann sich einen Lacher nicht verkneifen. Auch Loup und die anderen aus der Truppe grinsen. Nur Alb schaut verlegen zu ihr hoch und erklärt: Das ist mein Spitzname. Richtig heiße ich Albert. Doch da ich meine Haare samt Haut der Umgebung anpassen kann und ich mich somit fast unsichtbar machen kann, haben diese Witzbolde mir diesen Namen verpasst. Dabei war es gar nicht Rübezahl, dessen Namen niemand weiß, sondern Rumpelstilzchen. Und meine Körpergröße passt dann ja auch überhaupt nicht."


"Genausowenig wie bei Rät, unserer Muschi!" lacht Loup jetzt und fängt sich einen genervten Blick von Miez ein, die sich streckt und ihrer Krallen abwechselnd einzieht und ausfährt.

"Lass jetzt die dummen Sprüche und stell uns anständig vor!" Miez ist sauer.

"Okay, okay!"Loup lenkt ein. Darf ich euch vorstellen: Mila - meine Muse und in unserem Team, da sie ihre Flügel strecken und uns mit ihren extrem scharfen Augen bei unserer Arbeit unterstützen kann. aber sie wird nachher selbst etwas sagen."

Er räuspert sich und fährt dann fort.

"Mila - vor dir siehst Du Alb, unseren chamälionartigen Unsichtbarkeitskünstler. Und schnell ist er. Keiner von uns kann schneller große Distanzen zurücklegen. Allerdings verät er uns den Trick nicht. Er verschmilzt mit der Umgebung und taucht am Zielort wieder auf. Erst wenn er es will, kann ihn ein menschliches Auge oder eine Kamera wieder sehen.

Miez, unser Temperamentsbolzen hat auch mehrere erstaunliche Fähigkeiten. Sie braucht beim Absprung aus einem Fluggerät zum Beispiel keinen Fallschirm. Sie kann die Haut zwischen ihren Gliedmaßen so weit dehnen und sich ultraleicht machen, dass sie selbst zum Fallschirm wird. Mit ihren Krallen kommt sie schneller einen Baum hinauf, als andere herunterfallen.

Jade verschmilzt durch ihr dunkles intensives Grün mit der Nacht und kann sich durch Kristallstrukturen fortbewegen und darüber sogar darüber Informationen mit Lichtsignalen oder Piezoimpulsen senden. Unser Labor versucht gerade ein Gerät zu entwickeln, mit dem wir die Impulse rückübersetzen können.
Da drüben auf der Bank liegt Ponton. Es sieht nicht nur so aus, als ob er schläft. Er schläft tatsächlich. Seinen Namen hat er, da er im Wasser über Kräfte verfügt, die schier unvorstellbar erscheinen. Er kann ein Unterseeboot mit Mann und Maus aus dem Wasser heben. Doch an Land ist er die größte Schlafmütze, die die Welt je gesehen hat. Wenn Du ihn wecken willst, musst du ihm einen Eimer Wasser überden Kopf kippen, dass er platschnass ist.

Am Tisch da drüben sitzt Obelix, manche rufen ihn auch Öchsle oder Tetra Das kommt nicht etwa von seiner Körperfülle oder der Form seiner Frisur, sondern sein Wundertreibstoff ist Weißwein. Wirklich. Ein paar Becher Cabernet wirken bei ihm wie der Zaubertrank des Druiden. Allerdings leidet er am nächsten Tag unter einem Kater, der sich gewaschen hat. Passenderweise sind er und Miez ein Paar. Sie vertreibt ihm nach einem Einsatz ruckzuck den lästigen Kater. Auch wenn sie anders wirkt, sie ist im Grunde ihres Wesens so ein Herzchen, dass man sie eigentlich Schmusekätzchen nennen müsste."

Mila schielt rüber zu Miez, die nun aber zufrieden schnurrt und sich an Obelix schmiegt.

"Der Letzte in unserem Bunde ist Dragon. Auch im Grunde ein Herzensguter - aber brandgefährlich! Was wie schüchtern wirkt, weil er stets den Blick gesenkt hält, ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Wenn Du ihm in die Augen schauen könntest, bekämst Du in kurzer Zeit das Gefühl hineingezogen zu werden. Sozusagen einen Tunnelblick. Das Gefährliche ist, dass Dir dann von Innen heraus immer heißer wird. Do heiß, dass die Eiweiße gerinnen und dein Gewebe abstirbt. Wenn Du mit ihm sprichst, lass Dich von ihm irgendwo an der nackten Haut berühren. Dann löst sein Blick nur ein wundervolles Wärmegefühl in der Bauchgegend aus."

" Und Du, Mila? Weswegen haben sie Dich hierher entführt? Wie sollst Du die Welt retten?" Mila erschrickt. Sie hört zwar nichts, doch Jades Stimme dringt in ihren Kopf ein und sie kann seine Worte sogar bis in die Flügelknochen spüren.
Jade und Loup wechseln einen Blick.
"Das hatte ich vergessen. Jade hat keine Ohren und keine Stimmbänder. Doch wie Du gemerkt hast, kann man sie nicht taubstumm nennen. Bei ihr funktioniert die Verständigung über Frequenzen, die erst über die Knochenleitung wahrnehmbar werden. Wie Du merkst, gibt es auch Anders als Tiermutationen. Auch wenn sie uns das Draußen nicht sagen. "

Mila schaut ernst,lächelt aber gleich wieder und nickt.
" Ich verstehe. Dann stelle ich mich auch mal vor. Meinen Namen habt ihr ja schon gehört. Mila haben meine Eltern mich genannt, da ein Teil meines Vaters von einem Milan abstammt. So wie Loup Wolfsblut in sich trägt. Ich kann leidlich gut fliegen. Auch knapp über dem Boden und sogar im Wald. Gefühlsmäßig müsste ich auch ein paar Fledermausgene in mir tragen, denn ich spüre im Flug die Hindernisse mehr, als dass ich sie sehe. Zumindest im Wald. Bin ich im Freien, könnte man mich auch Adlerauge nennen. Ich sehe den Schiss einer Mücke auf zwei Kilometer Entfernung. Ich glaube, das erklärt ausreichend, warum sie mich mit euch zusammenarbeiten lassen.

Jetzt strahlt sie fast.
"Anfangs wollte ich Loup die Augen aushacken, weil er mich ohne Vorwarnung hierher hat verschleppen lassen. Doch jetzt könnte ich ihn und euch alle knutschen. Es ist so ein tolles Gefühl, endlich einmal nicht der einzige Freak zu sein! Ich fühle mich prächtig und ich weiß jetzt schon, dass wir ein klasse Team werden!"
**st
Sodo 7


"Jetzt krieg isch gleisch Fracksausen!" Mila wundert sich über Albs Sprache. " Was soll das nun wieder heißen? Und warum sprichst Du so seltsam?"

Alb grinst. Der Zwerg steht in der Ecke und schaut Mila beim Probieren ihrer Ausrüstung zu.
"Wenn isch disch so sehe, so ganz ohne Fetzen an Popo, an die Pommes Tittes, nur mit die roten Federn, wie ein Stola, und die Flügel, mon Dieu - da ist es misch, als ob isch stände im Moulin Rouge, hinten in der Umkleideraum wie eine Concierge und Mademoiselles bei die Toilett zusehe."

Er zögert, als er Milas fragenden Blick bemerkt.

"Non, non! Ce n´est pas come tu crois, mon amour!"

" Aaaalb!"

" Ah, oui! Isch verschteh - Meine Wort sind fron-sö-sisch, das Moulin Rouge war ein Cabaret in Paris um irgendeine Jahrhundertwende und ich bin schließlich auch nur ein Mann! Wenn sich Mademoiselle endlich züchtisch bedecken würden?! Du weißt, ich habe auch verdammt viel Tierisches in mir! Ich kann meine Farbe und Form bei deiner dürftigen Takelage gerade noch so halten und - irgendetwas muss ich ja mit meiner Chamäleonzunge tun, dass es kein Unglück gibt! Ich beginne bald zu hyperventilieren. Da parliere ich eben fron-sö-sich. Wir Männer hier haben verdammt noch mal selten einen so direkten Blick auf die weiblichen Rundungen - und schon gar nicht auf solsch entzückend Detailles!"

Mila schaut an sich herunter. Schüttelt den Kopf und zieht sich schnell das senffarbene Oberteil über. Sie haben es zwar etwas eng gemacht, doch der Stoff ist hightech und ultradehnbar.

"Sorry, Rübi! Daran habe ich nicht gedacht. Kein Wunder, dass dein Besammast sich so forsch aufrichtet. Solange niemand zum Aufentern da ist, sollte ich nicht so splitterfasernackt vor dir herumscharwenzeln."

Nun schaut Alb ganz perplex. Kurz ist es muksmäuschenstill, dann bricht es aus Mila heraus, sie zuckt und bebt, sie schlägt unkontrolliert mit den Flügeln und der Monate alte Staub wirbelt durch die Kajüte wie Pulverdampf bei einem Gefecht. Mehrmals holt sie tief Luft, um zur Ruhe zu kommen, doch es bricht immer wieder aus ihr heraus. Je blöder Alb glotzt, desto schwieriger wird es aufzuhören.

Endlich, als sie sich gerade etwas beruhigt hat, schaut sie ihn an und versucht zu erklären:

"Wenn Du einen auf französisch machst, muss ich ja auch irgendwelche beeindruckenden Kenntnisse vorweisen. Und was ich kann, ist Segeln und Seemannsgarn spinnen. Davon komm ich dann genauso gut wieder weg wie du. Nämlich erstmal gar nicht. Dann folgt eine Schnapsidee der anderen."

Sie zuckt, holt mehrmals tief Luft, lässt sie ganz langsam wieder raus und spricht weiter.

"Die erste war die mit deinem Mast.
Dein panischer Blick nach unten - köstlich. Dann wollte ich sagen: Du armer Deckoffizier!
Hat aber nicht geklappt, wie Du bemerkt hast."

Mila richtet sich auf, versucht ernst zu schauen und nach einem kurzen Kampf und mehrmaligem Schlucken lächelt sie Alb verschwörerisch an. Er grinst zurück.

"Es ist schön, hier mal wieder jemanden mit Humor zu haben. Und Farbe. Die anderen sind alle so ernst - und grau! Wie diese sch... Polarnacht. Das ist keine gute Umgebung für ein an sich tropisches Exemplar wie mich. Der Mangel an Matratzenmambo zehrt natürlich auch.
Auf alle Fälle freue ich mich, dass Du hier bist! Ich hoffe nur Loup kommt mit unserem Geflachse klar. Den möchte ich nun wirklich nicht eifersüchtig erleben. Wenn seine Rute zuckt, will ich nicht in unmittelbarer Nähe sein!"
**st
Sodo 8

Die nächsten Tage sieht Mila Loup nur hinter Glas im Rahmen auf ihrem Nachttisch. Er ist mit Ponton am Ozero Girvas. Dort hat der Generalstab verdächtige Aktivitäten festgestellt. Jade hat ihn über eine Erzader direkt in den See transportiert und sich dann zum Kontakthalten in einer Höhle am Ostufer zurückgezogen. Loup musste über den Landweg. Da ist er sicher nicht vor vier Tagen nicht zurück. Es ist zwar von Tulppio nur etwa fünfzig Kilometer entfernt, doch die Vorsicht zwingt zu langsamem Vorrücken. Obwohl es Frühling ist und überall Grünes heraussprießt, ist das meiste Gehölz noch kahl und man kann ihn in flachem Gelände auch ohne Infrarot schon von Weitem sehen. Nicht dass sie Angst um ihn hätte. Schließlich ist er kein Smombie, der mit gesenktem Kopf herumläuft und Bildschirme anstarrt, statt die Sinne für die Realität offen zu halten. Mit seiner Wolfsnase kann er den Pups einer Haselmaus bis zum Horizont orten. Kein Wunder, dass er immer wieder gerne hierher zurückkommt. In der Stadt muss es geruchlich die Hölle für ihn sein. Vielleicht hat er beim Heimaturlaub deshalb jedesmal einen Katharr. Nein - um ihn muss sie sich nicht bangen. Dann schon eher um sich selbst.
Seit gestern trainiert sie gemeinsam mit Miez und Dragon. Zum Glück sind beides wahre Leichtgewichte, denn sie muß sie zusammen auf über zweihundert Meter tragen und über einer Lichtung freigeben. Miez wiegt etwa zehn Kilo, sie hat nur die Statur eines stattlichen Katers und Dragon kann sich neben seiner beänstigenden feurigen Fähigkeit auch noch schrumpfen, so dass er dann die größe und das Gewicht einer Wassermelone hat. Beide zusammen bekommt sie gerade noch in die Höhe.
Wenn sie sie oben hat, lässt sie die beiden los und sie rauschen wie eine Kanonenkugel senkrecht nach unten. Anfangs sah Mila dank ihrer Phantasie und ihres ausgeprägten Bilddenkens Dragon schon am Boden in tausend rote Teilchen zerspringen, doch Miez faltete sich auf halber Höhe blitzschnell auseinander. Es begann laut zu knattern und kurz darauf schaukelte Dragon fast in Zeitlupe bis zum Boden. Miez kann ihren Flug sogar so geschickt steuern, dass Mila sie ein ganzes Stück entfernt vom Zielpunkt freigeben kann. Selbst in einem lockeren Wald kann sie landen, ohne Gefahr zu laufen, in den Ästen hängenzubleiben.
Am Abend des ersten Trainingstages hatte Mila solch einen Muskelkater, dass sie glaubte jedes einzelne Muskelfaserchen ihres Rückens zu spüren. Doch jetzt am dritten Tag fühlt sich ihre Flugmuskulatur so stark an, als wäre es ein Raketenantrieb. Hatte sie anfangs zu zweifeln begonnen, die beiden je auf die geforderte Höhe tragen zu können, würde sie sie jetzt direkt über den Himalaja tragen.
Okay, das ist vielleicht überzogen. Doch die Tatsache, dass das Selbstvertrauen in ihre Fähigkeiten von Stunde zu Stunde steigen, verwandelt das Hadern des ersten Tages in Begeisterung und fast schon so etwas wie Transzendenz. Noch nie hat sie sich vorher so stark und frei gefühlt. Im ersten Moment, wenn sie Miez und Dragon losgelassen hat, die Last weg ist, fühlt es sich an, als ob sie direkt in den Sternenhimmel gesogen würde. Dann muss sie sich furchtbar beherrschen um nicht einen wilden Jubelschrei loszulassen.
Schließlich werden die späteren Einsätze nicht gerade ungefährlich. Diejenigen, die sie sähen, wären garantiert nicht unparteiisch. Was ihnen bei einer Entdeckung blühen würde, hatte sie der Kommandeur bei der letzten Besprechung, der wöchentlichen Freitagsdemo überaus wirkungsvoll fühlen lassen. Ein schwacher Reizstrom, nur Millisekunden über ihren Kommunikationschip freigesetzt, hatte bei ihr augenblicklich unsägliche Schmerzen verursacht. Schmerzen, die sie augenblicklich abstürzen ließen. Also muß sie lernen, diese wilde Lust zu zähmen und dann rauszulassen, wenn sie willkommen ist. Loup hat da garantiert nichts dagegen - wenn sie ihm dabei keine wichtigen Körperteile abbeißt. Sie grinst. Es könnte sinnvoll sein, einen Teil dieser Energie zu speichern. Garantiert wird es in der Zukunft Notsituationen geben, in denen diese zusätzliche Energie mehr als willkommen ist!
**st
Sodo 9

