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Another Day

Another Day
Another Day

Staring out of my window
Thinkin' 'bout tomorrow
Wishing things would clear

Er starrte aus dem Bürofenster. Der Regen lief in Rinnsalen die Scheiben entlang, die Tropfen sammelten sich in kleinen Bächen, die sich einten und wieder trennten, irgendwelchen physikalischen Gesätzmäßigkeiten folgend. Der Schwerkraft nach unten auf jeden Fall.
Diese Schwerkraft fühlte auch er – so stark, dass er sich in seiner Mattigkeit am liebsten auf den kratzigen Teppichboden gelegt hätte. Er war ausgehölt – von Schlaflosigkeit, seinen immerwiederkehrenden Gedanken und von Sehnsucht. Seit er sie verlassen hatte – oder sie ihn, wer konnte das nach wochenlangem Nachdenken noch unterscheiden? – waren seine Tage alle gleich.
Er träumte von ihr, erwachte mit dem Gedanken an sie, wälzte den ganzen Tag Erinnerungen, besuchte abends die Orte, an denen sie gemeinsam gewesen waren, in der Hoffnung, sie vielleicht zu sehen, und gleichzeitig fürchtend, sie fröhlich oder in der Begleitung eines Mannes zu treffen. Dann ging er nach Hause, in seine leere Wohnung und legte sich voll Sehnsucht ins Bett. Und schlief nicht. Sondern fuhr weiter im Gedankenkarussel.

And sometimes when the night is slow,
The wretched and the meek,
We gather up our hearts and go,
A Thousand Kisses Deep.


Confined to sex, we pressed against
The limits of the sea:
I saw there were no oceans left
For scavengers like me.


In anderen schlaflosen Nächten war er durch die Kneipen gezogen, auch ohne sie, aber damals gerne. Auf der Suche nach Zerstreuung, Abenteuern, nach Lust – und vielleicht einer besseren Liebe. Denn die zu ihr hatte er klein geredet. In sich und erst recht vor anderen. Seine Sehnsucht hatte er verdrängt oder in andere Bahnen gelenkt. Er wollte sich nie wieder nach einer Frau sehnen. Das hatte ihn vor vielen Jahren eine andere gelehrt. Jetzt wollte er ersehnt werden, begehrt und geliebt; das tat ihm gut. Das heilte seine alten Wunden. Dafür war sie ihm immer recht gewesen. Und die anderen, die er sich neben ihr hielt.

My love for you is etched
Forever in my memory
Now I realize that life goes on
Even though you're not here with me
I wake up looking forward to another day
A day of living without you
Just another day


Wenn er mit ihr zusammen war, war es immer schön gewesen. So viel hatte er erkennen können, müssen. Er hatte sich an den Abenden und Wochenenden immer wohl gefühlt in ihrer Gegenwart. Sie hatte es ihm aber auch leicht gemacht. Ihre Tränen für sich behalten. Dafür viel gelacht. Und ihn zum Lachen gebracht. Sie hatte nie gefragt, nie gedrängt und nichts gefordert, schien mit jedem Brocken, den er ihr gab, zufrieden. Oft war er nachts neben ihr gelegen und hatte sich gefragt, ob er sie nicht lieben könne. Mit all der Macht, mit der er früher zu lieben fähig gewesen war. Dann war ein großes Nein in ihm aufgestiegen. Nicht sie.
Dann legte er sich hin und schlief.
Aber mit der Zeit war eine immer größere Leere in ihm entstanden. Immer öfter war es ihm egal, wie seine Abende oder Wochenenden verlaufen würden. Ob mit ihr oder ohne sie, oder mit einer anderen – über allem lag der gleiche schale Geschmack. Eine gewisse Schwermut und die Frage WARUM waren zu seinen ständigen Begleitern geworden. Und so war es dann zu einer finalen Aussprache gekommen, in der er ihr klar machte, dass er sie nicht liebe und dass sie ihn nicht wirklich glücklich machen könne. Sie hatte es erstaunlich gefasst aufgenommen. So hatten sie sich getrennt.

