Das erste Türchen
Et voillà, liebe Rategemeinde, da ist die erste Geschichte über eine Sie, die dem mageren ins pralle Leben entweicht
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Nicht Genug
Seit Inas Mann Veganer war, war er auch überzeugter Asket. Seitdem lebte er den Alltag im festen Glauben, dass die Seele nur Erlösung findet durch die Reinheit des Körpers. Und das erschöpfte sich nicht nur in veganer Ernährung, sondern auch durch Askese. Was im Klartext mit sich brachte, auch allen körperlichen Gelüsten zu entsagen.
Mehrfach hatte sie versucht, ihren Mann zu verführen. Einmal zog sie sich aufreizende Dessous an und hüllte sich in einen Seidenkimono. Begleitet von romantischer Musik im Hintergrund tanzte sie vor ihrem Mann und präsentierte sich mit einem sinnlichen Striptease. Zuerst bemerkte er sie überhaupt nicht. Doch als sie nur in Slip und BH, sich ihm näherte, mit einem gekonnten Schlenker ihre prallen Brüste entblößte und nur eine Armlänge von ihm entfernt stand, hob er endlich den Blick und starrte sie ungläubig an.
„Siehst du nicht, dass ich mich auf meine Arbeit konzentriere?“
Er musterte sie nur für einen kurzen Moment mit einem genervten Blick und herrschte sie dann an:
„Du kannst es wohl nicht lassen. Wenn du Sex brauchst, dann suche dir doch meinetwegen einen Liebhaber!“
Er schüttelte den Kopf, während er sich wieder dem Computer zuwandte und ignorierte sie daraufhin.
Bestürzt von dieser kalten Zurückweisung fehlten ihr die Worte. Verletzt und voller Scham klaubte sie ihre Sachen zusammen, flüchtete sich in ihr Schlafzimmer und heulte die ganze Nacht durch.
Ihr körperliches Verlangen und die Verweigerungshaltung ihres Mannes quälte sie sehr. Sie gab sich jedoch dafür die Schuld.
Geplagt von düsteren Gedanken, Depressionen und durstig nach Liebe, Zuneigung und Sinnlichkeit, flüchtete und verlor sie sich in Ersatzbefriedigungen wie Süßspeisen und gebratenem Fleisch. Was ihr ein schlechtes Gewissen bereitete und ihren Hunger nach Lusterfüllung nicht stillte.
In der Vorweihnachtszeit war dann das Maß voll: kein Lebkuchen, keine Plätzchen oder Schokolade, kein Hirschbraten oder eine Gans als Festmahl. Auf dem Festtagstisch gähnten ihr nur Gemüse und Getreide entgegen.
Ihr Durst nach Zärtlichkeit und Leidenschaft wurde immer größer, das hielt sie auf Dauer nicht aus.
Sie wollte schreien, verstummte jedoch in einem Meer von innerer Sprachlosigkeit. Ina fühlte sich wie eine Verdurstende in einem See. Umgeben von Wasser schien kein kühlender Tropfen ihre durstige Kehle erreichen zu können, weil ihre Hände von unsichtbaren Fesseln gebunden waren.
Ihr Mann ließ sie emotional verhungern. Er berührte und erreichte sie nicht mehr. Er schlief nicht mehr mit ihr. Für ihn war alles gut, er gönnte sich keine Gefühle, hatte andere Bedürfnisse und war unfähig seine Emotionen auszudrücken. Ina wiederum konnte und wollte nicht in Enthaltsamkeit leben.
Nach unzähligen kalten Monaten nahm sie all ihren Mut zusammen und fasste den Entschluss ihre sexuelle Lust zu stillen, aber auch dem unbändigen Durst nach Liebe und Verbundenheit eine Gestalt zu verleihen.
Gewappnet mit den Waffen einer Frau zog sie durch die adventlich geschmückten Straßen. Ein schwarzer Mantel bedeckte Inas reizvolle Aufmachung. Darunter ein schwarzer enger Rock, eine Seidenbluse mit tiefem Dekolleté, Nylonstrümpfen und Highheels. Eingehüllt von einem betörendem Parfum, das Gesicht dezent geschminkt, nur die Lippen waren mit einem dunkelroten Lippenstift sinnlich betont.
