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Momentaufnahmen aus dem Leben Anton Fieselmaiers

Momentaufnahmen aus dem Leben Anton Fieselmaiers
Nachdem mir der Xampi leider wieder entglitten ist, bzw. er sich im Elfengarten nicht wirklich zugehörig gefühlt hat, hab ich mir überlegt, ihn hier vielleicht wiederaufleben zu lassen. Mal sehen, inwieweit er mitmacht ...
Als Anton Fieselmaier noch ein Knabe war, wurde er von einem mysteriösen Weltraumfahrer gerne für Einbrüche benützt weil er so dünn war. Solcherart wurde er mehrmals durch ein Kellerfenster gesteckt um geräucherte Wurstwaren zu stehlen welche hernach um einen Schleuderpreis an Wirte in der Umgebung verhökert wurden. Anton Fieselmaier bekam für seine Mühen lediglich hier und da ein Freibier und am Ende vom Weltraumforscher noch ein paar gewaltige Ohrfeigen angedroht als ihm die letzte Ladung Schinken, zuvor mühsam des Nachts quer durch die holperige Altstadt gekarrt, verlustig ging indem daß heimtückische Mitbewohner ihn hinterrücks bestahlen.

Es gelang ihm zwar, den Weltraumforscher von seiner Unschuld zu überzeugen, jedoch mußte er alsbald erneut mit jenem in einen anderen Keller einbrechen um dort eine kaiserlich-göttliche Weinexpertise vorzunehmen. Ein zufällig im Keller ihre Wege kreuzender Hausbewohner wurde kurzerhand in einen Nebenraum gesperrt. Diese Begegnung war ganz schlecht für Herrn Fieselmaiers Nerven, die bereits in seiner Jugend nicht die besten waren, aber man muß Prioritäten setzen und das Wichtigste war jetzt nun einmal, den Weltraumforscher bei Laune zu halten was kurze Zeit später dann auch kein Problem mehr war weil der Weinkeller sich als außergewöhnlich gut bestückt erwies. Da war nix mit niedertückischem Rheinfiesling in Bestpreislage, nee nee, jeder Schluck aus den vorgefundenen Flaschen war gut seine 1000 Mark wert – was den gestörten Weltraumforscher jedoch nicht daran hinderte, so manche Flasche mit einem kurzen ''Das schmeckt Scheiße!'' verächtlich beiseitezustellen und und die nächste zu öffnen. Gut betankt zog man schlußendlich mit, aus rein logistischen Gründen, nur wenigen erbeuteten Flaschen von dannen.

In späteren Jahren bezog Anton Fieselmaier nach durchlittener Trennung von seiner geliebten Ehefrau ein Untermietszimmer bei einer befreundeten Künstlerin welche ihm ihr Atelier zur Verfügung stellte und seither keine Bilder mehr malen konnte weil ihr die ständigen Schmerzenslaute Herrn Fieselmaiers auf's empfindliche Gemüt schlugen.

Eines Tages stand Herr Fieselmaier wieder einmal am Balkon und wehklagte lauthals in die Landschaft unter ihm, als ihn unvermittelt ein Pfeil am Ohr traf. ''Ei Pardauz!'', dachte Herr Fieselmaier, ''was hat das zu bedeuten?''. Als er sich den Pfeil aus dem Ohr gebastelt hatte, nicht ohne einen Satz weiterer inbrünstiger Klagen abzusondern, fand er einen Zettel an den Pfeilschaft geklebt auf dem folgendes geschrieben stand:

Paß auf du miese kleine Ratte! Du hast mir damals wieder und wieder meinen Keller mit dem Geräucherten ausgeraubt. Gut. Ok. Was will man machen. ABER JETZT IST SCHLUSS! Wenn ich dich auch nur ein EINZIGES Mal auf meinem Grundstück erwische dann darfst du meinem Bernhardiner eigenhändig die Serviette umbinden bevor ich dich ihm als Festmahl kredenze, VERSTANDEN?


Verwirrt blickte Herr Fieselmaier nach unten. Auf der gegenüberliegenden Seite, hinter dem Parkplatz, befand sich ein Schrebergartengrundstück in dem sich in der Tat ein pferdegroßer Bernhardiner ausgelassen tummelte und zwischenhinein, so erschien es Herrn Fieselmaier, spitzbübisch zu ihm nach oben schielte.

''Mein Gott!'', dachte Herr Fieselmaier erschüttert, ''sollte ich mich tatsächlich ausgerechnet gegenüber dem alten Räuchermeister niedergelassen haben?''

Versonnen befingerte er den Pfeilschaft und dachte angestrengt nach, eine Tätigkeit die all seine Sinne beanspruchte, so daß er den kleinen dunklen Fleck am Horizont nicht bemerkte, auch nicht, daß dieser unaufhaltsam zu wachsen schien. Irgend etwas kam dort oben näher und näher, und noch immer hatte Herr Fieselmaier nichts bemerkt. Erst als dicht neben seinem malträtierten Ohr eine blecherne Stimme ertönte ''Anton! Anton! Ich grüße dich! Du bist alt geworden!'', schreckte er auf. Über ihm hing ein riesiger Waschkessel und über den Rand beugte sich sein alter Freund der Weltraumforscher, und grinste über beide Backen vor Wiedersehensfreude.

''Di-da-da-du-du bist doch tot!!!'' stotterte Anton verwirrt.

''Woher denn'', widersprach der Weltraumforscher heftig, ''ich habe gesagt ich komme wieder, du weißt das Anton! Warum starrst du denn immerzu da runter? Wolltest du etwa springen? Das mögen die Götter aber garnicht, du weißt das Anton!''