Zuhause hatte Mila immer einen Wecker gebraucht. Manchmal war er nach einer halben Stunde von selbst wieder ausgegangen und ab und zu, wachte sie nicht einmal auf, wenn zur Mittagszeit der Postmann klingelte, um ein Päckchen für die Nachbarn abzugeben. In der Vergangenheit hatte sie es auf ihre vollständig geschlossenen Rollläden geschoben, doch hier ist ja das halbe Jahr Nacht. Es gibt keine Straßenlaternen, kein morgendliches Verkehrschaos, wenn die halbe Stadt versuchte, noch rechzeitig zur Arbeit zu kommen und auch keinen Postler, der an ihre Türo bollert. Die Post wird im Büro abgegeben, wo jeder von ihnen sein Fach hat.
Wieso, zum Teufel, wacht sie also hier jeden Morgen um halb Sechs auf? Welcher Teil von ihr will sie damit quälen? Gut - das Pfeifen des Unglückshähers jeden Morgen vor ihrem Fenster ging ihr Anfangs schon auf die Nerven. Perisoreus infaustus krächzte eigentlich nur, doch Rabenvögel sind gelehrig und der vorherige bewohner ihrer Hütte war wohl ein Spaßvogel gewesen, denn er hatte den zutraulichen Vogel gefüttert und ihn mit der Melodie von "Kuckkuck, Kuckuck rufts aus dem Wald" gelockt. Und nun antworten dem Vogel jeden Morgen alle ansässigen Kuckucke.
Doch da ist sie schon lange wach und sitz vor ihrem Buddha, der zusammen mit einer Druse und einem brennenden Räucherstäbchen auf ihrem Altar in der Zimmerecke tront. Am Anfang fühlte sie sich durch dieses Vieh beim Öffnen ihres Herzchakra gestört. Je mehr sie sich konzentrierte, das Pfeifen auszublenden, desto lauter wurde es. Sie besorgte sich Ohrenstöpsel und als das nichts half, setzte sie sich Kopfhörer mit ihrer Lieblingsmusik auf.
Zwecklos. Das Kuckkuck, kuckkuck kam aus allen Richtungen und zwang sie schließlich lachend aufzugeben. Jetzt atmet sie im Liedrhytmus und schaut innerlich zu, wie der wilde Groll und der Drang, dieses kleine Federbündel mit Schnabel und Krallen augenblicklich zu zerfetzen, in kleine konzentrische Kreise ausläuft und sie friedlich aber hochkonzentriert zurücklässt. Bereit für weitere lehrreiche Übungen mit ihren Gefährten und hoffentlich bald einem richtigen Einsatz. Der Kommandant hatte letzte Woche schon etwas angedeutet, aber noch nichts weiter verraten. Nur, dass ihre Fähigkeiten bei diesem Einsatz besonders wichtig sein werden.
Vielleicht ist es diese Spannung, die bisher unbekannte Freude, unter Ihresgleichen all ihre Talente zeigen zu dürfen, die sie hier gerne früh aufstehen lassen? So lebendig wie hier hat sie sich jedenfalls in ihrem ganzen Leben nicht gefühlt!


Sodo 10


Schon Stunden sitzt Loup im Ufergestrüpp des Ozero Girvas. Alles was es landseitig am See zu sehen, hören oder riechen gibt, hat er registriert. Er könnte eine präzise Karte zeichnen, auf der alle Gerüche, Laute und die gesamte Vegetation, sowie die Tierwelt mit Jägern und Gejagten enthalten würde. Doch in seiner Wahrnehmung gibt es nichts Verdächtiges oder annähernd Militärisches in der Nähe des Gewässers. Langsam wird ihm kalt. Auf noch eine Runde hat er keine Lust. Dem Silberrücken, wie er den einsamen abgemagerten Wolfsrüden nennt, den er bei seiner ersten Umrundung sah, möchte er nicht über den Weg laufen. Zum Glück sah er ihn zuerst, war vorgewarnt und konnte so seine Runden in respektvollem Abstand zu den Fährten des Revierbesitzers laufen. Nicht dass er Angst hätte. Schließlich steht er selbst in vollem Saft und hat außer den Instinkten noch den Verstand des Menschen aufzuweisen. Nein. Es ist einerseits Rücksicht, denn er weiß um den Überlebenskampf älterer Emeriten und will ihm ja gar nicht das kärgliche Revier streitig machen. Doch der Alte kann das nicht wissen und würde bei dem unvermeidlichen Kampf genaudie Kräfte verbrauchen, die er für ein knappes Überleben der Wintermonate so dringend braucht. Die andere Seite ist, dass er auf einer Aufklärungsmission ist, und nicht auffallen darf.
Ponton scheint wohl etwas gefunden zu haben, was ein genaueres hinschauen lohnt. Unter Wasser. Sonst wäre er schon längst wieder da und sie könnten nach Hause. Käme er in der nächsten halben Stunde, würden sie es noch vor Mitternacht schaffen. Auf noch eine Nacht ohne Milas kitzelnde Federn an den Nüstern kann er getrost verzichten.
Nun - Ponton wird das weniger interessieren. Er ist zwar kein schlechter Kerl, doch außerhalb seines Elements trockneten neben seinem Geist auch seine gefühle auf ein Minimum ein und im Wasser ist er so hyperaktiv und von Vielem abgelenkt, dass Rücksicht auf Kameraden das Letzte ist, an was er denkt.
Er selbst wird ja wieder von Jade abgeholt und ist dann schneller als jeder Blitz wieder in seinem temperierten Wasserbecken im Lager. Nur Loup muss den Weg zu Fuß machen, da Jade diese Reise durch die weitverzweigten Flouritadern nur einmal alle drei Tage schafft. Macht er es öfter mit Begleitung bekommt er einen Juckreiz auf bedenklichem Level und sein dauerndes Gekratze ist furchtbar ansteckend. Miez ist da besonders anfällig. Ihr daraus resultierender Katzenjammer und das unvermeidlich folgende Rumgezicke ist noch unerträglicher für den Rest von ihnen.
In diesem Moment taucht direkt vor ihm am Ufer zuerst ein Strohhalm auf, dann eine Nasenspitze, die fliehende Stirn und wasserfallartige Haarpracht des Naturaquanauten und zuletzt seine fleischigen Barschlippen mit den passenden Barten. Charmant könnte man diesen Anblick sicher nicht nennen!
Ungeduldig und neugierig wartet Loup darauf, dass Ponton mit der Sprache herausrückt.
" Ich glaube, wir sollten schnell verschwinden! Ich habe den leisen Verdacht, die Biberlinge haben mich bemerkt. Oder zumindest, dass sie beobachtet werden. Zuhause mehr."
Der besorgte Blick des Kameraden überzeugt Loup und er macht ihm den Eingang zum Stollen frei, der hinunter zu den kristalladerführenden Gesteinsschichten führt, an denen ihn Jade erwartet. Als der typische Lichtschein des Piezotransports von unten verblasst ist, wittert er in alle Richtungen und schnürt dank reiner Luft Richtung Heimat.
Kurz denkt er an Mila, sein Heimkommen, die kommende Nacht, ihre Krallen auf seinem Rücken und dass er sie gerne in solch einem Schein heiraten würde. Fragt sich, ob das schon religiöse Gefühle sind, schüttelt kurz unwirsch den Kopf und konzentriert sich dann auf seine Lauf. Es wäre fatal, wenn er sich und die Anderen durch seine Unaufmerksamkeit in Gefahr brächte! Obwohl ihn Biber eher nicht verfolgen würden.
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Sodo 11

BibaNell hatte den Wolf schon vorgestern gespürt. Zwar war er nie im Wasser gewesen wie dieser Ottermensch mit den zauberhaften Kräften, doch sie hatte sein Hecheln über das Zittern der Blätter über die Baumwurzeln gespürt. Und das, obwohl er überaus vorsichtig gewesen war und so gut wie nie ohne Deckung zum Wasser hin durch den Wald gestreift war.

"Was suchte er nur hier?"

Es gibt hier doch nichts Interessantes für Wölfe. Die Elche hatten die bescheuerten Soldaten alle abgeknallt. Als die Blechköpfe dann begannen, mangels Großwild den Bibern nachzustellen, waren die Zweibeiner von einem Tag auf den anderen verschwunden. Alle bis auf einen. Boris riefen ihn die Menschen. Nun saß er Tag und Nacht mit seiner Maschinenpistole vor dieser stinkenden Metallhalle hinterm Birkenwald. Manchmal nickte er ein und kurz darauf erschraken alle Tiere im Wald an einem dermaßen lauten Schnarcher, dass Boris von ihnen heute nur noch Granate genannt wird. In seinem Aussehen erinnert er BibaNell an den Feuergeist, von dem Großmutter immer erzäht hat. Der, dessen Kapuze so riesig gewesen sei, dass die unheimlichen Augen nur ganz selten zu sehen waren. Und wenn man sie gesehen hatte, war der Eindruck entstanden, es wären sich gierig weiterfressende Funken an Zündschnüren. Doch da Granate nie explodiert war, sondern immer nur stoisch am gleichen Platz hockte, nahmen ihn die Tiere mittlerweile fast nicht mehr wahr.

"Was er da wohl bewacht?"

Großmutter hatte erzählt, dass zu Zeiten eines mächtigen Zweibeiners, den die Blechköpfe Meingeneral genannt hatten, einmal eine Wikinger-Galeere auf einem großen Transporter angekommen war und am nächsten Tag jene Blechwände die Stelle verdeckten, die es heute noch tun. Einmal hatte Oma selbst einen der Blechhelme sagen hören, dass er gerne die Ordonanzen, die für diesen Schlamassel verantwortlich sind, ordentlich kielholen lassen würde! Dazu war es aber nie gekommen, denn außer einem wöchentlichem Lastwagen, der ein paar Kisten ablud und dann wieder schleunigst verschwand, war niemand Wichtiges hier in der Wildnis am Ozero Girvas aufgetaucht.

"Gefährlich wird es nur, wenn hier Jacken mit blitzenden Orden auftauchen!", hatte Oma immer gesagt. Die haben Gesichter, als ob sie mit ihren Stummelzähnchen gerade in eine Zitrone gebissen hätten und die bellen lauter, als euer Granaten-Boris je schnarchen könnte!"

Ja, das hatte Oma gesagt, als sie noch lebte. Sie war eines der letzten Opfer der schießwütigen Blechköpfe gewesen, bevor diese verschwanden. Als Bibanell sie am Ufer fand, schlaff und leblos , hatte es so furchtbar in ihrem Kopf und Schwanz angefangen zu wabern, das sie dachte, jetzt müsse sie gleich wie ein genagter Fichtenstamm mittenherum abbrechen. Noch heute wird ihr ganz mulmig, wenn sie an diesen Moment zurückdenkt.

Eigentlich war Oma gar nicht ihre wirkliche Großmutter gewesen. Doch sie hatte sich um das Findelbiba gekümmert, das da plötzlich im Ufergebüsch gelegen war. Ursprünglich wollte Oma flüchten, da Biba ausgesehen hatte, als wäre sie ein Zweibeiner. Doch neugierig wie sie war, hatte Oma nicht widerstehen können und etwas an den zarten Weidenstöcken geknabbert, aus denen der Korb geflochten war, in den sie gebettet gelegen hatte. Plötzlich war dieser gekippt und Biba war ins Wasser gefallen. Doch statt zu schreien und zu strampeln, wie es ein Menschenkind wohl getan hätte, sei ihr augenblicklich ein Biberschwanz gewachsen und sie hätte sich eleganter durchs Wasser bewegt, als es sogar je ein Otter könnte. Da hatte Großmutter entschieden, Biba bei sich aufzunehmen und zu einem anständigen, fleißigen Nagezahn im Wasserburgclan zu erziehen.

Der Wolf ist seit gestern Abend verschwunden. Zusammen mit dem etwas unheimlichen Ottermenschen. Hoffentlich kommen sie wieder!
Irgendetwas an den Zweien zieht sie magisch an. Und das nächste Mal wird sie den Mut aufbringen, sich ihnen zu zeigen. In beiden Hüllen. Dann werden sie sicher neugierig und BibaNell kann irgendwie mit ihnen Kontakt aufnehmen.
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Boris Ulubek, Sodo 12
Boris "Granate" Ulubek Babakulow ist gerade einmal wieder von einem seiner gewaltigen Schnarcher erwacht. Zumindest wirkt es auf Außenstehende so. Falls Außenstehende vorhanden sind. Zumindest menschliche oder teilmenschliche sind gerade keine in unmittelbarer Nähe. Das ist Uluk gerade recht, die einzigen Exemplare seiner Gattung, die er länger als Nachbarn erträgt, sind Musiker. Oder die Anderen. Sie sind ähnlich scheu wie er und nicht so schrill, oberflächlich und aufdringlich wie die Meisten der Zweibeiner in Textil. Deshalb ist er auch Soldat geworden, nachdem Ainur (Mondstrahl) und Tilek (Wunsch), sein Junge, bei den Laserangriffen der Chinesischen Brigaden ums Leben gekommen waren.

Uluk zwinkert eine Träne weg.

Gerade noch war er mit Tilek am Ak-Buura Fluss fischen und freute sich auf die Rückkehr nach Beryu zu Mondstrahl, seiner wunderschönen Frau und auf ihr ansteckendes Lachen, wenn er sich nach dem Essen mit den Gräten Gefängnisgitter vor die Augen klemmte und den Mund rund wie ein Fischmaul formte. Noch war ihm, als höre er das Rauschen der Gischt des Ak Buura, das ihm schon damals wie Musik in den Ohren klang. Klänge die sich manchmal sogar in die Melodie Syngan Bugu verwandelten, die fünf Akyns extra auf den Komuz zum Beschik-Toi, der Geburtsfeiert von Tilek spielten. Oder Masch Botoi, das Lied, das alle Kirgisen zu Tränen rühren kann. Zumindesto wenn sie so weit von zu Hause weg sind wie er. Fast hat er dann den Geschmack von Boorsock und den Geruch des Frittierfetts in der Nase, in dem es gebacken wurde.

Immer wenn er auf diese Weise aufwacht, noch in der Verzückung und gleich darauf in Gefahr, in tiefste Trauer zu versinken, hilft ihm nur noch Gesang. Durch Khamnaar, seinen Schamanengesang richtet er sein ganzes Sein auf Tenger aus. Tenger, sein Gott, der ihn zum Kham berufen hat und sicher durch so viele Stromschnellen geleitet, gibt ihm Halt. Schenkt ihm die Stufen des Aufstiegs und führt ihn zurück ins Jetzt. Zurück in die Umarmung von Umai, der Urmutter. Ohne ihn, würde seine Trauer und Elerik, der Herrscher der Unteren Welt ihn gefangennehmen und ihm das Klettern auf Boi Terek, dem Weltenbaum verwehren. Dann könnte er nie wieder von der köstlichen Freiheit und Weisheit Lugens, des Herrschers der oberen Welt kosten. Und wenn es besonders schwer ist, wie heute - er Ainurs zarte Lippen auch durch Khamnaar nicht von seinen bekommt, seines Sohnes tote Augen ihn immer noch verfolgen, dann greift er in seine Hosentasche an das Astrolabium, schaut hoch zu den Sternen und ruft innerlich seine lebenden Freunde.

