Auch Götter machen Fehler
oder was passiert, wenn überbordende Phantasie, historische Fakten, die Wikipedia und ein bisschen Bildung aus DDR-Zeiten sich in der Waschmaschine zu einer Party verabreden und jemand den Schleudergang einschaltet ...50.000 v. Chr.
Die Menschen entdecken das Feuer. Das führt zu einer schnellen Zunahme der Population, was den „Großen Alten“ es immer schwerer macht, Begegnungen mit ihnen zu vermeiden. Lange, bevor die ersten Affen von den Bäumen stiegen, wandelten sie bereits über die Erde, die auch sie hervorgebracht hatte. Doch sie verändern sie nicht, die Ehrfurcht vor der Schöpfung und jeder Art von Leben ist ihnen tief in die Gene geprägt, auch wenn das menschliche Gefühlskonzept, Mitleid, Schmerz, Furcht und Gier ihnen fremd sind. Sie können und wollen nicht um ihren Lebensraum mit der aufstrebenden, intelligenten, aber aggressiven Rasse der Menschen kämpfen und so konzentrieren sie ihr Volk auf einer Insel im Atlantik, fast genau in der Mitte zwischen Afrika und Europa, die Menschen vierzigtausend Jahre später einmal „Atlantis“ nennen werden.
7000 v. Chr.
Die Menschen beginnen, Wasserfahrzeuge zu bauen, mit denen die Hohe See befahren werden kann, Zypern, Kreta, Sardinien, Irland, und auch die Kanarischen Inseln werden besiedelt. Für die Atlantiden ist es Zeit, zu gehen. Es dauert noch vierhundert Jahre, bis ihre Zivilisation einen Zustand der Transzendenz erreicht, der ihr Bewusstsein weitestgehend unabhängig von materiellen Bedürfnissen macht. In einer letzten körperlichen Anstrengung verwischen sie alle Spuren ihrer Existenz von der Erdoberfläche. Plato datiert diesen Moment auf 6400 v. Chr. Ihre letzte Ruhestätte finden sie in den riesigen unterirdischen Höhlen der Antarktis, in denen sie ihre Aufmerksamkeit auf die weitere Befriedigung ihrer spirituellen Bedürfnisse richten und die Existenz der Menschheit und deren Entwicklung vollkommen ignorieren. Alles, was sie den Menschen hinterlassen, sind die Legenden über die „Großen Alten“, die aus einer fernen Galaxy gekommen seien – was nicht stimmt - und den Untergang von Atlantis.
1513 n. Chr.
Im Jahr fünfzehnhundertdreizehn zeichnet der osmanische General und Seefahrer Piri Reis die Küste der Antarktis. Doch er zeichnet sie mit Vegetation, die zu diesem Zeitpunkt dort nicht mehr existierte. Sie wurde ca. 4000 vor Christus unter kilometerhohen Eisschichten begraben. Weder konnte er etwas von der Vegetation wissen noch überhaupt Kenntnis haben von der Existenz des sechsten Kontinents. Dieser wurde erst dreihundert Jahre nach seinem Tod entdeckt. Außerdem weist die Karte eine sphärische Verzerrung auf, die in etwa der eines Fotos entspricht, das aus mehreren einhundert Kilometern Höhe aus dem Weltraum aufgenommen worden ist.
1945
Am 16. Juli 1945 um 5:29 Uhr explodiert auf dem Gelände der White Sands Missile Range in der Nähe der Stadt Alamogordo in New Mexico die erste von Menschen gebaute Kernwaffe „Fat Man“ mit der Wucht von 21 000 Tonnen TNT-Sprengstoff. Die tektonische Schockwelle umrundet einmal die ganze Erdkugel, in Arktis und Antarktis registrieren sie die Seismographen und selbst die unzulänglichen Sinne der Menschen nehmen noch in 160 Kilometern Entfernung die Druckwelle wahr. Der Atompilz erreicht eine Höhe von zwölf Kilometern und die Explosion gräbt einen drei Meter tiefen und über 300 Meter breiten Krater in die Wüste, in dem die Sternentemperatur der Explosion den Sand zu grünlichem Glas schmilzt, für das man den Begriff „Trinitit“ erfindet.
