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Drachenlied

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****ia Frau
22.263 Beiträge
Themenersteller 
Drachenlied
Teil I


Es war vollbracht.
Ich begrub meine Lieben nach der Tradition meiner Ahninnen. Jeder der drei Leichen gab ich, zum Schutz vor bösen Geistern, ein paar Holunderzweige mit ins Grab und nachdem mein Mann und meine Kinder mit Erde bedeckt ihre letzte Ruhe gefunden hatten, pflanzte ich zum Zeichen unserer Liebe drei Rosen von verschiedenen Farben auf ihr Grab. Drei Tage und drei Nächte verbrachte ich an dieser Stätte, um ihren Seelen das letzte Geleit zu geben und als der vierte Morgen anbrach blieb mir nichts weiter zu tun, als mein schmales Bündel zu schnüren - denn nach dem großen Brand war mir auch an irdischem Hab und Gut fast nichts geblieben - und Abschied zu nehmen von diesem Platz, der mir einst Heim und Glück bedeutet hatte.

Ein Ziel hatte ich nicht. Alles, was ich wusste war, dass ich hier nicht länger bleiben konnte, denn jeder Hügel, jeder Strauch, und jeder kleine Bach erinnerte mich an mein vergangenes Glück. Die Trauer fraß sich immer tiefer in mein Herz und machte alles um mich herum stumpf und grau. Und so fing ich an zu gehen. Immer gerade dorthin, wohin mich meine Füße eben trugen. Ich aß, was ich an Beeren und Kräutern fand, schlief mal unter Bäumen, mal auf einem Hof, wo ich für Arbeit ein wenig Brot und Käse erhielt. Die Menschen, die ich traf, waren meist freundlich zu mir, respektierten, dass ich nicht mit ihnen sprach, und atmeten auf, wenn ich sie bald wieder verließ, denn in meiner großen Trauer war ich ihnen wohl ein wenig unheimlich.

Mein Weg führte mich in immer unwirtlicheres, bergiges Gelände. Meinen Durst stillte ich an kleinen Quellen oder lustig dahinplätschernden Bächen. Doch fand ich immer weniger Nahrung. Einen Hof hatte ich schon lange nirgends mehr gesehen.

Eines Abends zog ein Gewitter auf. Mit einem Mal war es fast Nacht und in der Dunkelheit suchte ich Schutz unter einem Felsvorsprung. Völlig durchnässt und mit klappernden Zähnen zog ich mich weiter zurück, um dem Regen zu entgehen, der erbarmungslos, wie Hagelschlag an die Felswand trommelte. Blind in der Dunkelheit tastete ich mich an den Felsen entlang. Ein Spalt tat sich vor mir auf und ich kroch auf Händen und Knien immer tiefer in den Berg.
Von Hunger, Kälte und Überanstrengung geschwächt trieb mich nur der Überlebenswille voran, bis ich irgendwann einfach liegen blieb.

Es mussten einige Stunden vergangen sein, bis ich erwachte. Zunächst wusste ich nicht, wo ich mich befand, denn Dunkelheit umgab mich. Mit einem Mal drang das rote Licht der aufgehenden Sonne durch den Felsspalt, durch den ich in der Nacht gekrochen war und zeigte mir eine Höhle. Und einen Drachen, der mich irgendwie merkwürdig musterte. Der Drache hatte goldene Schuppen, die im Morgenrot schimmerten, wie blut. Er war riesig. Jedenfalls der Teil des Drachens, den ich von meinem Blickwinkel aus, nämlich zwischen seinen Vorderbeinen, sehen konnte. Der Drache blickte mich an, mit Augen, die aussahen, wie Opale. Alle Farben der Welt schimmerten in ihnen mit einer sanften Glut. Und mit einem Mal war ich erfüllt von einer melodischen Stimme: „Eigentlich würde ich dich jetzt einfach auffressen, denn du bist hier eingedrungen, in mein Reich. Aber irgendetwas ist anders an dir.
Du hast keine Angst vor mir.“
Und er fixierte mich mit einem langen Blick. Ich weiß nicht, wie viel Zeit verging, bis er wieder zu sprechen anfing.
„Du bist so voller Trauer, dass in dir für kein anderes Gefühl mehr ein Platz ist. Nicht einmal für die Angst vor Drachen. Das ist bemerkenswert. Aber es rührt mich auch an. So will ich dich am Leben lassen, wenn du mir deine Geschichte erzählst.“

