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Schlaflos

nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Huch ... es freut mich, dass die Geschichte besser wird. *rotwerd*


Dass wir ein ähnliches Menschen- und Weltbild haben, ist mir auch schon mehrmals aufgefallen. Man trifft nicht oft Menschen, die so denken, wie Toni und ich. Deshalb freue ich mich umso mehr, dass wir hier auf euch getroffen sind.

Liebe Grüße
Herta
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
So, der Schluss ...
den habe ich auch neu geschrieben.

Fühl dich nur nicht von meinem Tempo unter Druck gesetzt, lieber Antaghar.

Liebe Grüße
Herta

****************
Bedingungslos

Er stand einfach da, die Hände in den Hosentaschen vergraben, und schaute mich ernst an. Wütend warf ich das letzte Wäschestück in den Koffer und brüllte: „Was willst du?“
„Reden.“
„Ich nicht!“
Ich schloss den Koffer und wuchtete ihn auf den Boden.
„Du brauchst nur zuhören. Was dann ist, überlasse ich dir.“ Mit einer Hand versperrte er den Weg aus dem Schlafzimmer. Ich wusste, dass ich mich nicht an ihm vorbeidrücken konnte. Er war viel kräftiger als ich, also brummte ich: „Dann rede.“
Leo drehte sich um und ging ins Wohnzimmer, dabei sagte er: „Komm und setz dich, es wird länger dauern.“
Verdammt. Warum ließ ich mich darauf ein? Was versprach ich mir davon? Im Grunde war ich es Leid immer davon zu laufen.
Als ich ihm gegenübersaß, sah ich, wie nervös er war. Er knetete die Finger und vermied meinen feindseligen Blick. Es war mutig von ihm, wieder zu kommen und sich meiner Verachtung auszusetzen.
„Also, ich warte“, sagte ich mürrisch.
„Du wirst mir zuhören, mich ausreden lassen, auch, wenn dir nicht gefallen sollte, was ich dir zu sagen habe?“ Er warf mir einen forschenden Blick zu, um sicher zu sein, dass ich verstand. Ich nickte.
„Du warst zu vorschnell mit deiner Meinung, gestern. Ja, es stimmt. Margot, diese kleine Schlampe, wollte mich bezahlen, dass ich mit dir schlafe. Ich nahm das verdammte Geld nicht. Was soll ich damit? Ich hab ja einen Job. – Schau nicht so. Wenn du gedacht hast, dass ich ein Stricher bin, dann bist du aber ganz falsch gelegen.“
Ich wollte etwas sagen, unterließ es aber.
Anscheinend war er sehr unsicher, wie er weiter machen sollte. Denn er schwieg lange. Zu lange.
„Wenn das alles ist, was du mir sagen wolltest, dann geh jetzt.“ Ich war noch immer nicht geneigt, meinen Zorn abzuschütteln.
„Nein. Ach, Scheiße!“ Er sprang auf und lief im Zimmer herum. Wie ein aufgescheuchtes Huhn, kam er mir vor.
„Florian, du machst es mir nicht gerade leicht. Sitzt da und denkst ich hätte … ja was denn? Ich bin nicht, was du von mir hältst. Ich habe dich gern, sehr sogar. Ob du es glaubst oder nicht. Es ist so. – Ach, Mist.“
Er setzte sich wieder und blickte mich direkt an.
„Ich war mir bis gestern nicht sicher, ob du der Florian Müller bist, in den ich mich im Krankenhaus verliebt habe. Ich weiß, das ist unprofessionell und sollte nicht vorkommen. Aber verdammt noch mal, es ist passiert.“
Er hielt inne und rang nach Luft, so schnell hatte er gesprochen. Ich war einen Moment verwirrt. Leo hatte sich in mich verliebt? Wie konnte das nur sein? Um mich davon abzulenken, kam ich wieder auf Margot zurück.
„Was hat das jetzt mit Margot zu tun?“
„Ach Margot!“ Mit einer wegwerfenden Handbewegung fuhr er fort: „Sie hat mich vor ein paar Tagen angerufen, ob ich ihr nicht einen Gefallen tun würde. Leider weiß sie schon lange von meiner – du weißt schon.“
Ich nickte nur stumm und wollte jetzt alles wissen. Sonderbar fand ich nur, dass ich ihm bedingungslos glaubte.
„Sie meinte, wenn ich einen Freund von ihr beglücken würde, würde sie mir das honorieren. Dieses Miststück hat uns beide reingelegt. Von irgendwoher muss sie gewusst haben, dass ich mich in dich verliebt habe. Leider habe ich erst zu spät gemerkt, wer du bist. Aber ich denke, das hätte nichts geändert. Ich wollte dich so sehr.“
