Happiness is a warm gun
Wir reden nicht über das, was passiert ist.Ich will nicht reden, weil du es nicht tust und du willst es nicht, weil ich es nicht tue. So ist das unsere stille Abmachung.
Nicht reden, nur sein.
Ich sitze im Schneidersitz auf deinem kalten Fußboden und nähe lose und längst verloren geglaubte Knöpfe an deine Hosen. Du sagst, das kannst du einfach nicht und weil du dich einmal ziemlich fies mit einer Nähnadel gestochen hast, wirst du es auch nie wieder versuchen.
Ich erkläre dir, dass das eigentlich ganz einfach ist und man eben nur auf seine Finger aufpassen muss, doch das verstehst du nicht. Wenn der Mensch sich ein Werkzeug schafft, dann darf es ihn nicht verletzen, ansonsten ist es ein sinnloses Werkzeug, ein nicht ausgereifter Entwurf.
Findest du.
Ich nähe einfach weiter und lächle vor mich hin.
In deinem Haus fehlt eine Frau.
Sie fehlt nicht, weil du nicht nähen kannst. Sie fehlt auch nicht, weil es bei dir auf den Regalen staubig ist. Nein, sie fehlt, weil sie fast alles noch hier gelassen hat.
Überall, wo ich hingehe finde ich ihre Spuren.
Aber sie ist weg. Sie ist gegangen und hat nur das Nötigste mitgenommen.
Im alten Schlafzimmer habe ich manchmal sogar das Gefühl, als wären die Betten noch warm vom gerade beendeten Schlaf.
Das treibt mir jedes Mal ein ungutes, warmes, schweres, schwarzes Gefühl in den Bauch.
Wie eine abgefeuerte Kugel, die sich in Zeitlupe in mein weiches, oft zu schwaches Fleisch gräbt.
Ich sitze und nähe und lausche der Musik.
Wenn ich da bin, dann hören wir Musik, die ich mag. Ein Zugeständnis von dir, weil du weißt, wie sehr ich sie manchmal brauche.
Ich weiß immer schon vorher, wann du kommen wirst, deine Arme um mich legst, mich an dich ziehst und ins Schlafzimmer führst.
Wir reden einfach nicht, wir sind und wir agieren miteinander, füreinander.
Ich stehe auf und folge dir.
Kein Wort.
Es ist immer das gleiche und immer anders. Es tut manchmal ein bisschen weh, wenn du beißt, mich an den Haaren ziehst, meine Hände festhältst, mir keine Möglichkeit zur Flucht gibst. Mich absolut verschlingst um mich am Ende doch wieder auszuspucken.
Auch dabei reden wir nicht, ich glaube sogar, wir denken noch nicht einmal. Wir tun es einfach.
Manchmal weiß ich nicht mehr, wer du bist, bis ich deine Hände sehe. Deine Hände sind absolut einmalig, noch nie habe ich so schöne Hände gesehen.
So schöne, brutale, kratzende, rau und fest anfassende, starke Hände, die mich jedes Mal in die Knie zwingen. Mich dazu zwingen mich selbst aufzugeben.
Du hältst mir die Augen zu, drehst meinen Kopf so zurecht, wie du ihn haben willst, wenn ich dir zu laut bin legt sich deine große Hand auf meinen Mund, erstickt meine schmerzverzerrte, hilflose, glückliche Stimme, so dass nur noch leise, dumpfe und kehlige Laute zu dir rauf dringen.
Du bist wütend, sehr sogar.
Und du lässt sie mich spüren, deine unbändige Wut, die mir nie lange standhält. Die Wut, die weiß, dass ich ihr Ventil bin, die Wut, die ich nur anschauen muss, nackt und ehrlich, damit sie sich in Verzweiflung verwandelt. Es ist eine rote, glühende Wut, die lange genug gefüttert wurde, so dass sie jetzt dick ist.
Doch sie ist träge. Ich kann sie besiegen. Ich bin dein Ventil.
Du lässt sie solange wüten, bis ich dich anschaue und du mich erkennst.
Dann löst sie sich auf, sie fließt aus dir, raubt dir die Kraft, die Herrschsucht, die Gewalt, die Rücksichtslosigkeit. Sie lässt dich schlaff und matt auf mir zurück und ergießt sich in mir.
Sie ist heiß und verbrennt mich.
Bis ich sie mit meiner Sanftmut lösche, mit den Tränen, die immer unwillkürlich kommen. Die du wegküsst, für die du dich entschuldigst.
Deine Wut ist die sengende Kugel, die sich in mein Fleisch gräbt.
-----------------------------------------------------------------------------------------
Ich habe lange überlegt, ob ich das hier im JC veröffentlichen soll.
Nun aber habe ich es getan, weil es ja mir gehört.
Der Großteil es Textes ist fiktiv, doch die Inspiration ist absolut real.
Und falls meine Inspiration das hier zu lesen bekommt, dann wünsche ich ihm viel Spaß und verweise auf meine künstlerische Freiheit.