''Ach Blödsinn!'', entgegnete Anton verwirrt und aufgebracht angesichts solcher selbst für seine Verhältnisse beleidigende Unterstellung. ''Ich hab soeben festgestellt, daß dort drüben der Metzger wohnt dem wir damals immer die Schinken gestohlen haben und jetzt steh ich da mit'm Loch im Ohr und der Hund schaut blöd rauf und dabei wollte ich ihn doch nicht bestehlen, ich hab doch nicht einmal gewußt, daß er hier seine Vorratskammer hat!'' beendete Anton seine weinerliche Rede.

Der Weltraumforscher räusperte sich: ''Soll ich ihm einen Denkzettel erteilen? Dies ist das Raumschiff meines Vaters, Anton, du weißt das. Ich mache ihn platt!''

''Nein, nein!'' rief Anton beschwichtigend, ''nicht platt machen, im Gegenteil, vielleicht sollte ich mich entschuldigen für damals, immerhin sind wir jetzt Nachbarn, da sollte man doch für ein gutes Verhältnis sorgen, sozusagen …''

''Du bist alt geworden, Anton'', bemerkte der Weltraumforscher, dessen Name im übrigen Zagreb Echtholz war, auf's neue. ''Früher warst du nicht so langweilig. Und möchtest du nicht einmal mein schönes Raumschiff bewundern? Hättest du nicht gedacht, daß ich wiederkomme, gib's zu!''

''Gedacht schon, aber nicht damit gerechnet. Nicht so rasch jedenfalls. So lange bist du auch wieder nicht weggewesen. Und ja, das Raumschiff ist wirklich schön.''

''Ich sehe schon, du bist nicht ganz bei der Sache. Beziehungsweise bei einer anderen Sache. Hör zu Anton, ich habe eine Idee.''

''Was für eine Idee?'' fragte Anton mißtrauisch, immerhin hatte er mit den Ideen von Herrn Zagreb Echtholz schon so manches Ärgernis durchlebt.

''Ich habe eine Idee, wie du diesen Metzger besänftigen kannst. Ich hab hier nämlich was mitgebracht.''

Zagreb tauchte in die Tiefen seines Raumschiffs ab und seine restlichen Worte klangen nur mehr als dumpfes Gemurmel nach draußen. In diesem Augenblick betrat Antons Vermieterin den Balkon. Miranda Andrews war eine Frau in mittleren Jahren die jedoch gerne jünger wirken wollte weswegen sie sich gerne salopp um nicht zu sagen schlampig kleidete und ihre Haare mit Haargel vollpappte.

''Anton! Mach die Türe zu es zieht!'' keifte sie los – und blieb wie angewurzelt stehen als sie des riesigen Raumschiffs ansichtig wurde: ''What the fuck!!!''

Frau Andrews wollte nicht nur gerne jünger aussehen sondern sich auch interessanter machen als sie war und redete daher gerne Englisch, vor allem wenn keiner da war der der englischen Sprache mächtig war und sie daher unbehelligt Blödsinn babbeln konnte.

''Zagreb ist wieder da.'' bemerkte Anton trocken.

''ZAGREB???'' kreischte Miranda ungläubig.

''Genau dieser. Und er hat mir etwas mitgebracht das ich dem Metzger dort unten schenken kann damit er nicht mehr böse ist. Da schau her!'' Anklagend wies er auf sein durchbohrtes Ohr.

''Hihi'' machte Miranda, denn sie war nicht nur eitel sondern auch schadenfreudig.

Mittlerweile war Herr Echtholz wieder aus der Versenkung aufgetaucht und errötete bis an die Haarwurzeln. ''Miranda …'' hauchte er verlegen.

''Servus Zagreb'', begrüßte ihn Miranda resolut, denn sie hatte keinerlei Respekt vor Männern. Schon garnicht totgeglaubten Männern. ''Bist du gekommen um Anton abzuholen?'' fragte sie hoffnungsvoll.

''Nein'', erwiderte Zagreb, ich bin nur mal so auf der Durchreise, keine Angst. Guck mal'', wandte er sich wieder an Anton ''hier hab ich das ideale Geschenk für deinen Metzger. Einen Seelenspiegel.''

''Einen was?'' ''A what???'' riefen Anton und Miranda durcheinander.

''Einen Seelenspiegel'', wiederholte Zagreb. ''Es gibt da diesen Planeten ungefähr 305 Lichtjahre links von hier, da sammeln sie Gold und geben einem dafür bunte Seelenspiegel und anderes Spielzeug. Wenn man da reinguckt dann sieht man, was die Person, mit der man gerade redet, wirklich denkt.''

''Na geh!'' Miranda trat hastig einen Schritt zurück und setzte ein gespielt unbeteiligtes Grinsen auf. ''Und das kriegt jetzt der Metzger, damit ihm keiner mehr kranke Schweine verkaufen kann? Prima Idee!''

Neidisch blickte sie auf den hübschen Spiegel in Zagrebs Hand während sie sich bereits überlegte, wie sie ihn Anton später wieder abquatschen konnte.

''Also'', meinte Zagreb, bevor du ihn Anton nachher wegnimmst, geb ich dir lieber auch einen.'' Wieder verschwand er in den Tiefen seines Raumschiffs und murmelte dort dumpf vor sich hin.

''Äh'', machte Miranda peinlich berührt. ''Wie hat er das jetzt rausgefunden? Die Teile sind echt rattenscharf!''

Artig bedankte sie sich als ihr Zagreb kurz darauf ebenfalls einen Seelenspiegel hinhielt, er verabschiedete sich daraufhin mit leutseligem Winken und dem Versprechen, bald wieder vorbeizuschauen und dann aber mehr Zeit mitzubringen.

