zum 1. Advent, da noch kein Adventskalender
.1. Advent
Die alte Frau sitzt am Tisch, träumend schaut sie in die Flamme der ersten Adventskerze, die sie gerade angezündet hat. Draußen rieseln die ersten Schneeflocken vom Himmel und überziehen alles mit einer weißen Schicht. Kein Laut dringt in die Stube, es ist totenstill.
Ihre Gedanken wandern zurück:
>>> Wie war es damals, als ich noch Kind war?
Es gab viel Schnee, viel mehr als heute.
Die Männer und Frauen schaufelten den Schnee zur Fahrbahn, und so entstand zwischen Fahrbahn und Bürgersteig ein 1 Meter hoher Wall. Auf ihm konnten wir Kinder entlang spazieren, mussten nur aufpassen, dass wir nicht herunter gejagt wurden weil der Schnee durch uns wieder auf den Bürgersteig fiel.
Und dann die Tannenbäume an den Fenstern, die kopfüber bis zum 24. draußen aufgehängt waren. Wie lange das schon wieder her ist.
Heute kaufen sie einen künstlichen Baum, der nadelt dann nicht und kann jedes Jahr wieder verwendet werden. Als ob es darauf ankommt. Diesen frischen Tannenduft kann doch kein Spray ersetzen. Die flackernden Kerzen, die gesungenen Lieder mit den Geschwistern, den Eltern und Großeltern. Heute haben sie ihr Eipott oder wie das Ding heißt um den Hals gehängt und gesungen wird auch nicht mehr, geschweige denn mit der Familie zusammen gesessen und gegessen.
Keine Zeit heiß es immer, wer soll den Kindern aber die Weihnachtsgeschichte oder all die anderen Geschichten zur Adventszeit erzählen? Wer musiziert heute noch mit ihnen? Nein, jetzt gibt es keine Kerzenstunde mehr im Advent, die Kinder tun mir leid. Sie lernen nicht mehr das Gefühl der Geborgenheit in der Familie kennen, nicht einmal mehr ihre Großmutter.
Und als ich am Telefon fragte was sie sich zu Weihnachten wünschen, was waren das bloß alles für Wünsche. Einen neuen Computer wollte er haben oder schenk einfach Geld, sagte er. Ich glaube das Buch von seinem Geburtstag hat er noch gar nicht gelesen. Und ich brauche neue Wäsche, einen Bdy oder zwei oder drei String, wenn Du dich nicht traust die zu kaufen, dann gib mir das Geld dafür.
Meine Güte, muss ein 15 jähriges Mädel solche Sachen tragen? Das die Eltern das erlauben verstehe ich nicht, aber bei der Mutter ist das ja auch kein Wunder. Würde mein Sohn noch leben, dann gäbe es das sicherlich nicht. Aber dieser neue Freund meiner Schwiegertochter ist ja auch viel zu jung um ein Vater zu sein. Überhaupt dieser Altersunterschied, sie 40 und er 20, gerade mal 3 Jahre älter als mein Enkelsohn.
Was ist das bloß für eine Welt heute, ich verstehe sie nicht mehr.
Wo soll das alles noch hinführen? <<<
Die alte Frau steht schwerfällig von ihrem Stuhl auf, stützt sich auf ihren Stock und geht auf den Balkon um ein paar Schneeflocken aufzufangen.
Aber sie schmelzen sofort in ihrer Hand und werden zu Tropfen, die sich nun mit den Tränen aus ihren Augen vermischen.
© ev 1-12-2009
PS
ALLE meine Geschichten sind KEINE autobiographischen Erlebnisse. ev
an Frotteeschlafanzüge und Stofftaschentücher 
interessantes Phänomen...
.. da helf ich dir lieber beim Loch im Lomond 
also den Loch Dingensbummens nehm ich auch 
das ganze Jahr an der Lampe, auf dem Balkon brennen das ganze Jahr die Ketten, Teelichte sind ständig im Einsatz, lediglich ein Adventskranz liegt jetzt auf dem Tisch, und gemütlich ist es trotzdem. Jedenfalls fühlt sich auch mein Mann bei mir wohl, wenn er mich besucht. 