Bekommt er Antwort - vielleicht das aufgeregte Keckern des Eichhörnchens im Baum über ihm oder den heiseren Ruf eines Seeadlers, das Heulen eines Wolfes - ist ihm, als wäre er neugeboren. Eben noch in dunkelsten Tiefen gefangen, im trotzigen Eigensinn, mit dem Gefühl langsam zu Erblinden und lieber alle Sinne abschalten zu wollen, als weiter in diesem Gewitter grauer Adjektive zu versinken, könnte er jetzt Jubeln.

Gerade noch umgeben von schwärzesten Wolken, strahlt jetzt wieder die Sonne. Alles wird intensiver und aufgeladen, frisch wie nach einem Gewitter. Ihm ist, als könne er den Käfer hinter der Baumrinde und Preiselbeeren, süß und groß wie Erdbeeren schmecken. Es fühlt sich fast wie betrunken an. Nur viel besser. Betrunken sein führt zu Abtauchen, wegrennen Wollen und nicht mehr Können. Dies Gefühl ist wie Eintauchen und Auftauchen zusammen.

Er hatte einmal versucht, es einem Kameraden zu erklären. Der verstand rein gar nichts und argwöhnte, es sei Hexerei. Oder der Lagerkoller und er solle sich irgendwo hin versetzen lassen, wo mehr los wäre. Dann käme er auf andere Gedanken und vergäße leichter sein hartes Schicksal.
Danach hat er niemandem mehr etwas derartig Intimes erzählt. Zumindest keinem Menschen.

Seine Freunde und Mitgefährten in Umnais Reich wissen sehr wohl darum. Mit ihnen pflegt er innigsten Kontakt. Wenn seine Kameraden dachten, er schliefe wieder, entdeckte er mit den Augen BibaNell´s die Unterwasserwelt der Biber oder flog mit Uuhrrah der Fledermaus im Zickzack durch die Nacht.
Auch heute war er auf Reisen gewesen. Doch es war seltsam. Ihm war, als wäre er in einem Wolf und einem Menschen gleichzeitig gewesen. Auch über Biba´s Augen hatte er das Zwitterwesen gesehen.
Im Herzen hatte der Wolfsmensch rote Federn gehabt. Und vorsichtig war er. War herumgeschlichen wie ein Feind. Doch hatte gar nicht wie ein Feind gerochen. Sich eher wie ein Freund angefühlt. Auch diesen Wassergeist und den Funken hat Uluk gespürt.

Boris Ulubek ist plötzlich hellwach. Was wollten sie hier? Hatte es etwas mit der Halle zu tun? Aber was könnten sie schon mit den alten Fahrzeugen wollen, die das Militär hier verrotten lässt? Oder ist das Relikt, wegen dem er hiergeblieben ist, das sie anzieht?
Der Soldat in ihm ist alarmiert, der Schamane elektrisiert von der Aussicht, sie bald kennenzulernen. Vielleicht kommen sie wieder. Hoffentlich. Er spürt deutlich, dass auch Biba´Nell es sich wünscht. Sie werden sehen. Vorerst wird er abwarten. Beim Warten ist er sehr ausdauernd. Und falls es doch zu lange geht, kann er Umai bitten, ihre Boten zu schicken.

Uluk spürt, wie das Leben in ihm wieder beginnt zu sprießen. Er freut sich. So lange, viel zu lange war Winter in ihm gewesen. Er berührt das Astrolabium in seiner Tasche, schaut zu den Sternen und schickt Tenger ein Dankgebet.
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Das Butterbrotpapier knistert, als Jade die Fischpastete auspackt. Als ob es das Holzzfeuer im Ofen grüßen wollte. Zusammen mit dem Geräusch, das die Kruste des Roggenbrots beim Schneiden macht und dem Ploppen der Glögiflasche klingt es in den Ohren Loups wie eine fröhliche Ode an die Gemütlichkeit. Nach der stürmischen und überwältigend leidenschaftlichen Begrüßung von Mila ist es genau das, was er jetzt braucht, um sich zu stärken und wieder fit zu werden. Der Heimweg vom See war zwar ohne Zwischenfälle verlaufen, doch Loup hatte wenig gegessen, da er es vermeidet, zu jagen. Zwar hat er Wolfsblut in den Adern, doch das Töten ist ihm zuwider.

"Hast Du in der Nähe der Halle eigentlich auch dieses seltsame Ziehen im Hinterkopf gespürt?" Ponton legt sich sein obligatorisches nasses Handtuch wieder in den Nacken, nachdem er es frisch befeuchtet hat. Er stellt den Kessel wieder auf den Ofen. "Ich hatte kurzzeitig richtig Kopfweh und das Gefühl, als wolle jemand in meinen Kopf eindringen!"

Jade nickt. "Bei mir war es, als ob mir Glühwürmchen innen von einem Ohr zum anderen flögen und sich dabei synchronisierten. Wäre ich etwas länger geblieben, hätte ich sicher Kontakt zu Irgendwem oder Irgendwas aufgenommen. Aber stimmt: Das Gefühl war umso stärker, je näher ich der Halle kam. Leider ist die Ader schon hundert Meter davor abgebrochen und ich kam nicht näher dran."

Ponton kaut und greift zum Glühweinglas. Er wirkt nachdenklich. " Wir waren zwar in Feindesland und die Russkis haben sicher auch ein paar Mutanten, doch das Gefühl hatte so gar nichts Bedrohliches. Es war eher ... "
"Eher wie eine freundschaftliche Anfrage! Und neugierig. Jung neugierig, um genau zu sein. Na ja - teilweise! Das im Hintergrund fühlte sich eher alt an. Uralt. Irgendwie wie die tiefste und dickste Wurzel in einem Wolfsbau." erwidert Jade.

"Stimmt! Ich hatte auch das Gefühl von Zwei. Zwei unterschiedliche aber befreundete Seelen. Wurzel passt auch bei mir als Bild. Allerdings eher kleine Wurzeln, die sich langsam zu mir vortasten!"
Ponton nickt: "Genau! Sogar im Wasser war mir, als ob sich Fäden um mich herumlegten. Irgendwie wie ein Strickmuster oder besser: Ein Fischernetz, das versuchte mich einzufangen. Allerdings eines, das sich nicht nach Gefangennahme anfühlte, sondern eher nach Einladung und das versprach, bei Berührung alle Sinne aufleben zu lassen."

Loup schluckt den Bissen, den er gerade im Mund hat, herunter und lächelt: " Mir stellten sich zeitweise die Nackenhaare und legten sich sofort wieder, als ob jemand besänftigend darüberstriche."
"Als ich im Wasser meine Fühler ausstreckte, kam das junge Neugierige von dem Biberbau am Ostufer und zog sich eilig wieder zurück."

"Mir war, als käme das Alte von dem Soldaten an der Halle. Der wirkte zwar, als wäre er im Tiefschlaf, doch wer weiß, vielleicht war er in Trance. Ich müsste auch in Trance gehen, um in solch einer Einsamkeit wochen- oder gar monatelang vor einer Wellblechhütte Wache zu schieben." Loup gähnt.

"Müsst ihr das nicht dem Kommandanten erzählen?" Milas Federschopf zittert vor Aufregung.

So unter Kollegen ist das wirklich ein interessanteres Leben als zu Hause mit netten aber fürchterlich langweiligen, weil normalen Nachbarn. Sie können ja nichts dafür, dass sie keine Mutas oder Sodos sind. Doch das ändert nichts daran, dass sie im Beisein ihrer neuen Freunde noch grauer wirken, als schon zu Hause. Gefühlskalt und durch die Durchdigitalisierung mittels Mikrochips so fürchterlich berechenbar.
Anfangs hatte man versucht, auch Mutanten und Sodos Mikrochips einzupflanzen. Doch sie waren bei Ihnen entweder abgestürzt, hatten massenweise Fehlermeldungen produziert oder begannen entscheidungsfreudig mit dem Weiterwandern zu weitestgehend nervenfreien Körperstellen. Nur um dort ihren Sende- und Empfangsbetrieb einzustellen. Also hatte man es aufgegeben und die veränderten Spezies zum wöchentlichen Erscheinen auf der nächsten Polizeidienststelle verdonnert.

" Solche Informationen interessieren unsere militärischen Vorgesetzten nicht im Geringsten!" Loups Stimme klingt gleichzeitig erleichtert und ironisch. "Sie interessieren sich nur für Waffen. Oder Lücken in der Abwehr der bösen Russisch-Asiatischen Föderation. Mit freundlich gesinnten Wesen haben sie nichts am Hut. Alles brauchen - sollten wir ihnen auch nicht auf die Nase binden, mein Schatz!"

Dragon schnaubt zustimmend und Rübezahl lässt seine Haut regenbogenfarbig schillern.

"Wenn wir denen alles verrieten, was wir mitbekommen und denken, wären wir schön dumm!" schnaubt Miez.
"Stimmt auffallend", faucht Dragon, legt seine Hand auf ihre Schulter und lässt seine Augen funkeln. "Dann bekäme Tetra bald keinen reinen Wein mehr eingeschenkt."
"Heeeey!" Tetra setzt das Glögiglas ab. "Jetzt werd aber nicht frech - sonst kommst Du in den Aschekasten!"

Vielstimmiges Lachen füllt den Raum und nicht lange danach verziehen sich die müden Krieger in ihre Privatgemächer.
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Sodo 14


Letuchmysch hängt weit oben an einem Balken und hadert mit seinem Schicksal. Keiner anständigen Fledermaus sollte so etwas zugemutet werden! Seit Tagen hängt er hier und will doch so gerne raus aus dieser stinkenden Hitze. Zum Glück war er letzte Woche nicht seinem ersten Vorhaben gefolgt und war mit Miez und Tetra in die Sauna geflogen. Dort hinge er mittlerweile völlig vertrocknet und fledermausetot. Hölzern wie die Fichtenbalken und Bretter, aus denen sie besteht. Selbst wenn er dort unter den Sitzen hinge, wären die Temperaturen immer noch heißer als hier in der Trainingsbaracke. Dass er hier immer noch hängt, liegt dan dieser vermaledeiten Müdigkeit, die ihn jedesmal bei Helligkeit und Hitze überfällt. Dabei hatte es sich wirklich nicht gelohnt, hierdrin zu lauschen. Alle hingen nur rum und warteten auf Miez und Tetra, die gerade von einem Außeneinsatz zurückgekommen waren. Leider Gottes hatte sie die Sauna wohl so heiß gemacht, dass sie sich lieber in ihre Hütte zurückgezogen hatten, um - na ja, was Menschen und Halbmenschen halt so machen, wenn sie als Paar in einem Raum verschwinden.

Anfangs hatte ihm dies Observation bei den Mutanten richtig Spaß gemacht. Schließlich ist es eine Ehre und Auszeichnung, wenn ein einfacher Flugmych Agenten bespitzeln darf. Und dann noch solche die selbst über Kräfte jenseits aller Zweibeinerfähigkeiten verfügen und ihn trotzdem seit Monaten nicht bemerken. Und die diese köstlichen Getränke wie Bier oder Wein in den Gläsern zurücklassen, wenn sie zu Bett gehen. Mych liebt diese mystische Flüssigkeiten, die sich nach einer Weile in seinem Kopf anfühlen, als ob er durch einen unfühlbaren Wind in heftigste Schaukelbewegungen versetzt wird. Es sind wahre Sinfonien für seinen Radar - wunderschöne Muster, die keinem Teppichknüpfer je einfielen. Blumenwiesen mit Rosen, Nelken und Margeriten mit Fischen und Vögeln dazwischen und Wolken und Blitzen. Kreisen, wie sie flippernde Steine in einem von Mond beschienenem See machen. In allen Schattierungen, in die man Dinge nur färben kann.
Sogar Geschmack hatten die Muster. Heidelbeeren und Rentiertalg, Honigtau und Nachtfalterflügel. Zum Niederknien - würden Zweibeiner sagen. Im Rausch konnte er sich vorstellen, sich in einem Zustand der Selbstverleugnung fallen zu lassen und wie ein Fisch durchs Wasser zu schnellen oder als Pinsel über eine Leinwand zu streichen, in Farbe einzutauchen und so ein Meisterwerk nach dem anderen zu schaffen. Nordlichter einer genialen Fledermaus. Angesagt in allen Galerien der östlichen und westlichen Welt. Letuchmysch - ein gefeierter Künstler!

Letuchmysch, der geflügelte Spion lächelt matt.

Nur fliegen darf er in der Verfassung nicht mehr. Das hat er einmal versucht - und war am nächsten Morgen auf dem Boden liegend erwacht. Nur wenige Zentimeter neben dem mit Schmutzwasser gefüllten Putzeimer. Er darf nicht daran denken, was wäre, wenn er ....

Egal. Vorbei. Aber diese verlockenden Rauschtröpfchen sind auch schuld an seiner jetzigen misslichen Lage. Denn eigentlich hätte er schon längst wieder zu Konna fliegen sollen, der seine Nachrichten an die Admiralniks weiterleitet. Und nun ist es drei Tage her, dass sich einer von den Mutantniks hier im Raum gezeigt hat. Die Fenster sind geschlossen und der Fernwärmeofen heizt trotzdem, als fände in einer halben Stunde eine Massagesitzung oder ein Meditationskurs statt.
Es ist zwar nicht die Sauna, doch es wird auch hier langsam eng für ihn. Mittlerweile hat er jedes Insekt aufgespürt und sich einverleibt und es ist auch nichts Trinkbares mehr zu finden. Nicht einmal der Putzeimer ist mehr da. Den haben sie mitgenommen. Draußen herrscht seit gestern Totenstille. Das Camp schein vollständig verlassen zu sein. Ach wie gerne wäre er jetzt wieder im Wald, oben in seinem Hochstand und flöge unter richtigen Nordlichtern, um Rentiergeweihe und fräße köstliche Insekten. Er verzichtete gerne auf Wein oder Bier!

"Huch, Loup - schau mal! Was liegt denn da auf dem Tisch? Eine Fledermaus. Sie lebt noch. Hol mal etwas Wasser, vielleicht bekommen wir sie wieder lebendig. So ausgetrocknet wie die ist, würde ich sie sogar in meiner heftigsten Raubvogelgier verschmähen. Das arme Ding - wir habe es wohl vor unserem Einsatz hier eingeschlossen."
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Letuchmysh-Theodor (Sodo 15)
Mila schluckt. Ist es möglich, dass dieses amutige kleine Ding wirklich ein Spion ist?

