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Kurzgeschichten - Info-Thread

*****e_M Frau
8.537 Beiträge
Themenersteller 
Kurzgeschichten - Info-Thread
Nach kurzer Rückfrage bei Maurice - um zu klären ob es so etwas vielleicht schon in den Untiefen unseres Forums gibt - stelle ich hier mal einige Infos zum Thema "Kurzgeschichten" ein.

Klar, dies könnte jeder nun bei Wikipedia selbst finden, doch ich denke es kann nicht schaden, wenn es auch hier verortet ist.

Möglicherweise haben die Literaturprofis unter uns ja noch ganz andere Hinweise und Tipps und es wäre schön diesen Thread auch etwas wachsen zu sehen.

LG, Odette


Die Kurzgeschichte (eine Lehnübersetzung des englischen Begriffs short story) ist eine moderne literarische Form der Prosa, deren Hauptmerkmal eben in ihrer Kürze liegt. Dies wird oft durch eine starke Komprimierung des Inhaltes erreicht.



Geschichte
Die Gattung der Kurzgeschichte entstand als short story im Bereich der englischsprachigen, insbesondere der amerikanischen Literatur (z. B. Edgar Allan Poe; Sherwood Anderson; F. Scott Fitzgerald; Ernest Hemingway, William Faulkner; Sinclair Lewis; Henry Slesar). E.A.Poe thematisierte die Kurzgeschichte auch in seinen ästhetischen Schriften. Im deutschsprachigen Raum wurde die Kurzgeschichte erstmals um 1900 aufgegriffen. Hier musste sie sich zunächst gegen andere etablierte Kurzformen (z. B. Novelle, Anekdote, Kalendergeschichte) durchsetzen. In der Folge wurde die Form auch von Autoren des Expressionismus (etwa Alfred Döblin oder Robert Musil) verwendet.[1]

Die „deutsche Kurzgeschichte“ ist vor allem das Produkt des „Kahlschlags“ nach 1945. Dieser Begriff bezeichnete in den Debatten der Zeit den Versuch, einen literarischen Neubeginn zu setzen, eine literarische „Stunde Null“ (Alfred Andersch) zu proklamieren. Indem sie auf die Form der Kurzgeschichte zurückgriffen, bezogen sich die Autoren dieser Zeit nicht nur auf amerikanische Vorbilder – als besonders einflussreich gilt Hemingway –, sondern setzten sich mit kurzen Texten in einer einfachen und sachlichen Sprache bewusst von den umfangreichen, pathetischen und ideologisch aufgeladenen Werken der nationalsozialistischen Literatur ab. Der neue Stil entsprach dem Programm der Gruppe 47, deren Autoren wesentliche Beiträge zur Entwicklung der Gattung leisteten.

„Die Männer des Kahlschlags [...] wissen, oder [...] ahnen es doch mindestens, daß dem neuen Anfang der Prosa in unserem Land allein die Methode und die Intention des Pioniers angemessen sind. Die Methode der Bestandsaufnahme. Die Intention der Wahrheit. Beides um den Preis der Poesie. Wo der Anfang der Existenz ist, ist auch der Anfang der Literatur.“

– Wolfgang Weyrauch: Tausend Gramm. Sammlung neuer deutscher Geschichten. Hamburg 1949, S. 194-219, hier: S. 217., zitiert nach Seiten der Universität Tromsø zur Gattung Kurzgeschichte

Bis in die fünfziger Jahre setzen sich viele Kurzgeschichten kritisch mit der Nachkriegszeit auseinander. Vor allem Wolfgang Borchert thematisiert unmittelbar die Probleme der Kriegsheimkehrer, die Armut Ende der 40er-Jahre[2], die Schwierigkeiten der Soldaten, sich im Frieden zurechtzufinden. Kern seiner Kurzprosa ist dabei die grundlegende Ablehnung des Krieges und die Suche nach „Menschlichkeit in den Ruinen“[3].

Bei vielen Autoren steht nicht die große Politik im Vordergrund, vielmehr gehen sie in einfach umrissenen Situationen allgemein-menschlichen Phänomenen wie Kommunikationsmangel, Statusdenken, Denunziantentum[4] und Unverständnis zwischen den Generationen[5] nach.

Bekannte Kurzgeschichtenautoren der Nachkriegszeit sind z. B. Wolfgang Borchert, Heinrich Böll, Wolfdietrich Schnurre, Ilse Aichinger, Hans Bender, Elisabeth Langgässer, Alfred Andersch, Marie Luise Kaschnitz, Siegfried Lenz, Wolfgang Weyrauch, Heinz Piontek und Gabriele Wohmann.

Ab Mitte der 1960er-Jahre hat die literarische Gattung einen Teil ihrer Bedeutung verloren.

