*** AUFGABE ***
Keuchend winde ich mich auf dem kalten, rutschigen Untergrund. Heißer Atem entlädt sich stoßweise aus meinem trockenen Mund, während eine Überdosis Adrenalin durch meine Adern gepumpt wird.
Hart bin ich auf dem Boden aufgeschlagen.
Sein blitzartiger Angriff kam für mich nicht mehr ganz überraschend. Nein, ich hatte ihn schon erwartet.
Nur nicht in dieser explosiven Wucht.
Es ging alles so schnell – viel zu schnell für mich, um irgendwie zu reagieren. Pech gehabt!
Jede Sehne, jeden Muskel angespannt, meine gesamte konzentrierte Aufmerksamkeit nur noch auf ihn fokussiert liege ich bereits auf dem Rücken, gefesselt von der Kraft seines Körpers.
Scheiß Position!
Ich fühle mich wie eine wütende Raubkatze kurz vor dem Sprung. Nur dass das mit dem Springen so nichts werden kann.
Mein Geist ist sehr wach und ganz klar.
Hilft das jetzt was?
Was habe ich gelernt?
KÄMPFE !!!
Kämpfe von Anfang an mit vollem Einsatz!
Wenn nichts mehr geht, dann schöpfe Kraft und bleibe dabei höchst aufmerksam.
Sei bereit, um auch die kleinste Bewegung des Gegners zu spüren, jede Reaktion vorauszusehen.
Warte auf deine Chance und dann nutze sie! ... Sofort! ... Mit aller Macht!
...Falls du eine bekommst...
Meine Chance...?
Ich habe keine – zu keiner Zeit.
Ich WEISS es...
Und ... ich weiß, dass ER es weiß.
Mit einem beinahe spöttischen Funkeln in seinen Augen schaut er erschreckend ruhig und sich seiner Überlegenheit absolut bewusst auf mich herab.
Was sieht er wohl bei mir?
Eine kaum bewegungsfähige und sich doch verzweifelt am Boden windende Frau. Die Pupillen maximal geweitet, vor hilfloser Anstrengung verzerrte Gesichtszüge.
Mein Schweiß läuft mir in die Augenwinkel und vermischt sich mit den Tränen der Wut und des Schmerzes, die ich nicht zu unterdrücken in der Lage bin.
Die Jacke von meiner linken Schulter gerutscht, entblößt und mit Gänsehaut überzogen- obwohl ich in mir die vernichtende Hitze eines Vulkans spüre, kurz vor der erlösenden Explosion.
Eine Erlösung, die nicht kommen wird ...
Sein Leib drückt mir die Luft ab und fesselt mich.
Er genießt es, meinen bebenden erhitzten Körper unter sich zu spüren. Meine aussichtslosen Versuche, seinem Klammergriff doch noch zu entkommen, nimmt er gelassen zur Kenntnis.
Ich spüre es genau, wie es ihm gefällt...
Es macht mich so sehr wütend... und ... hilflos.
Ich versuche allen Rest meiner Kräfte zu mobilisieren.
Verzweiflung macht sich breit.
Meine freie Hand krallt sich in seine Jacke. Und meine andere Hand ist ohnehin verletzt, ich kann nicht richtig greifen.
Verdammt – warum lieg ich hier ???
Sein Griff um meinen Hals wird enger, die Luft noch knapper und ich kann nicht mehr ausweichen.
Ein kehliges, unterdrücktes Stöhnen gurgelt fauchend durch meinen Hals.
Ich will keine Schwäche zeigen.
Ich WILL es um`s Verrecken nicht!
Aber... darauf läufts hinaus...
Letzter bitterer Widerstand meinerseits.
Kein Bewegungsspielraum mehr.
Ich kann nicht mehr!
2 schnelle, harte Schläge...
... AUS ! ...
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* 7 Tage später *
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Schwermütig und dumpf wabert der Schall der nahen Kirchenglocke durch die kühle Herbstluft herein.
Lang ausgestreckt, mit geschlossenen Augen liege ich still da.
Beruhigend das gleichmäßige Rauschen des Wassers.
Der kleine Raum duftschwanger vom sich langsam schließenden Schaumteppich, der meine bloße Nacktheit sanft zudeckt.
Ein feines Lächeln umspielt meinen leicht geöffneten Mund, dem ein wohliger Seufzer der Lust entweicht, während die Hände wie von selbst streichelnd auf Wanderschaft gehen.
Vorfreudig versteifen sich meine Knospen und lassen dieses elektrisierende Kribbeln durch meinen vom Bad erwärmten, entspannten Körper ziehen.
Die Blessuren sind fast verheilt – wie immer kurz vor dem nächsten Mal.
Grün-gelblich schimmern noch die Spuren des Kampfes auf meiner Haut.
Der süße Schmerz seiner körperlichen und technischen Überlegenheit hielt diesmal länger an, als bisher gewohnt.
Oh ja – und ... ich habe es genossen, jede verdammte Bewegung, die mich noch lange danach an die quälenden Sekunden vor dem demütigenden AUS denken ließ.
Ich freue mich schon auf den nächsten Kampf.
Mit einem sehnsüchtigen Lächeln der Erinnerung läuft noch einmal der Film vom letzten Mal in meinem Kopf...
Und ich sehe das Dojo. Und unseren Trainer, wie er sanftmütig in unsere lernbegierige Runde schaut. Er wählt wie immer einen Partner für die Vorführung einer neuen Technik aus.
Bodenkampf ist heute dran.
Nicht bei allen gleichermaßen beliebt.
Von mir schon...
Die Blicke der niedrigen Gurte weichen fast alle aus und senken sich zum Boden.
Mit einem Zwinkern sagt er: „Es tut auch gar nicht weh!“, als sein Blick bei mir hängen bleibt.
Ohne nachzudenken entgegne ich spontan: „...Wenn es nicht weh tut, dann will ich das nicht...!“.
Einen verstehenden Hauch zu lange versenkt sich das kühle Stahlblau seiner Augen in die sanfte warme Bräune meiner Iris, bevor sein Blick weiter geht.
Als nach der Vorführung die Übenden in Gruppen verteilt werden, nimmt er mich zur Seite und sagt scheinbar emotionslos zu mir: „Du willst es also härter, ja?...“.
Wortlos nicke ich mit stolz erhobenem Haupt.
Mein freches Grinsen vergeht mir schnell ...
Ich war nicht aufmerksam genug und noch nicht vorbereitet, als er bereits längst zum überraschenden Wurf angesetzt hatte und mich von den Beinen riß...
Heute werde ich vorbereitet sein – wofür auch immer.
Und wieder was dazu lernen.
Denke ich jedenfalls...
Genießen werde ich es auf jeden Fall!
* Sensei ni rei *