Sometimes I tell myself
I'm better off without you
And then I have to face the emptiness
I feel inside without you


Zu seiner Verwunderung wurde ihm nicht leichter ums Herz. Im Gegenteil, er bekam erst einmal eine gehörige Magen- Darm-Verstimmung. Es schien, als ob sich aus seinem Inneren viel Altes lösen müsste. Und eine völlig irationale Eifersucht fuhr mit kaltem Griff durch seine Eingeweide. Eine panische Angst, sie könne sich in jemand anderen verlieben. Die hatte er vorher nie gefühlt.
War es nur sein angeknackstes Ego? Der Umstand, dass sie nicht schrieb oder anrief, nicht heulend vor seiner Tür stand, kränkte ihn auf jeden Fall.
War es nur Gewohnheit, dass er sie vermisste? Immer wieder versuchte er zu ergründen, wie seine Zuneigung beschaffen war. Er hatte sie als Kameradin gesehen und auch der Sex mit ihr war gut gewesen. Aber er hatte das ständige Gefühl gehabt, dass sie ihn nicht wirklich berührte. Er wollte nicht mit ihr in Urlaub fahren, nicht mit ihr zusammen ziehen, erst recht keine Kinder mit ihr zeugen – ja, eigentlich hatte ihn nicht einmal interessiert, was sie fühlte oder dachte.

And quiet is the thought of you
The file on you complete,
Except what we forgot to do,
A Thousand Kisses Deep.


Und während er den rinnenden Tropfen zusah, empfand er die ungeheuere Leichtfertigkeit, mit der er sie in seinem Leben, an seiner Seite hingenommen hatte. Und schämte sich dafür. Das hatte kein Mensch, keine Frau und erst recht nicht sie, verdient. Lange war er stolz gewesen, ihr nichts vorgemacht zu haben. Nicht mehr als da war gezeigt hatte. Jetzt begriff er, dass er das sehr wohl getan hatte. Er hatte ihr vorgemacht, dass er sie nicht liebte. Dabei war es Liebe. Jetzt empfand er sie plötzlich als „seine Frau“. Nie zuvor hatten sich diese Worte in ihm geformt.

I need a way
to find the truth within me
Accept the fact that I love you




Liedtexte von:
Jackson Brown: A Thousand Kisses Deep
Buckshot LeFonque: Another Day

©tangocleo 2009
@cleo
.........mir bleibt jedes Wort im Halse stecken....das berührt sehr, sehr tief.

danke *bussi*
Nio**
Profilbild
****ia Frau
22.263 Beiträge
Diese Geschichte hat mich sehr berührt.
Weil sie mir so bekannt vorkommt.
Danke, Cleo!
*blumenschenk*
Rhabia
Danke Cleo
eine wunderbare einfühlsame Geschichte, die unter die Haut geht, die das Herz angreift.

ev

PS
irationale
bitte ein r dazwischen schieben.
********ride Frau
1.212 Beiträge
So schön
kann Übersetzung, Interpretation Texte näher bringen, die wir manchmal - ohne richtig zuzuhören - einfach mit der Musik konsumieren.

Meine ersten Englisch Stunden - vor langer Zeit im Gymnasium - hat meine damalige Lehrerin mit Übersetzung der Songs der späten 60ern bespickt.
Danke Ms.Esther! Nichts hat mich im lernen mehr weitergebracht, als diese Idee!
eyes002
******ace Mann
15.981 Beiträge
Gruppen-Mod 
The seventh Seal
And when the lamb opened the
next two seals,
We saw the souls,
We saw the martyrs,
we heared them crying,
We heared them shouting,
They were dressed in white,
They'd been told to wait

The sun was black,
the moon was red,
the stars were falling,
the earth was trembling
And then the crowed
impossible to number
carrying flowers,
shouted amid
the hotless sun
the lightless moon
the windless earth
the colourless sky:
"How much longer will we suffer
from hunger?
How much longer will we suffer
from thirst?"