Doch es sind nicht nur Maschinen, die die Detonation registrieren. Die Atlantiden begreifen, dass die Menschheit den ultimativen Knüppel gefunden hat und ab diesem Moment nicht nur sich selbst, sondern auch jedes andere Leben auf der Erde vernichten kann.
Die Atlantiden müssen handeln, doch wie? Auch wenn ihre Kenntnis der kosmischen Gesetze viel weiter fortgeschritten ist als die der Menschheit, so verfügen sie längst nicht über die Macht, die die Menschen ihren Göttern zuschreiben. Die Gottgleichen sind hilflos. Ihre Ressourcen sind begrenzt, vor allem Energie ist knapp, weil sie durch die Menschen ortbare Abstrahlungen verhindern mussten. Es reichte gerade für das Überleben ihrer Art. Selbst, wenn dem nicht so wäre, verbietet ihnen ihre Ehrfurcht vor jeder Art von Leben einen direkten Eingriff. Doch ihr Bewusstsein ist mächtig und so finden sie eine Lösung.
1946
In Norwegen wird der Besitzer der größten Reederei, Magnus Ängström, wegen Kollaboration mit den deutschen Besatzern zu lebenslanger Haft verurteilt. Er überlebt nur drei Monate im Gefängnis. Sein Sohn Bengt schwört Rache.
1947
Mit den Truman-Doktrinen beginnt der Kalte Krieg zwischen den Ost- und Westmächten auf der Erde. Beide Blöcke rüsten auf und das Konzept der atomaren Abschreckung führt zu einer forcierten Entwicklung und Produktion von Kernwaffen.
1952
Bengt Ängström hat sich mit absoluter Skrupellosigkeit das Reederei-Imperium seines Vaters zurückgeholt. Er wird Vater eines Sohnes und nennt ihn „Ruud“.
1955
Die Sowjetunion führt ihre erste Antarktisexpedition durch. Die Entbehrungen, die die Expeditionsmitglieder ertragen müssen, sind unmenschlich und niemand wundert sich darüber, dass ausgerechnet der Expeditionsarzt Vitali Loginow am schlimmsten unter Wahnvorstellungen leidet. Trotzdem wird die Expedition ein Erfolg, alle kehren zurück und Vitali Loginow beginnt mit der Erforschung eines Medikaments, von dem er glaubt, dass es die sowjetischen Menschen empathischer gegenüber ihren Mitmenschen machen und ihre Aggressivität verringern kann. Die Idee dazu ist ihm in der Antarktis gekommen.
1957
Das sowjetische Militär interessiert sich für die Forschungen des Arztes. Als er sich weigert, die Ergebnisse offenzulegen, wird er dazu gezwungen.
1958
Loginow muss mit ansehen, wie Militärwissenschaftler mit Hilfe seiner Grundlagenforschungen die Büchse der Pandora öffnen und statt des erhofften Medikaments eine bio-chemische Waffe erschaffen. Noch während ein erster Prototyp unter einem strategischen Bomber TU-85 in der Luft ist, sabotiert Loginow die Sicherheitssysteme des Labors. Es kommt zu einem Ausbruch, bei dem nicht nur er selbst stirbt, sondern auch ein großer Teil der Wissenschaftler und der Bewohner der angrenzenden Siedlung. Auch das Flugzeug stürzt durch ein technisches Versagen über der Ostsee ab und trotz intensivster Suche durch die Angehörigen der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland und von Marinetauchern der Nationalen Volksarmee der DDR wird nur der Bomber gefunden, nicht jedoch die Waffe. Die sowjetische Regierung stellt das Projekt ein, lässt alle Forschungsunterlagen beseitigen und auch die überlebenden Wissenschaftler und ihre Familien. Nur dem stellvertretendem Laborleiter, einem Onkologen, gelingt die Flucht nach Norwegen. Er kommt in Oslo in einem Werftkrankenhaus des Ängström-Konzerns unter.
1960
Die Wissenschaftler der NASA untersuchen die Karte des Piri Reis und bestätigen, dass die Karte nicht nur echt, sondern auch erstaunlich genau ist. Damit rückt die Karte in den Blickpunkt der Presse und Spekulation werden laut über Außerirdische, die sie gezeichnet haben sollen.