„Unterdessen hat man sich in der Trümmerwelt eingerichtet, aus Zerstörung wurde das „Wirtschaftswunder“ und aus verarmten, erschreckten und erschütterten Menschen eine Wohlstandsgesellschaft. Die jungen Dichter von 1945, die sich damals auflehnten gegen das menschliche Elend, die aufriefen, anklagten, haben einen Beruf ergriffen, sind berühmt und bekannt geworden, haben sich häuslich niedergelassen und ihre Unruhe vergessen. Der Bürger klagt nicht gerne an, zögert, den Leser zu schockieren und ihn Beunruhigendem, Unangenehmem auszusetzen. Das Wesen der Kurzgeschichte ist aber aggressiv, provozierend, antibürgerlich, erregend; sie ist eine Waffe, die sich gegen bürgerliche Trägheit richtet, gegen Vogel-Strauß-Politik, die Unsitten und verheimlichtes Elend aufdeckt; sie hat nichts gemein mit dem epischen Geborgensein des früheren Romans oder gar der einlullenden Feuilletongeschichte. Die junge Generation der Schriftsteller versucht daher für sich neue Formen zu finden, da die Kurzgeschichte der unmittelbaren Nachkriegszeit eng mit der Thematik dieser Zeit verbunden war und daher in dem Moment ausgedient hatte, als diese verschwand.“

– Ruth J. Kilchenmann: Die Kurzgeschichte – Formen und Entwicklung, a.a.O., S. 108f.

Weitere Komprimierung und Reduktion führten zur Kürzestgeschichte; Verfasser solcher Texte sind unter anderem Peter Bichsel, Kurt Marti, Helga M. Novak und Thomas Bernhard.

In den Zeiten des Internets erlebt die Gattung in zahlreichen Portalen ein Revival, auch als literarische Form, die Laien für geeignet halten, ihre Probleme aufzuarbeiten.


Merkmale
Es gibt keine einheitlichen Merkmale, die auf alle Werke zutreffen, die als „Kurzgeschichte“ bzw. „short story“ bezeichnet werden. Trotzdem lassen sich einige Merkmale finden, die vor allem für die deutsche Kurzgeschichte von 1945–1955 kennzeichnend sind:

Die Geschichte soll in einem Leseakt gelesen werden können.
etc.


Erzähltechnik und Sprache
Meist personaler Erzähler, Bericht aus der Distanz, in einigen Texten aber auch Ich-Erzähler, z. B. bei Wolfgang Hildesheimers Kurzgeschichte „Ich schreibe kein Buch über Kafka“ oder auktoriale Erzählperspektive wie in Günter Bruno Fuchs' „Ein Baumeister hat Hunger“
Keine oder nur sehr kurze Einleitung (Exposition); sofortiger Einstieg in die Handlung (in medias res), etwa durch Einführen der noch unbekannten Personen durch Pronomina.
Techniken der Verdichtung durch Aussparungen, Andeutungen, Metaphern und Symbole.
Chronologisches Erzählen hauptsächlich im Präteritum, teilweise Simultanität durch innere Monologe, Einblendungen
Die erzählte Zeit beträgt meist nur wenige Minuten oder Stunden, häufig wird das Geschehen auf wenige Augenblicke, eine exemplarische Situation, ein Bild oder eine Momentaufnahme reduziert.
Lakonischer Sprachstil, Alltagssprache, teilweise Verwendung von Umgangssprache, Dialekt oder Jargon.
Doppelbödigkeit, Mehrdeutigkeit: das geschilderte Alltagsereignis verweist auf komplexere Probleme, die oft über Metaphern und Leitmotive zu erschließen sind.
Offener Schluss oder eine Pointe => Der offene Schluss „zwingt“ den Leser förmlich dazu, über das Geschehen nachzudenken, denn es bleiben noch Fragen übrig – der Leser muss zwischen den Zeilen lesen.
Vermeiden von Wertungen, Deutungen, Lösungen.

Themen, Handlung und Personen
Konfliktreiche, häufig nur skizzenhaft dargestellte Situation, geprägt von Emotionen.
Ein oder zwei oft typisierte Hauptpersonen stehen im Mittelpunkt (es gibt jedoch auch Kurzgeschichten mit deutlich mehr Hauptpersonen). Personen werden nur in Aspekten beschrieben/charakterisiert.
Die Geschichte spielt nur an wenigen Orten.
Ein entscheidender Einschnitt aus dem Leben der handelnden Person oder Figur wird erzählt.
Einsträngige Handlung.
Wenig Handlung.
Themen sind Probleme der Zeit.
Meist gibt es einen Glückswechsel (Peripetie).
Alltäglichkeit von Handlung und Personen: Die Figuren sind Menschen, die nicht herausragen oder heldenhaft auftreten.
Viele Autoren verstehen die Kurzgeschichte als offene Gattung und experimentieren mit verschiedenen Elementen anderer Genres, etwa Aspekten von Fabeln, Märchen oder Sagen.


