Das einunddreizigste Türchen
Guten Morgen allerseits, ich war ein wenig unruhig in der Nacht, dann schlief ich doch ein und - voilà, als ich auf die Uhr schaute, war es 8. Dann noch einen
kochen, den Rechner anwerfen und ... kein "und"
Also, die gestrige Geschichte verdanken wir
@*******tia , der sich super, so wie ich das sehe, als
@*********Joe62 oder
@*******blau getarnt hat.
Die heutige Geschichte wollte ich erst selbst schreiben, weil eigentlich alle Geschichten aufgebraucht sind, aber dann habe ich mich entschieden, als letzte eine in den Ring zu werfen, die einen Autor hat, der hier als Rater nicht so häufig zu lesen war
Leider hat der Autor auch kein Bild liefern können
und was die Auflösung morgen anbelangt, so muss ich euch bitten, euch zu gedulden, denn ich weiß noch nicht, wenn ich morgen früh wieder unter den Wachen sein werde
Farbentreu
Misanthropa Karmesinia fuhr genervt zu ihrer Sittenschwester Nebula Ultramarin herum und wechselte die Gesichtsfarbe zu einem schillernden grellrot. Sie erhob drohend ihren Reitbesen. Gundula Gelbgrün wollte noch dazwischen gehen, aber sie stand zu weit von den Streithähninnen entfernt. Es würde bumsen.
Oder besser krachen!
Die anderen Sittenschwestern standen wie erstarrt. Nun, nicht ganz. Pamela Purpurrötlich und Brunhild Braunschwarz giggerten und feixten, denn endlich würde über den Führungsanspruch für die gesamte Sittschaft entschieden werden. Vielleicht hexten sich Misanthropa und Nebula ja auch gegenseitig ins Nirwana. Dann wäre endlich, endlich, nach diesen quälenden Jahrhunderten der Fehde zwischen den Karmesinias und den Ultramarins, der Platz für eine Jüngere frei.
Worum es diesmal ging? Na, um Männer, wie immer.
Das wurde schon bei Misanthropas ersten gekreischten Worten klar. „Du hast meinen Rodrigo Allwetter geknastert? Du Metze, du Buhle, du...“ Hilfesuchend drehte sich Misanthropa um und funkelte die anderen Sittenschwestern böse an. Sofort sprang Pippi Stockzwerg vor und gab ein Stichwort. „Nutte!“ Die älteren Mitglieder der Schwesternschaft sahen sich erstaunt an, schüttelten ihre runzligen Köpfe und murmelten breitandiges Unverständnis in den Raum. Josepha de Orangeade zog die vorlaute Jung-Hexe zurück in die Reihen und offerierte der aufgebrachten Vertreterin der Karmesinias (die einer uralten Linie der Rot-Dynastie entstammte) ein anderes Wort. „Kebse!“
Sofort erhob sich allgemein zustimmendes Gemurmel im Saal. Die Sittenschwestern nickten sich zu, einige erhoben den Daumen und andere gaben sich munter High-Fives. Das Wort machte die Runde. „Kebse, jawoll.“ „Genau, eine Kebse, das ist sie.“ Misanthropa ließ ihren kräftigen Unterbiss mahlen und wandte sich wieder ihrer Nebenbuhlerin zu. Sie zischte: „Kebse!“, begleitet vom zaghaften Applaus einiger Sittenschwestern. Wenn man genau hinsah, klatschten aber nur die Rotschattierten. Pippi Klopsberg hüpfte noch einmal hoch und schrie „Nutte geht aber auch und ist noch schlim...“, als ihr irgendjemand den Mund zuhielt. Die Decolorierten hatten einfach noch kein Standing in der Sittenschwesternschaft.
Nun trat allerdings Parlerina Himmelsblau vor und alle sahen sie erwartungsvoll an. Würde sie ein echt starkes Wehr-Wort für ihre Blau-dynastische Base Nebula liefern? Die Sittenschwestern hielten den Atem an. Und warteten auf den vernichtenden Gegenschlag. Parlerina lächelte süßlich (das war ihre Marotte, das tat sie zum Beispiel immer, bevor sie irgendjemanden mit einem Lebenslang-Fluch belegte) und ließ sich Zeit. Sie sah sich beifallheischend um, ebenfalls eine längstens bekannte Eigenheit von ihr, böse Zungen sprachen sogar von Hybris. Endlich tänzelte sie zu den beiden Streithähninnen, beugte sich vor und flüsterte beinahe. „Blunzen, damische.“
Entgegen aller Erwartungen blieb es mucksmäuschenstill. Irgendeine Stimme wisperte „Was ist denn das?“, doch nahezu die gesamte Schar zischte die Sprecherin nieder. Später hieß es, dass Adeleide von Grünstich die blöde Frage gestellt haben soll, doch bewiesen wurde das nie. Alle Sittenschwestern schwiegen dann aber und vermieden jedes Geräusch. Das war jedes Jahr auf’s Neue die Crux mit den Blau-dynastischen, die ja vorwiegend aus Österreich, oder noch schlimmer, der Schweiz, stammten. Sie hatten einfach keine guten Wörter drauf. Wie es aussah, würde die Führung aller Sittenschwestern wieder bei den Roten bleiben, in diesem Fall bei der jetzt schon siegessicher grinsenden Misanthropa Karmesinia. Ein bisschen enttäuschend war das schon, denn immerhin nahm ja jede der Sittenschwestern den weiten Weg hierher in Kauf, um in der für die Menschen so heiligen Nacht in Ruhe den Kampf um die Führerschaft austragen zu können. Und nichts war langweiliger, als wenn die Führerin dieselbe blieb. Deshalb blieben in den letzten Jahren auch mehr und mehr Vertreterinnen der alten Dynastien fern, und um die Veranstaltung überhaupt noch kostendeckend hinzukriegen wurden eben auch die Decolorierten eingeladen, mit denen man sonst eigentlich lieber keinen Umgang pflegte. Das war so eine Art emporgekommenes Bürgertum, da floss einfach nicht das richtige Blut in den Adern. Die hatten keine Manieren, hexten unsauber und gaben sich gerne pseudo-modern.
Wie auch jetzt wieder. Die vorlaute Neuhexengöre Pippi Blockzwerg sprang erneut vor und brüllte, bevor es jemand verhindern konnte „Tussi! Schabracke! Alte Schachtel!“. Abfälliges Gemurmel machte sich breit. Das mochten ja alles tolle Wehr-Wörter sein, aber sie kamen leider aus dem falschen Maul. Und so senkte Nebula Ultramarin ihren Besen als Zeichen, dass sie Misanthropa Karmesinia als alte und neue Sittenschwestern-Führerin anerkannte.
Es war das vierzehnte Weihnachten in Folge, in der dieser Wettstreit genau so ausging. Nebula schwor sich, sich im kommenden Jahr endlich ein gescheites Österreichisch-Deutsch-Wörterbuch zuzulegen. Und zu üben, für die nächste verhexte Weihnacht. Pippi Klockwörk dagegen stand maulend am kalten Buffet und murmelte vor sich hin. „Und Nutte wär doch gegangen.“