Die Außentemperatur war unter den Nullpunkt gesunken. Die Landschaft zeigte winterliches Wirken, Raureif bedeckte Wiesen, Büsche, Bäume und Straßen. Was vorher grau und dunkel erschienen war, zeigte sich ihr nun ausgeschmückt in warmem adventlichem Licht. Sogar der Frost, sonst hart und kalt, schenkte den Oberflächen Glanz, verzauberte alles, was es bedeckte. Ina löste sich von den dunklen Schatten und ließ sich von dieser festlichen Aura verzaubern. In ihr breitete sich eine freudige Erregung aus, dass sie auf der Suche nach einem Abenteuer den Schritt gewagt hatte, alleine auszugehen.
Wie von einem Magneten angezogen landete sie im Försterweg. Dort war diese einschlägig bekannte und sehr spezielle Bar. Der Innenbereich war von äußeren Blicken abgeschirmt, Eintritt wurde nur Erwachsenen gewährt. Um Einlass zu erhalten, musste Ina klingeln, das kostete sie einen kurzen Moment der Überwindung.
Im Inneren muteten die Räume wie in einer mittelalterlichen Burg an. Herausgeputzt mit gotischen Spitzbogenfenster und Decken mit Kreuzrippengewölbe, die Möblierung mit schweren Eichenbänken und Tischen passend dazu. In der Ecke des Hauptraumes stand ein überlebensgroßer, noch verwaister Eisenkäfig. Die Gäste waren alle sehr elegant angezogen oder paradierten in schwarzer Fetisch-Kleidung aus Leder und Lack. Eine Frau stand sogar komplett nackt und selbstbewusst neben ihrem angezogenen Partner. Verunsichert von den vielen neuen, verwirrenden Eindrücken in dieser Bar zauderte Ina kurz.
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Henk saß wie jeden Freitag Abend in seinem Lieblingslokal an der Bar und ließ seine Woche mit einem Glas Whisky gemütlich ausklingen. Hier konnte er entspannt seiner besonderen Neigung nachgehen. Das Ambiente dieser Bar war meist sehr familiär, jeder Gast hier wurde respektiert und konnte seinen Vorlieben Ausdruck verleihen.
Nach einer über Jahre frostigen Beziehung und einem wahren Rosenkrieg erst vor kurzem geschieden, tat ihm die freundliche Atmosphäre hier gut. Henk genoss vor allem gerne den Anblick der reizvoll anzusehenden Damen.
An diesem Abend sah er ein neues Gesicht im Club, eine äußerst elegante und reizvolle Frau mit einem, ganz nach seinem Geschmack, üppigen Dekolleté.
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Als Ina an der Theke ein Glas Wein bestellte, saß unweit von ihr ein bemerkenswerter Mann an der Bar. Er wirkte völlig entspannt und schaute sie mit einem freundlichen, direkten Lächeln an. Von einer seltsamen Vertrautheit erfasst, fühlte sie sich von ihm angezogen.
Erstaunt, dass ein so attraktiver Mann, sich für sie interessierte, folgte Ina bereitwillig und ohne Zögern seiner freundlichen Aufforderung, auf dem Barhocker neben seinem Platz zu nehmen, und prostete ihm zu.
Sie unterhielten sich zunächst lange sehr anregend; er flirtete kunstvoll mit ihr und machte ihr Komplimente. Vor allem vermittelte er ihr das Gefühl, als Frau begehrt zu werden. Ina kokettierte mit ihm und zeigte ihre süßeste Seite.
Die gegenseitige Sympathie war so groß, dass sie zusammen das Lokal verließen und Arm in Arm über den Weihnachtsmarkt gingen.
Sie flanierten durch die Gänge und verlockende Düfte von Zimtgebäck, gebratenen Äpfeln und gebrannte Mandeln breiteten sich über ihnen aus. Es tummelten sich nur noch wenige Menschen an den Glühweinständen und Wurstbuden zu später Stunde. Heiße Dampfschwaden hüllten die dort Umstehenden ein, welche die Kälte zu kompensieren versuchten, die sich durch die Temperaturen als auch in den Herzen zunehmend ausbreitete.
Aus den Lautsprechern klang ein ´Last Christmas, I gave you my heart …'
Weiße Schneeflocken tanzten leise in der Luft und machten den Winterzauber perfekt.