Er schluckte schwer, Schweiß stand auf seiner Stirn. Jede meiner Regungen schien er zu beobachten. Ich versuchte ruhig sitzen zu bleiben und meine Gefühle nicht zu zeigen.
Als ich weiter schwieg, fuhr er fort: „Gestern Abend, als du mich mit der Müllner reden hörtest, hatte ich ihr vorher gesagt, dass mich Margot am Arsch lecken kann. Ich hätte ihr den Gefallen getan, aber ich wolle ihr Geld nicht. – Hör das nächste Mal besser zu, wenn du schon lauscht.“ Er sprach ganz ruhig, wirkte irgendwie sogar traurig.
Wieder sprang er auf und lief im Wohnzimmer herum.
„Woher kanntest du mich, Leo?“
„Vom Krankenhaus, ich bin Pfleger Poldi. Du wirst dich kaum mehr an mich erinnern können. Ich habe mehr von dir gesehen, als du von mir.“
Ich kramte in meinem Gedächtnis. Während ich überlegte, nahm er wieder Platz und schwieg. Ja, es hatte einen Poldi gegeben. In zivil sehen die Menschen immer anders aus, als in Uniform, ganz gleich, welche es ist.
„Du hast mir damals sehr geholfen“, sagte ich leise.
„Es war nicht nur weil das zu meinem Beruf gehört. Ich wollte dich wieder auf die Beine bringen. Das war mein Ziel und ich habe es geschafft – und jetzt willst du vor mir davon laufen, und Margot ihre Rache gönnen, weil sie dich nicht bekommen hat.“
Er machte eine Pause und gab mir Zeit, das Gesagte zu verdauen. Konnte es sein, dass Margot so eifersüchtig war? Aber warum denn? Sie hatte doch Herbert geheiratet. Hatte sie gedacht, sie könnte mich irgendwie dazu bringen, mich in sie zu verlieben oder mich umzupolen?
„Warum sagst du so etwas? Warum sollte Margot das tun?“
„Das weiß nur sie alleine. Im Krankenhaus, und deiner Mutter gegenüber hat sie sich als deine Verlobte ausgegeben. Hat deine Mutter denn keine Ahnung, dass du schwul bist?“
„Sie weiß das schon seit langer Zeit. Wieso sollte sie da mitgespielt haben?“
„Vielleicht war es ihr peinlich.“
„Kann sein. Aber warum hat sich Margot als meine Verlobte ausgegeben?“
„Ganz einfach, weil sie sonst nicht auf die Intensiv gekommen wäre. Sie hätte dich nie besuchen dürfen.“
Ich dachte zurück. Ja, sie hatte mich in der ersten Zeit fast täglich besucht. Es war sehr anstrengend gewesen, weil sie nie über Franz reden wollte und ich hätte am liebsten nur von ihm geredet und geweint.
Langsam erkannte ich, dass Margot nicht wirklich die Freundin war, für die ich sie immer gehalten hatte. Wann hatte sie sich so verändert? War das an dem verhängnisvollen Tag, als Franz und ich uns unsere Liebe gestanden? Das konnte gut möglich sein. Sie hielt sich von da an, mehr und mehr fern von mir und war manchmal sogar richtig feindselig. Ich wollte nicht dran denken. Für mich hatte sich nie etwas geändert. Als ich Hilfe brauchte, war sie da, das zählte für mich. Das sagte ich auch Leo. Der lachte nur darüber.
„Alles Kalkül bei ihr. Da hatte sie dich ganz für sich allein. Du warst ihr sicher hilflos ausgeliefert, stimmt's?“
Mir wurde schlecht. Ich lief auf die Toilette und würgte, ohne dass etwas hoch kam. Alles war ich ausspukte war Magenflüssigkeit. Ich umklammerte die Klomuschel und kam mir vor, wie der größte Vollidiot. Leo war hinter mich getreten.
„Ich habe recht, nicht wahr?“, fragte er leise.
Geduldig wusch er mir das Gesicht mit kaltem Wasser.
„Es geht schon wieder“, sagte ich etwas später, als wir uns wieder gegenüber saßen.
Ich dachte an all die Zeit, die wir zusammen verbracht hatten, Margot, ihr Baby und ich. Sie war wirklich sehr oft bei mir und sagte mir, was ich zu tun hätte. Jetzt fiel mir auch wieder ein, dass sie strikt gegen eine Therapie gewesen war. Aber Dr. Rosner hatte sie mir dringend geraten. Ich tat nicht oft, was Karl mir sagte, aber da war ich seiner Meinung gewesen. Das mit den Anonymen Alkoholikern hatte ich ihr erst gar nicht gesagt. Ich wollte keinen Streit. Erst als ich zu Resi übersiedelt war, brach der Kontakt wieder zusammen. Hier war ich nicht mehr alleine und sie konnte mich nicht mehr kontrollieren.