1965
Neunzehnhundertfǘnfundsechzig stellt Sergej Rachmantikow, ein junger sowjetischer Astrophysiker, auf einem Wissenschaftssymposium fest: „Wissenschaft ist nicht, auf alles eine Antwort zu haben. Wissenschaft ist, die richtigen Fragen zu stellen, selbst dann, wenn sie unpopulär sind. Eine solche Frage ist: Auf welcher Erde leben wir? Weil sie die dahinterstehende Vermutung impliziert, dass es mehr als eine geben könnte.“
Er wird ausgelacht.
1966
Bengt Ängström stellt seinem Sohn Ruud an dessen vierzehnten Geburtstag Marit Raikkaanen vor. Sie hat den Auftrag, Ruud in seinem Sinne zu erziehen und jedes menschliche Gefühl, dass Ruud auf dem Weg zur Macht behindern könnte, abzutöten. Drei Monate später vergeht sie sich das erste Mal an dem Jungen.
1970
Marit Raikkaanen beendet die Ausbildung von Ruud Ängström. Bengt Ängström lässt sie auf dem Weg zu dem Schiff, das sie in die USA bringen soll, töten, weil sie zu viel Familiengeheimnisse kennt. Es ist der Moment, in dem Ruud beginnt, seinen Vater endgültig zu hassen, weil der ihn die Frau, die ihn vier Jahre lang emotional gefoltert und missbraucht hat, nicht selbst umbringen lässt. Hass und Ehrgeiz sind die beiden bestimmenden Gefühle, die Marit nach diesen vier Jahren noch in ihm übrig gelassen hat. Er beschließt, nicht nur seinen Vater zu töten, wenn er ihn nicht mehr benötigt, sondern auch sich später an der Tochter Marits in gleicher Weise zu rächen.
1974
Ruud Ängström tötet seinen Vater und übernimmt dessen Reederei, Vermögen und Beziehungen. Er ist erst zweiundzwanzig Jahre alt.
1975
Sergej Rachmantikow schlägt seinen Widersachern eine wissenschaftliche Arbeit um die Ohren, in der er selbst unwiderlegbar die Antwort auf seine Frage gibt: "Alles, was ist, oszilliert in Zeit und Raum, sogar Universen. So bilden sie ein Multiversum, in dem die Existenzausprägungen der Sterne, Planeten, ja sogar jedes Elementarteilchens und Energiepartikels im gleichen Raum zur gleichen Zeit existieren können, aber nicht müssen und die Anzahl dieser Ausprägungen ist indirekt proportional zur Schwingungsfrequenz dieses Multiversums. Was wiederum bedeutet, dass die Anzahl der Erden berechenbar ist, wenn es, gelingt diese Schwingungsfrequenz zu berechnen. In jedem Fall ist sie größer als eins. Oder anders gesagt: Wir sind definitiv nicht allein, schon gar nicht die einmalige, unwiederholbare Krönung der Schöpfung und unsere intelligenten Brüder und Schwestern sind keine glupschäugigen Schleimmonster, sondern Menschen wie wir. Alles, was wir tun müssen, ist das Tor zu ihnen zu finden und dieses Tor befindet sich irgendwo auf dieser unserer Erde."
Seine formelstrotzende Abhandlung ist fehlerlos und hält jeder Kritik stand. Doch es ist nur eine Theorie und sie ist erst dann bewiesen, wenn das Tor zu einer solchen Schwesterwelt entdeckt wird. Rachmantikow ist sich sicher, dass sich auf jeder dieser Erdzwillinge, die sich nicht gleich, aber ähnlich entwickelt haben, ein Tor zu ihren Zwillingswelten befindet. Doch es zu finden, muss er anderen überlassen, zwei Jahre nach Veröffentlichung seiner Theorie stirbt er an einem Herzinfarkt.