''Mußt vorher mal aufräumen'' meinte Miranda vorwurfsvoll zu Anton. ''So können wir keinen Besuch einladen, hier schauts aus wie bei Hempels unter'm Sofa! Überall stehn die halbfertigen Bilder rum und du bist schuld!''

Fortsetzung folgt
Am nächsten Tag bastelte Anton den ganzen Tag an einem Brief rum, er konnte Briefeschreiben nicht ausstehen und schrieb nur in äußersten Notfällen einen, so wie jetzt eben, und den er dann abends stolz seiner Vermieterin vorlas:

Lieber Metzger.

Es tut mir sehr leid, daß ich Ihnen damals soviele Schinken gestohlen habe, ich würd sie Ihnen jetzt gerne zurückgeben aber sie sind halt schon weg. Mein alter Bekannter, der mich damals immer angestiftet hat, brachte mir gestern ein Geschenk für Sie mit, das ich Ihnen gerne bringen würde, aber Sie müssen vorher Ihren Hund wegsperren sonst trau ich mich nicht klingeln.

Mit vorzüglicher Hochachtung,

Ihr Anton Fieselmaier


''Hm'', machte Miranda. Nach der Anrede kommt kein Punkt und der Schluß ist reichlich altmodisch. Da sieht man wieder mal, wie lange du schon nix mehr geschrieben hast – aber sonst: Echt nicht schlecht. Jetzt, Frage: Wie willst du den Brief in seinen Briefkasten kriegen wenn du dich nicht zu klingeln traust? Die Briefkästen sind doch innen.''

''Öhm, mit der Post?''

''Mit der Post? Bist deppat? Des kost a Lawine und bis der Brief ankommt wohnt da drüben der Enkel und dem is des olles Blunzn!''

''Naa'', blökte Anton auf bayerisch, ''ned bei uns in Deutschland. Da is ned so teuer und ankommen tut's auch. Meistens. Also fast immer.''

''Und wenn ned?''

''Ja was soll ich denn machen? Den Hund erschießen und die Tür eintreten? Ihr könnz mi doch alle mal! Mir langts! Was'n no? Etzt hab I so an schönen Brief g'schriebn + will mi entschuldigen für alles und es is no ned recht und immer wird g'schimpft. I mog nimma! Es könnts mi alle!''

''Der einzige der hier schimpft bist du. Wieder mal typisch! Zu keinerlei Diskurs bereit + gleich lostoben. Bayern!!!''

Etwa eine halbe Stunde später sah man eine wütende Miranda mit dem Brief in der Hand zum gegenüberliegenden Häuserblock traben während Anton wieder mal am Balkon stand, heulend sein Popscherl rieb und die Ungerechtigkeit der Welt beklagte.

Jetzt war es so, daß der Metzger ja nicht einfach den Brief gelesen, Anton zu sich eingeladen und großmütig die Entschuldigung und das Geschenk entgegengenommen hätte. Nee. Dann wäre ja alles gut und die Geschichte somit zuende. Vielmehr hat der Metzger den Brief zwar gelesen aber dann eine Wut gekriegt. Bisher hatte er Anton für einen zwar wehleidigen aber doch immerhin bösen Schwerverbrecher gehalten, vor dem man Angst haben muß, und so war er sich mutig und stark vorgekommen indem daß er ihm nicht nur einen Drohbrief geschrieben sondern ihm diesen auch noch ins Ohr gepfeilt hatte als er Anton wieder am Balkon wehklagen sah. Nun jedoch, nach Erhalt des kleinlauten Entschuldigungsschreibens von Anton, kam der Metzger sich nicht mehr mutig vor sondern fühlte sich ausgesprochen dämlich. Und weil keiner sich gerne dämlich fühlt wurde er wütend. Auf Anton. Wen sonst. Also setzte er sich an seinen Küchentisch und überlegte.

So ein Küchentisch ist überhaupt der allerbeste Ort um zu überlegen. Es soll ja Leute geben, die am liebsten am Klo überlegen, aber wer hat schon Wein und Kekse am Klo? Eben. In einer Küche dagegen befinden sich außer einem Tisch auch stets Wein und Kekse, womit alle Voraussetzungen für genußvolles Überlegen gegeben sind. Jetzt kommt es aber natürlich sehr auf den Wein (und die Kekse) an, ob die Überlegungen, die man am Küchentisch so anstellt, auch zielführend sind. In dieser Hinsicht war der Metzger gut aufgestellt, denn er war ein Genießer und trank nur guten Wein. Wenn sich Anton und Zagreb nicht ausschließlich auf seinen Schinken spezialisiert hätten, wären sie damals bereits fündig geworden, wären sie nur eine Türe weitergegangen.

Nachdem er also drei Achterl von seinem guten Wein getrunken hatte, kam der Metzger auf die Idee, Anton zu einem Fest einzuladen und ihm dort seine Rache angedeihen zu lassen. Inmitten seiner Freunde fühlte sich der Metzger stark denn, zugegeben, ein bissl Angst hatte er doch noch vor Anton, und der Hund würde ja beim Fest nicht dabeisein können.

''Was hat er dich?'' fragte Miranda ungläubig am nächsten Tag, als Anton ihr seine Einladung zum Gartenfest des Metzgers vor die Nase hielt.

''Zu seinem Gartenfest hat er mich eingeladen'', wiederholte Anton stolz. ''Hättst ned denkt, ha?''

''Noja, I waß ned, bist sicher doß des ka Foin is?''

''Bitte was?''

''Eine Falle, heast.''

''Eine Falle! Freilich! Klar! Bist grantig weil er dich ned mit eing'ladn hat und schon mußt es mir wieder kaputtreden. Des is SO typisch, echt!!!''