Leo wartete geduldig. Er saß einfach da und schien ins Leere zu starren.

„Warum hat sie von dir verlangt, mich ins Bett zu kriegen?“, brach ich schließlich die Stille. Ich musste irgendwie versuchen, mit der Wendung der Dinge fertig zu werden, doch dazu brauchte ich die ganze Geschichte. Später würde ich auch noch mit Resi reden müssen.
„Ich kann dir nur sagen, was sie mir damals am Telefon sagte. Sie meinte, dass sie einen guten Freund habe, der mal wieder richtig guten Sex braucht, sich aber nicht traut, jemanden anzureden. Es sei so eine Art Abschiedsgeschenk von ihr. Sie gab mir eine kurze Beschreibung von dir. Du hast dich ja sehr verändert. Ich sah dich im Krankenhaus nur mit Verbänden und du hattest sehr kurzes Haar, damals. Also erkannte ich dich nicht wieder.“ Er hielt kurz inne und schien in seiner Erinnerung zu kramen.
„Sie wollte nur, dass ich mit dir Sex habe und dann solltest du noch hören, dass ich ein bezahlter – na, du weißt schon, wäre. Ich dachte mir nichts weiter dabei – he schau mich nicht so angewidert an. Einen Ons hab ich öfter mal, na ja, so hin und wieder. Ich hab dir ja schon gesagt, dass ich kein Mönch bin. – Als ich aber dann merkte, wer du wirklich bist und dass sich meine Gefühle für dich nicht verändert haben, da war es schon zu spät.“
Wieder sprang er auf und lief händeringend im Zimmer herum. Irgend etwas schien ihn noch zu quälen. Ich wartete, wollte ihn nicht mit irgendwelchen Fragen durcheinander bringen.
„Als du das Gespräch mit Resi hörtest, wollte ich mich gerade verabschieden. Ich habe dir ja bereits gesagt, dass ich nichts mehr mit Margot und ihren Machenschaften zu tun haben wollte. Ich könnte mich wirklich in den Arsch treten, weil ich so blöd war. Andererseits, hätte ich dich wahrscheinlich nie wieder gesehen.“
Er stand vor mir, ließ die Hände und den Kopf in einer resignierten Haltung hängen und schien auf mein Urteil zu warten.
‚Franz, jetzt bräuchte ich wirklich deinen Rat’, dachte ich verwirrt. Ich hatte den Eindruck, dass Leo die Wahrheit sagte.
„Setz dich erst mal wieder hin“, sagte ich schließlich, stand selber auf und ging zur Küchenzeile. Ich musste mich mit irgendetwas beschäftigen.
„Magst du Kaffee?“, fragte ich, weil mir nichts anderes einfiel.
„Gerne. Ich bin froh, dass du mich nicht gleich wieder vor die Tür setzt.“
Leo schien ehrlich erleichtert über meine Reaktion, das konnte ich an seiner Haltung ablesen.
„Es wird etwas dauern. Ich weigere mich, für eine Espressomaschine einen Haufen Geld auszugeben. Magst du was essen? Es wäre eigentlich Zeit für Frühstück.“ Ich sah auf die Uhr. „Oder Mittagessen.“
„Ein Kaffee wird schon reichen“, meinte Leo bescheiden.
Ich beschloss, richtig Frühstück zu machen und begann den Kühlschrank auszuräumen. Es fanden sich einige Leckereien: Käse, Butter, Tomaten, Gurken. Aber nirgends fand ich auch nur ein Stück Brot.
„Bei mir gibt es nur fleischlos. Ich esse schon jahrelang kein totes Tier mehr. Ich muss nur noch schnell Brot besorgen“, sagte ich, während ich den Tisch deckte.
„Kann ich dir helfen“, bot er seine Hilfe an.
„Danke, ich komm schon zurecht. – Bin gleich zurück“, sagte ich und lief schnell in den Laden.

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich wieder einmal vergessen hatte, mir etwas anzuziehen. Resi erschrak nicht schlecht, als ich nackt bei ihr in den Laden schaute.
„Florian!“, rief sie, „schnell geh dir was anziehen! Was brauchst du?“
„Ein Brot Resi und irgendwann, wenn du Zeit hast, ein längeres Gespräch.“
„Geh, die kleine Angerer kommt gerade zur Tür rein. Ich bring dir gleich das Brot rauf. Ich schließ sowieso jetzt ab, dann können wir reden.“
Sie scheuchte mich aus dem Laden und ich lief leise fluchend die Treppe hoch.
„Verdammt, warum hast du mir nicht gesagt, dass ich nichts anhab, Idiot“, herrschte ich Leo an und zog mir schnell eine verbeulte Jogginghose an, die ich oben in einem der Koffer fand.
„Sorry, ich seh' dich gerne so“, antwortete er kaum hörbar und errötete bis zum Haaransatz.
Resi kam gerade herein, als ich wieder jugendfrei anzusehen war, und Kaffee einschenkte. Ich bot ihr an, an unserem Frühstück teilzunehmen.
„Es freut mich, dass du gestern doch nicht abgefahren bist, Leopold“, sagte sie und setzte sich zu uns.
„Ich musste noch etwas erledigen, Frau Müllner.“
„Das sehe ich auch so, aber nenn mich doch Resi. Ich kenn dich schon, da warst du noch so klein.“ Sie hob ihre Hand an die Tischkante und lächelte.
„Danke, dass du die Schweinerei im Bad weg gemacht hast, Resi. Macht es dir was aus, wenn ich doch nicht ausziehe?“ Sie strahlte über das ganze Gesicht, das machte den nächsten Schritt einfacher.
„Was hat dir Margot erzählt, das du tun solltest?“
„Sie hat nur gesagt, ich soll dich mit Leopold bekannt machen und dann dafür sorgen, dass du bestimmte Dinge hörst. Mir kam das komisch vor und ich wollte es zuerst auch nicht machen, aber sie meinte, es wäre schon in Ordnung so.“
Resi konnte man wirklich jeden Blödsinn erzählen. So klug sie in vielen Dingen war, so einfältig war sie in anderen. Das machte sie einerseits liebenswert und andererseits wieder sehr anstrengend.
„Sind wir wieder Freunde, Florian?“
„Ja Resi, aber nur, wenn du mich endlich Flo nennst. Florian sagt nur meine Mutter.“
„Flo, wie sich das anhört! Du bist doch kein Ungeziefer – aber wenn es dir lieber ist.“
Wir verbrachten angenehme zwei Stunden bei einem ausgiebigen Frühstück, ich werde mich auch weiterhin weigern es anders zu nennen, und redeten über Gott und die Welt.
Meine Wut auf die beiden war verschwunden. Ich mochte Leo wirklich sehr gerne und ich fühlte sogar etwas für ihn, dass ich später am Abend als Liebe erkannte. Noch wollte ich es ihm und mir aber nicht eingestehen.

Als Resi gegangen war, breitete sich eine wohltuende Stille zwischen Leo und mir aus. Wir saßen einfach zusammen und tranken den restlichen kalten Kaffee.
„Kalter Kaffee macht angeblich schön“, meinte Leo nach einer Weile.
„Ich dachte, das gilt nur bei Frauen“, erwiderte ich grinsend.

Nach einer Weile stand ich auf, und ging ins Schlafzimmer. Es war an der Zeit, die Koffer wieder auszupacken. Leo kam und half mir.

