Das dreiundzwanzigste Türchen
Guten Morgen, liebes Ratevolk!
Ich will es mal so sagen: alle, die auf
@*********ested gesetzt haben, haben ... Punkte eingefahren.
Was die heutige Geschichte anbelangt, so wird in ihr ein ganz besonders verhextes Mal beschrieben ...
Eine illustre Runde
Eleonore konnte sich nicht konzentrieren.
Sie blätterte in den Angeboten von hinten nach vorne, und von vorne nach hinten.
Eigentlich wollte sie das Weihnachtsmenue zusammenstellen, doch zuerst musste sie wohl entscheiden, wen sie überhaupt einladen wollte.
Ihre Verwandtschaft war recht groß, doch zu den wenigsten hatte sie engen Kontakt.
Eigentlich nur zu Josie und Jeff.
Die regelmäßigen Kaffeekränzchen mit den beiden waren eine willkommene Abwechslung; denn Eleonore lebte alleine mit ihrer Tochter Tiny, und der Alltag gestaltete sich manchmal schwierig.
Umso mehr freute sich Eleonore, wenn Josie wieder einen ihrer hervorragenden Kuchen gebacken hatte und sie eingeladen wurden.
Mit Jeff, Josie' s Ehemann, verband Eleonore eine lange Freundschaft. Er war ein exzellenter Gesprächspartner, wissbegierig, und so manche Diskussion endete erst nach Stunden.
Einmal, in einer vertrauten Stunde, hatte er ihr erzählt, er sei früher in der Schule wegen seiner großen Ohren gehänselt worden.
Manchmal war Jeff so nervös, dass er nicht mehr ruhig sitzen bleiben konnte und seine Unruhe übertrug sich dann ebenfalls auf sie.
Aber er war ein zuverlässiger Freund, und Eleonore schaute über manche Unzulänglichkeit hinweg.
Josie hingegen war eher zurückhaltend. Ja, fast scheu.
Eleonore schätzte ihr angenehmes Wesen und Josie konnte backen wie eine Göttin.
Dann waren da noch Lizzy und Laura.
Lizzy war eine verträumte Seele, die einfach zu gut war für diese Welt. Sie war immer an Eleonore' s Seite, wann immer sie gebraucht wurde. Ihre Empathie war beispiellos und es war ganz klar – ein Weihnachtsessen ohne Lizzy war undenkbar.
Mit Laura hingegen kam Eleonor nicht so gut zurecht. Die Dame redete ohne Punkt und Komma, sodass Eleonore' s Ohren schon nach kurzer Zeit qualmten. Aber da Laura und Lizzy unzertrennlich schienen, blieb ihr nichts anderes übrig, als auch sie auf die Gästeliste zu setzen.
Donald und Bridget!!
Oh Gott, beinahe hätte sie die beiden vergessen!
Donald war ein entfernter Cousin von ihr, mit dem sie rein gar nichts verband. Er sorgte immer für Unruhe, und Bridget, seine Frau, ärgerte sich regelmäßig über sein schlechtes Benehmen. Nicht selten endete ein gemütlicher Abend in einem heftigen Streit.
Aber was vor Jahren einmal mit einer Einladung zu Weihnachten begonnen hatte, setzte sich kontinuierlich fort, obwohl keiner Wert auf die Gegenwart des anderen legte.
Doch so unterschiedlich auch alle in ihrem Wesen waren, eines hatten sie gemeinsam:
Ihr Schicksal.
Eleonore resümierte:
Jeff und Josie
Lizzy und Laura
Donald und Bridget
und natürlich Tiny, ihre Tochter
2. Kapitel
„Zehn Pfund Hackfleisch, vier Kilo Rippchen...“ Eleonore tippte auf ihre geschürzten Lippen und sah sich suchend an der Fleischtheke um.
„Darf es noch etwas sein?“ Die Verkäuferin sah Eleonore freundlich an.