1979
Einer von denen, die davon besessen sind, dieses Tor zu finden, ist Johannes Hakonsen. Neunzehnhundertneunundsiebzig veröffentlicht der norwegische Geologe eine wissenschaftliche Abhandlung über die Plattentektonik der Erde, in der er zu der Schlussfolgerung kommt, dass sich unter der Antarktis riesige Hohlräume befinden müssen. Das wird sich 1988 bestätigen, als vier Kilometer unter der sowjetischen Antarktisstation Wostok ein über eintausend Kilometer langer Hohlraum entdeckt wird. Er wird „Lake Wostok“ genannt.
Ruud Ängström wird auf ihn aufmerksam. Der junge Erbe der größten Flotte Norwegens ist verzweifelt auf der Suche nach neuen, profitbringenden Geschäftsfeldern, um im Ringen mit der asiatischen Konkurrenz bestehen zu können. Ebenso wie Hakonsen besitzt er einen unbändigen Ehrgeiz und in der Besessenheit und dem Narzismus des Wissenschaftlers findet er einen Bruder im Geiste. Ängström stellt ihm die notwendigen Mittel für dessen Forschungen bereit und erhofft sich im Gegenzug von ihm Unterstützung bei der Erkundung und dem Abbau der vermuteten gigantischen Bodenschätze unter der Antarktis. Sowohl Hakonsen als auch Ängström interessieren sich nicht dafür, dass es einen Antarktissperrvertrag gibt, der Landbesitznahme, kommerzielle Erkundung und Ausbeutung der Antarktis verbieten. Beide wissen, dass der Sperrvertrag in einigen Jahren auslaufen und dann der Run auf die Schätze des sechsten Kontinents beginnen wird, bei dem nur noch das Recht des Stärkeren zählen wird. Darüber, welche Bedeutung eine intakte Antarktis für das Klima der Erde hat, und das ihre ökonomische Erschließung und Ausbeutung sie zerstören würde, machen sich beide keine Gedanken.
1980 – Sven und Christian
Sven Oldenburg, der Vater von Christian Oldenburg, ist studierter Geologe, spricht fließend norwegisch, schwedisch und hat sich auf die Geologie der Nordhalbkugel spezialisiert. Sein Sohn Christian ist hochintelligent, kann den Inhalt ganzer Bibliotheken aus dem Kopf zitieren, ist jedoch zutiefst verschlossen und leidet seit seiner Geburt unter einer Kommunikationsstörung (Asperger Syndrom?) und Wutanfällen, die sich noch verschlimmern, als seine Mutter an einer zu spät diagnostizierten Blinddarmentzündung stirbt. Als er neunzehnhundertachtzig im Alter von zwölf Jahren zwei Klassenkameraden ins Krankenhaus prügelt und einer von ihnen stirbt, sieht Major Müller, Führungsoffizier in der Abteilung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, eine Chance. Er bietet Sven einen Deal an – Christian kann straffrei ausgehen, wenn Sven dafür als Mitarbeiter der Botschaft der DDR in Oslo für die Stasi spioniert. Außerdem glaubt Müller, in Christian einen geborenen Killer gefunden zu haben, und will ihn ausbilden. Sven geht aus Liebe zu seinem Sohn den Handel ein und Müller bekommt beide in die Fänge. Sven arbeitet für die Botschaft in Oslo und Christian wird ab dem 13 Lebensjahr gedrillt und mit 18 zu den Kampfschwimmern geschickt.
1983
Ruud Ängström weitet die Geschäftsfelder seines Konzerns aus und der aus der Sowjetunion geflohene Wissenschaftler wird der Leiter von Ängström Pharmaceuticals, einem bio-chemischen Forschungslabor an der Küste der Antarktis, das sich Ängström zu großen Teilen vom Militär finanzieren lässt. Ängström hat ein konkretes Ziel: Er will die Waffe, die in der Sowjetunion nicht zu Ende entwickelt wurde, für sich. Sie soll ihm helfen, unerkannt Widersacher zu beseitigen. Mittlerweile geht es ihm nicht mehr nur um das Ausschalten der Konkurrenz für seine Flotte. Er denkt größer, in globalem Maßstab.