Und so erzählte ich dem Drachen mit krächzender Stimme, da ich ja seit meine Lieben von mir gegangen waren, nicht mehr gesprochen hatte. Die Geschichte von mir und von Raimund, meinem Gatten. Von unserem Leben miteinander, von unserer Liebe zueinander und von Birger, unserem Erstgeborenen und Brit, unserem kleinen Sonnenschein.
Und ich erzählte Philo, so hieß der Drache - wie ich später erfuhr -, von dem Brand, dem unser Haus, mein geliebter Gatte, mein Sohn und meine Tochter zum Opfer fielen. Und ich konnte nichts fühlen, als Trauer und Verlust. Eine Leere, die mit nichts mehr wieder anzufüllen wäre.

Da erhob sich mit einem Mal ein Rauschen, ein Summen, ein Dröhnen, dass ich die Hände auf die Ohren pressen musste. Und als ich zu Philo aufsah, erkannte ich, dass er den Kopf erhoben hatte und begonnen hatte, zu singen.

Sein Lied hatte keine Worte. Jedenfalls keine Worte, die ich hätte verstehen können. Aber ich hörte die Winterstürme, das Tirili der Lärchen auf dem Felde, das Dröhnen der Gletscher, wenn sie ins Meer brechen, das Fiepen der Mäuse, wenn sie nach ihren Jungen rufen, das Hauchen liebender Menschen, wenn sie sich vereinigen, das Knacken der Bäume, wenn die Säfte im Frühling in ihnen aufsteigen, das Brechen der Felsen, wenn der eisige Winter in sie dringt, das Singen der Wale, wenn sie sich rufen. Und ich hörte alle Lieder dieser Welt in seinem Gesang. So gefangen war ich in diesem Lied, dass ich sogar meinen Schmerz und meine Trauer vergaß und endlich, endlich bahnten sich Tränen des Glücks ihren Weg über meine Wangen.


(c) Rhabia 09/2009
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Sehr schön geschrieben, liebe Rhabia. *top*

Ich warte auf Teil 2.


Liebe Grüße
Herta
ich warte auch ....
ev
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Themenersteller 
II
II

Als Philo sein Lied beendet hatte, fühlte ich mich noch eine Weile in das Glücksgefühl eingehüllt, wie in eine warme Decke. Doch nach und nach verließ es mich wieder und die tiefe Traurigkeit, die mich gefangen hielt, seit meine Familie, seit mein Sinn den Lebens gestorben war, kehrte zurück. Alle anderen Gefühle verlassten dahinter, bis sie fast zur Gänze verschwunden waren.

Philo sah mich mit einem merkwürdigen, melancholischen Blick sehr lange an. Seine Opalaugen schimmerten dunkel und er sagte:
„Ich kann dir vielleicht helfen. Aber das werde ich nur tun, wenn du auch mir hilfst.“
In seinem Blick konnte ich nichts von der List und Tücke erkennen, die man Drachen gemeinhin nachsagt und so nickte ich nur stumm.

„Wir Drachen bekommen unsere Jungen nicht lebend, wie die Menschen. Wir legen Eier. Alle hundert Jahre nur ein einziges Ei.
Da die Menschen uns nicht wirklich kennen, fürchten sie uns und trachten uns nach dem Leben. Also verstecken wir unsere Eier tief im Inneren der Berge, damit sie nicht gefunden werden.
Auch ich brachte mein Ei in den tiefsten Winkel meiner Höhle. Jedoch zu meinem Entsetzen tat sich eine Spalte auf und das Ei rutschte hinunter in den Schlund der Erde. Und ich kann nicht hinunter, um es zurückzuholen, denn ich bin zu groß. Bald ist die Zeit des Schlüpfens gekommen und wenn mein Junges dann nicht an meiner Seite ist, wird es dort unten elendig verderben.
Mir scheint, die große Spinnerin hat dich zu mir geführt und unser beider Schicksal miteinander verwoben. Denn du bist klein genug, um durch den Spalt zu kriechen und mir mein Ei zurückzubringen. Bring mir mein Ei zurück und ich werde dir helfen!“