Als sie es bei ihrer Rückkehr fanden, und ihm mit einer Pipette Wasser eingeflößt hatten, war es recht bald wieder zu sich gekommen und hatte in ihrer Hand panisch angefangen zu zappeln. Doch als es bemerkte, dass sie ihm nichts antun wollten, hat es sich schnell beruhigt. Seltsam wurde es, als Dragon dazukam. Bevor sie es vorsichtshalber wegdrehen konnte, hatte es schon selbst den Kopf gewendet. Dragon berührte sie an der Schulter und sagte, sie solle die Fledermaus in seine Rchtung zurückdrehen. So, dass es ihn anschauen müsse. Als sie ihn fragend ansah, lächelte er vielsagend und meinte, sie brauche keine Angst zu haben, richtige Fledermäuse würden nicht gebraten, wenn sie ihm in die Augen sähen. Er wisse nicht genau, woran das läge, aber es sei eben so. Als sie es tat, schloß das Tier blitzschnell seine Augen.

"Ein Sodomutant!" Dragon blickte nachdenklich. "Das müssen wir dem Hauptmann melden. Jade! Kommst Du mal kurz. Du kannst doch auch mit sowas kommunizieren, oder?

Jade kam und nickte. " Fledermaussprache ist ähnlich wie morsen. Das heißt, ich kann ihm seine Gedanken entlocken und sie euch übersetzen. Nur hat es gerade soviel Panik, dass ich nichts verstehen kann. Wenn es ein Mutant ist, hat gerade das Tier in ihm die Oberhand. Lasst es uns irgendwie arretieren. Ich versuche es, wenn es sich wieder beruhigt hat!


Kurz darauf kam Tetra mit einem Vogelkäfig, in dem er bis vor Kurzem noch einen Papagei gehalten hatte. Den hatte sich eines Abends bei offenem Fenster eine Eule von der Stange geholt. Oder es zumindest versucht. Die Stange hat sie nicht heben können, aber der Papagei war hin. Zum Glück waren gerade die Weinvorräte Tetras ausgegangen. Nicht auszudenken, was er sonst im und ums Haus angerichtet hätte. Es erstaunte Mila im ersten Moment zwar, dass man sich hier oben und als dazu noch als Mutant ein Haustier halten darf. Doch wenn sie es genau bedenkt, sollte sie eigentlich nichts mehr wundern.


Auf alle Fälle hängt das Tier jetzt in einem Hochsicherheitstrakt von Papageienkäfig, dessen Tür mit einem dicken Draht gesichtert ist. Am Boden steht ein Schälchen mit Wasser und Loup hat ein Stück Salami zwischen die Gitterstäbe gedrückt. Ob es das fressen kann, muss sich erst noch zeigen. Insekten fangen werden sie nicht und um Mehlwürmer zu kaufen, müssten sie nach Ruuvaoia fahren oder fliegen und das würde der Colonel nur schwerlich genehmigen.

Allerdings - Theodor, so nennen sie die Fledermaus auf des Oberst Vorschlag vorerst, scheint ein Spion. Und den wird selbst der vor Arroganz strotzende Major Brandenburg nicht verhungern lassen. Nicht bevor sie irgendwie Informationen aus ihm heraus brächten. Dieser Major, zum Glück taucht der nur alle Schaltjahre hier auf. Er wirkt, als wäre er aus der vorindustriellen Zeit ins heute gebeamt. Er könnte ein direkter Nachfahre des Herrn Von Instetten sein, dem Grafen Fontanes in Effi Briest. Nach dem Bild zu urteilen, welches in der Offiziersstube hängt, hat er ja wie dieser eine um vieles jüngere Frau. Dass die widerlichen alten Böcke auch immer solch eine Affinität zu jungen Frauen haben müssen! Klein und unglücklich schaut sie in die Kamera. Ganz anders der Major, der gönnerhaft seinen Arm um sie gelegt hat. Stolz aufgerichtet, als hätte er gerade eigenhändig dieses scheue Reh gefangen. Sie wirkt viel mehr wie eine rausgerupfte zarte Anemone, blass und geknickt, als wäre sie gegen ihren Willen in die Ehe gezwungen worden. Noch ein Kind und fast schon androgyn, so wenig fraulich kommt sie Mila vor. Solche Verbindungen sollte man auch ahnden! Sie bringen heute wie damals garantiert viel Unglück über die Beteiligten, so wie die damaligen Genexperimente an Menschen und Tieren.


"Theodor!"
Mila lächelt. Sie muss den Oberst bei nächster Gelegenheit fragen, ob er dieses uralte Buch von Fontane gelesen hat.
Sie schaut wieder zu dem kleinen Tier in den Käfig. Da hängt es kopfüber an einer Stange und man wartet direkt darauf, dass es gleich anfängt zu wippen oder baumeln. Es wirkt so harmlos! Nun knabbert es an der Salami, vielleicht wird die Fahrt wegen der Maden doch überflüssig. Nur trinken tut das Tier wenig. Es wirkt fast, als schiele es dauernd zu Tetras stehengelassenem Weinglas herüber.
Kurzerhand nimmt sie das Glas, leert den Wassernapf und kippt den Rest des Weins hinein.

"Na, schau an! Ein kleiner Alkoholiker! Zum Glück verwandelst Du dich dadurch nicht in einen Superhelden."
Mila füllt schnell wieder Wasser nach, was ihr einen vorwurfsvollen Blick des Tiers einbringt.
"Ich gehe mal davon aus, dass Du uns durchaus verstehst. Es gäbe sonst keine Sinn, dich als Spion einzusetzen. Also verrate ich dir etwas: Sollten wir in den nächsten zwei Tagen keine Kommunikation mit dir hinbekommen, wirst Du nach Oulu ausgeflogen und dort einer SPD unterzogen.
Eine SubPerianale- nee: cranialeDurchleuchtung - oder wie diese widerliche Prozedur heißt. Da setzen sie dir einen Chip hinter deine kleinen Öhrchen und scannen deine glorreichen und peinlichsten Erinnerungen. So zumindest hat es der Colonel vor. Es heißt, wenn man davor kiffen kann, dass es dann weniger unangenehm ist. Doch das wirst Du wohl nicht können. Na ja, mit dem Colonel würde ich mich lieber nicht streiten. Da hätte selbst der Major bei einem Duell keine Chance. Nur um im Buch zu bleiben, kleiner Theodor."
Mila grinst.

Es scheint ihr jetzt, als ob das Tier seine Öhrchen spitzt. Zumindest schaut es sie die ganze Zeit mit seinen Knopfäuglein direkt an. Dann beginnt es langsam aber rhythmisch seine Flügel aufzuspreizen und wieder zu schließen. Und schaut sie dabei weiter direkt an. Was könnte das bedeuten?
Jetzt hört es auf damit. Trinkt.
Okay, es beginnt wieder. Was will es damit sagen? Irgendwie wie - was sagte Jade nochmal?"

" Kleines - sind das Morsezeichen? Das wäre doch ein guter Anfang!"

".---.-"
**st
Sodo 16 - 22
Sodo 16

"Letuchmysh, wie Theodor sich selbst nennt, hat uns das letzte Halbjahr observiert. Sein Kontakt zu den Russen ist Konna. Konna scheint ein Finne zu sein, der am Ainijärvi-See wohnt und ein Funkgerät besitzt. Diesen werden Albert, unser Chamäleon zusammen mit Jade und Mila morgen besuchen. Jade wird versuchen, die Funkimpulse mit seinem Piezosinn zu orten und Mila überwacht das Ganze von Oben, holt Jade raus, falls es für ihn gefährlich wird. Die Fledermaus lassen wir natürlich dafür frei. Wir konnten sie relativ leicht davon überzeugen, dass es für sie von Vorteil ist, die Seite zu wechseln. Scheinbar gehen die Miltärs drüben mit ihren Mutanten nicht gerade rücksichtsvoll um. Wenn wir schon eine Weile überwacht werden und sie, wie es wahrscheinlich ist, nicht die einzige Informationsquelle ist, glauben sie ihr, dass sie eingesperrt war und sich deshalb nicht melden konnte. Sie ist übrigens Mila mehr als dankbar für ihre Rettung und immer noch erstaunt, dass sie nicht auf der Stelle verspeist wurde!"
Oberst Karhupatja lächelt.
" Bei dieser Gelegenheit muss ich Mila und Loup ein Kompliment aussprechen! Ich hatte anfangs Resentiments wegen der Emotionalität unserer Federdame, doch mittlerweile freue ich mich über den neuen Schwung und die gute Stimmung, die mit ihr in die Gruppe gekommen ist. Danke Loup, dass Du mir so so hartnäckig in den Ohren gelegen bist! Manchmal braucht es das bei mir. Ich bitte jedoch darum, dass ihr jetzt nicht übermütig werdet oder meine Wort diesen Raum verlassen. Unsere Vorgesetzten sehen solch ein Verhalten von Offizieren nicht gerne. Sie haben ein anderes Rollenverständnis als ich und sähen eine Gefahr für meine Autorität. Allerdings kann ich es bei den Charakteren, die sie zu befehligen haben, nicht verdenken. Nicht jeder hat das Glück, so engagierte und intelligente Untergebene zu haben! Für die meisten Militärs ist immer Gefahr im Verzug und sie ziehen ihre Motivation aus einer latenten Angst vor und gleichzeitigen Sehnsucht nach Krieg. Lieber kämpfen als ohnmächtig warten. Die daraus entstehenden Ohnmachtsgefühle führen dazu, dass sie wenigstens Macht über ihre Soldaten haben wollen. Dass sie damit wenig engagierte Befehlsempfänger mit eher mittelmäßigem Verstand züchten, ist ihnen nicht bewusst. Und sie wollen es auch nicht wissen! Mir scheinen solche unbewussten libidinösen Motivationsgründe viel gefährlicher, als mitdenkende Untergebene. Für mich ist der Offizier der Stamm, der nährenden Saft in jede Blattader seiner Untergebenen zu leiten hat. Nur so kann eine Truppe wirklich schlagkräftig agieren, wenn es darauf ankommt."
Er schaut ernst in die Runde, als erwarte er einen Kommentar. Tetra und Jade nicken, Dragon faucht und Loup knurrt zustimmend. Der Oberst räuspert sich etwas verlegen. Es ist bisher die längste und persönlichste Ansprache, die die Mutanten von ihm zu hören bekamen.
Kurz kehrt Stille ein. Nein - keine peinliche Stille. Eher die einer stillen Übereinkunft. Oberst Karhupatja atmet hörbar aus und beendet grinsend mit den Worten: "Kompanie wegtreten!" die Besprechung.
Morgen, kurz nach Tagesanbruch, werden sie sich zur genauen Absprache des Einsatzes noch einmal versammeln. Letuchmysh wird dann - natürlich erst nach einem kräftigen Imbiss aus Sardinenpaste und einer dünnen Schorrle mit Tetras Wein - zur Väriö Subarctic Research Station am Ainijärvi vorgeflogen sein. Alle sind gespannt, was sie dort über das Spionagenetz des Gegners erfahren. Loup und Ponton werden sich inzwischen noch einmal an den Ozero Girvas begeben und dort versuchen herauszufinden was ihnen das letzte Mal so seltsame Empfindungen beschert hat.
Die kommenden Tage scheinen wirklich interessant zu werden!







Sodo 17

Die Kerze flackert bedenklich, als Loup die Türe der Blockhütte einen Spalt öffnet. Drin riecht es nach einem gerade ausgehenden Feuer in einem eisernen Ofen, etwas salzige Suppe mit Rentierfleischbrocken, dem feuchten Boden und frisch gefettetem Leder. Keine Kunststoffmolelüle, keine elektrischen Spannungen - also auch keine Überwachung! Der Soldat müsste noch etwa zwei Stunden sitzen, bis er seinen abendlichen Rundgang beginnt und dann bis zum Sonnenaufgang in der Hütte verschwindet, die Loup gerade observiert. Wäre er ein normaler Zweibeiner, müsste er nun irgendwelche elektronischen Dinger mit bunten Lichtern auspacken und damit den Raum gründlich scannen. Aber als Wolfsmensch, der er nun einmal ist, langt ein Schnuppern in den dunklen Raum mit den flackernden Schatten, um alles Wesentliche zu erfassen.
Leise schließt er wieder die Türe und will sich aufmachen, einen sicheren Platz zu suchen, um den schlitzäugigen Soldaten zu beobachten. Bis Ponton sich meldet, hat er sicher noch Zeit und in die Halle kommt er ohne Schlüssel nicht. Wie er letzte Nacht schon feststellen musste, besitzt sie ein Betonfundament und stabile Wellblechwände, wie sie vor zwei Jahrhunderten üblich waren, um Geräteschuppen zu bauen. Vielleicht bekäme er mit Hebeln eine Platte losgerissen, doch der bei solch resoluter Vorgehensweise entstehende Lärm, würde selbst den taubsten Soldaten aus dem tiefsten Schlaf reißen. Also bleibt nur aufmerksames Beobachten, wohin der Mensch den Schlüssel steckt und dann einen Plan zu entwickeln, ihn ihm unauffällig zu entwenden. Das müsste machbar sein, denn arg aufmerksam scheint dieser nicht gerade zu sein. Er schläft scheinbar die meiste Zeit. Zumindest hat er fast immer die Augen geschlossen und bewegt sich nicht.
Wenn Loup sich anschliche und den Traumcocktail in die Wasserflasche des Schlafenden füllte, könnte er nach dessen nächstem Schluck sorglosden Schlüssel an sich nehmen, die Halle aufschließen, nachschauen und danach dem Soldaten den Schlüssel wieder zustecken. Dieser würde zwei Stunden später wieder aus einem wilden Traum erwachen und wäre noch eine ganze Weile schwer damit beschäftigt, sich zu fragen, warum er gerade noch mit einem Rosenstrauß vor Marie Curie auf einem Segelschiff stand und sie fragte, ob sie seine Frau werden wolle, bis dass der Schwall sie trennte und der Anflug des Schwarms das Dinner ankündigte ...
Schwarmanflug? Loup stellen sich die Nackenhaare und langsam dreht er sich um die eigene Achse. Tatsächlich! Ein Bienenschwarm in Form eines Focksegels kommt zwischen den Birken auf ihn zu und hat ihn im nächsten Moment eingekreist. An Flucht ist nicht mehr zu denken. Loup hält den Atem an und stellt sich tot.
Eine Biene schirrt heran und setzt sich vorichtig, fast sanft auf seine Nase. Wenn sie jetzt sticht - Loup spürt seinen Herzschlag nun bis in seine Nasenspitze. Doch sie sticht nicht.
Stattdessen hört er tief in sich, fast am unteren Ende des Brustbeins eine Stimme. Eigentlich spürt er dort eher eine Vibration, die sich nach oben ausbreitet und dann mitten zwischen seinen Ohren hörbar wird:
"Wolfsmensch! Sei unbesorgt. Wir stechen nicht! Wir sprechen. Im Namen von Umnai und Tenger, im Sinne und den Worten Ulubeks und sehen für dessen Augen.
Nenne er uns seinen Namen und den Grund seines Hierseins! Uluk spürt zwar unlautere Absicht, doch auch unschuldige Neugier und ein ehrliches Herz! Um nicht der Befehsketten Misstrauen zu wecken, schleiche er sich nach Anbruch der Dunkelheit zum Fenster, hinter den geschlossenen, doch ungesicherten Laden, findet er hinter dem offenen Fenster Uluks offenes Ohr!"
"Mein Name ist Loup! Ich grüße euch und entschuldige mich für mein unan ..."
Noch während Loup überlegt, wie er den Satz beenden will, dreht das Insektensegel und verschwindet hinter den Bäumen, wo es sich scheinbar so schnell auflöst, wie es kurz zuvor erschienen ist.
Loup staunt und letzte Vibrationen erreichen sein inneres Gehör:
"Spare er sich seine Worte für den Abend auf! Und den Blister mit dem Schlafmittel braucht er nicht mitzubringen!"
Seltsam. Ein Bienenschwarm, der mit mongolischem oder kirgisischem Akzent spricht! Loup ist sich sicher, dass dies keine Mutantenfähigkeit ist. Ein Schamane vielleicht? In grauer Vorzeit soll es solche Menschen gegeben haben, die mutantenähnliche Fähigkeiten besaßen.
Langsam löst sich seine Starre. Der Schreck sitzt ihm immer noch in den Gliedern und noch weigern sich seine Nackenhaare, sich wieder zu legen. Selbst die Rute klemmt noch zwischen den Beinen. Das war verdammt knapp. Und erschreckend. Denn noch nie zuvor hatte ihn sein Instinkt so im Stich gelassen.





