Im Hotelzimmer - ein Einakter
Im Hotelzimmer - ein Einakterein hotelzimmer in paris
schäbig, alles sepiafarben
holzschrank mit spiegel an einer tür, schmale badezimmertür, teppich mit blankgelaufenen stellen, bett mit zwei schmalen kissen, einer dünnen wolldecke mit verwaschenem muster, leintuch als weiße kante umgeschlagen
die geschlossenen holzläden lassen fahles sonnenlicht in den raum sickern, staub tanzt in den streifen
neben dem bett ein stuhl, zum schrankspiegel gerichtet
darauf ein mann in schwarzen trenchcoat, hochgeschlagener kragen, sonnenbrille, ein magazin in die manteltasche gerollt, er raucht
gegenüber auf einem stuhl, blickrichtung badezimmertür, eine frau in schwarzem regenmantel, eng in der taille gebunden, hochgestellter kragen, sonnenbrille, schwarze strümpfe und pumps, sie raucht
sie beginnen, ohne sich anzuschauen, in abgehackten sätzen,
ein gespräch
R: das foto mit brille war toll
S: danke...deines konnte nicht abweisender sein
ich musste lachen
R: dein foto sieht aus
als ob dich alles langweilt
S: langeweile kann durchaus
mal mein thema sein
R: du gefällst mir
ich will dich
S: warum?
R: weil du ok bist
ok
S: das weißt du schon?
R: ich will dich ficken
S: vergiss es!
R: ich glaube, daß du standards hast(lacht)
absage
schwanz im gesicht
heiner müller läßt grüßen
S: worauf willst du hinaus?
willst du schnellen sex oder willst du
konversation?
R: jeden tag sex, jeden tag konversation
du merkst ich versuche linguistische fehler zu vermeiden
lach du,
ich lache
S: ich lächle
R: ich möchte dich gerne ficken
a n t r a g
S: abgelehnt
R: ich nehm dich jetzt
du kannst dich nicht wehren
S: mal nicht das f-wort
gut
wieso glaubst du, dass ich dir nicht den gefallen tue
mich auch da zu wehren?
R: du willst es
S: nicht mehr...von deinen erregenden mails bin ich
doch schon 3x...
gekommen...
R: du kannst kommen?
ich will das
S: never
R: never, ever
du scheinst zeit zu haben
dann gelingen ja vielleicht
multiple...
S: ...sclerose
im hirn
für den rest meines lebens
R: du wirst langsam geil
dein interesse wächst
du könntest dir was vorstellen
heiner müller
S: der ist so tot wie henry, sein namensvetter
den du offensichtlich auch verehrst
mein herz ist stiller als clichy
R: ich weck dich in clichy
du bist mit mir in der wanne
S: warum ich? das zimmermädchen ist viel draller
lass mich weiter auf diesem stuhl
an heiner müllers medea lesen
wenn nach dem ersten akt die ennui einsetzt
kannst du mit mir sprechen
R: was machst du hier?
bist du geil?
S: paul auster:
each syllable is a work of sabotage
ich erforsche das land der worte
gesprochen ins nichts
R: womit kann ich dich überraschen?
S: bitte nicht mit
der längsten praline der welt
vielleicht
mit geschlossenem zipp
sicher
mit ein wenig herzschlag
R:zipp
(schweigen)
S: ich höre aber keinen herzschlag
R: spannend ist
du bist frech
du lehnst mich ab
S: ich weiß
spannend ist
du bleibst dran im selben ton
der zu nichts führt
was du auch weißt
ein spiel und ein zeitvertreib (james salter)
R: salter? schwierig... keine ahnung
S: mal was, das du nicht kennst
auster:
you ask words of me
and I will speak them
from the moment
I have learnt
to give you nothing
R: gib mir nichts
aber fick mich
S: never
adieu zur illusion
hello or goodbye
R: wichtig ist
mord
hanns henny jahn
S: mord ist kein problem
seit brecht hat ja jeder
ein macky messer dabei
R: mit verlaub " gräfin "
seit sophokles
S: gräfin?
R: dein gesicht ist keine kammerzofe
wo kommst du her
S: in meiner stadt gibt es
viel wasser und brücken mit niedrigem geländer
elend banales
und mich
R: können wir sex haben, ich möchte gern,
wenn du es nicht
unverschämt findest
S: du irrer...(lachen)
noch mehr sex? (lachen)
es kann sein, dass ich dich ansehe und wünschte, mein
drink sei zum kippen und ich in 5 min. wieder draus
• und wenn bei dir nicht genauso ist, bist du bloß
notgeil und zu geizig für ne nutte -
wenn du mich faszinierst, meine seele berührst und ich dich
attraktiv finde, schlafe ich auch nicht mit dir, weil ich bin mein herz
nie mehr verlieren will...
...aber ich küsse dich, dass du es nie wieder vergisst
du siehst, es ist nicht so wahrscheinlich,
dass sich der weg gelohnt hat
R: ja küss mich
ich bin autonom
du bist geil
ich spüre das
(sie zündet sich eine neue zigarette an und bläst den rauch hörbar aus)
R: du willst nicht
ich kann dir meinen schwanz zeigen oder
meine frauen oder...
(er atmet schwer)
trotzdem
ich will dich ficken
S: meine güte, du musst das f-wort ja öfter am tag
benutzen als
meine pubertierenden söhne im monat!
pass auf
dass du mich nicht damit langweilst...
du kennst
den blick vom letzten foto
R: pass auf!
traut sich keiner oder keine zu mir zu sagen
pass auf
S: dann war´s ja mal zeit
kontrollfreaks passen immer auf
wer weiß das besser als du
R: nimm die brille ab
S: but I leave my hat on...lach
and my head
R: wie heißt du
S: sibylle
R: das passt
S: und du?
nein, sage es nicht
ich nenne dich
robert
R: meine frage ist
ob du geil bist
weil man sonst nicht
reden kann
S: geil auf reden
gewiss
R: nimm die brille ab
ich will dich sehen
S: ja, das wär auch mein wunsch
du bist nicht der, der du vorgibst zu sein
du versteckst deine person
hinter brille und schwanz
verbirgst deine einsamkeit
gekonnt hinter
kommunikationsverweigerung
und suchst trotzdem etwas
in mir
was willst du wirklich?
R: wann bist du du????
ich will dich auf diesem bett sehen
(sie zündet sich wieder eine zigarette an und holt ein buch aus der manteltasche – h. müller:medea)
R: ich warte
S: ich auch
(black out... als das licht angeht, liegen beide in mänteln auf dem bett)
R: ich bin bei dir
S: das tut gut
R: kein kampf
ich streichel dich
S: lass es mein haar und
mein rücken sein
R: ja
lass mich nicht allein
S: nein
R: wie lange bleibst du bei mir
S: so lange das dunkel anhält
und die stille
©tangocleo 2008