„Na, wird das noch was bei dir“, hörte ich eine Stimme hinter uns. Der Doktor! Er hatte ja seinen Besuch angekündigt. Das hatte ich vergessen.
„Karl, schleich dich nicht so an!“ Ich war ehrlich erschrocken. „Kannst du nicht klopfen!“
„Hab ich noch nie. Na, wieder beruhigt? Ich will mir nur die Schnittwunden ansehen.“ Er ging zum Bett und öffnete seine große Tasche. Dann bedeutete er mir, zu ihm zu kommen. Ich nahm Platz und Leo gesellte sich dazu.
„Soll ich beim Verbandwechsel helfen, Herr Doktor“, erbot sich Leo.
Karl nickte und übergab ihm einiges an Verbandszeug. Ich schaute den beiden fasziniert zu, wie sie schweigend an meinen Händen und Unterarmen werkten.
„Was hast du eigentlich gemacht?“, wollte Leo wissen.
„Ich erzähle es dir später“, sagte ich kurz angebunden, weil ich merkte, dass Karl zu lachen anfing.
„Der hat gestern randaliert“, sagte er und hielt sich den Bauch vor lachen.
„Wegen …?“ Leo sprach nicht weiter, sah mich sorgenvoll an. Ich nickte einfach.
„Oha, Sie sind also der Galan! Da hast du aber gut daran getan, Flo, ihn wieder rein zu lassen. Der kann dir in Zukunft die Arme verbinden, dann kann ich mir den Weg sparen und habe etwas mehr Zeit zum Angeln.“
Leo schnappte nach Luft.
„Karl, du bist ein Idiot und eins sage ich dir, die Sedierung werde ich dir lange nicht verzeihen. Du weißt ganz genau, dass ich es hasse, wenn ich irgendwelche Psychopharmaka nehmen muss und dann noch gegen meinen Willen!“
„Reg dich wieder ab, Mann. – So fertig, ich geh jetzt und lass euch Täubchen mal allein.“ Er lachte schallend, während er raus ging.
„Hau ja ab, du Blödmann!“ Ich war richtig sauer auf seine taktlosen Bemerkungen. Der Rosner würde sich nie ändern, dazu war er zu alt.
Leo war vor Verlegenheit rot geworden. Er schien auf irgendeine Erklärung zu warten.
„Was weiß denn der Doktor über uns?“
„Resi hat ihn gestern geholt, nachdem ich das Bad zerlegt hatte. Dabei habe ich mir die Schnitte zugezogen. Ich denke, sie hat ihm so einiges erklären wollen und dabei mehr gesagt, als sie wollte.“
„Oh, Flo! Wird sich das jetzt im Dorf herumreden?“
„Nein. Karl ist zwar ein zynischer Vollidiot und taktloser als sonst einer, den ich kenne, aber der plaudert nichts aus.“
„Dann bin ich ja beruhigt. Und du wolltest dir gestern wirklich nichts antun?“ Seine Stimme klang besorgt.
„Ehrlich? Ich weiß es nicht.“
Stumm räumten wir die Wohnung auf.

„Kann ich heute hier bleiben? Ich bin einfach zu müde, um noch nach Hause zu fahren. Ich schlafe auch auf der Couch, wenn es sein muss.“ Er klang wirklich sehr müde und sah auch erschöpft aus. Deshalb sagte ich schlicht: „Hol deine Sachen rauf, wenn du welche dabei hast.“
Während ich das Bett frisch bezog, dachte ich: ‚Ich denke, ich habe mich in dich verliebt, Leo’
Ich spürte eine lange nicht mehr gekannte Freude darüber, jemanden einfach nur anzusehen, oder an ihn zu denken.
„Die Couch ist nicht so gut, du kannst bei mir schlafen. Aber wehe du schnarchst, dann wanderst du ins Wohnzimmer“, sagte ich, als er zurück kam.

Leo verbrachte die nächsten zwei Tage bei mir. Wir kamen uns menschlich auch sehr nahe und ich fühlte, dass ich die Liebe wieder gefunden hatte.
Auf Margot war ich noch wütend, aber sie hatte mir, wenn auch ungewollt, Leo gebracht, den ich so womöglich nie kennen gelernt hätte.

Am Sonntag Abend saßen wir noch lange zusammen.
„Morgen früh muss ich wieder fahren. Aber ich komme dich an meinen freien Tagen besuchen, wenn ich darf“, sagte er, als es schon dunkel geworden war.
„Du darfst jederzeit zu mir kommen, ich hoffe, du weißt das.“ Ich nahm ihn in den Arm, selten ging eine Berührung von mir aus, ich bin eben schüchtern.
„Danke“, nuschelte er in meine Schulter.
„Hey, nicht nur du hast dich verliebt“, versuchte ich leichthin zu sagen, brachte aber ein Beben nicht aus der Stimme heraus. Er richtete sich auf und sah mich erwartungsvoll an.
„Aha“, war alles, das er herausbrachte.
„Ja, Leo. Ich habe vielleicht etwas länger gebraucht, aber ich liebe dich.“

Dann nahm ich sein Gesicht in die Hände, schaute ihm tief in die Augen und küsste ihn. Zuerst sanft, dann immer fordernder. Bis wir schließlich im Bett landeten und uns diesmal Zeit für unser Liebesspiel ließen. Ich spürte nicht mehr den Drang, mich mit Sex zu betäuben. Nein, ich wollte ihn kennen lernen, ihn spüren, ihn fühlen lassen. Zum ersten Mal übernahm ich die Führung und er ließ es zu. Er vertraute mir bedingungslos und ich ihm.
Es war ein gegenseitiges Geben und Nehmen – so sollte es sein. Nein! So muss es sein, wenn man liebt.

