Überzeugt von etwas
„Die Einschläge kommen immer näher“, dachte der Luftikus verbuhstert und klapperte mit seinen Zähnen das Ave-Maria am offenen Fenster hinauf und wieder herunter. „Das ist alles so furchtbar unnötig“, dachte er weiter, „ach, wenn es doch nur anders wäre …“„Ene mene miste, es rappelt in der Kiste. Ene mene Meck, und du bist weg!“, sang eins der Kinder, die draußen auf der verschneiten Straße zusammen das Erwachsensein spielten und mitten in der Nacht wie Michelin-Orgelpfeifen vor dem Haus der hohen Neune standen und inmitten des Kiezes der Zweifler die Worte „Bleib du selbst! Wir sind es auch“ in den Schnee pinkelten.
Niemand von ihnen wusste, wen sie als nächstes in den Sturm der unvergessenen Beweinten hinausbefördern würden und wer von ihnen dieses Erbe an wen auch immer weitergeben würde.
Erst heute hatten sie wieder einen zerfledderten alten Sack mit schmutzigen Kinderhänden an die angeblich frische Luft der Wildnis gesetzt, um darauf Wetten abzuschließen, was als nächstes passieren würde und ob er vielleicht sehr unwahrscheinlicher Weise demnächst als vom Wahnsinn Genesener wieder zurückkommen könne.
Der Luftikus wusste nie von irgendetwas.
Denn er malte sich immer nur aus, wie es sein würde, wenn er der Superheld der Antis wäre, und wenn er die beziehungsweise vielmehr seine Welt von allem Übel würde befreien können. Und er stellte sich diese Sachen nicht nur imaginär vor, sondern er bildete sich auch tatsächlich etwas darauf ein, das er realer Weise dieser Held sei.
Im wirklichen Hier und jetzt, wo jeder die Schandtaten seines Nachbarn zu kennen glaubte, aber nie im Leben darauf kommen würde, dass derjenige andere dem Kumpel seiner Liebschaft die Bienen aus dem Garten klauen würde, damit dieser am Ende schlechter dastehen würde, als er selbst.
So knatterte dem Luftikus sein Gedärm und brachte ihm die zündende Idee einer Rakete, dass er weit abgeschlagen hinterm Mond landete und Zeit seines Lebens als Superheld in Taucherbrille und Schwimmflügeln sowie dem geblümten Hausanzug seiner erst kürzlich verstorbenen Mutter und mit dem roten Stehkragen nebst Mantel seines Bruders durch die Kante peeste und die Leute mit seinen Durchhalteparolen beglückte und stehts und ständig an das Gute in ihnen glaubte.
Bis er derjenige sein würde, dem man des Wahnsinns überführen würde, um ihn somit an die frische Luft zu setzen …
© CRK, LE, 12/2020