Unterholz
UnterholzStone schlug sich durch das dichte Gestrüpp. Er war außer Atem, seine Tarnanzug hing in Fetzen an ihm herunter und an vielen Stellen, hatten Äste und Dornen nicht nur die Kleidung beschädigt. Ein tiefhängender Buchenzweig war ihm in`s Gesicht geschlagen und hatte einen dunkelroten Striemen quer über die Nase und ein tränendes Auge hinterlassen. Sein linker Fuß verfing sich in einer freiliegenden Wurzel und brachte ihn zu Fall. Fluchend rutschte er bäuchlings eine kleine Böschung hinab und blieb in einem matschigen Wassergraben liegen.
Er war kurz davor aufzugeben. Stone war müde und hungrig. Seine Wunden brannten und alle Knochen taten ihm weh. Wie lange er schon unterwegs war, er wusste es nicht mehr. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Im Morgengrauen war ihm die Flucht aus dem Lager geglückt, seitdem war er pausenlos gelaufen. Mit nichts als dieser hässlichen Uniform am Leib hatte er sich durch die menschenfeindliche Natur gekämpft.
Seine Verfolger waren hervorragend ausgerüstet und kannten das Terrain besser als er. Und sie holten auf. Immer wieder hatten sie im Lauf des Tages zu ihm aufgeschlossen und Stone damit gezwungen, sein Tempo zu erhöhen. Wie ein Tier trieben sie ihn vor sich her. Und wie Tier fühlte er sich auch. Dreckig und abgerissen wie er war, durstig und ausgehungert, kam er sich vor wie verwundetes Wild, dass vor seinen Jägern floh.
Der Truppe gehörten einige bestens geschulte Spurenleser an, sich zu verstecken hätte deshalb keinen Sinn gemacht. Also lief er weiter, fiel, rappelte sich wieder auf, trieb sich weiter an, um seinen Vorsprung wieder zu vergrößern. Schmutziges Wasser ran an ihm herunter, machte seine hastigen Schritte noch unsicherer. Stone erklomm auf allen Vieren eine Anhöhe, umklammerte einen Busch um sich daran hoch zu ziehen und blieb wie angewurzelt stehen. Vor ihm war die Welt zu Ende. Ein Erdrutsch hatte diese Seite des Hügels in einen senkrechten Abhang verwandelt und brachte seine Flucht damit jäh zum Stillstand. Es war zum heulen. Er hätte es wirklich schaffen können.
Resigniert drehte Stone sich um und rutschte und stolperte den Weg zurück, nach unten. Sollten sie doch mit ihm machen was sie wollten. Er war erledigt, am Ende seiner Kräfte. Schon hörte er ihre Stimmen näherkommen, vernahm das Brechen von Ästen und Zweigen, als sie sich , mit roher Gewalt, ihren Weg durch das nahe Unterholz bahnten.
Das fiese Grinsen in ihren rattenartigen Gesichtern jagte ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken. Stone war klar, was ihm jetzt bevorstand, aber seinen Stolz würde diese Verfluchte Bande nicht brechen. Entschlossen rückte er die Reste seiner Uniform zurecht und richtete sich auf, als sie den Kreis um ihn schlossen.
„Also gut“ donnerte er, „ Pfadfindergruppe,’ Hermeline zwei’, ihr habt euren Ausbilder gefunden und damit seid ihr Mädchen das restliche Wochenende vom Küchendienst befreit. „Und jetzt, ab zurück ins Zeltlager“!
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