Sodo 18

Letuchmysh hat Stunden gewartet, bis Konna das Fenster wieder gekippt hat und er sich durch den Spalt ins Innere zwängen konnte. Erst einmal hat er sich nicht gezeigt, denn sonst hätte er den Looser anfliegen und kräftig in die Halsschlagader beißen müssen. Verdient hätte Konna das!
So hing er und wartete - und wartet immer noch..
Auf dem Bildschirm vor seiner Kontaktperson räkelte sich eine Blonde und ließ sich französisch verwöhnen. Das Entzücken stand ihr ins verzerrte Gesicht geschrieben und wenn Mysha keine Fledermaus wäre, sondern ein Zweibeiner, hätte er vielleicht auch wie sie der Lustbarkeit Tür und Tor geöffnet und der männlichen Geilheit gefrönt.
Als Fledermaus konnte er der Prozedur gar nichts abgewinnen. Er fand es nur furchtbar lästig, denn er war zur Untätigkeit verdammt. Flöge er vor dem Gesicht Konnas herum, um auf sich aufmerksam zu machen, könnte dieser ihm gerade in dem Moment mit einem lauten Elchröhren den woderlich klebrigen Sermon entgegenschleudern. Darauf verzichtet Myscha lieber.
Wenn wenigstens etwas zu trinken im Raum wäre. Alle Gefäße sind knochentrocken, wie er bei einem Rundflug leider feststellen musste. Also weiterwarten bis dieser vermaledeite Wichser sich abreagiert und den danach folgenden komaähnlichen Schlaf emdlich beendet hat.
Danach folgt wie immer das Übliche. Der Finne öffnet eine Dose mit geschlüpften Stechmücken und während Letuchmysh im Zickzack seinen Hunger stillt, öffnet Konna die Schnapsflasche. Er tropft etwas in ein Schälchen, das schon mit Preiseelbeersaft gefüllt ist. Dann sucht er am Funkgerät die richtige Frequenz und stellt das Mikrofon unter einen kleinen Galgen, an den sich die Fledermaus hängen und nach Aufforderung des Technikers auf der anderen Seite seinen Bericht abgeben kann.
Dieses Mal wird er ihnen ein paar Falschmeldungen auftischen und in die irre führenden Spuren legen. Der Posten in Tulpipo würde in Kürze abgezogen und die Hütten für die Sommerfrische und Kur verletzter Frontsoldaten hergerichtet werden. So würden die baldigen Erweiterungsmaßnahmen dort in nächster Zeit nicht weiter verdächtig auffallen. Oder dass der befehlshabende Offizier des Nachts eine Soldatin fesselt und kurz darauf kleine spitze Schreie durch das Lager gellen. Dass der Feind in sämtlichen Teemischngen für die Truppe jetzt Lindenblüten mischt, damit der Zusammenhalt in den Batalionen besser wird. Also größtenteils nutzlosen Infomüll.
Die Frage nach Aufklärungsmissionen der eurokanadischen Soldaten über die grüne Grenze würde er verneinen. Schließlich gäbe es auf ihrer Seite ja nichts Fesselndes.
Danach würde er sofort Richtung Fenster flattern und sich hinter dem Schuppen in die zarten Krallen von Mila begeben. Was für eine Fledermaus eigentlich ziemlich verrückt ist.


Sodo 19 (+20)

Ponton sehnt sich zurück in den See.
Loup hat ihn gebeten, in der Nähe zu sein, wenn er sich am späten Abend in die Höhle des Löwen wagt.
Das Handtuch, das er sich unter dem Jackenkragen um den Hals gelegt hat, wird langsam aber sicher trocken. Und sehen kann er auch nichts, kurzsichtig wie er außerhalb seines Elements ist. Das teuflische Insektensegel, von dem Loup erzählt hat, könnte schon einen halben Meter drohend vor ihm schweben und er würde es nicht bemerken. Jetzt im Dunkeln schon gar nicht!
Eigentlich peinlich. Wenn sie heil wieder zurück sind, verlangt er einen Superheldenanzug für sich. Mit Wasserspeicher, der sich selbst füllt. Irgendwas mit Nanotechnik und Nutzung der Luftfeuchtigkeit. So was müßte doch zu machen sein. Und irgendeine Komunikationsmöglichkeit, so einen Knopf im Ohr, sollten sie ihnen für ihre Einsätze auch gönnen. Klar, durften sie ihnen keine sonst üblichen Infochips einpflanzen, dann wäre das mit der Geheimhaltung vorbei. Doch sicher gibt es noch irgendwo solche Teile aus den letzten Jahrhunderten. Er hatte sie doch gesehen - in den Krimiserien, die auf ihrem Holoprojektor gespeichert sind. Da können sich die auch durch Wände hindurch unbemerkt auf dem Laufenden halten.
So jedenfalls wäre er eher ein Hemmschuh, wenn der Wolfsmensch Hilfe bräuchte. Zumindest hier, mehr als zwanzig Meter von der Uferpromenade entfernt. Nun ja, Loup war sich ziemlich sicher, dass der asiatisch aussehende Soldat dahintersteckt und nichts Böses im Sinn hat. Er sieht zwar nicht im Geringsten nach Mutant aus, doch es hat, sagt zumindest Loup, schon immer Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten gegeben. Schamanen - oder so.
Wie lange braucht der denn noch?

Die Uferpromenade. Wasser. Leben. Kraft. Langsam, als wollte sich seine Seele davonschleichen, gleiten seine Gedanken wieder zum See zurück. Der junge Biber, den er heute wieder beobachtet hatte und der auffällig oft in seine Richtung geblickt hatte, als ob er ihn sähe, taucht vor seinem inneren Auge auf. Wenn er Recht hat, ist es ein junges Weibchen. Also eine Sie. Ein ausnehmend schönes Exemplar, denkt Ponton.
Lächelnd schaut Sie herüber, dreht sich und läuft mit elegantem Hüftschwung in Richtung der Burg. Die ist in die Felsen am Ufer gebaut und bunte Sonnenschirme locken gleich hinter seinem geparkten Cabrio mit der Aussicht auf einen erfrischenden Cocktail. Tatsächlich scheint sie auf ihn zu warten. Winkt ihm und leckt sich lüstern über die Lippen. Herrgott! In seiner Hose rührt sich etwas. Wie lange ist das jetzt her? Er eilt auf sie zu. Je näher er ihr kommt, desto mehr wird aus dem frischen Wind in seiner Hose ein Sturm. Sie scheint ihm etwas zuzurufen, doch er versteht es nicht. Der Sturm droht ihn, mit sich zu reißen.

"Komm - Trau dich!"

Als sich Loups Hand auf seine Schulter legt, schrickt er zusammen und augenblicklich wird aus dem Tornado ain Säuseln in der Birke über ihm.

"Hey - Ulukbek und BiaNell wissen, dass Du da bist. Du darfst ruhig mit in die Hütte kommen!



Sodo 21

Das Erste, was Ponton auffällt, als er in den Raum kommt, ist das Plätschern. Kein Wunder, denn schließlich ist Wasser sein Element.

Ulubek lächelt und seine Zähne leuchten aus der dunklen Ecker hervor.

"Hallo Ponton, dein Freund hat Dich uns schon angekündigt. Es ist mir eine Ehre, einen weiteren Verbündeten des Wassers in meiner bescheidenen Hütte begrüßen zu dürfen. Das neben mir ist BibaNell. Sie sieht aus, wie ein normaler Biber, ist aber wie Du mit tiefer Intelligenz und weitere tolllen Gaben beschenkt und vermag sich mit uns über eine Art Emotionssprache zu verständigen. Setze Dich ruhig zu ihr und neben den kleinen Zimmerbrunnen, den Du dort siehst. Er ist extra dafür da, dass sich Wasserwesen in meinem Heim wohlfühlen, obwohl die nächste Möglichkeit unterzutauchen ein Stück entfernt ist. Du darfst ruhig mit der Hand hinein oder dein Tuch damit tränken. Es wird über eine Pumpe gespeist und füllt sich dadurch immer wieder selbst."

Ulubek´s Stimme kling rauh, als ob die Töne in seinem Hals über grobes Schmirgelpapier streichen. Früher tranken Bluessänger literweise Whiskey und rauchten dicke, übelst stinkende Rollen aus Tabakblättern, um so eine markante Stimme zu bekommen.
Jetzt erschallt ein lautes Lachen aus Ulubeks Mund und das Biberweibchen zuckt verdächtig mit dem breiten Schwanz.

" Mit dem Alkohol hast Du Recht, meine Stimmbänder haben sicher darunter gelitten. Aber das ist lange her. Doch Tabakblätterrauch haben sie nie aushalten müssen. Einer Kehlkopfentzündung in der Jugend und dem ständigen Obertonsingen in meiner ursprünglichen Heimat verdanke ich diesen Klang. Und ja, um deine Frage schon im Vorfeld zu beantworten: Ich spreche telepathisch mit euch. Solange wir hier zusammensitzen, brauchst auch Du nur etwas zu denken, dass wir es mitbekommen. So sind unnsere unterschiedlichen Muttersprachen kein Problem mehr und auch BibaNell kann an unserer Unterhaltung teilnehmen.
Doch Achtung: Beschränke dein Denken, auf das, was Du uns konkret mitteilen willst. Es erfordert etwas Disziplin, sonst wird der Austausch ein teigiger Brei, der eher zu Bauchschmerzen führt, denn zu einem wohligen Sättigungsgefühl!"

Ponton atmet hörbar aus. Sein Herz klopft laut. Synkopen sind ihm in Gedichten wirklich lieber als am Herzen. Bevor er jetzt wegen der ungewohnten Situation in Stress kommt und zu viel oder unpassende Dinge denkt, sollte er seine Hand lieber wie empfohlen in das Becken neben sich strecken. Schlagartig beruhigt sich sein Puls und die warmen Gefühle, die ihm nun von dem Biber und dem seltsamen Soldaten entgegenfließen, erzeugen in ihm ein regelrecht wonnetrunkenes Wohlgefühl. Es ist fast schon ein Rausch.
Wie damals, als er als Kind nach einer Operation tagelang am Bett festgebunden war und wieder das erste Mal unter die Dusche durfte.

"Okay - " er schaut fragend in die Runde, " wenn das ein Verhör wäre, hätte ich denkbar schlechte Karten ..."

Diesmal keckert BibaNell sogar und ihr wie wild schlagender Schwanz klingt wie ein Hammer auf einem Amboss.
" Okay, ein Gummihammer auf einem Gummiamboss!"

Nun kann selbst Loup nicht mehr an sich halten und sein Lachen klingt wie eine Mischung aus Wolfsheulen und lupenreinen Alpjodlern.
"Junge, Junge. Wenn Du so weitermachst, müssen wir die Konferenz noch unterbrechen und morgen weiterlachen - äh - reden."

" Hol ein paarmal tief Luft und lausche erst ein paar Minuten unserem Gespräch, bevor Du dich einschaltest. Du wirst merken, dass Du dich schnell daran gewöhnst. Es ist bei der Telepathie so ähnlich wie beim Schwimmen oder Tauchen. Der Rythmus der Bewegung, der Wechsel zwischen dem Rückholen und dem Zug und auch die Atmung bringt die Ruhe und den stimmigen Schwung fürs mühlelose Fortkommen. Hast Du den Dreh erst mal raus, fühlt es sich an wie ein ganz normales Gespräch."
Ulubek lächelt Ponton noch einmal an und wendet sich dann an Loup.

" Nun Wolfsmensch Loup, was führt Euch zu mir?"




Sodo 22 Jades Rückkehr

Während Letuchmysh sicher von Mila's Krallen in Lager zurückgetragen wird, schwingt sich Jade über die Leitung des Generators in das Funkgerät und verändert genüsslich einige Parameter im Betriebssystem und an der vorsintflutlichen Hardware. Bevor er sich zurückzieht, erzeugt er einen kleinen Kurzschluss im Sender und hinterlässt eine tote Mücke auf der Leiterplatte. So wird jeder denken, in der Mücke liegt die Tücke und jeglichen Verdacht auf Manipulationen des Geräts ausschließen. Bis Konna, den Fehler bemerkt und irgendwoher ein passendes Ersatzteil besorgen kann, wird es einige Wochen in Anspruch nehmen.

Zumindest glaubt Jade das, denn auch er hat mit einem breiten Grinsen das Abschiedsritual von Konna und dem Gasmann mitbekommen. Dass die beiden Gestalten nicht ganz richtig ticken und eher einen Knoten in die rosige Stola des Geküssten machen, als misstrauisch an eine gezielte Sabotage zu denken, wirkt zumindest beruhigend.

Als er sich unter einer vom Regen freigeschwemmten Luftwurzel an der Brut eines Uhus zur Quarzader Richtung Heimat vorbeischlängelt, faucht ihn die empörte Glucke an. Fast erwischt sie ihn mit ihrem scharfen Schnabel, doch er hat Glück. Er berührt gerade noch rechtzeitig den Stein und löst sich erleichtert in einem grünweißen Wirbel auf. Beim Auftauchen im Lager ist er zuerst etwas verwirrt, weil er zum ersten Mal feststellt, dass sich das eigentlich ganz so anfühlt, als ob er von innen ein dickes Ei aufbricht.
Erstaunt schaut er sich über die Schulter.

Nichts!