„Ja, geben Sie mir noch fünf Koteletts und zwei Keulen bitte dazu“.
Tiny stupste ihre Mutter in die Seite.„Ich möchte aber Filet haben! Das ist so schön zart. Und denke an Donald – der isst doch so gerne Blutwurst!“
Eleonore verdrehte die Augen und seufzte, gab aber schließlich dem Drängen ihrer Tochter nach.Wer konnte diesen braunen Kulleraugen schon widerstehen?
Wie Sie sich sicher vorstellen können, hatte Eleonore zuhause alle Hände voll zu tun. Es dampfte und kochte in den Kesseln, und manchmal war es so neblig in der Küche, dass sie Tiny kaum erkennen konnte. Dann wedelte sie mit dem Schwanz, und für kurze Zeit hatte sie wieder freie Sicht.
Es waren Berge von Fleisch, die eine Ewigkeit nicht gar werden wollten.
Aber Eleonore wäre nicht Eleonore, hätte sie nicht durch Tricks und Raffinesse ein wahrhaft königliches Weihnachtsmahl zaubern können.
Endlich konnte der Abend beginnen!
3.Kapitel
Die ersten Gäste waren, (wen wundert' s?), Donald und Bridget.
Bridget hatte sich hübsch zurecht gemacht und sich sogar ein rosa Schleifchen umgebunden.
Bei Donald hatte Eleonore den Eindruck, dass er noch fetter als im vergangenen Jahr geworden war. Sein Gesicht hatte diese ungesunde Röte, die manchen Fettleibigen zu eigen ist.
„N' Abend! Ist das Essen schon fertig?“ Donald kraulte seinen Bauch.
„Ein bisschen musst du dich schon noch gedulden Donald. Wir wollen doch warten, bis alle Gäste da sind“ entgegnete Eleonore.
„Warum? Wer zuerst kommt, mahlt zuerst! Ist das nicht so?“
Donald ließ einen tiefen Rülpser von sich, und plumpste in den erstbesten Sessel.
Bridget verpasste ihm einen ordentlichen Seitenhieb, was Donald jedoch nicht sonderlich zu beeindrucken schien.
Nach und nach trudelten die Gäste ein.
Jeff hatte sich sogar zur Feier des Tages eine Fliege umgebunden, und sah richtig pfiffig damit aus.
Josie hingegen schien graziler denn je, und Laura wirkte in ihrem „kleinen Schwarzen“ fast schon etwas deplatziert. Aber ihr langer, schlanker Hals kam darin bestens zur Geltung.
Inzwischen hatten alle Gäste Platz genommen und es entstand ein munteres Stimmengewirr.
„Wenn du mal ein paar Pfund mehr auf die Rippen brächtest, würde ich doch glatt ein Tänzchen mit dir wagen“ schmatzte Donald zwischen zwei Blutwurstscheiben und musterte Josie lüstern.
„Lass bloß meine Frau in Ruhe, sonst lernst du mich kennen! Und außerdem – warte gefälligst mit essen, bis Eleonore Platz genommen hat!“
Jeff war sichtlich verärgert.
Josie hingegen blickte scheu zu Boden. Ihr war dieser dämliche Donald mit seiner unflätigen Art schon immer ein Greuel gewesen.
Auch war sie gar nicht darüber erfreut, dass ausgerechnet Laura neben ihr saß. Sie würde ihr sicher den ganzen Abend über die Ohren voll quatschen.
Und es kam, wie es kommen musste:
„Hallo Josie! Weißt du, wo ich mein Kleid gekauft habe?
Bei Harrods!
Stell dir vor: HARRODS! Da hättest du dabei...“
„Ruhe, liebe Leute, Ruhe!“ Eleonore klopfte mit dem Löffel gegen ihr Glas.
„Wie ihr wisst, feiern wir heute ein ganz besonderes Weihnachten.
Ein verhextes Weihnachten.
Deshalb habe ich..