Kurz darauf hörte Miranda, die sich mit einem Buch in ihr Zimmer geflüchtet hatte, wie draußen vor dem offenen Fenster ein Kind auflachte und rief:

''Schau mal Papi! Da steht ein erwachsener Mann am Balkon und flucht ganz laut! Wieso darf der das und ich nicht???''

Das Fest war offensichtlich ein Erfolg. Zufrieden und mit angepapptem Dauergrinsen schlängelte sich der Metzger zwischen den lachenden, zwischendurch aufkreischenden und allenorts begeistert aufeinander einredenden Gästegruppierungen hindurch, immer wieder leutselig nickend, jedoch stets darauf bedacht, Anton am Rande seiner Peripherie zu behalten. Was nicht weiter schwierig war. Als Anton vor seiner Türe gestanden hatte - erst mußte er ihn hinter einem riesigen Blumenstrauß hervorholen, für die gnädige Frau, ein weiteres Ärgernis denn der Metzger, nach wie vor unbeweibt, fühlte sich verhöhnt – mußte der Metzger sofort an diesen Film mit Eric Idle denken, an die Szene wo Eric auf ein Fest kommt, ein Bettlaken um die Schultern geschlungen, der einzige Europäer unter lauter Indern, und der Gastgeber empfiehlt ihm freundlich 'to mingle', also sich unauffällig unter die Gäste zu mischen. Jetzt hatte Anton beileibe kein Bettlaken um die Schultern geschlungen und die Gäste waren auch keine Inder – dennoch hob er sich von der Masse der übrigen Anwesenden auf eine unheimliche Weise ab und man konnte nicht einmal sagen woran das lag. Er war sauber angezogen, frisch rasiert, er trug geputzte Schuhe und bemühte sich, freundlich dreinzuschauen. Und dennoch ...

Fortsetzung folgt
Nun begab es sich, daß auf des Metzgers Fest auch einige Polizeibeamte eingeladen waren. Immerhin hatte der Metzger damals, als man ihn in einer Tour bestohlen hatte, fast wöchentlich eine Anzeige machen müssen - auch eine Art, neue Bekanntschaften zu schließen.

Augsburg ist, wie jeder weiß, ein Dorf, und so waren jene Polizeibeamte natürlich auch Anton bekannt und vice versa. Zwar hatte Anton niemals den Bekanntheitsgrad seines Bruders erreicht, der auf der Straße fast unentwegt aus Polizeiautos heraus grinsend gegrüßt wurde, aber es hat ihm so auch grad gereicht.

Ein wenig ärgerlich fand er es daher schon, nun auch im fernen München einigen seiner eher nicht so lieben alten Bekannten solcherart über den Weg zu laufen. Hatte er doch gedacht, hier völlig unerkannt ein neues Leben anfangen zu können.

Dies alles war natürlich vom Metzger im Detail geplant worden. Später, wenn alle einigermaßen betrunken waren, wollte er ein kostbares Kleinod in Antons Umhängetasche stecken, hierauf ein großes Gezeter anstimmen und die Polizeibeamten sollten bei der flugs anberaumten Untersuchung das Kleinod finden, Anton mitnehmen und ENDLICH einmal bestrafen. Auf Juwelenraub stand ja doch ein bissl mehr als auf Schinkendiebstahl, und besondere Heimtücke war auch im Spiel, wenn man den Gastgeber auf dessen eigenem Fest hinterrücks beklaute. Da war sich der Metzger absolut sicher.

Dummerweise hatte Anton Mirandas Ermahnungen im Ohr, sich ja nicht zu besaufen, stets wachsam zu bleiben, immerhin könne er nicht sicher sein, daß der Metzger ihm verziehen habe, schön blöd wäre er, setzte sie feixend hinzu, woraufhin Anton wutentbrannt davonstob ... ihr aber insgeheim doch recht geben mußte. Der Schaden damals war beträchtlich gewesen, sein Gewinn dabei zwar praktisch gleich Null, aber er war halt der Trottel der überlebt hatte. Zagreb war von der Bildfläche verschwunden, dem konnte man nichts mehr anhaben.

Unlustig schlenderte Anton durch die Menschenmenge. Das Essen wagte er nicht anzurühren, aus Angst, es könnte vielleicht, extra für ihn, vergiftet sein, trinken sollte er ja nix, die Musik war irgendwas zwischen Heino und Marschmusik, also tanzen war ebenfalls ausgeschlossen. Nicht, daß Anton jemals getanzt hätte. Nicht einmal im Zustand höchster Intoxikation. Aber so nüchtern und zu SO einer Musik schon absolut zweimal nicht.

Je weiter der Abend voranschritt, desto zappeliger wurde der Metzger. Was trieb Anton denn da nur? Lief wie aufgezogen im Kreise herum, sprach einmal hier mit jemandem, einmal dort, lehnte alle ihm angebotenen Speisen und Getränke ab - aber er blieb. Eisern. Warum? Was hatte er vor? Wollte er die Lage sondieren und ihn etwa nun auch in seinem neuen Schrebergarten bestehlen?

Heiße Wut kroch im Metzger hoch und macht ihn unvorsichtig. Er mußte diesem Treiben ein Ende bereiten. Und zwar genau jetzt! Im Gegensatz zu Anton hatte der Metzger nämlich bereits ganz gut getankt und alles in ihm schrie nach RACHE. RACHE. RACHE.

Forschen Schrittes bewegte er sich, etwas schlingernd doch ansonsten mehr oder weniger zielgenau, auf Anton zu und sprach ihn an: 'Horchamal, Anton, es isch fei ned notwendich, daß du dei Tasch dia ganze Zeit do umeinandertragsch. Die kannsch fei grad do an'd Gardererob au hänga.'