Es war schon nach Mitternacht, als wir endlich befriedigt und ermattet auf das Bett sanken.
„Gott! - es macht einfach Spaß mit dir“, sagte Leo und stöhnte verhalten. Er lag auf dem Rücken, hatte die Augen geschlossen und ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht. Irgendwie wirkte er wie eine satte Katze, die sich gerade am Sahnetopf gütlich getan hatte.
„Ich denke, du schläfst jetzt besser, wenn du morgen früh raus musst. Wann musst du eigentlich auf?“
Er drehte sich auf die Seite und warf einen Blick auf die Uhr.
„Scheiße!“, rief er. „Viel Schlaf werde ich nicht mehr bekommen. Was soll’s, das ist es mir wert. Du bist es mir wert.“ Er lachte, als ich widersprechen wollte.
„Du bist es wert, Flo“, wiederholte er bestimmt.


Mit Leo an meiner Seite, hatte ich das Gefühl alles meistern zu können. Eine zentnerschwere Last schien von meiner Seele gefallen zu sein. Ich hatte Margot gegenüber keine Schuldgefühle mehr. Sie hatte mich nur benutzt und wollte mich ändern. Leo hatte mir das klar gemacht.

Mein Leben füllte sich wieder mit Sinn, als mir Resi den Laden überschrieb. Das sorgte im Dorf am Anfang für reichlich Wirbel. Am meisten wetterte der Angerer dagegen. Ruhe kehrte erst ein, als der Pfarrer von der Kanzel predigte: „Derjenige der ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein.“ Resi hatte mir davon erzählt. Ich mied die Kirche, wie der Teufel das Weihwasser, aber ich mochte den Pfarrer. Auch er hatte sich als wahrer Freund entpuppt.

Das Leben führt manchmal schon sonderbare Wege und legt einen Freunde einfach so mitten in den Weg. Wenn man nur die Augen offen hat, sie zu sehen, dann sind Freunde leichter zu entdecken, als allfällige Steine, die im Weg sein mögen.

Alles im Leben hat seinen Sinn – hoffe ich zumindest. Aber wer immer nur nach dem Sinn des Lebens sucht, der läuft am Leben vorbei, man darf sich nur nicht aufgeben. Menschen, die man liebt, vergisst man nie. Franz werde ich bis an mein Lebensende nicht vergessen und Leo wird bei mir sein, so lange wir beide es wollen.
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Zukunft-los
Dieser Teil der Geschichte gehört in der Zeitabfolge zwischen "Schwerelos" und "Kraftlos". Es ist etwas verwirrend, weil ich diese Geschichte erst jetzt geschrieben habe. Aber ohne diesen Teil wirken die folgenden Geschichten manchmal unklar.

Liebe Grüße
Herta
*******************


Zukunft-los

Seit dem verhängnisvollen Vortrag waren Franz und ich ein Paar. Franz stand ganz offen dazu, es war ihm egal, was andere dachten. Mir eher nicht, deshalb einigten wir uns, dass jeder seine Wohnung behalten würde. Franz war aber fast mehr bei mir, als bei sich zuhause. Ich mochte nicht so gerne in seine Stadtwohnung fahren, wegen der schlechten Erinnerungen. Wir führten eine gute Beziehung, engten uns nicht ein und respektierten die Freiräume des anderen. Noch nie war ich so glücklich, wie in dieser Zeit.

„Flo, du hast Post von Margot bekommen“, sagte Franz eines Tages. Es war kurz vor Weihnachten. Margot war vor einigen Wochen in die Stadt übersiedelt. Sie hatte ihre Jugendliebe wieder gefunden, wie sie mir erzählte, und lebte mit ihm zusammen.
Ich nahm den Brief und riss ihn auf.
„Es ist eine Einladung zu ihrer Hochzeit“, sagte ich erstaunt.
„Wann findet das Brimborium denn statt“, wollte Franz wissen.
„In zwei Wochen - das ist sehr kurzfristig.“
Ich war irritiert. Auf der Einladung stand nichts von Franz. Das gefiel mir nicht.
„Du bist nicht eingeladen. Warum wohl nicht?“, überlegte ich laut.
Franz zog nur die Schultern hoch. Er schien sich einen Grund denken zu können.
„Du kennst Herbert nicht so gut, wie ich. Am liebsten würde ich den Kerl überhaupt nicht kennen. Wie sich Margot in den verlieben konnte, ist mir sowieso ein Rätsel.“
„Was ist los, Franz? Was weißt du über Herbert?“
„Nichts“, erwiderte er knapp, er gab keine weiteren Erklärungen.

Ohne Franz wollte ich nicht auf die Hochzeit, also rief ich Margot an, dass ich nur kommen würde, wenn auch Franz eingeladen würde. Als sie zusagte, dass ich in Begleitung erscheinen könne, war ich zufrieden – aber nicht glücklich. Wie konnte sie nur auf meinen Lebenspartner vergessen? Früher hatte sie Franz doch gemocht – oder irrte ich mich etwa?

Nach den Weihnachtsfeiertagen, am 30. Dezember, fand die Hochzeit statt. Sie wurde im Dorf gefeiert. Franz meinte: „Das ist reine Selbstdarstellung. Der Typ ist der geborene Angeber. Du solltest dir mal vorstellen, wie schnell der klein würde, sollte ich ihm mal auf die Schliche kommen.“
„Franz – hat er was angestellt? Wenn es so ist, müssen wir etwas unternehmen.“
„Nein, ich weiß nichts. Mach dir keine Gedanken darüber. Mich beschäftigen andere Dinge.“
„Was ist denn los, Franz?“ Ich hatte schon seit ein paar Tagen das Gefühl, dass er Probleme hatte oder einen schweren Fall bearbeiten musste. Aber er wich meinen Fragen gekonnt aus.
„Ich kann dir das noch nicht sagen. Gib mir Zeit, bis ich den Fall abgeschlossen habe“, vertröstete er mich.

