Etwas…
… katapultiert mich aus dem Tiefschlaf in den Wachzustand. Von Null auf Hundert, ohne Rücksicht.Ich reiße die Augen auf, starre ins Dunkel. Höre mein Herz wummern. Links von mir das blasse Rechteck des Fensters hinter den Vorhängen, nur wenig heller als die Dunkelheit, die mich umgibt. Rechts sehe ich fahles Licht durch das Schlüsselloch und den schmalen Spalt unter der Tür in den Raum dringen.
Ich bin nassgeschwitzt, liege in meinem eigenen Sud unter der dünnen Decke. Gerade will ich sie zurückwerfen, aufstehen, durch den Flur in das kleine, fensterlose Bad gehen, um mir kaltes Wasser über den Kopf laufen zu lassen – doch das geht nicht. Ich kann mich nicht rühren. Ich fühle Schweißperlen von meiner Stirn über die Schläfen in mein verklebtes Haar laufen.
Für Sekundenbruchteile wird der kleine, helle Fleck des Schlüssellochs dunkel, etwas huscht durch den Lichtschimmer des Türspaltes.
Ich kneife die Augen zu, mit aller Kraft. Nein, nein, nein, da ist nichts, ich bin allein!
Dann öffne ich die Augen wieder.
Ich lausche.
Stille.
Alles ein Traum?
Die Matratze neben mir schaukelt, das Bett knarrt leise und ich merke, dass ich mich immer noch nicht bewegen kann. Etwas kommt mir nah, ganz nah, berührt meine Wange – wie gerne würde ich mich zur Seite drehen und in die braunen Augen meiner Liebsten sehen, wie sie mit Liebkosungen ihrer schlanken Finger auf meinem Gesicht versucht mich zu wecken, doch was mich da berührt, ist kalt.
Ich atme schnell und laut, das Zimmer hallt wider von meinen flachen Atemzügen, mein Herz hämmert gegen die Rippen, als hätte es etwas begriffen, was mein Verstand sich weigert zu verstehen, als versuchte es zu entkommen, auch wenn der Rest des Körpers nicht dazu imstande ist.
Ein Bild von scharfen Zähnen entsteht in meinem Kopf. An meinem Hals klebt der elastische Bund meines T-Shirts, nass drückt sich der Stoff an meinen Rücken. Auf meiner Brust wie ein schwerer, feuchter Lappen, die Decke. Der Bund meiner Shorts hat sich an meinen Hüften festgesogen, meine Arme und Beine liegen in einem Treibhaus.
Die Matratze bewegt sich wieder, aus den Augenwinkeln sehe ich, dass sich die Dunkelheit zu verdichten scheint und um das Bett herum zum Fußende fließt. Reglos verharrt das dunkle Gebilde dort, als wollte es dass ich es sehe. Es scheint sich vorzubeugen, zwischen meinen Beinen wird die Matratze niedergedrückt und um die Zähne in meinen Gedanken herum bildet sich ein grausiges Lächeln.
»Du bist nichts als meine eigene irrationale Angst!« schreie ich und plötzlich kann ich mich bewegen. Ich reiße mir die Decke vom Leib, springe auf und zerre die Vorhänge zur Seite. Einen Augenblick lang scheint es, als fließe die Finsternis in die Zimmerecke, in den Winkel, in dem sich die zwei Wände treffen…
Das letzte was ich dort zu sehen glaube, ist eine Hand, deren Fingernägel wie Klauen über die Rauhfasertapete kratzen, bis auch sie im Winkel verschwindet…
Atemlos stehe ich am Fenster, öffne es. Warme Luft strömt von draußen herein, kühlt mich in meinen nassgeschwitzten Sachen.
Mit zitternden Händen ziehe ich die Shorts runter, lasse sie zu Boden gleiten. Schwankend steige ich aus dem Kleidungsstück. Meine Schritte sind unsicher, gewinnen langsam an Festigkeit als ich zur Tür gehe, mich an der Wand abstütze und das nasse T-Shirt über den Kopf ziehe.
Der Flur ist kühler als das Schlafzimmer und meine nackten Füße patschen leise über die Fliesen.
Haltsuchend lehne ich mich auf die Klinke der Badezimmertür, öffne sie, taste über die Kacheln, finde den Lichtschalter und drücke ihn. Ich trete ins Bad, spüre die Kühle der gekachelten Wände auf der Haut. Immer noch schwer atmend gehe ich zum Waschbecken.
Hinter mir fällt langsam die Tür ins Schloss.
Die Lampe flackert.
Tink – sie erlischt.
Eine Hand legt sich zwischen meine Schulterblätter.
Sie ist kalt.