Die Atlantiden müssen handeln. Sie waren es, die Valeri Loginow die Idee für diese Waffe eingegeben haben, die eigentlich ein Medikament sein sollte und haben damit erst die Büchse der Pandora für die Menschen geöffnet. Gelingt das, was Ängström vor hat, so haben sie der Menschheit Schlimmeres angetan, als es selbst eine Kernwaffe tun könnte.
Sie entschließen sich zu einem Kompromiss, wenn es aus menschlicher Sicht auch ein ziemlich fauler ist: Sie werden nicht selbst aktiv, sondern erschaffen Johanna, dem Aussehen nach ein Mensch, geben sie ihr all ihr Wissen mit und einen Auftrag: Um jeden Preis die Entwicklung des Kampfstoffes bei Ängström Pharmaceuticals zu sabotieren. Und wieder machen die Atlantiden einen Fehler und. Sie haben ihr ein Gen mitgegeben, das sie selbst, aber nicht die Menschen besitzen und das dafür verantwortlich ist, dass sie in den alten Legenden auch als „Zeitensegler“ auftauchen; als die, die den Strom der Zeit aufwärts segeln, sich an die Zukunft erinnern und von der Vergangenheit träumen. Natürlich konnten sie nie die Zukunft vorhersagen, doch bestimmte Aspekte der Zukunft manifestieren sich in der Gegenwart und sie sind immer an große Personen gebunden. Historische Persönlichkeiten nennt man sie und die Menschen erkennen sie erst dann, wenn sie bereits gestorben sind, manchmal nicht mal dann. Doch das Licht, mit dem solche Menschen bereits vor ihrer Geburt wie Leuchtfeuer den dunklen Ozean ihrer zukünftigen Zeit überstrahlen, konnten die alten Atlantiden noch sehen. Als sie in die Antarktis umsiedelten, ist ihnen diese Fähigkeit verloren gegangen.
Dann löschen sie jede Erinnerung an ihre Herkunft in ihr und sie macht sich auf den Weg aus den Tiefen der Antarktis. Mit ihrer überlegenen Intelligenz findet sie tatsächlich einen Zugang zu Ängström Pharmaceuticals als Wissenschaftlerin und Ärztin. In den Jahren, die sie dazu benötigt, bereiten sich die Atlantiden auf die Verteidigung ihrer letzten Zuflucht in der Antarktis vor.
Sie ahnen nicht, dass es ausgerechnet ein Mensch sein wird, der sie vor den Menschen rettet.
1988
Am vierundzwanzigsten November 1988 kommt es dreizehn Seemeilen nördlich der Küste von Warnemünde zu einem gigantischen Fischsterben in der Ostsee. Der Vorfall erregt internationale Aufmerksamkeit und Boote von Green Peace sind unterwegs. Die Marine der DDR handelt schnell und stößt bei der Suche nach dem Grund auf eine vermeintliche Fliegerbombe am Meeresboden. Ein Trupp Kampfschwimmer, die handverlesene Elite der nationalen Volksarmee der DDR, geht ins Wasser und der Truppführer ist Christian Oldenburg.
Gerade als sie das Ziel erreicht haben, erhält ihr Kommandeur einen Funkspruch vom Oberkommandierenden der Marine persönlich mit dem Befehl zum sofortigen Abbruch. Korvettenkapitän Elsner kann seine Männer unter Wasser nicht erreichen, da sie Funkstille halten (sie operieren außerhalb der Zwölfmeilenzone in internationalen Gewässern, was ihnen offiziell verboten ist). Er lässt das Schnellboot mit voller Kraft den Einsatzort ansteuern, hoffend, dass seine Männer die hochfrequenten Schraubengeräusche hören. Das tun sie auch und als Christian Oldenburg den Abbruch befiehlt, berührt einer der Froschmänner im Abdrehen mit seiner Schwimmflosse die Waffe. Niemand weiß, dass es die Waffe ist, die die sowjetische TU-85 1958 verloren hat, bevor sie über der Ostsee abgestürzt ist.