( „und was die dafür eine Auswahl haben, Josie, das...“)
uns ein ganz spezielles Menue zubereitet. Und damit ihr wisst, wen oder was ihr verspeist, werde ich euch...
(..“.müsstest du mal sehen! Für dich haben sie auch ganz entzückende Kleidchen, Josie...“)
… die Namen zu den Fleischstücken nennen.
Ich habe mich für Familie Hunter und Familie Butcher entschieden.“
„BRAVO! BRAVO!“ Jeff klatschte sich so eifrig in die Hände, dass seine Ohren wackelten.
„Aber...aber...wir können doch nicht einfach die Menschen...“ stammelte Lizzy und war sichtlich schockiert.
„Papperlapapp!
Weißt du, was der alte Butcher mit meiner Mutter gemacht hat?
In den Kopf geschossen hat er sie! Zwischen die Augen! Der Drecksack!
(...und eine Qualität haben die, Josie, eine QUALITÄT! Fass mal an...)
LAURA! Dein Geschnatter geht mir so was von auf den Sack!
Wenn du jetzt nicht sofort damit aufhörst, haue ich dir was auf deinen vorlauten Schnabel!“
Donalds Gesicht hatte inzwischen die Farbe einer überreifen Tomate.
„Unverschämter Kerl, unverschämter,“ erwiderte Laura beleidigt, aber immerhin hatte Donald ihren Redefluss gestoppt.
Dann ergriff Bridget das Wort:
„Meine Mutter hat der Schwiegersohn von Butcher in so einen engen Wagen gepfercht. Darin konnte sie sich gar nicht mehr bewegen, geschweige denn drehen. Dann sind sie mit ihr und vielen anderen weg gefahren.
Mama kam nie wieder nach Hause.“
Bridget versuchte ihr Schluchzen zu unterdrücken, aber es gelang ihr nicht.
„Damals, bei einer Treibjagd, wie die Menschen ihr zweifelhaftes Vergnügen nennen, haben sie meinen Bruder direkt vor die Flinte von Mr. Hunter getrieben. Der ist auch nicht besser, als die ganze Butcher – Sippschaft. “Jeff' s Ohren baumelten traurig an seinem Kopf.
„Ja, das stimmt“, ergänzte Josie.
„Bei dieser Treibjagd kam auch mein Papa ums Leben.
Und wisst ihr, was die Menschen mit Papa gemacht haben?
Weggeschmissen haben sie ihn! In den Müll!
Meinen lieben Papa einfach in den Müll geschmissen.
Sie hatten sich so ihre Bäuche voll gefressen, dass nichts mehr hinein passte!“
Tränen liefen über Josie' s Wangen.
„Wenn ich auch mal was sagen darf,“ Tiny hatte ihren Finger gehoben,
„der kleine Tim, der Sohn von Hunter, der hat mich, als ich noch klein war, immer am Schwanz gezogen.
Er dachte wohl, ich würde dann Milch geben. Der kleine Idiot, der kleine.
Sein Filet werde ich heute mit Hochgenuss verspeisen.“
„Und ich – ich werde die Keule von der alten Butcher nehmen.“
Laura streckte ihren Hals in die Höhe.
„Die hat uns immer gegängelt mit ihrem Stock, und manchmal hat sie uns sogar geschlagen.
Immer kurz vor der Weihnachtszeit hat sie dann einigen meiner Verwandten einfach den Hals umgedreht.
Wie gemein!
Hoffentlich schmeckt das alte Miststück überhaupt!“
„So, liebe Leute, nun wollen wir aber beginnen“.
Eleonore erhob ihr Glas und blickte in die Runde.
„Prost auf unser verhextes Weihnachten! Genießen wir das Fleisch unserer Peiniger.“
„Prost!“riefen alle,
„auf unser verhextes Weihnachten!“
Und Donald setzte, wie zur Bestätigung, einen dicken, fetten Furz in den Sessel.