Das siebte Türchen
Guten Morgen, liebe Freunde, die gestrige Geschichte mit einer Hexe, die nicht artig war und einem Weihnachtsmann, der von dieser Begegnung noch seinen Kindern erzählen wird, verdanken wir
@**********gosto
Heute wird es anders verhext - wer hier wohl der Vater und wer der heilige Geist ist?
Das falsche Menu
Der am Nachmittag gefallene Schnee lag wie eine frisch gewaschene, überdimensionale Bettdecke über den Dächern der Stadt. Nachdem Sonya im Außenbereich ihres Hauses Lichterketten an der Hecke befestigt hatte, lief sie nun geschäftig zwischen Küche und Wohnzimmer hin und her. Den Tisch decken, den letzten großen Kerzenständer platzieren, noch ein paar Kugeln am Christbaum zurechtrücken – ja, jetzt gefiel es ihr. Es sollte alles perfekt sein, denn zum ersten Mal, seit sie Leon kennengelernt hatte, würde sie den Weihnachtsabend gemeinsam mit ihm verbringen. Nach seinen Absagen in den letzten beiden Jahren war sie darüber besonders angenehm überrascht.
Ihre Beziehung hatte sich in letzter Zeit verändert. Was mit gelegentlichen Verabredungen begann, wurde rasch zum unentbehrlichen Bestandteil für beide, aus den rein erotischen Treffen war längst viel mehr geworden. Doch gelegentlich wirkte Leon irgendwie anders, unaufmerksam und ausweichend. Sie hatte sich vorgenommen, ihn danach zu fragen, aber ganz sicher nicht heute Abend. Mit dem besonderen Geschenk, das sie für ihn hatte, würde sich das von selbst klären, da war sich Sonya fast sicher.
Langsam entspannte sie sich, löste den Haargummi und schüttelte ihre Locken, als es auch schon an der Haustür klingelte.
Zärtlich rieb sie ihr Gesicht an seiner Schulter, als sie beim gemeinsamen Kaffee auf der Couch saßen. Wie gut er heute aussah! Statt lässiger Jeans trug er einen dunkelblauen Anzug und Krawatte, so hatte sie ihn nur selten gesehen. Auch war er zuvorkommender als sonst, ein richtiger Gentleman. Insgeheim beglückwünschte Sonya sich, vor allem, wenn sie an die weniger rühmlichen Lover ihrer Freundinnen dachte.
Doch langsam wurde sie unruhig. „Ist es ok für Dich, wenn wir die Bescherung etwas vorziehen?“ Leon hatte damit kein Problem und beobachtete Sonya beim Auspacken seines Geschenks. „Oh, ein Gutschein für ein SPA-Wochenende! Du kommst doch mit, oder? Das wird sicher schön, ich freu mich schon!“
Dankbar küsste sie ihn auf beide Wangen und überreichte ihm ihr Geschenk, das sie in einen Briefumschlag gesteckt hatte. Gespannt verfolgte sie jede seiner Bewegungen, als er dem Umschlag ein Bild entnahm und es einen Moment lang erstaunt betrachtete.
Zuerst sah Leon sie verblüfft an, bis er begriff und in schallendes Gelächter ausbrach, was sein Gesicht in tausend Lachfalten legte. „Ist das Dein Ernst?“, fragte er immer noch glucksend und warf noch mal einen Blick auf das Schwarz-Weiß-Bild in seinen Händen. „Du bist schwanger?“
Auch Sonya strahlte jetzt, glücklich und erleichtert über seine Reaktion. Damit hatte sie nicht unbedingt gerechnet. Sie griff nach seinen Händen und lächelte ihn an. „Ich weiß es seit gestern. Und Du freust Dich wirklich?“
Er zog sie in seine Arme. „Aber ja, auch wenn ich niemals damit gerechnet hätte. Das wird alles verändern!“
Sonya löste sich aus seiner Umarmung, um in die Küche zu gehen. Alkohol war ab sofort tabu für sie, doch sie hatte zur Feier des Tages ein leckeres Essen vorbereitet: Pasta mit Garnelen in Weißweinsoße. Als sie vor ein paar Tagen spät abends spontan beim Italiener essen wollten, hätte Leon es gerne bestellt, doch die Küche war bereits geschlossen. Sicher würde er sich freuen, es jetzt nachholen zu können.
Als sie das Essen auf den Tisch stellte, veränderte sich sein Gesichtsausdruck.
„Fisch? Das ist lieb gemeint, aber davon wird mir schlecht.“
Erstaunt hielt sie in der Bewegung inne. „Ich dachte, Du magst Fisch? Wolltest Du es nicht erst letztens bestellen?“
Langsam schüttelte er den Kopf. „Das war Till. Mein Zwillingsbruder.“