Die Waffe gibt dass, was noch von ihrer Ladung übrig ist, frei und kontaminiert die beiden Kampftaucher, die ihr am nächsten sind. Es dauert nur Sekunden, bis der Kampfstoff wirkt und beide Kampftaucher auf den weiter entfernt sichernden Christian Oldenburg zurasen und ihn angreifen. Obwohl sie ihn schwer verletzen, kann er sie töten. Er taucht auf, schafft es noch ins Schnellboot, dann bricht er zusammen und wird in das Militärlazarett nach Bad Saarow bei Berlin gebracht. Obwohl keiner der Stiche in seinem Körper lebensgefährlich ist, verfällt er dort von Tag zu Tag mehr. Die Ärzte vermuten das Evans-Syndrom, sind sich aber nicht sicher. Sein Immunsystem ist zusammengebrochen, zerstört statt Krankheitserregern die eigenen roten Blutplättchen und niemand weiß, warum. Wenn der Prozess fortschreitet, werden irgendwann die Organe versagen, weil das Blut nicht mehr genug Sauerstoff zu ihnen transportieren kann.
Es ist blanker Zufall, dass in dem Moment, als das Schnellboot Elsners die Hoheitsgewässer der DDR verlässt, es den Kurs eines norwegischen Frachters kreuzt. Die Besatzung beobachtet, wie Christian Oldenburg mehr tot als lebendig aus dem Wasser gezogen wird und bietet sogar Hilfe an, doch Elsner lehnt ab. Der Kapitän des Frachters hat vor seiner Zivilkarriere bei der norwegischen Marine gedient und der Vorfall ist ihm mysteriös genug, Oslo darüber per Funk zu informieren.
Als der sowjetische Wissenschaftler nach der Katastrophe in dem sowjetischen Labor nach Norwegen floh, ist er vom dortigen Geheimdienst ausgefragt worden und die Ostsee ist nicht groß genug, als dass nicht alle Anrainerstaaten argwöhnisch beobachten, was dort vor sich geht. Der norwegische Nachrichtendienst prüft die Koordinaten, hat eine Vermutung und erteilt einen Auftrag an einer seiner Agenten in der DDR, Informationen zu beschaffen. Der findet jedoch nur heraus, dass es einen schweren Unterwasserunfall gegeben hat und der einzige Überlebende unter strengster Geheimhaltung in ein Militärlazarett gebracht wurde.
Auch Ruud Ängström erfährt durch seine Beziehungen zum Militär davon und von der Wahrscheinlichkeit, dass jemand den Einsatz von X-44 (das war der Codename für den sowjetischen Kampfstoff) überlebt hat. Es ist genau das, was Ängström unbedingt braucht, denn er hat ein Problem – die Forschungen in seinem Bio-Waffen-Labor kommen nicht voran. Immer, wenn sie glauben, einen Zugang zur Steuerung des menschlichen Gehirns gefunden zu haben, erweist er sich als Sackgasse. Dass Johanna dahintersteckt, ahnt niemand. Doch Johanna hat noch mehr getan – ihre Intelligenz und ihr Forscherdrang haben sie in aller Heimlichkeit ein Gegenmittel entwickeln lassen.
Für Ängström ist klar, dass in Bad Saarow der einzige Mensch liegt, der je den Angriff von X-44 überlebt hat und dass sein Blut ihnen wichtige Hinweise geben kann. Ausgerechnet Johanna wird beauftragt, mit Hilfe eines norwegischen Agenten in Berlin eine Blutprobe von Christian Oldenburg zu beschaffen.
Nach dem Vorfall in der Ostsee wird Sven in Oslo informiert, er kommt zurück nach Berlin und wird von Müller abgeholt. Müller war es auch, der den Abbruchbefehl an Korvettenkapitän Elsner hatte funken lassen. Denn Müller hat ein riesiges Problem: Ost und West stecken mitten in Abrüstungsverhandlungen. Würde die Tatsache bekannt, dass die Sowjetunion in den fünfziger Jahren eine Massenvernichtungswaffe entwickeln ließ, die gegen jede Charta verstieß, würde das eine politische Katastrophe auslösen. Der einzige Zeuge dafür ist Christian, und wenn er redet, kann dass sogar zu einem Krieg zwischen Ost und West führen. Müller weiß, dass der Arm des KGB lang ist und dass das, was die Stasi weiß, auch bald in den Akten des KGB auftaucht. Das wiederum bedeutet, dass Christian nicht nur durch seine Vergiftung in Lebensgefahr schwebt, sondern auch mit einem Attentat des KGB zu rechnen ist. Es könnte Müller egal sein, aber er ist ehrgeizig und er will Christians Wissen als persönliches Druckmittel gegen die sowjetischen Genossen im Interesse seiner eigenen Zukunft. Außerdem hat er viel Mühe in den Aufbau der Oldenburgs als Agenten investiert und deshalb will er beide nicht verlieren.