Die Worte des Drachens hatten mich tief berührt, konnte ich ja die Trauer um seinen Verlust nur zu gut verstehen. Und so ließ ich mich auf den Handel ein.
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Themenersteller 
III
Philo gab mir einen strahlenden Kristall mit auf meinen Weg in den Bauch der Erde, der mir leuchten sollte. Viele Stunden brauchte ich, um den langen, steil abfallenden Erdspalt hinunter zu kriechen. Und immer wieder machte sich Hoffnungslosigkeit in mir breit, denn mir schien, ich würde das Drachenei niemals finden.

Als mich schon beinah der Mut verließ, weitete sich der Spalt zu einer Höhle, die so hoch war, dass ich die Decke nicht einmal erahnen konnte. In der Mitte der Höhle wuchs ein mächtiger Baum, von dem nur der Stamm zu sehen war. Alles andere verschwand in der Dunkelheit, die auch von meinem Kristall nicht erleuchtet werden konnte. Am Fuße des Baums war ein mit Stein umfasster Brunnen zu sehen. In der Hoffnung, meinen inzwischen brennenden Durst löschen zu können, lief ich zu dem Brunnen und schaute hinein. Aber er war leer. Da hörte ich hinter mir die Stimme einer Frau, die ich beim Eintreten in die Höhle nicht bemerkt hatte. „Du wirst hier deinen Durst nicht löschen können, mein Kind. Die Quelle dieses Brunnens ist versiegt.“ Verzweifelt brach ich am Brunnenrand zusammen und weinte bittere Tränen der Trauer um meine Familie, um den Drachen, und um mich. Mit einem Mal spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, die mich zu sich umdrehte. Ich erblickte eine alte Frau, die irgendwie auch jung war. Ein warmes Lächeln lag in ihren braunen, wissenden Augen und sie zog mich sanft in ihre Arme. Die Umarmung war fest und warm und zärtlich und fühlte sich an, wie im Schoß einer liebenden Mutter geborgen zu sein. Die Frau führte mich an die dicken, knorrigen Wurzeln des Baumes, wo sie mich ins weiche Moos bettete und ich fiel in einen erschöpften, tiefen Schlaf.

Als ich erwachte und die Augen öffnete, fühlte ich mich erfrischt und munter und sah neben mir die Alte sitzen und spinnen. Sie summte ein leises Lied, das wie ein von sanftem Abendwind getragenes Wiegenlied klang. Sie bemerkte meine Bewegung, schaute zu mir herüber und sprach mich an.

„Fürchte dich nicht, mein Kind. Ich bin Jörd, die Hüterin des Baumes und der Quelle. Hier in meinem Reich kann dir kein Leid geschehen. Aber sieh, was während deines Schlafes geschah!“ Sie winkte mir, ihr zu folgen und ich erhob mich und trat mit ihr an den Rand des Brunnens. „Deine Tränen, die du geweint hast, haben die Quelle des Brunnens wieder belebt. Schau nur hinein!“
Und ich sah auf die spiegelnde Oberfläche des Wassers. Und ich sah in diesem klaren Spiegel meine Kinder und meinen Mann lachend auf Sommerwiesen herumtoben. Sah ihre glücklichen Gesichter.
„Ja, mein Kind, es geht ihnen gut, dort, wo sie jetzt sind. Und sie werden auf dich warten. Aber erst musst du dein Leben leben, bis du wieder mit ihnen vereint sein wirst.“
Ich gab mich dem Bild im Wasser noch eine Weile hin, bis ich mit einem Seufzen davon Abschied nahm und mich zu der Alten umdrehte.
„Jörd, ich habe eine Aufgabe zu vollenden, aber ich weiß nicht, wie ich das schaffen kann!“
Und ich erzählte der Frau von dem Drachen und seinem Jungen, das bald schlüpfen sollte, und dass ich das Ei nicht finden könne und auch nicht wisse, wie ich den steilen Weg zurück bewältigen solle.
„Du hast den Brunnen gefüllt, so dass ich den Weltenbaum wieder gießen kann. Also will ich dir gerne helfen. Schließe deine Augen!“
Und sie schloss mich erneut in ihre warme, vertraute Umarmung.
Als ich meine Augen wieder öffnete musste ich blinzeln, denn ein Schwindel hatte mich erfasst. Ein wenig verwirrt blickte ich um mich herum und erkannte, dass mich die Alte in Philos Höhle zurückgetragen hatte.