Jade atmet auf. Es hätte nur noch gefehlt, dass ihm wie Mila Flügel wachsen.
**st
Sodo 23 - 29
Sodo 23 Der Bericht

Wollte man die Atmosphäre beschreiben, die nach Loups und Pontons Rückkehr im Besprechungsraum herrscht, müsste man zu so Bildern wie knisternde Spannung oder ungeduldige Vorfreude greifen. Am Abend zuvor, als die Beiden zurückkamen, waren sie so erschöpft, dass sie sich nach ein paar mystischen Andeutungen sofort schlafen legten. Das führte zu Spekulationen, denn dies waren die Gefährten nicht von ihnen gewohnt. Myth, wie zu nun ihnen gehörende Fledermaus genannt wurde, Mila und Dragon vermuteten einen mentalen Kampf, den sie etweder knapp gewonnen haben oder bei dem sie gerade noch entkommen konnten. Alb und Miez jedoch ahnten, dass ihre zwei Kollegen etwas gefunden hatten, was sie so erschüttert haben muss, dass sie so erschöpft sind.

"Schlimmeres als ein holzkrawattentragend, singender Gasflaschenlieferant kann ihnen sicher nicht passiert sein" witzelt Ponton, als die Türe der Blockhütte knarrend aufgeht und bringt damit die gerade Eintretenden und so sehnsüchtig Erwarteten augenblicklich zum Lachen.

"Das müsst ihr uns aber haarklein berichten! Unsere Erlebnisse waren zwar auch spektakulär, zu Lachen gab es das Ein oder Andere, doch eher aus der Rubrik faszinierende Mutanten. Nicht Muhtunten, wie Euch!"

Nun grinsen alle und angesichts der sichtbar guten Stimmung und mentalen Unversehrtheit Loups, fallen nicht nur aus Milas Gesicht alle ängstlichen Fragezeichen . Die Anderen lassen sich sichtbar entspannt in Sessel und Sofa zurückfallen.
Nur Oberst Karhupatja behält vorerst seine militärische Haltung.

Der Kommandeur räuspert sich.

"Über die Ergebnisse, die Myth, Mila und Alb schon gestern mitbrachten, werden wir Sie nach Ihrem Bericht informieren. Nehmen Sie Platz und berichten. Wir platzen fast vor Neugier!"
Der nun schon fast jungenhafte Ausdruck und das schelmische Lächeln des Oberst konterkarierten seine ansonsten steife Haltung. Man braucht nicht zu erwähnen, dass alle Anwesenden froh sind, so einen tiefsinnigen und menschenfreundlichen Mann zum Vorgesetzten zu haben. Dieses Glück haben beileibe nicht alle als Agenten einesetzten Mutanten. Man denke da nur an die bisherigen Auftraggeber von Letuchmysh.
"Fangen Sie an!"

Ponton nickt und beginnt.

" Mein Teil war die Absicherung Loups, falls es zu Schwierigkeiten kommen würde. Allerdings hatten wir nicht bedacht, dass meine Kräfte schwinden bei längerem Aufenthalt außerhalb meines Elements. Albs Chamäleonfähigkeiten und seine Geschwindigkeit beim Überwinden von Distanzen hätten ihn für diese Aufgabe geeigneter gemacht. Deshalb hätte ich eine Bitte an Sie, Oberst: Ich beantrage einen wasserspeichernden Anzug. Er würde mir ermöglichen, meine Kräfte auch außerhalb des Wassers länger aufrecht zu erhalten. Doch nun zurück zu unserem Einsatz!"

Wie zur Bestätigung reicht Mila Ponton ein frisches und nasses Badetuch.

"Bevor ich an Loup weitergebe, der für die inhaltlichen Aspekte dieses Auftrags verantwortlich war, muss ich noch sagen, dass ich noch keinen beängstigerenden und gleichzeitig erfreulicheren Einsatz erleben durfte. Und ich kann behaupten , dass dieses Erlebnis in mir eine tiefe Ehrfurcht freigesetzt hat, die mich einerseits in der Sinnhaftigkeit unserer Tätigkeit bestärkt und gleichzeitig hoffen lässt, dass wir, die Mutanten, unsere Fähigkeiten nie in militärisch gewalttätigem Sinne gegeneinander einsetzen müssen. Denn das, was wir drüben erlebt haben, hat mir gezeigt, dass wir der Menschheit als Verbündete, die gemeinsam statt gegeneinander agieren, viel mehr nützen können. In Kurzform: Wir sind dort keinen Gegnern sondern Freunden begegnet!"

Loup schaut ernst in die Runde und nickt.

" Da auch ich mehr beeindruckt bin, als ich es zu erklären vermöchte, kehre ich zurück zu den Fakten, dem zeitlichen Ablauf der Operation. Nach unserer Ankunft beobachtete ich wie vorgesehen den vor der Lagerhalle sitzenden Soldaten und Ponton versuchte dem beim letzten Einsatz gespürten mentalen Tasten eines der dort ansässigen Biber auf die Spur zu kommen.
Während er anfangs erfolglos mit seinem sensorischen Radar versuchte, diese Entität wiederzufinden, schlich ich mich zur persönlichen Unterkunft des Soldaten, um dort nützliche Informationen zu finden, die mir ein sichereres Eindringen in die von ihm bewachte Lagerhalle ermöglichen sollten.
Dies ging jämmerlich schief!

Kurz bevor ich dort ankam und mit der Observation seiner Unterkunft beginnen konnte, war ich urplötzlich mit einem vor mir auftauchenden Bienenschwarm konfrontiert. Er hatte die Form eines Segels und teilte mir mittels einer Stimme in meinem Kopf mit, dass ich entdeckt sei und mich erst nach Anbrechen der Dunkelheit am waldseitigen Fenster der Unterkunft einfinden solle. Trotz der beängstigend wirkenden Art der Kontaktaufnahme barg diese Nachricht jedoch keine Drohung oder Kritik an meinem unbefugten Eindringen, sondern wirkte wie eine interessierte Einladung und gleichzeitig verständlicher Vorsichtsmaßnahme. Als was es sich dann tatsächlich auch herausstellte."

Regungslos und gebannt hören die Anderen zu. Man könnte eine Stecknaden fallen hören, so still ist es im Raum.

"Als ich am folgenden Abend ankam, wurde ich sogleich mit selbiger Stimme wie am Nachmittag in meinem Kopf aufgefordert, über das Fenster hineinzuklettern und sah mich drin gleich zwei Wesen gegenüber. Eines davon besagter Soldat, das andere der schon erwähnte Biber. Die Begrüßung war wider Erwarten äußerst freundlich und wie ihr wahrscheinlich ahnt, stellten sich beide auf die gleiche telepathische Art vor, wie zuvor schon die Bienen zu mir sprachen. Ponton, der draußen wartete, wurde auch eingeladen und dies, ohne dass ich ihn, beziehungsweise seine Anwesenheit überhaupt erwähnt hatte. Insofern besonders erstaunlich, da ich hier gelernt habe, meine Gedanken durchaus wirkungsvoll abzuschirmen. Es ist wirklich als Glück anzusehen, diesen Mann, der sich mir als Ulubek vorstellte, nicht zum Feind zu haben. Meinen zuerst äußerst alarmierten Freund Ponton beruhigten er und der Biber in erstaunlich kurzer Zeit mit ihren beachlichen mentalen Fähigkeiten. Sie lehrten ihn in Minutenschnelle Gedankenkontrolle, dass er mit ihnen telepathisch kommunizieren kannn und gaben ihm sogar einen Platz an einem Zimmerbrunnen, damit er Kräfte und Konzentration nicht verliert. Wir waren von diesem Empfang natürlich völlig überrascht."
Nun dreht sich Loup zum Oberst um.
" Was Sie mehr interressieren wird: Noch erstaunlicher wurde es, als Ulubek mir ohne Nachfragen mitteilte, was er bewacht und welch ungeheure Bedeutung es hat, dieses Artefakt nicht in falsche Hände fallen zu lassen. Das ist umso erstaunlicher, als wir ja eigentlich Agenten aus dem feindlichen Lager sind. Erlebt man allerdings die Präsenz dieses Mannes, wird klar, dass er in Dimensionen denkt und fühlt, die jenseits von Feindschaft oder Konkurrenz sind. Er selbst spricht von reinem Herzen und Absicht. Da er dies bei uns zu erkennen glaubt, war es für ihn sofort klar, dass wir Zugang zu allen seinem Wissen haben dürfen.
Das Artefakt in der Lagerhalle ist eine Waffe, die während des zweiten Weltkriegs von einem ebenso kranken wie genialen Geist in Berlin, der Hauptstadt des damligen Deutschen Reiches ersonnen wurde. Es kam, warum auch immer und zum Glück nicht zum Einsatz, da der Erfinder sich zuvor das Leben nahm. Und es strandete, wie auch immer an diesem verlassenen Ort. Versteckt im Motor eines Lastwagens, strandete es in dieser Lagerhalle und scheint seither dort auf jemanden zu warten, der es zu nutzen weiß. Genauere technische Spezifikationen sind unbekannt. Wir durfte den Motor am nächsten Morgen tatsächlich untersuchen und konnten keinerlei Unterschied zu dieselbetriebenen Motoren aus dieser vergangenen Zeit erkennen. Zumindest, wie es unser beider Technikverstand zuließ. Uluk meint, dass es auch für unsere besten Techniker keinen erkennbaren gäbe. Die weltzerstörende Kraft enstünde seines Ermessens erst im Zusammenspiel mit einigen geheimnisvollen Treibstoffzusätzen und der Drehzahl, beziehungsweise der Frequenz, die durch diese erreicht würde. Welche Zusätze und Drehzahl dies wären, hätte der Erfinder allerdings mit ins Grab genommen. Uluk ist sicher, dass diese Zusätze nur durch übersinnlich begabte Wesen erkannt werden können. Da im dritten Reich die Beschäftigung mit solchen Dingen durchaus zum Mainstream gehörte, ist es gut möglich, dass dort intensiv an solchen Para-Waffen geforscht wurde.
Das klingt zugegebenermaßen ziemlich abstrus und erst einmal weit hergeholt. Da wir aber, wie vorhin schon erwähnt, die Tiefe und erstaunlichen Kräfte dieses sich als Schamanen bezeichnenden Menschen erleben durften, haben zumindest Ponton und ich keinerlei Veranlassung, seine Beurteilung anzuzweifeln.
Er selbst sagt, dass er bisher und mit seinen Möglichkeiten nicht die geringste Chance sieht, die Waffe zu vernichten.Er hat seit dem Abzug der anderen Truppen mehrfach versucht, den Motor zu demontieren und die Teile zu zerstören, doch ohne Erfolg. Sie waren am Tag danach immer wieder völlig intakt an ihrem angestammten Platz. Der Wagen ließ sich auch nicht bewegen. Selbst wenn man ihn ans andere Ende der Halle geschoben hatte, stand er am folgenden Morgen wieder am Platz des Vortages.
Dieses Phänomen hat ursprünglich sicher dazu geführt, den Wagen mittels der dort stationierten Soldaten solange zu bewachen, bis man Antworten auf dieses Rätsel findet. Der Abzug ist wohl ein Hinweis, dass !angels Erfolg derzeit niemand mehr daran interessiert ist. Doch Ulubek, dem die Gefahr bewusst ist, hat beim Abzug der anderen Soldaten seine mentalen Fähigkeiten eingesetzt, um dieses grausige und überaus Ding weiter bewachen zu können.
Was mich zu seiner und unserer Bitte führt, Oberst: Er drängt darauf, dieses Wissen unbedingt geheim zu halten und ihn möglichst in seinem Ansinnen zu unterstützen, es zu zerstören, bevor es in falsche Hände fällt. Würde irgendjemand das Rätsel lösen, könnte er damit einen furchtbaren, alles zerstörenden Flächenbrand auslösen!
Ich für meinen Teil und auch Ponton stehen voll hinter seiner Bitte!"

Loup endet und schaut erwartungsvoll zu Oberst Karhupatja.

Dieser schaut in die Runde. Einer nach dem Anderen nickt Zustimmung. Er schluckt und räuspert sich.

" Starker Tobak, den Sie mir da auftischen! Lassen Sie mich ein paar Tage darüber nachdenken. Ich bin schließlich in eine militärische Organisation eingebunden und meinen Vorgesetzten Rechenschaft schuldig. Was ich Ihnen allerdings hier und jetzt verspreche, ist, dass ich vor einer Entscheidung keinerlei Informationen weitergebe. Und kündigen Sie mich umgehend bei diesem Soldaten an. Es ist zwar nicht Usus, dass militärische Entscheidungsträger Exkursionen in Feindesgebiet machen, doch angesichts der von Ihnen so überzeugend geschilderten Fakten bin ich gezwungen, mir mit Ihrer Hilfe selbst ein Bild zu machen. Es wird sowieso Zeit, Ihnen als meinen Untergebenen mein vollstes Vertrauen zu zeigen, indem ich mich bei meinem Einsatz Ihrer Fähigkeiten bediene. Auch wenn ich zugegebenermaßen Mut dafür brauche. Ich denke außerdem, dass es sinnvoll wäre, allen von uns im nächster Zukunft die Möglichkeit zu geben, mit dem Soldaten und auch dem Biberweibchen Kontakt aufzunehmen. Egal welche Entscheidung ich dann zu treffen haben, werden wir mit den Beiden zusammen an geeigneten Notfallstrategien arbeiten müssen."


Sodo 24 Abend

Als Mila und Loup später im Bett liegen und der Hitze ihrer ersten Nacht nach nahezu einer Woche Trennung nachspüren, sagt er plötzlich: "Pink!"

Mila schaut ihn erstaunt an: "Wie bitte?"

Loup wendet sich ihr zu, streichelt zart über ihren Kamm und lächelt verschmitzt.
"Ich liebe deinen roten Federschmuck! Schaue ich ihn nur an, zieht es mir schon bis in die Lenden. Selbst jetzt noch, obwohl ich schon fast wund bin."

Er küsst sie auf den Hals und fährt fort, als er ihren fragenden Blick sieht:
" Ich habe mich gerade gefragt, was es war, das Uluk und BibaNell ausstrahlten. Das sonderbare Etwas, das Ponton und auch mich so berührt hat, dass wir sämtliche Ängste und alles Misstrauen einfach loslassen konnten und gar nichts mehr außer Vertrauen und Frieden in uns war. Ich kann es noch nicht wirklich in Worte fassen.
Doch wenn ich es benennen müßte, wäre es am ehesten eine Farbe. Rosa! Nicht Rot, wie das Feuer auf deinem Kopf, das mich so anmacht. Nein. Rosa. Zwingend - aber zart und unschuldig. Rot mit Weiß."

"Und wenn sie die Krallen ausfahren müssten, die Zwei oder Einer von beiden?" Sie piekst ihn in den sich sofort anspannenden Pomuskel.

" Du! Lass das, du ...!" Er beißt ihr spielerisch ins Ohrläppchen. " Hm - ich glaube, das wäre keine Farbe mehr. Das wäre - warte - es wäre süßsauer und - " hier fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen," es wäre ein Zwerg - oder nein: Ein Frosch! Warum auch immer - "

Seine Nase und Stirn kräuseln sich und er zieht fröstelnd die Decke über ihre eben noch dampfenden und nun fast trockenen Leiber. Mila wartet geduldig mit dem Kopf auf seiner Brust und lauscht seinem bald die Rippen sprengendem Herzschlag. Sie spürt an seiner Spannung, dass er in sich auf der Suche nach einer genaueren Beschreibung, einem einfacheren Bild ist. Als er weich wird, schaut sie zu ihm hoch.