Ina und Henk verfolgten einvernehmlich ein wärmeres Ziel. Dem Wunsch folgend nach einer intimeren Zweisamkeit liefen sie zu einem Hotel.
Dort angekommen, schloss sich die Zimmertür hinter ihnen und sie küssten sich lange und leidenschaftlich. Sie zogen sich alle Kleider vom Leib und ihr beider Verlangen war so stark, dass es nicht viel brauchte, bis sie das erste Mal wunderbaren, sinnlichen und intensiven Sex hatten. Durch Inas lange Enthaltsamkeit entlud sich ihr Verlangen nach körperlicher Liebe in einer Explosion der Lebenslust.
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„Du bist unersättlich!“, raunte Henk und grinste. "Was willst du denn eigentlich noch?“
Ina schaute ihn mit ihrem süffisanten Lächeln an und ihre Augen leuchteten. Allein dieser Blick verriet ihm schon alles. Ja - alles wollte sie! Alles, was er ihr geben konnte und noch viel mehr.
Sie würde keinen Halt finden, wenn er ihr nicht seine Grenzen aufzeigte und ihr gleichzeitig Einhalt gebieten konnte. Henk konnte ihr Halt geben. Er wusste und spürte es einfach und gerade das machte sie für ihn unwiderstehlich. Sie räkelte sich neben ihm im Bett und kuschelte sich an ihn. Ein leichtes Seufzen streifte über ihre Lippen, als er sanft über ihr glänzendes Haar und den seidigen Körper streichelte. In ihm rührte sich das Verlangen, ganz nah bei ihr zu sein. Sie zu halten, in sie einzudringen. Haut an Haut, ohne Trennung zwischen ihnen. Er zog ihren Körper an seinen, umschlang sie mit seinen Armen und hielt sie fest. In einer einzigen, unendlichen Umarmung verschmolzen ihre Leiber, ihre langen Haare schmeichelten seinem Gesicht. Seine Augen und Sinne verloren sich auf ihrem Leib, dessen Haut wie Milchkaffee anmutete und ihrem Duft von Rose und Zimt. Ihre Lippen, die sich jetzt an seine schmiegten, waren zart und süß wie ein Pfirsich. Diese Frau brachte ihn um den Verstand und eigentlich war er es, der von ihr nicht genug bekam. Ihm offenbarte sich, dass es ihr scheinbar genauso ging. Diese Symbiose hatte er schon lange nicht erlebt. Dass eine Frau so unersättlich war wie er, das machte auch einen wesentlichen Teil ihres gegenseitigen Verlangens aus. In ihm keimte der Wunsch, dass diese Nacht nicht enden möge.
„Ich wünsche mir das hier öfter“, flüsterte Ina nach einer Pause ihm zu.
Henk sah ihr lange in die Augen.
Ja, das wünschte er sich auch, genauso sehr wie sie.
Jeden Moment wollte er auskosten. Jede Minute miteinander genießen und einfach das Gestern und das Morgen vergessen. Einfach nur die Wahrhaftigkeit des Augenblicks genießen. Diese Nacht sollte ihnen Nahrung geben für die vergangenen Entsagungen. Er erwiderte ihren Kuss, sie stöhnte genüsslich und sie verschmolzen erneut miteinander.
''Du kannst einfach nicht genug haben'', stöhnte er. ''Ich liebe es!''
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In Inas Kopf schien kein Platz zu sein, um klar zu denken. Zu sehr waren ihre Gedanken und Empfindungen erfüllt von dieser unendlichen Zartheit und Leidenschaft, sie war erfüllt von diesem Mann. Dieser Gleichklang, den sie bei ihm vernahm, hatte sie noch nie bei einem Mann erlebt. Und je länger sie beisammen waren, desto mehr spürte sie die wachsende Harmonie zwischen ihnen. Endlich konnte sie ihr Verlangen, ihre Körperlichkeit spüren und ihre Lust leben. Sie fühlte sich frei und lebendig.
Mittlerweile ging draußen schon die Sonne auf. Im keimenden Morgenlicht wirkte ihr unersättlicher Liebhaber beinahe unwirklich. Sie umklammerte ihn in der Suche nach Halt, spürte ihn am ganzen Körper und es fühlte sich so gut an. Sie küssten sich und tauchten erneut ab in das Elysium der Verschmelzung.
Diese Nacht war ihr schönstes Weihnachtsgeschenk.