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Hautjucken

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**SK
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Themenersteller 
Hautjucken
Flockes linker Daumen schmerzte. Die scharfen Worte seines Geistesführers hatten ihn mal wieder geschnitten, als er sich mit seinen Fingerkuppen die Fußknöchel, Schienbeine, Leisten und den Rücken blutig gekratzt hatte und er nicht wusste, warum ihn das Fell gerade jetzt juckte.
„War es überhaupt ein „Ausgerechnet jetzt“? Oder war es nicht vielmehr ein gewisser Dauerzustand gewesen, den er sich nur schön geträumt und ordentlich zu Recht gelegt hatte, als es ihm noch leichtgefallen war?“, fragte er sich und zog die Stirn kraus.
Er stand inmitten einer Rabatte aus Maiglöckchen im Wintergarten seiner Heimstatt und kniete vor einem Schrein voller Schein seiner Brüder und Schwestern, als er sich immer wieder selbst geißelte, weil er es nicht mehr aushielt.
Seine Seele machte den Hummelflug bei dem Gedanken daran, dass er führungslos in der Burg seiner Ordensgemeinschaft umherirren würde und seine luftdicht abgeschottete sowie vom Leben da draußen hermetisch abgeriegelte Kemenate nicht mehr auffinden würde, wenn er die Nabelschnur zur Filterblase aus den Gedankenwelten seines Geistesführers dauerhaft kappen würde.

Flocke war ein Findelkind der Realität gewesen, dass sein halbes, damals noch junges, Leben die eigenen Träume gehütet und in ihnen gelebt hatte, bevor ihn der zukünftige Führer seines Geistes mit dem Sternenstaub aus der heiligen Zuckerdose seiner Herrlichkeit von Ignotius von Bitterfeld erweckt hatte, um ihn zum Fußsoldaten seiner Heerscharen aus Lemmingen zu machen. So war Flocke vor einigen Zeiten aufgewacht und hatte die Welt mit den beschwörenden Augen seines geistlichen Anführers betrachtet - gefolgt von den ungezählten Horch-und-Gugg-Wanzen unter seiner Matratze.

Doch inzwischen ahnte Flocke längst, dass seine Rosen dieser Welt für ihn duften würden, wenn sie denn einen anderen Namen gehabt hätten, doch er griff immer wieder in die Dornen ihrer hohen Stiele und verstand dabei nicht, dass sie ihm nur das zurückgaben, was er ihnen immer wieder in den Nährboden ihrer Wurzeln untergepflügt hatte.
Und er begriff ebenfalls nicht, dass die Realität außerhalb seiner Ordensburg das alles anders erlebte. Denn er betrachtete die Welt mit dem Horizont des Etuis der Taschenuhr seines Führers. Und es wunderte ihn nicht, dass es ihm nicht längst wie die Schuppen eines geschlachteten Silvesterkarpfens von den Augen gefallen war, um die subjektiven Wahrheiten, aus denen die Kartenhäuser seines Geistesführers erbaut gewesen waren, allesamt einzusammeln und sie in den Kröpfchen der ungezählten Geschwader aus Schneetauben verschwinden zu lassen, die seit Tagen durch die Landen stürmten, um alles in ihre stille Decke aus gefrorenen Tränen einzuhüllen.

Das Wort (Lebens)Lüge erschien Flocke noch immer zu hart, als plötzlich der Erzengel Jophiel vor seinen Füßen aus dem Boden erwuchs und ihm mit seinen Flügeln links und rechts jeweils im Wechsel sieben gepfefferte Ohrfeigen verabreichte.
„Die Wahrheit liegt im Auge des Betrachters“, sprach er dabei leise, „und ist immer subjektiv gefärbt“, fuhr er fort.
Dann streichelte er Flocke mit seinen Flügeln sanft über die geröteten Wangen und küsste ihn auf den spröden Mund.
„Egal ob du nun mit einer Maske oder demaskiert durch dein Leben (w)eilst“, flüsterte Jophiel weiter und Blut rann ihn über die elfenbeinfarbenen Wangen, während sein langes, ebenholzschwarzes Haar über die Rabatte aus Maiglöckchen wallte, um alles in seiner Historie einzuweben und zu durchdringen.
„Sieh, es hängt alles miteinander zusammen und lumesziert in seinem alles umspannenden Myzel untereinander“, fuhr er fort. „Eins bedingt das andere, und alles hat seinen Sinn. Auch das Jucken deiner Seele.“

Flocke erschauerte. Seine Handinnenflächen begannen zu schwitzen, und seine Seele galoppierte ihm davon. Fasziniert betrachtete er die Welt aus Jophiels Augen und alles um ihn herum war im Begriff der Auflösung. Und während Flocke im Bett der nahen Holda sanft entschlummerte, schneite es pochende Gehirne und denkende Herzen auf die Erde …

© CRK, G, 01/2020

Der Reizwortgeschichte nachempfunden. Aber nicht alle Worte im Detail umgesetzt und manche auch weggelassen. Deshalb auch nicht im Geschichtenspiel-Thread.


Maiglöckchen
Hummelflug
gepfeffert

umgefallen
aufregend
starten
Zuckerdose
Etui


aufwachen
Dornen
lügen
Ordensburg

vertreiben
toxisch
Faszination
Historie

Hautjucken
*****e_M Frau
8.551 Beiträge
Grossartig! *bravo*
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**SK
7.791 Beiträge
Themenersteller 
@*****e_M

Ich danke dir. Dieser Text / das Thema der Vielschichtigkeit im Text saß mir seit einiger Zeit in den Knochen. Ich habe nur jetzt erst den Draht in mein Innerstes, was die Schriftsprache angeht, dazu gefunden. Die Tage und Wochen davor fand ich nur Wege in der Welt meiner Bilder ...

Es ist ein schweres Thema für mich im Privaten.
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