Angekommen
"für meinen Schatz"Angekommen
Da war er nun. Allein in seiner kleinen Wohnung. Mit geschlossenen Augen lag er lang ausgestreckt auf seinem Sofa, lauschte seinem Herzschlag, spürte dem Puls in seinen Adern hinterher, atmete die warme Sommerluft bewusst tief ein, füllte jedes verbliebene Lungenbläschen mit dem Gemisch aus Sauerstoff und Stickstoff, bis sich sein Zwerchfell spannte und der Bauch sich hob.
Endlich war er wieder bei sich angekommen. Gerade noch rechtzeitig. Sein Pragmatischer Verstand hatte sich murrend und maulend wieder in den Hintergrund zurückgezogen und Platz gemacht für Gefühle und Menschlichkeit. Obwohl jedes Mal ein Kampf, so errang er den Sieg doch mit jedem Mal leichter. Diese Erkenntnis beruhigte ihn.
Er hatte sich, wieder mal, von seiner Arbeit vereinnahmen lassen. Mehr als gut für ihn war. Er hatte fühlen können, wie sich zu lösende Probleme und Aufgaben in den Vordergrund schoben. Sein freundliches, geduldiges Wesen überschatteten und beiseite drängten. Es war Segen und Fluch zugleich. Talent und Besessenheit. Seine Akribie und sein Arbeitseifer machten ihn zu einer effektiven Maschine, mit dem Wehrmutstropfen, dass ihm, wie allen Maschinen, die Sensibilität für alle wichtigen, menschlichen Dinge etwas abhanden kamen. Freundlich ausgedrückt.
Solange er alleine war und diese Rücksichtslosigkeit sich im schlimmsten Fall nur auf seine eigene Gesundheit auswirkte, hatte er dem Arbeitstier in sich gern freie Hand gelassen. Zugegeben, er genoss die Anerkennung und war stolz auf seine Arbeit. Damit deckte allein der Job schon mal zwei Todsünden ab, erstaunlich. Aber er war nicht mehr allein. Jeden Tag gab es diesen Moment völliger Klarheit, der ihn mit Liebe und Dankbarkeit erfüllte und vor Freude innerlich strahlen ließ. Er hatte eine wundervolle Frau gefunden, eine Partnerin, deren Ecken und Kanten sich nahtlos an die seinen fügten. Der fehlende Teil seiner selbst und gemeinsam waren sie weit mehr, als die Summe beider Teile. Zudem gab es ein großes, wenn auch momentan noch ziemlich kleingewachsenes, Plus in ihrer Beziehung das er ebenfalls von ganzem Herzen liebte.
Jeder Augenblick mit ihnen war kostbar und er bereute jeden Moment in den vergangenen Tagen, an denen sein Kopf ihn daran hinderte, das sein Herz bei ihnen war. Aber das war nun vorbei. Selbst jetzt, in diesem Augenblick in dem er allein in seiner eigenen Wohnung saß, waren sie ihm nahe. Konnte er ihre Liebe und Nähe spüren und wickelte sich in diese Gewissheit wie in eine wärmende, weiche Decke. Die Vorfreude war sein Kissen. Morgen würden sie sich wieder sehen und mit diesem Gedanken, ging er zu Bett.
Er war Angekommen.
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