" Das Seltsame daran ist, dass es als Bild total harmlos wirkt. Doch das ist es eben nicht. Es hat trotzdem die Wucht einer Autobombe. Das Grauen danach ist genauso schon spürbar, wie eben das Zwingende im Friedlichen. Aber es ist nicht leidenschaftlich - nicht rot. Trotz des vielen Blutes, das dabei fließen würde. Nein- es hat eher etwas von der spitzen Mine eines Bleistifts. Grau wie das Grauen, unbeweglich und kalt. Dein Rot pulsiert, ist heiß. Das Rosa beruhigt, ist warm, schwingt langsam. Das süßsaure Froschgrauen, -" er nickt bekräftigend, obwohl ihm das Bild befremdlich erscheint, " - das Grauen hängt unbeweglich, wie ein in der Zeit eingefrorenes Senkblei - ein unerbittliches Ausrufezeichen. Fraglos. Unausweichlich und unüberwindlich!" Er nickt.
" Das will keiner erleben!"
Fast zittert er jetzt, doch Mila schmiegt sich fester an ihn und sein Herzschlag wird deutlich langsamer.

"Ich glaube nicht, dass es für uns bedrohlich ist. Wahrscheinlich schwingt dabei nur die Bedrohung der Waffe und Uluks unerbittliche Entschlossenheit mit. Ich bin froh, dass der Oberst kein kleingeistiger Befehlsempfänger ist. Und fast sicher, dass er mit uns an einem Strick zieht. Alles Andere wäre auch reiner Wahnwitz!"

Mila nickt und gähnt.
"Lass uns jetzt schlafen, Schatz! Mein Rot wird sonst morgen schnell zu einem schmutzigen Rostbraun - und dein Pendel bleibt am Abend froschweich. Das wäre doch auch eine Katastrophe ... "

Sagt es und ihr ruhiger Atem zeigt Loup, dass sie schon schläft. Er selbst findet erst Ruhe, als er sich erneut an die wundersame Beruhigung Pontons und an das Plätschern des Zimmerbrunnens erinnert.




Sodo 25 Besprechung

Als Mila und Loup am nächsten Morgen pünktlich in den Besprechungsraum kommen, werden sie von Oberst Karhupatja`s Lächeln begrüßt.
" Nehmen sie Platz, holen sich noch einen Kaffee - es geht noch einen Moment, bis ihre Kollegen auftauchen. Manchmal glaube ich, dass es helfen könnte, hier einen altmodischen Glockenturm aufzustellen, damit meine Mutantenstars rechtzeitig zu den Meetings losgehen und Straßenlaternen, dass sie sich unterwegs nicht verlaufen."
Er schlägt mit der flachen Hand auf die Seite des Hologrammprojektors und tatsächlich springt das Teil an. Eine Mikeymaus steppt jetzt in der Mitte des Raums.
Nun ist es an Mila und Loup, Mund- und Schnabelwinkel weit nach oben und Richtung Ohren zu ziehen. Ihr Oberst ist schon ein ganz spezieller Fall. Immer wieder verblüfft er sie mit neuen Varianten seines Humors und zaubert göttliche Dinge vom unergründlichen Schrottpatz der Geschichte in ihre Gegenwart. Jeder Besprechungstermin mit ihm ist ein Erlebnis!
Als Jade, Miez, Tetra und Ponton eingetroffen sind und Mysh mit ausgiebigem Flügeldehnen gezeigt hat, dass er nicht schlafend am Balken hängt, stoppt der Oberst die steppende Mikeymaus.
Trotz der spürbaren Spannung, die Raum liegt, wirkt er gelassen. Er schaut konzentriert in die erwartungsvollen Gesichter; wie ein Richter, der sich anschickt ein Urteil zu verkünden. Seine Haltung strahlt Würde und Sicherheit aus. Wäre da nicht sein Lächeln, könnte man wirklich meinen, man säße im Gerichtssaal. Allerdings folgen aus seiner Richtung keine paragraphenschwangeren Wortgirlanden, sondern Karhaputra räuspert sich und drückt vorerst auf einen Knopf am altertümlichen Holoprojektor:

" Guten Abend, liebe Zuschauer!
Aufgrund neuer Spannungen zwischen afroindischer und chinorussischer Föderation an der Grenze der pakistanischen zur afghanischen Provinz, bei der die seit dem letzten Jahrhundert geächteten Biogenmanipulatoren zum Einsatz kamen, unterbrechen wir unser Abendprogramm und informieren sie in den Sondernews über die neuesten Entwicklungen.
Die für heute Abend angekündigte Sendung "Ethnoswinger Live" wird etwa eine Stunde später gesendet. Sollten sie den Paystream dafür schon eingeloggt haben und ihren Virtualpartner aktiviert, können sie ihre Kosten in den nächsten zehn Minuten zurück erstattet bekommen. Geben sie dazu einfach ihre Abonnementnummer und einen akustischen Resetbefehl ein.
Für die folgenden Holoübertragungen empfiehlt es sich, die auditiven und ofaktorischen Filter auf Maximum zu stellen. Der Sender haftet nicht bei eventuellen Schäden an ihrer Psyche. Empfindsamen Personen wird vom Konsum der Übertragung dringend abgeraten ......"

Bei diesen Worten stellt der Oberst den Projektor aus und verzieht angewidert das Gesicht.

"Sie kennen meine Meinung zu solcherart abscheulicher Kriegsführung!
Obwohl, beziehungsweise gerade weil wir hier auch in einem militärischen Kontext handeln und damit einer Befehlshierarchie unterstehen, kann uns diese Entwicklung in den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Machtblöcken nicht egal sein. Zwar sind wir hier momentan weit weg vom aktuellen Geschehen, doch könnte eine unbedachte Weitergabe unserer Informationen über eine potenziell mächtige Waffe im Grenzgebiet dies schnell ändern. Es würde höchstwahrscheinlich angesichts der prekären Weltlage dazu führen, dass wir im Handumdrehen Dinge tun müssten, die unseren ethischen Anprüchen diametral entgegenständen.
Deshalb bin ich zu der Überzeugung gelangt, - und ich denke, ich spreche ihnen allen damit aus dem Herzen - dass wir richtig handeln, wenn wir nur gesicherte Ergebnisse zur Abwendung einer potenziellen Gefahr an unsere Vorgesetzten weiterleiten. Dies wird unverzüglich geschehen, wenn wir den Einsatz positiv abgeschlossen haben.
Dass uns bei dieser Aufgabe gegenerisches Personal nicht etwa behindert, sondern sogar unterstützt hat, wird uns sicherlich auch erst nach erfolgreicher Abwehr der Gefahr positiv angerechnet werden. Die von mir damit angesprochenen Personen und Wesen sind während der Dauer der Untersuchungen als vollwertige Einsatzkräfte zu behandeln - natürlich nur, so sie sich uns in dieser Sache anschließen.
Ich befehle ihnen hiermit absolutes Stillschweigen nach Außen über alles, was ihnen im Verlauf der dieser Untersuchungen zur Kenntnis gelangt! Der Befehl kann nur von mir persönlich wieder aufgehoben werden.
Ponton und Loup werden morgen zum See zurückkehren und unsere dortigen Mitstreiter informieren, beziehungsweise sie um deren Zustimmung und Vorschlägen zur weiteren Vorgehensweise zu bitten. Alle Anderen sollen sich natürlich auch Gedanken machen und ansonsten ausruhen und Kräfte sammeln. Es steht uns sicher eine umtriebige und anstrengende Zeit bevor!
Wie ich sehe, brauche ich sie nicht zum Rühren auffordern. "


Sodo 26 Pontons Traum

Nach der Besprechung als der Oberst und die Anderen schon längst gegangen sind, sitzen Ponton und Loup noch da und sinnieren.

"Ich habe das seltsame Gefühl - ach was: Ich weiß, dass Biba und Uluk einverstanden sind!" Ponton schaut seinen Kollegen und Freund fragend an. "Werde ich jetzt auch zum Telepathen? Bisher habe ich mich noch an keinem Mutanten angesteckt."

"Mir geht es ähnlich. Es ist bei mir so, als ob mir BibaNell im Nacken sitzt und seine Gefühle die meinigen in eine bestimmte Richtung lenken! Auch ich habe das Gefühl, dass wir nicht körperlich zu ihnen reisen müssen , um ihre Zustimmung einzuholen."

Ponton nickt. " Mich erreichen die Beiden im Traum. Dort tauchen sie immer wieder auf, seit wir in Uluks Hütte waren Und was noch seltsamer ist, weil wir erst heute diese Entscheidung vom Oberst erhalten haben: Ich bekam die Zustimmung schon heute Nacht!"

"Erzähl!" Loup schenkt sich und Ponton noch ein Glas Wasser ein. Er legt seinem Freund ein frisches nasses Handtuch um den Hals und über die Schultern, dass er wach bleibt. Wird Ponton zu trocken, schläft er augenblicklich ein.

" Heute Nacht, es war so etwa gegen Drei, bin ich gerade aufgewacht. Denke ich zumindest. Doch ich bin in einem Traum. Irgendwas hat laut geklappert, ein Fensterladen der Bretterbude, in der wir unsere Zimmer haben oder ein Stuhl, der gerade umgefallen ist und ich sitze vor Schreck senkrecht im Bett. Doch das Bett wird ohne Übergang zu einer Schaukel, die ganz oben im Gewölbe vom Taj Majal festgemacht ist und ich schwinge in Zeitlupe hin und her über einer riesen Melkmaschine. Nur dass diese keine Kühe melkt, sondern Menschenhirne.
Die durchsichtigen Saugnäpfe sitzen wie Zipfelmützen auf den Köpfen und vor Gedanken glühende Schläuche laufen zur Maschine. In der Mitte der Apparatur sitzt Uluk und dirigiert von dort aus Biba. Der schaltet die Saugnäpfe auf den Köpfen an- und aus. Je nachdem, mit wem Uluk Verbindung aufnehmen will. Ich konzentriere mich und erkenne neben vielen Schlitzaugen einige russische Uniformierte, und zum Schluss Dich und auch mich. Als ich deshalb zusammenzucke und fast vom Schaukelbrett falle, höre ich Uluks Stimme, die mir leise zuflüstert, dass ich keine Angst zu haben brauche und mich gerne entspannen darf.

Augenblicklich bin ich ruhig und die Melkmaschine verwandelt sich in das Artefakt, das Uluk in Wirklichkeit bewacht. Uluk hat die Klappe des Trekol - so heißt wohl der sechsrädrige Transporter - also er hat die Klappe aufgemacht und versucht das Teil runterzuziehen. Allerdings schafft er es nicht, obwohl der ganze Wagen, ja sogar die Blechhalle wackelt und droht wegzurollen, wie eine umgekippte Keksdose. Alles ist voller Energie und plötzlich ist da ein Tieflader und eine Panzerwinde. Ein Motor heult auf, es klingt, als ob ein Riemen überdreht und ich rieche verbranntes Gummi und trotzdem bewegt sich das störrische Teil immer noch keinen Millimeter vom Platz. Jetzt flucht auch Uluk und in mir bilden sich Wellen aus Zorn, die zum Tsunami werden und auf das Gerät zurollen. Doch auch sie bewirken nichts.

Nur - und nun wird Uluk ängstlich, er fängt an zu zittern, was sich wieder auf mich überträgt - pulsiert plötzlich ein grellrotes Licht am Apparat und eine Sirene ertönt, die mir durch Mark und Bein geht. Das Letzte, was ich wahrnehme, bevor ich wirklich erwache und zitternd in meinem Bett liege, ist wieder die Stimme von Uluk:
Ich brauche eure Hilfe! Von euch allen. Nur zusammen können wir die Katastrophe noch verhindern!"

Ponton verstummt, streicht sich mit einer Hand übers Gesicht und steckt mit der anderen Hand den Kaffeelöffel in eine Dose.
Loup lacht auf: " Hey! Pass auf - du löffelst dir gerade die Brennpaste fürs Stöfchen in den Kaffee!
Ich glaube übrigens, das sollten wir Karhupatja sofort mitteilen. Trink aus und lass uns gleich zu ihm gehen!"


Sodo 27 BibaNell im Camp

BibaNell zuckt noch einmal mit ihren Ohren, fährt sich mit den Pfoten über´s Gesicht und erwacht. Irgendetwas ist seltsam.

Richtig. Es ist trocken. Und viel zu warm! Jetzt erinnert sie sich. Ponton, der Bibermensch ohne Fell, Zähne und Schwanz hat sie mit sich genommen. Zu Loup, dem Wolfsmensch und den anderen seltsamen Mutantenwesen. Uluk wollte das, damit sie für ihn die Verbindung herstellen kann. Zu diesem etwas trocken hölzernen Oberst. Wenn Uluk mit jemandem sprechen will, der nicht da ist, kann Biba mit ihren Farben die Verbindung herstellen.

Sie hebt die Nase, denn sie hat ein Nass gewittert. Mit zarter Rinde. Weide. Lecker!
Die neuen Freunde sind aufmerksam und nett. Ganz wie Biba es fühlen und sehen kann. Sie leuchten für sie sogar noch in hellen freundlichen Farben, wenn sie in einem anderen Gebäude sind. Ohne dass Biba sich besonders darauf konzentrieren muss. Wie zum Beispiel jetzt , um Uluk zu sehen zu können.

Biba entdeckt die Wanne mit den Zweigen. Sie ist groß genug, um hinein zu gleiten und drinnen zu fressen. So verschwindet auch die Unschärfe in Biba´s innerem Blickfeld. Uluk wird schärfer, das matte Gelb wechselt nun zu leuchtendem Orange. Er lächelt. Biba bleckt ihre Zähne und lächelt auch.

"Guten Morgen, meine Liebe! Ich fühle, dass es Dir bei den Finnen bestens ergeht! Sicher haben sie Dir Weidenzweige kredenzt."

Biba zischt zustimmend und lächelt noch breiter. Fast so breit, dass sie die Zweige nicht mehr durchbeißen kann. Nun hört sie ihren Freund sogar lachen und kleine Blitze zucken durch das Orange.

" Sei mir bloß nicht zu blauäugig, kleiner Nagezahn! Ich kann zwar auch keine dunklen Verfärbungen bei ihnen entdecken, doch es sind Soldaten, die einer Hierarchie und damit Befehlen unterstehen. Etwas Vorsicht ist trotz der Freundlichkeit und ihren lauteren Absichten immer noch geboten!"

Biba nickt. Sie wird nicht so blauäugig sein, wie ihre Großmutter und sich ihre Urteilsfähigkeit durch ein paar Leuchtfarben verwässern lassen. Die hatte damals an dem verfluchten Sommertag dem frechen Fuchs wegen seinem schönen roten Fell erlaubt, die Burg zu betreten. Dieser Mörder hat es ihr gedankt, indem er noch am gleichen Tag Biba´s Tante gefressen hat.

Es wird sich zeigen, ob die Freundschaft der Mutanten nur schnell verschwindender Morgentau ist oder ein stets offener Wasserhahn bleibt. Einer, der den klaren Fluss zwischen ihnen am Fließen hält. Oder ob sie so oft die Nester wechseln wie die promiskuitiven Blaumeisen. Die leuchten auch immer in sauberen Farben.