And when the lamb opened the seventh seal,
silence covered the sky


aus: 666 von Aphrodite´s Child ( Vangelis)

Die rinnenden Tropfen.... das Siebente Siegel.... ich habe alles verstanden. Und es macht mir Angst, DASS ich es verstanden habe.

Tom
wow
was für ein feedback... ich danke euch!

@ ghostface
ich hoffe, mit der Geschichte dazu beizutragen, dass ES keine Angst mehr macht! :-)... fast möchte ich sagen, es ist unsere einzige Chance, keine Angst vor der Liebe mehr zu haben - sonst werden wir sie nie verstehen!
Profilbild
****ia Frau
22.263 Beiträge
Cleo, müssen wir die Liebe unbedingt verstehen?
Reicht es nicht, sie einfach zu fühlen?
Und zu leben...

LG
Rhabia
:-))).. ich denke, das wäre genau die richtige Art sie zu "verstehen"... nicht fragen zweifeln, sondern tun.
Reicht es nicht, sie einfach zu fühlen?
Und zu leben...

ich glaube, dazu muss man sie verstehen *zwinker*
*******wler Mann
31 Beiträge
Ein klein wenig gerührt, an Zeiten erinnert, in denen auch bei uns alles anders war als jetzt, aber.... der Ausgang unserer Geschichte ist gleich.. I love you sagen wir nach wie vor zu uns!!

Danke für die Worte.. man könnte meinen Du wärst er!!!
Profilbild
****ia Frau
22.263 Beiträge
@Niobe
Muss ein Kind die Liebe verstehen, um sie zu fühlen?
Nein, es gibt sich dem Gefühl nur einfach hin.
Und vielleicht ist dass das, was wir mal wieder versuchen sollten,
in der Liebe wieder wie ein Kind zu werden.
Ohne alles zu hinterfragen und zu analysieren.
Einfach ohne Vorbehalt tun!
Ja, ich weiß, dazu gehört eine Menge Mut.
Aber es wäre doch lohnenswert, oder?
@Rhabia
bei Kindern versteht sich die Liebe von selbst, sicher, aber im Laufe des Lebens vergessen wir leider immer mehr von diesen Dingen, irgendwann fangen die meisten Menschen an, sich zurückzubesinnen, zu erinnern...zu verstehen...ich glaube, wir meinen im Grunde dasselbe.

*wink* Nio**
Die Liebe verstehen, heißt nicht, sie zu >durchschauen< und ihr Geheimnis zu enthüllen; so als beugte man sich über einen Gegenstand, um ihn zu enträtseln und seine Funktion zu entschlüsseln. Es ist andersherum: Wir leben in Funktion der Liebe. Wenn unser Leben >funktioniert<, dann lieben wir auch. Das ist für mich ein wunderbar schlichter Grundsatz, der eigentlich sagt, wir Menschen gehören zusammen und nicht allein.

Der Mann aus dem Text hat bis zur Trennung versucht, sich allein zu machen, und das hat er mit Freiheit verwechselt. Das ging ganz gut; sie war ja da, und sie hat ihn darin unterstützt, indem sie keine Forderungen gestellt hat. Gehörn ja immer zwei dazu, ne? Als er dann allein war, spürte er, daß es (er) nicht funktioniert.

Es ist interessant, zu sehen, daß du dich vornehmlich mit der Vorstellungs- und Gefühlswelt von männlichen Figuren beschäftigst, wenn es um Beziehungs- oder einfacher gesagt; um Fragen des Lebens geht (und darum geht es bei deinen Texten ja fast immer).
Und vielleicht ist dass das, was wir mal wieder versuchen sollten,
in der Liebe wieder wie ein Kind zu werden.
Ohne alles zu hinterfragen und zu analysieren.
Einfach ohne Vorbehalt tun!