Der Drache lag vor mir, und seine Opalaugen glommen ein einer Farbe wie Freudenfeuer.
„Ich danke dir! Du hast mir mein Junges wieder gebracht. Und nun sollst du auch den versprochenen Lohn haben.“ Und seine Stimme klang dabei wie tausend Glöckchen.
Er holte eine Harfe hervor, die er mir in die Hände gab. Erstaunt betrachtete ich das schlichte, unverzierte, aus Eschenholz geschnitzte Instrument. Doch als meine Finger die Saiten berührten, packte mich ein unendliches Verlangen, zu spielen und zu singen.

Ich sang von Jörd, von dem Drachen, von Kinderlachen und Sommerwiesen. Und ich wurde getragen vom Klang der Harfe und von einem nie erlebten Gefühl der Zufriedenheit und des Einklangs mit mir selbst, das sich in mir und um mich herum ausbreitete, wie eine warme, violette Wolke.
Während ich, versunken in mich selbst, sang und spielte, schlüpfte der junge Drache aus seinem Ei. Er war smaragdgrün und die Augen leuchteten wie Saphire. Er lauschte meinem Lied und auch Philo fiel mit einem mal in meinen Gesang ein. So sangen wir gemeinsam das Lied des Lebens und der Neuentstehung, bis der Jungdrache wohlig schnurrend zwischen den Klauen seiner Mutter eingeschlafen war.
„Du hast ihm sein erstes Lied gegeben und deshalb sollst du meinem Kind seinen Namen geben“ sprach Philo zu mir. Eine tiefe Freude darüber erfüllte mich und ich gab dem Jungen den Namen Pandoron.

Endlich kam die Zeit des Abschieds von Philo und Pandoron. Und ich machte mich auf meinen Weg zurück in die Welt der Menschen. Nach vielen Tagen kam ich an das Grab meiner Lieben und sah, dass die Rosenstöcke in voller Blüte standen. Dankbar brach ich von jeder Rose eine Blüte ab, die ich von da an immer auf dem Herzen trug. Und ich ging meinen Weg in die Welt und brachte den Menschen Lieder von Drachen und vom Leben und wohin ich auch kam, hatten die Leute ein Lächeln in den Augen, wenn ich sang.





(c) Rhabia
Danke an meine Freundin Annette für die vielen Gespräche über die Mythologie und die Magie des Lebens
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Schön
geschrieben, liebe Rhabia. Die Hoffnung darf man wirklich nie aufgeben, denn irgendwo findet sich immer ein Fünkchen, an dem man sein Feuer wieder entfachen kann.


*top*

Herta
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
... seufz ...

Bitte mehr davon!

(Der Antaghar)
*anbet*... schöööööön...

Ich habe eigentlich kein großes Interesse an Mystik, Mittelalter, Hexen, Drachen etc...
aber durch Deine Texte... werde ich noch zum Fan *g*

*blumenschenk*
Bea
Die Drachenflüsterin
schöpft aus tiefen sprudelnden Quellen...

Wunderschön, dANKE!
manchmalauchwieausmeigepellt *bravo* laf
Profilbild
****ia Frau
22.263 Beiträge
Themenersteller 
@ All
Danke für das Lob!

@*****gar
mehr davon?
die nächste Geschichte ist schon im Kopf
allerdings muss die diesmal ohne Drachen auskommen

@***ve
das gibt dem Begriff "wie aus dem Ei gepellt" eine ganz neue Richtung

*sonne*
Anke
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