In diesem Moment geht die Türe auf und Biba hört Loup´s Stimme:
"Gib acht, Zigarrenrauch könnte den Geruchsinn unseres Biberfräuleins stören. Lass sie lieber draußen, Dragon!


Sodo 28 Konferenz

Oberst Karhapatja lässt auf sich warten. Irgendeine Nachricht aus Smolensk von einem ihrer Agenten hat ihn aufgehalten. Es muß wohl etwas Ernstes sein, denn der Oberst ist ein ansonsten eher überpünktlicher Mann und würde einen Gast wegen etwas Alltäglichen niemals warten lassen. Die Gastfreundschaft ist dort, wo er herkommt nicht nur Ehrensache, sondern fast schon ein heiliges Gut.

Als er endlich eintritt, fährt Dragon aus einem Nickerchen erschrocken hoch und will den Eindringling scharf anblicken. Zum Glück erinnert er sich noch rechtzeitig, was er damit anrichten würde und senkt die Augen.

" Ich sollte meine Sonnenbrille immer bei mir haben, wenn Dragon im Camp ist. Entschuldigt meine Verspätung. Doch was ich soeben von unserem Kontaktmann erfahren habe, ist äußerst brisant und bedrohlich! Und es wird auch unseren Gast, beziehungsweise den Empfänger seiner Übertragung mehr als interessieren. In gewissem Sinneist es sogar ein glücklicher Zufall, dass wir die Nachricht schon vor unserem Austausch bekommen haben, denn nur deshalb haben wir noch eine reelle Chance Schlimmeres zu verhindern!"
BibaNell bleckt die Vorderzähne und schlägt einmal mit dem Schwanz auf die Wasseroberfläche, um den Oberst zu begrüßen und zu signalisieren, dass er die Verbindung zu Ulukbek hergestellt hat. Da der Biber nicht selbst sprechen kann, konzentrieren sich Letuchmish, die konvertierte Fledermaus und wiederum auf sie Miez, die Mutantin mit den Katzengenen und den Flughäuten.
Die Situation mutet selbst für die im Raum befindlichen Mutanten skuril an. Sicher hat jeder Veränderungen, die Normalhumanoiden befremden und meist auch ängstigen, doch diese Art der Kommunikation ist auch für sie gewöhnungsbedürftig.
Kurz bevor Miez den Mund aufmacht, um die empfangenen Impulse in menschliche Sprache zu übersetzen, reißt sie kurz die Arme nach oben und flattert kurz mit den Flughäuten. Meist gleichzeitig oder knapp versetzt zum Flügelschlag Letuchmishs und einem durchdringenden Zischen des Biberweibchens. Ein uneingeweihter Zuschauer würde sich verwundert die Augen reiben und hoch und heilig schwören, nie wieder im Leben Alkohol zu sich zu nehmen.
Die Anwesenden aber haben alle die Augen geschlossen, um neben der sprachlichen Information auch noch die emotionalen Bewertungen einfangen zu können. Alb schillert wunderschön in allen Farben und verschwindet sogar machmal für Sekundenbruchteile. Ponton krault mit seinen Zehen den Bauchpelz vom Biber in der Wanne. Jade hält einen großen Bergkristall in seinen Händen, der in unregelmäßigen Abständen von Mikroblitzen duchzogen wird und Tetra riecht versonnen an einem Glas tiefroten Weins. Wären da nicht die roten Federn und der Wolfspelz im Nacken, erscheinen Mira und Loup als einizger menschlich vertrauter Anblick im Raum. Eng umschlungen sitzen sie auf dem Sofa lauschen und beobachten gespannt die Reaktionen ihres Vorgesetzten auf das Gesagte.

" Zuertst einmal, begrüße ich sie und bitte darum, mir zu sagen, wie ich sie nennen darf. Bitte nennen sie mich trotz unserer beider militärischen Funktion einfach Micha. Mithörer haben wir zwar höchstwahrscheinlich nicht zu fürchten. Doch gerade wir sollten das Unmögliche nicht ausschließen. Wir sind schließlich der beste Beweis, dass es möglich ist. Bevor sie antworten: Ich bin froh, dass wir schon eine grundsätzliche Bereitschaft zur Zusammenarbeit formuliert haben, denn meine letzten Informationen zeigen, dass schnelles Handeln notwendig sein wird. Das Artefakt ist in das Blickfeld ihrer Vorgesetzten geraten und deren Pläne damit, lassen mich nichts Gutes für das Fortbestehen der Menschheit hoffen."
BibaNell schüttelt sich und spritzt alle Anwesenden nass, die allerdings so ins Mithören vertieft sind, dass außer Ponton niemand darauf reagiert. Der greift zur Gießkanne neben seinem Stuhl und füllt die Wanne des Bibers wieder auf.
" Ich grüße dich auch, Micha! Nenne mich Uluk. Der Name ist meinen russischen Vorgesetzten nicht bekannt. Über Bibanell habe ich deine berechtigten Befürchtungen schon wahrgenommen und muss sagen, dass diese auch in mir Ängste auslösen. Ich werde ihnen jetzt das übermitteln, was mir über das mir anvertraute Gerät auf dem Wagen schon bekannt ist. Wobei eben leider ein wichtiges Bauteil daran fehlt, anhand deren sich mir die wahre Funktion und Macht erschließen würde. Ich sehe, dass auch deine Mutanten, wie ihr sie nennt, an unseren Austausch angeschlossen sind. Das freut mich, denn es zeigt, dass die für unserer aller Zusammenarbeit nötige Vertrauensbasis da ist. Ich für meinen Teil habe nun alle Informationen, um damit heute Nacht das Artefakt noch einmal zu untersuchen und meine mentalen Fühler nach dem fehlenden Teil auszustrecken. Ich würde vorschlagen, dass wir uns morgen um die gleiche Zeit noch einmal kurzschließen und unser weiteres Vorgehen diskutieren."

Aus Richtung Alb und Jade strömen nun immer stärker werdende Blitze und Farbenspiele in die Unterhaltung mit ein. Bibanell schlägt wie wild mit seinem Schwanz ins Becken und alle Anwesenden außer Ponton bringen sich lachend in Sicherheit.

Letuchmish funkt wie wild und Miez stöhnt auf: "Hey! Jade, Alb hört auf damit! BibaNell und Letuchmish halten euren Energieausbruch nicht länger aus. "

Die Angesprochenen erwachen beide wie aus einer Trance und entschuldigen sich sogleich.

" Sorry, ich habe da etwas am Rande meiner Aufmerksamkeit entdeckt und glaubte, dass es das fehlende Teil ist. Doch je mehr ich mich anstrengte, ihm näherzukommen, desto weiter schien es wegzudriften," meint Jade und Alb ergänzt:
"Ich habe Jades Funkenspur gesehen und wollte mich auf die Reise machen. Bei mir war es nicht die Entfernung, die mir ja sonst auch keinerlei Probleme bereitet, sondern die Nähe. Je näher ich dem Teil kam, desto verschwommenenr wurde es. Und wenn ich danach griff, fiel es in tausend Funken auseinander."

Letuchmish funkt: " Ich habe plötzlich an einer Eiche gehangen. Unten lief ein alter Bartträger mit einem Dreispitz auf dem Helm und als er genau unter mir war, schlugen von ihm Blitze in mich ein. Ich wäre fast abgestürzt!"

Ponton nickt. " Auch ich habe Eichen gesehen. Und gleich mehrere Typen mit Helmen und Spitze. Die haben irgendwie seltsam gesprochen - so abgehackt. Ich glaube, mich zu erinnern, dass ich einmal eine Psybrainlession hatte, in der es um ein Deutsches Reich ging. Da hatten die Leute auch solche seltsamen Helme auf. Sie saßen auf Pferden. Ziemlich fetten. Mit Riesenärschen."

Oberst Karhapatja streckt und schaut um sich, bis er die Aufmerksamkeit aller hat: " Das war eine echt erstaunliche Erfahrung! Ich habe das Gefühl, mit Informationen regelrecht geflutet worden zu sein. deshalb schlage ich vor, wir nutzen die Zeit bis morgen Nachmittag uns zu fassen und zu sortieren und treffen uns zwei Stunden vor dem nächsten Kontakt mit Ulubek. Gehen sie etwas essen, versorgen unseren Gast vorzüglich und schlafen dann erst einmal darüber! Zumindest werde ich das tun. Gute Nacht!"



Sodo 29 Verdacht

Als alle anderen gegangen sind, sitzen Mila und Loup immer noch aneinandergekuschelt auf dem Sofa. Mila räuspert sich.

"Einerseits finde ich es klasse, dass es spannend wird und wir sogar mit dem Feind zusammenarbeiten." Sie zieht das Wort Feind etwas in die Länge. " Andererseits ist mir das Ganze unheimlich. Na ja - irgendwie bin ich auch etwas eifersüchtig auf die Wahrnehmungen der Anderen. Ich habe nämlich rein gar nichts empfangen. Nicht ein kleines Bisschen."

Loup nickt.
" Mir geht es ähnlich. Ich habe zwar ein Gefühl, aber mehr als die Farbe Ultramarinblau fällt mir dazu nicht ein. Und damit kann nicht einmal ich sofort etwas anfangen. Doch halt - als ich direkt bei Ulubek im Raum saß, hatte ich schon eine vage Vision. Nur war die nicht blau, sondern eher dunkel und funzelig. Es war ein Raum mit lauter Statuen. Wie diese chinesischen Tonkrieger. Nur eben tiefschwarz. Und ewig viele davon. Alle gleich. Wie geklont.
Stimmt: Klonkrieger wäre die passende Bezeichnung. wie in diesem alten ZweiD- Film vom Oberst. Und solche Wesen herzustellen, braucht es eine Blaupause. Das könnte ein Zusammenhang sein!"

Er runzelt die Stirne und seine Haare stellen sich auf. Mila lächelt und krault ihm den Nacken, worauf sie sich sofort wieder legen.
"Du hast Recht, es ist unheimlich!"

"Ja! Das Artefakt könnte eine zwar primitive aber doch funktionsfähige Kopiermaschine sein. Eine, der zum Glück noch ein Teil fehlt." Wieder stellen sich seine Nackenhaare.
" Ich habe eine schreckliche Vermutung. Stell dir vor, wir sind das fehlende Glied. Die nötige Blaupause. Schließlich gab es so Mutanten wie uns zu der Pickelhaubenzeit noch gar nicht. Und Klonkrieger konnten deshalb auch noch nicht mit solchen Fähigkeiten ausgestattet werden, wären nur willenlose, dumpfe Sturmgewehrbediener gewesen."

Jetzt stehen Milas Federn senkrecht. "Scheiße, ja! Diese Vermutung ist in der Tat gruselig! Vor allen Dingen besteht auch die Möglichkeit, dass die Zusammenarbeit mit Letuchmish, Bibanell und Uluk eine bewusst geplante, genial eingefädelte, abgekaterte Sache ist. Wem könnten wir dann noch trauen?"

Loup nickt. "Was die Drei angeht, bin ich sicher, dass sie es zumindest nicht wissen. Da traue ich meinen Nackenhaaren absolut!"
Jetzt grinsen beide und Mila fährt beim Kraulen ihre Krallen etwas aus, worauf Loup ein wohliger Schauer durchläuft.

"Unseren Leuten können wir auch trauen. Selbst Oberst Karhapatja. Der würde sich eher opfern, als seine Prinzipien verraten. Befehl hin oder her. Lass uns morgen früh mit jedem einzelnen unserer Leute sprechen. Irgendwo draußen. Oder direkt neben dem Stromgenerator. Dort überlagert die Spannung und das Getöse sämtliche Kommunikationsfrequenzen. Selbst unsere mentalen.
Vorsichtig wäre ich nur bei Mysh. Bei ihr spüre ich keinerlei emotionale Schwingungen. Beziehungsweise kann ich sie nicht eindeutig zuordnen. Ponton würde sagen, es ist ein bisschen wie Schlammbaden. Man schwimmt und wird total ausgebremst."

" Ich finde Mysh vertrauenswürdig. Aber wir können morgen früh die Anderen ja noch einmal nach ihren Wahrnehmungen fragen." Mila putzt ihren Kopfschmuck. Das tut sie immer, wenn sie am Überlegen oder unsicher ist.

Loup stimmt ihr zu.
"So machen wir es. Wir sprechen mit unseren Leuten zuerst. Dann informierst du den Oberst und ich lasse mich von Alb, unserem Chamäleon direkt zu Ulubek transportieren. Danach ist er zwar für Stunden platt unfähig zur Reise mit mir, doch wir können sicher sein, dass sich dann niemand dazwischenschaltet und mithört. Wenn ihr hier zum Ergebnis kommt, dass Mysh und BibaNell vertrauenswürdig sind, können wir die Konferenz wie geplant abhalten. Auf alle Fälle sollten wir Vorkehrungen treffen, dass unsere Aktionen nicht verfrüht bekannt werden."

"Und wenn wir Mithörer vermuten, können wir immer noch Fehlinformationen streuen!" meint Mila. "Müssen wir sogar, um sie in Sicherheit zu wiegen."

Mila streckt sich, fährt mit einem kurzen Ruck ihre Flügel aus und legt sie um Loup, um danach mit dem Schnabel zärtlich an seinen Lauschern zu knabbern.

"Ich sehe es schon vor mir: Ein Herzhäuschen. Aus dem stinkenden Loch darinnen kommen die beschissenen Klonkrieger gekrochen. Auf Fließbändern ratternd fabriziert in der höllischen Scheiße darunter. Verzweifelt stauen sie sich hinter der von uns zugenagelten, mit Zaubersprüchen versiegelten Holztüre und schauen mit ihren roten Augen sehnsüchtig, verzweifelt und wütend aus dem rotumrandeten Herzchen. Dazu schlägt irgendwer in ewigem Stakato eine scheppernde E-Seite an. Wir öffnen Tetra eine Ultra-Riesenpulle Schampus, der Kronkorken fliegt pfeifend in eine stabile Umlaufbahn und der Inhalt der Flasche läuft gluckernd durch unseres Superhelden Kehle. Dann - ein kurzer Schlag von Tetras Hammerfaust und das gesamte Häuschen mit seinem beschissenen Inhalt fährt wie ein altertümlicher Fahrstuhl zum Mittelpunkt der Erde. Verglüht dort mit all seiner Bosheit restlos. Punkt. Ende der Vorstellung. Im Abspann ein Gewitter, Blitze, schließlich Regen und dann unsere Namen von hinten angestrahlt von der hinter den Wolken vorkommenden Sonne."

Loup lacht. "Ich wiederum sehe danach mich, wie ich Tetras Kopf über einem anderen porzellanenem Loch stütze, höre unendlich grausame Würggeräusche und als es endlich vorbei ist, sehe ich meine rotgefederte Geliebte, ihm Äonen am Krankenbett beim Stöhnen zuhören und die wachsweiße, schlaffe Hand halten. Prost!"
**st
Nun kommen die Kapitel, die im Folgenden im Kurzgeschichtenspiel entstehen!
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