In diesem Moment fiel Anton ein, daß er dem Metzger sein Versöhnungsgeschenk noch nicht überreicht hatte. 'Hey, gut, daß Sie mich erinnern, I hätt da no was für Sie dabei! A Gschenk vom Zagreb, ganz was Tolles! Schauns amal!' Begeistert wollte Anton in seine Tasche greifen und den Seelenspiegel herausholen, da flippte der Metzger, der dachte, Anton wolle ihn am Ende erschießen, komplett aus, rempelte ihn gegen die Wand und schrie aus vollem Halse: 'Hilfe, Polizei, Polizei!!!'

Natürlich waren die Freunde und Helfer sofort zur Stelle, rissen Antons Arme nach hinten und meinten süffisant: 'Nanana, Herr Fieselmaier, alles klar? Was hammer denn schon wieder vor, hm?'

Anton war von sämtlichen Socken. 'Ja aber ... ich hab doch garnix g'macht! Ich hab dem Herrn Metzger doch nur mein Geschenk geben wollen, und da haut er mich ins Eck rein und fängt das Umeinanderplärren an!'

'Stimmt das, Xaver?', wandte sich einer der Polizisten an den Metzger, der offenbar Xaver hieß.

Dieser stand inzwischen schwankend in der Mitte des Zimmers und wußte nicht mehr, wovor er sich eigentlich gefürchtet hatte. Noch dazu war es ihm nicht gelungen, das Zielobjekt in Antons Umhängetasche zu stecken, und hielt daher immer noch in der Hand die er abwehrend ausgestreckt hatte ... einen diamantbesetzten Rasierspiegel. Mit Perlmuttgriff.

'Jö schau!', rief Anton, schon wieder ganz munter, da auch der zweite Polizist ihn inzwischen losgelassen hatte, angesichts der Tatsache, daß offenbar keinerlei Straftatsbestand vorlag. Zwar sind nicht alle Polizisten so rasch zur Einsicht zu bewegen, aber immerhin waren sie nicht im Dienst, also warum übereifrig sein. 'Jö schau, Herr ... äh ... Xaver, ham Sie etwa schon einen Seelenspiegel?'

Der Metzger war verwirrt. Was faselte der Dummkopf denn da?

Seelenspiegel? War er vielleicht auf Trip und wollte deswegen nichts trinken? Hm ... sollte man vielleicht eine Blutprobe ...???

Inzwischen hatte Anton unbehelligt in seiner Tasche gekramt und Zagrebs Mitbringsel daraus hervorgezerrt: 'Schau!', hielt er es dem Metzger unter die Nase. 'Wenn man da reinschaut dann kann man sehen, was die Person, mit der man gerade redet, wirklich denkt!' Treuherzig blickte er den Metzger an, dann den Spiegel ... und wurde bleich.

Hinter ihm war einer der Polizisten herangetreten und wagte ebenfalls einen neugierigen Blick in den Seelenspiegel. 'Hm, hm, hm ...', machte er und sah den Metzger ernst an. 'Hör mal Xaver, also bei allem Verständnis für deinen damaligen Verlust, aber SO geht's jetzt auch nicht. Herr Fieselmaier, es wäre besser, wenn Sie jetzt gehen, und wir beide, Xaver, wir setzen uns jetzt einmal in die Küche und machen uns einen ordentlichen Kaffee, was?'

Wieder einmal mit sich und der Welt im Unreinen machte Anton sich auf den Heimweg, hoffend, daß zumindest Miranda schon im Bett sei, und er sich ihre schadenfrohen Bemerkungen ersparen konnte. Soviel zum Thema Vergeben und Vergessen. Hah. Was war die Welt doch schlecht!

Kaum war er auf die Straße getreten, hörte er neben sich die altbekannte blecherne Stimme: 'Anton, Anton ich grüße dich! Bist du sicher, daß du hier auf der Erde bleiben willst? Anton, ich habe eine Idee!' Ergeben kletterte Anton zu Zagreb in den Waschkessel, um sich in aller Ruhe dessen Idee anzuhören.

'Hosch wenigschtens a Bier dabei?' 'Anton, ich habe IMMER etwas Gutes zu Trinken dabei, und wenn nicht, dann weiß ich zumindest, wo ich etwas herbekomme, Anton du weißt das! Und nun fliegen wir mal eine hübsche Runde, bevor dein Erzfeind mitbekommt, daß ich seine Kellerbestände erheblich dezimiert habe während er versucht hat, dir seinen Spiegel unterzujubeln. Geschieht ihm recht Anton, da kannst du nicht anderer Meinung sein als ich!'

Fortsetzung folgt
Dankbar nahm Anton die Weinflasche entgegen, die Zagreb ihm fachmännisch entkorkt hatte, und nahm ein paar tiefe Schlucke.

'So, des hats jetzt braucht!', merkte er erleichtert an und lehnte sich entspannt zurück. 'So ein Depp, der Xaver, echt. Tät mich der so ins Messer laufen lassen. Naja, verständlich isses ja, nach dem Ärger den er wegen uns hatte, aber der war doch versichert, oder ned?'

'Das ist doch unwichtig jetzt, Anton!' wies ihn Zagreb herrisch zurecht. 'Wir trinken seinen Wein und er wird hupfen wenn er merkt, daß da einiges weg ist! Das hat er davon. Man muß halt aufpassen wo man hinzieht, oder? Also. So - und nun merke auf - ich habe da einen Plan!'

Anton merkte auf, allerdings wenig begeistert, denn jeder der Zagreb kannte, wußte, daß dessen Pläne selten fruchteten und allen Beteiligten meist nur Ungemach einbrachten. Aber niemand widersprach Zagreb, auch das wußte jeder, es war ganz einfach ein ungeschriebenes Gesetz.