Den feierlichen Auszug des Brautpaares aus der Kirche beobachteten wir aus der Ferne, wir waren ja nur zur Abendgesellschaft geladen. Ich wäre sowieso nicht in die Kirche gegangen und Franz schon gar nicht.
„Mit den Kuttenbrunzern hab ich echt nichts am Hut. Lass mich nur mit denen in Ruhe“, schimpfte er in seiner vulgären Art. Manchmal wunderte ich mich über seine Wut, der Kirche gegenüber. Mir war sie eher gleichgültig, aber Franz schien eine ungeheuerliche Wut auf sie zu haben. Er wollte nicht darüber reden, als sparte ich mir unnötige Fragen, weil ich keine Antworten bekommen hätte.

Margot war eine schöne Braut. Sie war in ein teures Seidenkleid gekleidet, dass in seiner Schlichtheit bestach. Am Saum und am Ausschnitt war es mit roten Blumen bestickt. Es war ein kleines, feines Muster. Das Kleid musste ein Vermögen gekostet haben. Im Haar hatte sie rote Rosen eingeflochten. Sie sah wirklich entzückend aus. Herbert war in einen grauen Maßanzug gekleidet, eine rote Seidenweste schimmerte aus dem Sakko hervor. Er lächelte selbstgefällig in die Menge und winkte dem Fotografen von der Lokalpresse zu, dann verschwanden sie in einer großen schwarzen Limousine mit getönten Scheiben.

Franz und ich gingen wieder nachhause. Es war zu kalt, um am Kirchenplatz herum zu stehen und zu gaffen. Ich war nur neugierig gewesen.
„Willst du wirklich zu dieser blöden Feier gehen?“, fragte Franz mürrisch, als wir wieder in meinem warmen Wohnzimmer saßen.
„Ich hab es ihr versprochen“, erwiderte ich im selben Tonfall.
Eigentlich war mir die Lust darauf ziemlich vergangen, als ich den Angerer unter den Gästen bemerkt hatte. Aber ich wollte mein Versprechen halten.
„Nur ganz kurz, Franz. Wir gehen hin, ich gratuliere ihr und das war’s dann.“
„Na schön, dann komme ich mit.“

Wir warfen uns in Schale. Franz legte, ebenso wie ich, Wert auf gute, gepflegte Kleidung. Er hatte mir seinen Schneider empfohlen, der wirklich gut arbeitete, und vor allen Dingen, rasch.
Es war schon etwas spät, als wir im größten Gasthaus des Dorfes ankamen. Es wird eines der ungelösten Rätsel bleiben, warum Herbert nicht in einem der großen teuren Gourmetpaläste in der Stadt geheiratet hat.

Margot stand am Kopfende des Tisches. Sie wirkte sehr souverän, wie sie da stand und der Rede ihres Frischangetrauten lauschte. Herbert sprach von Verantwortung, von Respekt, aber ich hörte kein Wort über Liebe und Vertrauen. Das fand ich schade. Margot schien ihn anzuhimmeln. Ihr Blick sprach Bände, fand ich.

Franz und ich blieben am Eingang zum Saal stehen, und warteten bis Herbert fertig war. Erst dann gingen wir zum Brautpaar und brachten unsere Gratulation an.
Herbert schien durch Franz hindurch zu sehen, und Franz ignorierte Herbert so offensichtlich, dass ich über mich selber ärgerlich war, weil ich ihn zum Mitkommen überredet hatte.
Herr Angerer saß neben den beiden, er war neben dem Pfarrer und dem Bürgermeister, die wichtigste Persönlichkeit im Ort. Er starrte Franz und mich hasserfüllt an. Niemals wurde ich das Gefühl bei ihm los, ein erbitterter Feind zu sein. Aber in Kürze würde er in Pension gehen. Meine Nachfolge in der Bank war bereits geregelt und in einigen Monaten würde ich die offizielle Bestätigung erhalten. Deshalb zwang ich mich zu einem freundlichen Nicken in seine Richtung und schenkte seiner Frau ein Lächeln. Es wurde dankbar quittiert. Herr Angerer goutierte das nicht gerade. Er funktelte mich zornig an.

Franz zog mich zum unteren Ende der Tafel, dort waren noch einige Plätze frei.
„Jetzt brauch ich erst mal was Hochprozentiges“, murrte er.
„Ich dachte, wir gehen gleich wieder?“ Jetzt war ich aber erstaunt. Was hatte er vor?
„Wir trinken auf das Brautpaar“, meinte er und zwinkerte mir zu. „Ein Besäufnis auf Kosten des Angebers. Was denkst du, rechnet er mit unserem Bleiben? Schau dir nur mal an, wen die alles eingeladen haben. Wo sind denn Margots Eltern?“
Franz blickte sich im Raum um. Sein Blick war konzentriert. Dann murmelte er vor sich hin.
„Was hast du gesagt?“
„Dieses Schwein hat ihre Eltern nicht eingeladen. Ich kann sie nirgends sehen.“ Er fluchte leise vor sich hin. Wenn Franz im Gerichtssaal auch so wäre, hätte er sicher keinen Fall gewonnen. Aber er galt auch dort als aufbrausend und ließ sich nichts gefallen. Man kann gegen Franz sagen was man will, wenn er wo Ungerechtigkeit wittert, lässt er nicht mehr los, bis sie abgestellt ist, und zwar ohne Rücksicht auf seine Person.

