Am seidenen Faden
Da hing sie, nutzlos, baumelnd, sich in ganzer Linie drehend am Haken der in der hölzernen Decke angebracht war. Der Kopf nach unten gesunken, leblos und schlaff die Arme, Hände und Beine. Die Füße seltsam verdreht, leicht geknickt und nach unten geneigt. Der Blick aus starren Augen, mit Lidern die sich nicht mehr schließen würden.
Wie sehr brauchte sie es, die Hand, die sie führte, sie hielt und durch sie fand sie ihr Gleichgewicht wieder. Nie konnte sie alleine durchs Leben wandeln, stets war sie darauf angewiesen, sich von fremder Hand leiten zu lassen. Hatte sie sich jemals beschwert? Hörte man je ein Wort des Klagens von ihr?
Nein, geduldig war sie, sehr geduldig, sogar wenn sie einmal aus Versehen zu kräftig gepackt wurde, es sie herumwirbelte und es dauerte, bis sie erneut das Gleichgewicht fand. Es wurde ihr ja auch Zeit gelassen, dieses zu finden. Manchmal spürte sie den sicheren Griff in ihrer Körpermitte, bis sie sich wieder eingependelt hatte. Geduldig folgte sie dem Führen, direkt unter der Hand, nie begehrte sie auf, ließ sich führen, bewegte ihre Füße um die notwendigen Schritte in die gewünschte Richtung zu unternehmen, hob ihre Hände, wenn es von ihr gefordert wurde, ging auf die Knie, auch dies erfüllte sie, wenn sie dorthin zitiert wurde.
Geschmackvoll war sie gekleidet, eine Rokokokokotte, mit der typischen weißen Perücke, die vor Puder nur so strotzte. Ihre bleichen Wangen mit Rouge gefärbt durch kreisrunde Tupfen, ihr winziger Mund in knallrot nachgezogen, so dass ihr Mund ein verführerisches Herz formte. Der übliche Schönheitsfleck auf ihrer linken Wange fehlte selbstverständlich auch nicht. Ein Prachtwesen, das aus der breiten Masse hervorstach.
Welchen Jubel sie hervorgerufen hatte, als er sie vorführte – sein Wesen, das nach seinem Willen handelte und tanzte.
Und nun? Nutzlos und dem Schicksal ergeben hing sie leblos in ihrem schweren Brokatkleid an diesem Haken. All der Glanz, was bedeutete er überhaupt? Ohne seine führende Hand fehlte jeglicher Antrieb zum Handeln in ihr. Willenlos, sinnlos.
Sacht drehte sie sich noch einmal, als sich leise der Deckel der schweren Holzkiste des Puppenspielers über ihr schloss.
© Lys Okt. 2009
(Inspiriert durch Antaghar´s Gedanke, ob Marionetten die freiesten Wesen seien)