Der gehört nicht zu mir
„Nein“, sagt das Gemühl in mir, als ich den Anhänger aus Bernstein auf dem Parkplatz finde. Ich hebe ihn dennoch auf und stecke ihn in meinen Tabaksbeutel. Der beinhaltet nämlich schon allerlei Fundstücke vergangener Leben und gelebter Tage. Als ich zu Hause ankomme, verdaut mein Magen gebetsmühlenartig diesen Fund, während das Gedärm Ping-Pong mit ihm und seinem Inhalt spielt.
So sitze ich auf der Fensterbank, und die Sonnenstrahlen tanzen über meinen Nacken. Es ist Herbst. Die Wiese hinter dem Haus ist mit braun verdorrten Kastanienblättern und stacheligen Schalen zugedeckt. Zumeist sind diese ohne Inhalt. Denn die Kinder haben schon fleißig deren Früchte gesammelt.
Ich denke über mein Leben, den Tag und seinen Morgen nach und halte währenddessen den alten Beutel aus Leder in der Hand. Schließlich öffne ich ihn und breite seinen Inhalt neben mir auf der Fensterbank aus.
Da liegt er, der Stein, der wie ein Bernstein aussieht, neben all den anderen kleinen Dingen und scheint mir nicht echt zu sein, keine bare Münze in meinen Augen. Er schaut mich misstrauisch, vielleicht sogar böse, an. Seine Anhängeröse ist aus Kunstleder gefertigt und windet sich wie eine lebende Schlange um ihn herum.
Das macht mir Angst, und ich glaube daran, dass er für mein Zeitmisere im Traum vom heutigen frühen Morgen verantwortlich ist.
Entschlossen ergreife ich ihn, schaue ihn mir noch einmal aus der Nähe an, so als ob er ein Gesicht hätte, damit Grimassen schneiden und mit mir sprechen würde. Und ich frage mich, wie ich etwas wieder loswerden kann, was gar nicht zu mir gehört und was ich schlussendlich doch nicht haben mag.
Am Ende braucht es mehrere Anläufe, bevor ich es schaffe, den Stein schwungvoll durch das Fenster hinter mir zu werfen.
Möge ein anderer ihn auf dem Rasen hinter dem Haus wiederfinden. Vielleicht ist der Bernstein, der augenscheinlich gar keiner ist, dann freundlicher und sieht in diesem anderen Menschen einen neuen Begleiter.
© CRK, Le, 09/2021