'Paß auf Anton, ich kenne da einen Schrotthändler, du erinnerst dich bestimmt, der Typ dem wir damals das Kupfer verkauft haben, das wir bei der Bahn geklaut hatten. Der ist zwar immer noch in Augsburg, in Lechhausen, aber mit meinem Raumschiff sind wir da in Nullkommanix drüben. Bei dem liegt nämlich grad wieder eine Ladung Kupfer umeinander, das holen wir uns und verkaufen es hier in München weiter, da kommt der NIE drauf.'

'Ja aber', wagte Anton einzuwenden, 'der hat doch sicher 'ne Alarmanlage oder sowas?'

'Hat er nicht, hat er nicht. Zu geizig. Hunde hat er. Gut, das sind sehr große Hunde, sehr bissig, sehr, sehr, sehr bissig, aber ich habe alles bedacht Anton, wir werden die Hunde mit Wurstsemmeln füttern, das mögen sie, und dann bellen sie auch nicht wenn wir dort hineinfliegen und uns das Kupfer holen.'

'Wurstsemmeln? Wäre Wurst ohne Semmeln nicht besser? Nicht, daß sie noch Bauchweh kriegen und dann werden sie erst recht grantig wenn sie uns wiedersehen', meinte Anton ängstlich.

'Anton, du bist wirklich alt geworden', meinte Zagreb kopfschüttelnd, Hunde werden nicht grantig, die werden höchstens gefährlich aber das werde ich zu verhindern wissen. Du weißt das, Anton!!! Du hast dich verändert! Warst immer ein kaiserlicher Prinz, aber nun bist du ein jammerndes Elend geworden, ich wiederhole mich ungern aber du bist wirklich alt.'

Ergeben nahm Anton einen weiteren Schluck aus seiner Flasche, besah sich das Etikett und meinte: 'Prima Wein, also Geschmack hat er ja nach wie vor, und so schlecht kann es ihm auch nicht gehen, wenn er sich so einen edlen Tropfen leisten kann, der alte Gauner. Na, das wenn Miranda wüßte! Wie wir es uns hier gutgehen lassen. Die trinkt ihren Wein nämlich am liebsten alleine, sie sagt ich trinke ihn zu schnell runter, das tut man nicht.'

'Wo sie nicht unrecht hat, mein lieber Anton, du weißt das. Wein trinkt man nicht einfach rein, den genießt man. Hast du denn garnichts von mir gelernt? Na, egal, nun bin ich ja wieder da. Miranda sagst du am besten nichts von unserem Vorhaben, ich habe den Verdacht, sie wäre nicht begeistert. Oder sie würde am Ende mitfahren wollen. Beides ungünstig.'

'Sag mal Anton', hub Zagreb leicht verlegen erneut an, 'hat Miranda eigentlich einen Freund momentan?' 'Pah!', machte Anton. 'Freund. Hah. Ja, also die trifft sich schon ab und zu mit so an Österreicher, irgendwie kennen die sich, aber der ißt Schokolinsen vom Boden! Vom dreckigen Autoboden! Also Leute kennt die, echt!!!'

'Naja Anton, du kennst den Spruch mit dem Glashaus? Egal. Morgen Abend hole ich dich ab, wir fahren rasch mal rüber, die Lage sondieren, und dann darfst du dich mal mit den Hunden ein bissl anfreunden. Zu lange brauchen wir nicht umeinanderzutun, sonst hat er das Zeug verkauft und wir können von vorne anfangen, oder der Käufer hat Alarm, dann haben wir verschissen. Eigentlich bräuchte ich das Geld ja nicht, aber du. Bis morgen Anton, paß auf beim Aussteigen, nicht daß du hinfällst!'

Beleidigt stapfte Anton von dannen und überlegte sich, ob es eine winzige Chance gab, sich aus Zagrebs neuestem Projekt auszuklinken, aber nachdem dieser ja nun wußte, wo er wohnte, sah er dahingehend wenig Chance.

Den Göttern sei Dank hatte Miranda nicht auf ihn gewartet, so daß er sich unbemerkt in sein Zimmer schleichen konnte. Diskussionen über seinen Alkoholgenuß hätte er jetzt grad auch noch gebraucht, nach den schmeichelhaften Worten des alten Freundes.

Ein bissl hatte Anton drauf gehofft, daß Zagreb auf seine Pläne vergessen hätte, war alles schon vorgekommen, aber leider kam am nächsten Tag, wie angekündigt, der Kessel bereits am Nachmittag auf den Balkon geflogen und heftiges Hämmern an der Balkontüre kündigte des Meisters Ankunft an.

'Oida!', schimpfte Miranda los, 'was ist denn bei dir drüben los? Hast du Blähungen oder was? Das ganze Haus wackelt!'

Herbeieilend sah sie jedoch Zagreb vor der Türe draußen stehen und seufzte genervt auf:'Der schon wieder. Mann echt, also jeden Tag brauch ich den fei ned daherinnen, gell! Daß des wieder losgeht wie früher, Tag und Nacht das Geklingel, und nun kommt er gar über den Balkon!'

'Naja, früher hatten wir ja keinen, da mußte er doch klingeln - jajajajaaaa, ich komm ja schon!'

Wurstsemmerln hatte Zagreb bereits mitgebracht, und so flogen sie direkt nach Lechhausen rüber, das Wetter war bezaubernd. Kleine weiße Wölkchen färbten sich im Sonnenuntergang rosarot, eine leichte Brise ließ das Raumschiff sanft dahinschaukeln, Anton wurde so unbeschwert und leicht ums Herz, wie schon lange nicht mehr. Wegen ihm hätte die Reise ewig dauern können, aber bereits nach einer Stunde gemütlichen Dahingondelns, es war inzwischen beinah schon gänzlich finster geworden, sahen sie den beleuchteten Hotelturm in der Ferne aufragen und wußten, daß sie bald am Ziel sein würden.