Ich denke, das geht nur, wenn man sich gewisse Ziele aus dem Kopf schlägt. Zum Beispiel das Ziel, mit demjenigen glücklich zu werden. Oder dasjenige, mit ihm alt zu werden. Alles, was weit über den sicht- und fühlbaren Horizont hinausgeht, hat mit dem hier und jetzt viel zu wenig zu tun, um nicht zu sagen, gar nichts. Und so waren wir auch als Kinder, wenn es gut lief. Wir haben uns keinen Kopf um Morgen gemacht. Wir haben uns einen Kopf, und vor allem ein Herz, um das Heute gemacht. Herrlich!
@soma
spannende Beobachtung - wann und wie oft ich "als Mann" schreibe... :-))

mag sein, dass mir mehr Männer ihr "Herz ausschütten" als Frauen (wie in diesem Fall)...
mag sein, dass ich so mehr Distanz zu meinen Texten bekomme...
mir fällt auch gerade auf, daß einige frauen sehr berührt sind und sehr gut verstehen usw. (betonung auf frauen). ist das nicht eigentümlich? die entsprechenden männer haben sich ihnen gegenüber wahrscheinlich nicht in dieser offenheit gezeigt; das nehme ich jedenfalls an. das gegenteil fänd ich sehr außergewöhnlich. sie müssen sich also selbst diesen reim darauf gemacht haben
wie immer denke ich ja, dass Männer ebenso differenziert fühlen wie Frauen.
Dass sie es seltener formulieren können, wollen, scheint aber Fakt zu sein.
deshalb ist es interessant, daß die genannten bekundungen spontan eingehen. die frauen machen sich einen reim, sie interpretieren und machen sich ein bild.
ich möchte einen Satz hervorheben (und seine Bedeutung):
Sie hatte es ihm aber auch leicht gemacht.
Auch bei der weiblichen Mitspielerin scheint eine gewisse Sprachlosigkeit nicht unentscheidend für den fatalen Verlauf gewesen zu sein!
bitte kein missverstehen. ich habe selbst gesagt, >Das ging ganz gut; sie war ja da, und sie hat ihn darin unterstützt, indem sie keine Forderungen gestellt hat.<

es geht mir um das vermeintliche wissen, ein wissen aufgrund von annahmen und mutmaßungen. einerseits wird männern schweigsamkeit und wenig interesse an verbaler auseinandersetzung attestiert, andererseits wissen frauen genau, wie sie ticken. das müssen sie irgendwo herhaben, wenn nicht von ihren männern selbst.
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ein berührender und sehr interessanter Text.

Und es ist schon erstaunlich: Wenn Frauen hin und wieder besser beschreiben können, was in uns Männern vor sich geht - warum haben sie dann eigentlich so oft Probleme mit uns?

Mir scheint, du kennst die Seele vieler Männer besser als sie selbst, liebe Cleo!

(Der Antaghar)
@*****har
lach... vielleicht tu ich das manchmal - hilft aber im Beziehungswust nicht wirklich!
liebste Cleo,
auch ich bin ein Gegenüberversteher.
Genau das war bei mir immer das Problem.
Wie fühlen wir uns bei einem Partner, der uns uns besser erklären kann, als wir selbst. Zum Davonrennen! Da geht jede lebendige Spannung verloren.
Wie in deiner ausgezeichneten Geschichte.
Ich weiß mittlerweile, dass ich dadurch grausamer war, als meine scheinbar egoistische unreife Partnerin.
Ich hab ihr damit kein Gegenüber geboten, hab ihr vermittelt Täterin zu sein, hab sie in Schuldgefühle getrieben.
Das hält die stärkste Liebe nicht aus.
Ausserdem musste ich mich als Opfer und Frauenversteher nicht mit meinem Müll beschäftigen.
Das war ein ziemliches Eigentor.

*headcrash*laf
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
@ olove
Wie wahr ... Da hast du scheinbar gelassen ein paar sehr wesentliche Dinge gesagt - äh, geschrieben!

Wir vom Feminismus verschreckten und sozpäd-verklärten Männer stellen uns manchmal schon ziemlich unmännlich an. Das hab ich auch schmerzlich erfahren müssen und vor ein paar Jahren endlich überwunden.

Lieber spät als gar nicht ...

(Der Antaghar)
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