Er holt Sven vom Flughafen in Berlin ab, erzählt ihm nur die halbe Wahrheit über Christian und auch nicht, dass er Christian hat unter Schlafmittel setzen lassen, damit er nicht mit seinem Vater reden kann, bevor ihn ein Psychologe „bearbeitet“ und zum Schweigen veranlasst hat.
Niemand weiß, dass Johanna sich zu diesem Zeitpunkt bereits mit Hilfe eines Passierscheins, den sie eben diesem Psychologen gestohlen hat, Zugang zu Christian verschafft hat, denn er liegt in der „geschlossenen“ Abteilung des Lazaretts, in der Militärstraftäter behandelt werden. Etwas veranlasst sie, ihm den Schweiß von der Stirn zu wischen, bevor sie ihm das Gegenmittel gibt. Dabei berührt sie ihn, ihr Zeitgen wird aktiv und sie begreift, dass Christian ein Leuchtfeuer sein wird; dass Hakonsen und Ängström bei ihrer Suche nach dem Tor zwischen den Welten die Antarktis zerstören werden, dass Ängström mit Hilfe des dann tatsächlich funktionierenden Kampfstoffs - er wird ihn Perverdrin nennen – ein Imperium aus Geld und Macht errichten wird und das Christian Oldenburg der einzige Mensch sein wird, der die beiden aufhalten kann. Aber sie sieht auch, was dafür aus ihm werden muss und wäre sie als ein Mensch geboren, hätte sie ihn jetzt sterben lassen, um das zu verhindern. Doch Gefühle kennt sie nicht. Noch nicht ... und so injiziert sie ihm das Gegenmittel, wissend, dass sein und ihr Schicksal ab jetzt untrennbar miteinander verbunden sind.
Wenn in sieben Jahren alle Kapitel nicht nur ein- , sondern dreimal oder viermal geschrieben sind und trotz aller Besessenheit sie nicht zusammenpassen, kann man das ganze Projekt in die Ecke schmeißen, wie ich es Anfang des Jahres tun wollte. Oder man sucht nach Gründen, zum Beispiel, dass ein Anfänger sich keinen phantastischen, romantischen Thriller vornehmen sollte, der über dreißig Jahre geht und über einhundert Prota- und Antagonisten hat.
Oder man sucht nach dem wirklichen Grund und der ist ein bisschen versteckt hinter der Freude am Schreiben und Fantasieren und erklärtem Willen zum Perfektionismus: mangelnde Professionalität. Ich habe mich nie getraut, einen Plot zu schreiben und es hat all die Jahre gedauert, zu verstehen, warum er genau hier unabdingbar ist. Weil zu oft der „unbekannte Mann durch die vorher nicht dagewesene Tür kommt und das Kaninchen als letzter Ausweg aus dem Hut gezaubert werden muss, weil die Fäden nicht zusammenpassen. Offenbar gibt es einen Grund, warum man sich Gedanken über die Lebensläufe seiner Helden machen sollte, über die Zeit, in der die Geschichte spielt und über die Umgebung. Weil sonst nichts passt ...
Nun, ich habe vor einigen Tagen einen nicht sehr freundlichen Hinweis bekommen - einige glauben tatsächlich, er wäre gütig und hätte einen langen, weißen Bart - dass ich dann doch vielleicht nicht mehr so viel Zeit zum Rumspielen habe, wie ich dachte. Andererseits hat jeder Taler immer zwei Seiten und die gute ist in diesem Fall, dass ich in der verbleibenden Zeit das tun kann, was mir wirklich wichtig ist. Heißt, Ihr habt mich und meine Schreibe, wahrscheinlich auch meine Kritik, wieder auf dem Hals.