Zitate
„Uns fehlt der Optimismus des 19. Jahrhunderts, zu glauben, diese Welt ließe sich auf fünfhundert Seiten einfangen; deshalb wählen wir die kurze Form!“

– Jorge Luis Borges

„Eine Kurzgeschichte ist eine Geschichte, an der man sehr lange arbeiten muss, bis sie kurz ist.“

– Vicente Aleixandre

„Mein hartgesottener Ehrgeiz kann nicht ablassen von dieser Form. Nimmt man sie wirklich ernst, dann wird die Kurzgeschichte – das ist meine Meinung – zur schwierigsten aller Prosaformen, denn keine andere verlangt vom Autor soviel Disziplin.“

– Truman Capote

„Je mehr Du kürzest, desto häufiger wirst Du gedruckt.“

– Anton Tschechow

„Ein Kunstwerk kann sozusagen nicht kurz genug sein, denn auf seiner gedrängten Kürze beruht sein Wert.“

– Gilbert Keith Chesterton

„Da gibt es Kurzgeschichten, die lesen sich wie ein Achtzeiler von Goethe, randvoll mit sprachlichen, gedanklichen und gefühlsmäßigen Beziehungen und Verdichtungen. Andere wieder erscheinen so komprimiert, daß sie beim Lesen zerknallen wie Handgranaten.“

– Wolfgang Liebeneiner

„Es gibt nicht die Kurzgeschichte. Jede hat ihre eigenen Gesetze [...]. Ich glaube, daß sie im eigentlichen Sinn des Wortes modern, das heißt gegenwärtig ist, intensiv, straff. Sie duldet nicht die geringste Nachlässigkeit, und sie bleibt für mich die reizvollste Prosaform, weil sie auch am wenigsten schablonisierbar ist. Vielleicht auch, weil mich das Problem 'Zeit' sehr beschäftigt, und eine Kurzgeschichte alle Elemente der Zeit enthält: Ewigkeit, Augenblick, Jahrhundert. Es ist ein ganz verhängnisvoller Irrtum, wenn etwa ein Redakteur zu einem Autor sagt: Schreiben Sie uns doch mal eine Kurzgeschichte. Sie können das doch...Es kann Jahre dauern, ehe ich mit einer Kurzgeschichte zu Rande komme, das heißt, ehe ich sie hinschreiben kann [...].“

– Heinrich Böll: zitiert nach Horst Bienek: Werkstattgespräche mit Schriftstellern. München 1968, S. 170


Quellen und Anmerkungen
↑ Vgl.Harenberg Lexikon der Weltliteratur. Dortmund: Harenberg, 1994. s.v."Kurzgeschichte"
↑ etwa in Das Brot
↑ etwa in Nachts schlafen die Ratten doch
↑ etwa in Ilse Aichingers Fenster-Theater
↑ z.B. in Peter Bichsel, Die Tochter oder Walter Helmut Fritz, Augenblicke

Quelle: Wiki
Ich sach, Kurzgeschichten sind geil weil man da nicht soviel schreiben muß/brauch...
*rotfl*

Und sie wirken noch kürzer im Gegensatz zur Unendlichkeit...
In der Kürze liegt die Würze *g*
Die erste Kurzgeschichte in meinen Leben war ein" Lebenslauf" *g*

Kurzgeschichten nach dem Motto "Geiz ist geil"
Vielleicht liegts auch an unserer Schnelllebigkeit???
was wir als "würzende Kürze" bezeichnen, ist manchem aber immer noch zu viel zu lesen, wie ich letzt im öffentlichen Forum feststellen musste...

danke für die Info - nicht verkehrt das mal als Grundlage zu nehmen. *g*
Könnten wir bei den Lyrikern auch gebrauchen... augenroll
Herbst 2018
***to Mann
4.271 Beiträge
Ich mag es kurz, weil ich ungeduldig bin.
Am Besten Gestern schon.
****ra Frau
2.917 Beiträge
hmmm
was dem Einen zu kurz erscheint, kann für den Anderen zu lang sein. Es ist schwer, da überhaupt ein Maß zu finden, eigentlich will ich dies auch gar nicht. Denn manche Geschichten brauchen einfach eine gewisse Länge, andere wiederum sind in ihrer Knappheit knackig genug.

so wie es der Schreiber verfasst ist es richtig und gelesen werden sie bestimmt.
@Odette
Danke dir für diesen Text.
So kann ich ab und an mal hier nachschauen, denn mir ist es schon wichtig einigermaßen im genre zu bleiben und nicht in die "Novelle" oder den "Roman" abzudriften..

Aber das mögen die Autoren hier ja vielleicht anders sehen.

Bin gespannt, was hier noch kommt...
Dio
Da diese äteren Diskussionsthreads immer nach einem jahr automatisch gesperrt werden, schiebe ich sie durch diesen Beitrag in die aktuelle Zeit *zwinker*

LG
Mo
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