'Paß auf Anton, hier ist die Strickleiter, hier sind die Wurstsemmerln, ich hak die Leiter da am Rand ein und du kletterst runter, die Hunde füttern.'

'Runter???', keuchte Anton entsetzt? 'Ich hab dacht ich werf die Semmerln von hier oben und dann is gut!'

'Anton wirklich! Jetzt überleg doch mal, sie müssen doch riechen, daß die von DIR kommen, und wie soll das gehen von hier oben?'

'Können wir nicht wenigstens landen, damit ich das von draußen erledigen kann? Durch das Tor? Ohne Feindkontakt?'

'Ja eh, damit alle blöd schaun wenn ich mit dem Raumschiff auf der Straße lande oder was? Nix da, du kletterst jetzt da runter sonst mach ich dir Beine! Willst du eine Ohrfeige Anton?'

Anton wollte nicht, packte sich aufseufzend das Sackerl mit den Semmerln und bewegte sich langsam, gaaaaanz langsam, auf der schaukelnden Leiter in Richtung Boden. Wo die Hunde bereits im Schein von Zagrebs Taschenlampe aufgeregt bellend auf- und abliefen. So gegraust hatte es ihm schon lange nicht mehr. Nicht, daß er was gegen Hunde hätte. Als kleiner Bub hatte er auf dem Hof der Eltern sogar manchmal beim Hund draußen geschlafen, offenbar war er im Haus selten vermißt worden, aber seit er erwachsen war, hatte sich sein Verhältnis zu Hunden geändert. Zu oft waren sie in Begleitung der Polizei bei ihm erschienen und hatten ihn schnöde verraten. Und nun, nun sollte er sich diesen reißenden Bestien nähern, mit nichts als ein paar Wurstsemmerln bewaffnet?

Aus einer Höhe von etwa drei Metern warf er zaghaft die erste Semmel nach unten. Die Hunde schnupperten neugierig, wandten sich dann vom Semmerl ab und bellten ihm weiter lautstark entgegen. Klang die Bellerei jetzt deutlich feindseliger als vorher? Was war da los? Warum verschmähten sie seine Gaben? Anton wurde schwummerig zumute, dabei hatte er doch am Vorabend kaum was getrunken. Mit einer Hand hielt er das Papiersackl umklammert, die andere faßte nach der nächsten Sprosse, glitt schweißnaß vom Seil ab, er kam ins Rutschen ... und pardauz, landete mitten zwischen den Hunden.

Keine zwei Stunden später saß Anton wieder mit einem Bier zwischen seinen Pflanzen am Balkon, nähte seine Hose und ließ sich mit der aufgeregt quasselnden Miranda in keinerlei Diskussionen ein. Er war extrem verstimmt. Schöne Freunde, die ihn ständig für ihre Belange einzuspannen versuchten sobald sie einen Blöden brauchten. Würde sich das denn nie ändern?

Gut, Zagreb hatte rasch reagiert und ihn rechtzeitig vor den geifernden Zähnen der Untiere gerettet, lediglich die Hose hatte dran glauben müssen, er hatte ihm aber auch zwei gewaltige Ohrfeigen gegeben, sobald er ihn zurück an Bord gezogen hatte. Aber selbst er hatte einsehen müssen, daß er mit Wurst aus der Armenspeisung des Altstadtklosters keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorlocken, geschweige denn sich zum ewigen Freunde machen konnte. Wie sie danach bei der Abschiedsrunde über dem Areal feststellten, lag das Kupfer sowieso nicht mehr hübsch zur Abholung bereit neben dem Schuppen, sondern war weg. Entweder bereits verkauft oder gut weggesperrt. Die ganze Aktion war also komplett für den Hugo gewesen.

Anton hatte es so gründlich satt! Wenigstens Zagreb war er nun - hoffentlich - wieder los. Dieser war, nachdem er Anton zuhause abgeliefert hatte, fluchend davongefahren, hatte zuvor irgendwas von einem ebenfalls bereits verstorbenen bayerischen Politiker gemurmelt, der ihm noch ein paar Millionen Mark schulde, und die würde er sich jetzt endlich holen ...
Jetzt ist es so, daß man, wenn man Hunger hat und was essen möchte, vorher Einkaufen gehen muß. Zumindest heutzutage ist das so – und besonders wenn man in der Stadt lebt. Am Land bringen einem auch mal die Nachbarn was, vor allem wenn sie Angst vor einem haben oder davor, daß das Schicksal, das einen befallen hat, auch sie befallen könnte (das nennt man dann Mitleid).

Früher hat einem die Mama gerne mal was hingestellt und noch früher mußte man halt sammeln oder lauern gehen, je nachdem.