„Hast du den Lackaffen gesehen? Wie der sich aufgeplustert hat, weil du mit seiner Alten getanzt hast“, fragte Franz und lachte laut heraus. Wir saßen gemütlich zusammen auf dem Sofa und ließen die Feier revue passieren.
Ich hatte es mir nicht verkneifen können, und Frau Angerer zum Tanz geführt. Sie sah so unglücklich aus, zwischen den steifen Herren eingezwängt, und keiner schien zu merken, dass sie gerne tanzen würde. Wir hatten lange getanzt. Sie war eine gute Tänzerin und ich genoss das schwerelose Gefühl, das die Tanzschritte und der Rhythmus immer in mir auslösen.
„Nein, auf ihn habe ich nicht geachtet“, gestand ich.
„Der wird dir das noch heimzahlen, weil du seine Frau angegrapscht hast“, prophezeite Franz. „Ich hatte meinen Spaß, das ganze Treiben zu beobachten.“
Franz tanzte nicht, aber er war ein leidenschaftlicher Beobachter, also war er mehr als auf seine Kosten gekommen.

Zwei Monate später übernahm ich das Büro und die Hauptgeschäftsführung vom Angerer. Ich hatte alle Angestellten zu einem kleinen Umtrunk nach Geschäftsschluss geladen. Es waren auch alle geblieben. Die Angestellten mochten mich. Inzwischen hatte ich auch eine neue Assistentin, Frau Klamm. Sie war sehr tüchtig und kümmerte sich nicht um mich, es sei denn es hatte etwas mit der Arbeit zu tun. Das war ein sehr angenehmer Wesenszug von ihr.
„Danke, dass Sie alle noch etwas geblieben sind“, begann ich meine kurze Rede. „In einigen Wochen ist es auch offiziell, dass ich die Geschäfte hier übernehme. Ich hoffe, dass unsere Zusammenarbeit weiterhin so reibungslos funktioniert, wie bisher. Die aktuelle Krise werden wir gemeinsam meistern und den Blick nach vorne richten.“
Ich wandte mich an Herrn Angerer, als abgetretener Bankdirektor würde er sicher auch noch etwas zu sagen haben. „Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit“, sagte ich abschließend. Mein alter Chef drängte sich an mir vorbei und ergriff das Wort: „Mitarbeiter“, begann er. „Ich hoffe inständig, dass die Bank auch in den Händen dieses“, er hielt inne und schaute mich mit offenkundiger Feinseligkeit an, holte tief Luft und fuhr fort: „meines Nachfolgers, einen langen Bestand hat.“ Alle richteten den Blick auf mich. Warum musste er immer wieder damit anfangen?
„Ich lade Sie heute noch ein, bei meiner Abschiedsfeier teilzunehmen. Die Einladungen werde ich Ihnen jetzt übergeben und entschuldige mich bei Ihnen, weil es so kurzfristig ist. Leider habe ich erst mittags erfahren, dass ich den Saal heute bekomme. - Ich bedanke mich noch für die schöne Zeit, dich ich mit Ihnen verbringen durfte und für die gute Zusammenarbeit.“
Dann nahm er einen Stapel Kuvert und übergab allen Angestellten eine Einladung. Er sah mich höhnisch an, als er den letzten Brief an Frau Maier übergab. „Das war’s. Ich hoffe, wir sehen uns heute Abend alle. Auf wieder sehen.“ Damit drehte er sich um und ging. Er warf mir noch einen giftigen Blick zu, bei dem es mir kalt den Rücken runterlief. Ich schüttelte mich innerlich.
Unter den Angestellten entstand ein Raunen, weil ich als Nachfolger so offensichtlich übergangen worden war. Was für eine Brüskierung!
Frau Klamm stellte sich zu mir und sagte: „Herr Magister, wenn Sie nicht geladen wurden, dann werde ich auch nicht hingehen.“
„Das ist nett von Ihnen. Aber Sie müssen da keine Rücksicht auf mich nehmen. Das sind private Differenzen, die mit der Bank nicht das Geringste zu tun haben. Gehen Sie ruhig hin, wenn Sie wollen.“
Am liebsten wäre ich dem Angerer nachgelaufen und hätte ihn zur Rede gestellt. Es ist nicht richtig, private Probleme auf die Arbeit zu übertragen und andere, Unbeteiligte, mit hinein zu ziehen.
Aber nun hatte ich die Geschäfte übernommen. Das zählte, und ich wollte dem Angerer seinen kleinen Triumph nicht gönnen, und mehr Wirbel machen, als die Sache wert war. Es war ihm immer schwer gefallen, mich zu akzeptieren, und mit meiner Homosexualität konnte er überhaupt nicht umgehen.

Zuhause berichtete ich Franz von der Verabschiedung. Er lachte sich krumm.
„Der ist so was von blöd, kann ich dir nur sagen - armselig, ist vielleicht besser. Vögelt mit seiner Sekretärin, vernachlässigt seine Frau und möbelt sein Ego an dir auf.“
Er hörte zu lachen auf und sah mich ernst an. „Solche Leute darf man nie unterschätzen“, fügte er todernst hinzu.

Ich fügte mich rasch in meine neue Rolle als Bankdirektor. Die krummen Geschäfte hatte ich zum Großteil bereinigen können. Es gab jetzt keine Unregelmäßigkeiten mehr, oder zumindest fand ich keine. Ich sah zu, dass Kredite nicht mehr an Leute mit zweifelhafter Bonität vergeben wurden und ich verbot die Spekulation auf bestimmte Papiere. Eine Kleinbank sollte sich nur mit kleinen Dingen beschäftigen und die Spekulation im großen Stil unterlassen. Wie die Angestellten dazu standen, konnte ich nicht wirklich sagen. Einige schienen ehrlich erleichtert zu sein, einer kündigte deswegen.

