@Anthagar
Danke für Deine Erläuterung. Jetzt kann ich den Gedankengang nachvollziehen. Ich finde das sehr spannend und hoffe, Niobe sieht es uns nach, wenn wir mehr über "die Sache" als über "ihre Geschichte" reden.
Ich hänge gerade gedanklich bei Wut und Groll fest. Dank Deiner Ausführungen habe ich jetzt verstanden, dass ein Wutkissen sinnvoll sein kann, wenn man so gestrickt ist, dass es einen anbrandet und man an sonsten unkontrolliert durchdreht.
Nach meiner Einschätzung ist Wut zunächst einmal eine körperliche Reaktion: der Blutdruck steigt, die Luft wird eng, kurzfristiges Vakuum im Gehirn gewissermaßen. Und wie jede körperliche Reaktion ebbt es innerhalb kürzester Zeit ab, wenn man es einfach zu- und rauslässt.
Groll ist für mich "Wut plus eine Geschichte". Oder anders ausgedrückt: ich nehme es persönlich. Um Dein Beispiel vom Chef aufzugreifen: wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass er antritt, um mich zur Weissglut zu treiben? Ist es nicht wesentlich wahrscheinlicher, dass er gerade in Stress und/oder neurotischen Mustern gefangen ist? Macht er das wirklich absichtlich? Wohl er nicht, aber ich unterstelle es, wenn ich es persönlich nehme. Und der Groll ist "nie nimmt er mich ernst. Warum akzeptiert er meinen genialen Vorschlag nicht?
Er hat genau diesen Zug um den Mund wie mein Vater. Und mein Vater hat auch nie...
".
Genau in diesem Sinne hatte ich, um doch noch den Bogen zur Geschichte zu finden, folgenden Passus verstanden:
Ein Verstand, der laut plappert, schreit, jammert, fragt und schmerzt erzeugt eine angstgesteuerte Kurzsichtigkeit und lässt uns oft den Sinn von Ereignissen nicht erfassen.
Das heißt für mich in der Konsequenz: natürlich darf und muss ich mich angemessen wehren, wenn der Chef mich übergeht. Aber der Chef ist nicht schuld an dem Gedankenkarussell in meinem Hirn. Das setzt sich automatisch in Gang. Deshalb bin ich auch nicht schuld dran, weil Schuld in dem Zusammenhang keine relevante Größe ist. Dise ganze Recht und Unrecht-Nummer ist in dem Zusammenhang (ersetze Chef durch Partner in der Beziehung und Du kannst ganze Foren subsummieren) nichts anderes als: "das Verhalten des anderen persönlich nehmen".
Und wenn ich merke, dass genau dieser Automatismus bei mir anspringt, dann hilft mir persönlich eben kein Holzhacken, weil jedwede Tätigkeit den Grioll nur manifestiert. Ich setze mich dann eben hin und beobachte, was es mit mir macht. Es führt sehr häufig an die Wurzel der eigenen neurotischen Muster...
Sylvie