Miranda sagt immer, die Männer sind nicht deshalb um ein Mammut gegangen weil sie stärker oder mutiger waren als die Frauen, sondern weil es ihnen eher wurscht war ob sie bei dem, was sie tun, was erreichen oder nicht. Hatten sie es tatsächlich einmal geschafft, ein Tier zu erlegen, dann war das Triumphgeheul laut, der Jubel groß und der nachfolgende Rausch ebenso – da konnte man dann noch nicht einmal was sagen. War's aber eher nix mit der Beute, nämlich eh meistens, dann war's immer noch ein prima Ausflug mit den Jungs von dem man SOOO wilde Geschichten mitbrachte und einen Rausch – weil der Karli hätte ja fast einen Mammut erlegt aber der hat sich dann umgedreht und ist zurückgerannt gekommen und wäre da nicht zufällig grad diese Höhle gewesen wo sie dann alle rein sind und die Türe hinter sich zumachen konnten … aber pfuh! Und auf den Schreck hin mußten sie natürlich zum Wirten und ein paar Hörner Met abgreifen …

Die Frauen, sagt Miranda, hatten Kinder zu ernähren und daher keine Zeit und noch weniger Geduld für so einen Blödsinn. Sie hatten es sich somit zur Aufgabe gemacht, immer zu wissen wo grad was wuchs was man essen konnte, und das sich weder wehrt noch wegläuft, also sind sie da jeden Tag schnurstracks hingegangen und haben es geholt. Für sich und die Kinder – und diejenigen unter den Männern, die rechtzeitig aus ihrem Rausch aufgewacht sind um sich murrend dazuzusetzen und am Essen rumzumäkeln.

Jetzt hat Miranda den Anton öfters einmal zum Einkaufen schicken müssen weil sie sagenwirmal grad keine Zeit hatte – eigentlich keine Lust aber keine Zeit klingt besser – und der Anton ist brav losgezogen weil er genau gewußt hat was passiert, wenn er's nicht tut.

Viel Geld hat er meistens nicht dabeigehabt weil selber hat er ja kaum etwas verdient und Miranda war so geizig, daß sie ihm, wenn überhaupt, dann grundsätzlich zuwenig mitgegeben hat weil sie bei den meisten Sachen keine Ahnung hatte was die eigentlich kosten weil die Frau Künstlerin ja immer mit dem Kopf woanders war.

Eines Tages geht der Anton also auch wieder mal so durch den Supermarkt und steuert grad auf das Regal mit den Eiern zu, als er von so einem Anzugtyp brutal abgedrängt wird, es war nämlich nur mehr ein Karton von den guten, teuren Eiern da und die stünden natürlich ihm zu, wird er sich gedacht haben, weil er einen Anzug anhat und den kann man effektiver antrenzen als eine Jean die bereits vollgetrenzt ist. Dabei war die Jean vom Anton total sauber und wie den Kerl grad empört drauf aufmerksam machen will sieht er, wie dieser sich bückt, einen Karton von den billigsten Eiern um einen Euro zwanzig nimmt, in sein Einkaufswagerl legt – und hocherhobenen Hauptes von dannen schreitet. Anton hat sich dann den letzten Karton mit den guten Eiern eingepackt weil er immerhin wußte 'man ist was man ißt', sein Vater hatte immer gesagt: 'Bua, beim Essn spart ma ned.'

Beim Warten an der Kassa hat er dann an früher denken müssen wie er am Großmarkt für einen Zigeuner Obst und Gemüse ausgeladen hat, die guten Sachen wurden zum Verkauf bereitgestellt und die Spinnen, Schlangen und zergatschten Paradeiser warf man zum angefaulten Karfiol in riesige Container zum späteren Abtransport.

Jetzt, wenn in einer Kiste noch zehn gute Paradeiser drin waren und der Rest war zergatscht, dann ist halt die GANZE Steige in den Container geflogen weil time is money und von beidem hat man ja meist zuwenig.

Das ist dann abends immer so richtig klar rausgekommen – Anton war ja Bayer und dachte daher nicht 'abends' sondern 'omz' – wenn also omz nach Betriebsschluß die Mercedesse und BMWs vorgefahren sind, so Anzugtypen ausgestiegen sind und anfingen, in den Containern nach noch Verwendbarem zu wühlen. Keine Sandler, keine den Konsumterror ablehnenden militanten Alternativler, nein, Leute im feinsten Zwirn, die offenbar all ihr Geld für Statussymbole ausgegeben hatten, so daß sich dann die immerhin doch notwendigen Nahrungsmittel budgetär nicht mehr ausgegangen sind. Einmal hat der Anton sogar mitbekommen, wie sich welche total in die Haare geraten sind; die waren tatsächlich in die Container reingestiegen und zerrten an irgendwelchen Bananenstauden umeinander. Genaues hatte der Anton damals nicht gesehen weil Feierabend war, er bereits 12 Stunden auf den Füßen gewesen war und immerhin noch seinen Zweitjob als Einbrecher zu erledigen hatte, aber gewundert hat es ihn schon was manche Leute für eine kuriose Art haben, Prioritäten zu setzen.

Als er zuhause Miranda seine Überlegungen mitteilen wollte, hat sie ihn nur zerstreut angeschaut weil sie eine Bücherlieferung bekommen hatte und sich nicht entscheiden konnte, welches Buch sie zuerst lesen sollte. Anton ist also mit einer Zigarette auf den Balkon gegangen und hat den Tauben was über Prioritäten vorgejammert, aber wie die mitbekommen haben, daß er keine Körnchen dabei hatte, sind sie weggeflogen, haben Anton mit seiner Bitterkeit alleine gelassen und er hatte wieder mal allen Grund, in Selbstmitleid zu baden und sich eine neue Flasche aufzumachen ...
**********gosto Frau
16.056 Beiträge
„Für sich und die Kinder - und diejenigen unter den Männern, die rechtzeitig aus ihrem Rausch aufgewacht sind, um sich murrend dazuzusetzen und am Essen rumzumäkeln.“

Genau so! *smile*

„Zweitjob als Einbrecher“ *lol*

Ganz feine Geschichte, liebe @*********rlan! Bitte mehr davon! *spitze*
Naja, die hatte ich noch im Vorrat, nun müßt ich mir mal was Neues einfallen lassen ... Zeit wäre ja mehr als genug momentan. Aber wie Olove andernorts schon schrieb, man muß Monster bekämpfen ...
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