Ich ließ mir von nichts mehr meine gute Laune verderben, zumindest nahm ich es mir vor. Franz und ich planten nämlich unsere erste gemeinsame große Reise. Wochendendtrips hatten wir schon einige gemacht, wir reisten beide sehr gerne. Diesmal wollten wir für einige Wochen in die Vereinigten Staaten. Wir planten zuerst nach Los Angeles zu fliegen und von dort aus mit dem Wohnmobil Kalifornien zu erkunden. In meiner Wohnung stapelten sich bereits Reiseführer, Landkarten und diverse DVD’s. Die Vorfreude bei der Planung ist ebenso schön, wie die Reise selber. Vorsichtshalber ließen wir unsere Pässe verlängern und auf aktuellen Stand bringen, bei den Amerikanern weiß man ja, wie heikel die in solchen Dingen sind.

Wir planten den ganzen August in Amerika zu verbringen. Der August bot sich deshalb an, weil da zwei Wochen Gerichtsferien waren, und Franz da leichter längere Zeit der Kanzlei fern bleiben konnte.
„Flo, ich freue mich schon auf unsere Reise. Warst du schon mal in den Staaten?“
„Ja, einige Male. Aber immer nur kurz und meistens nur im Hotel, auf irgendwelchen Seminaren. Vom Land habe ich noch nichts gesehen.“
„Ich freue mich, dich endlich einmal lange Zeit nur für mich zu haben.“
Er klang so abgespannt und müde, als er es sagte.
„Bedrückt dich etwas?“
„Weißt du noch, was ich bei Margots Hochzeit gesagt habe?“
„Über Herbert?“ Mir lief es kalt den Rücken runter.
„Ja – und nein. Ob es etwas mit ihm zu tun hat, kann ich nicht sagen. Aber es …“ Hier brach er ab und wandte mir sein Gesicht voll zu. Er schaute mir tief in die Augen, als er weiter sprach: „Ich habe noch nie einen Menschen so geliebt wie dich.“
Er klang so verloren, dass ich ihn in den Arm nahm und ganz fest an mich drückte.
„Versprich mir, dass du immer glücklich bist“, sagte er.
„Ich bin glücklich - mit dir. Was ist los, Franz? Dich quält etwas. Was ist es?“
„Wenn ich ganz sicher bin, bist du der erste, der es erfährt. Ich verspreche es, aber frage nicht mehr, bitte.“
Ich nahm ihn nochmals in den Arm. Sehr gerne hätte ich seine Sorgen mit ihm geteilt oder ihn wenigstens getröstet. So beendete ich das Thema und richtete meine Gedanken auf die bevorstehende Reise.

Inzwischen hatten Margot und Herbert im Dorf ein Haus gekauft. Zur Einweihungsparty waren wir sonderbarerweise eingeladen worden.
„Warum der Sinneswandel“, fragte ich und reichte die Einladung an Franz weiter.
„Liegt wohl an meiner momentanen Medienpräsenz“, meinte er lapidar. Er hatte wieder einmal einen brisanten Fall übernommen, und bei einem Fernsehinterview einige Lokalpolitiker beleidigt.
Trotz meines offensichtlichen Widerwillens gingen wir hin. Franz wollte sich das nicht entgehen lassen. Er mochte es, mit den Medien zu spielen, und sah sich gern in den Zeitungen. Er meinte immer, das helfe der Sache, an der er arbeite.

Das Haus war wunderschön gelegen. Inmitten eines alten Obstgartens ruhte das alte Herrenhaus. Es war vor einigen Jahren von einer Genossenschaft in Stand gesetzt worden und dann hatten es Herbert und Margot gekauft.

Als wir ankamen wurden wir feierlich begrüßt. Die Fotografen der Lokalzeitung und einer Tageszeitung machten Bilder von Franz und Herbert, wie sie sich gerade die Hand gaben. Beide lächelten sehr gezwungen.
Franz wischte sich anschließend sehr offensichtlich die Hand an der Hose ab und ging grinsend zu mir. Ich hielt mich immer sehr im Hintergrund, auch wenn ich im Ort zu den wichtigeren Persönlichkeiten zählte. So etwas war mir nicht wichtig, es war mir sogar unangenehm.
„So, das Geschäftliche ist erledigt. Nun können wir uns dem Angenehmen widmen.“
Herbert hatte im Garten eine richtige Bar aufbauen lassen, dorthin gingen wir. Ich staunte über diese Verschwendung und Selbstdarstellung. Wir tranken etwas, dann gingen wir ins Haus, wo wir Margot begrüßten. Ich fand sie verändert. Hatte sie zugenommen? Als ich sie fragte, wie es ihr gehe und ob sie etwa schwanger wäre, lachte sie nur und verneinte.
„Mir geht es gut, Florian.“ Sie lächelte, es kam mir künstlich vor. Aber ich konnte sie nicht weiter fragen. Es waren zu viele Leute da, die auch mit ihr reden wollten. Also gingen wir wieder in den Garten.

Im Grunde genommen war es eine langweilige Gesellschaft. Gegen Mitternacht verabschiedeten wir uns von den Gastgebern. Sie winkten uns vom Gartentor aus zu, was uns zu Spekulationen hinreißen ließ.

Franz sagte: „Ich denke, die sind froh, dass wir weg sind. - Pass auf …!“
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