Mehr brandheiße Inhalte
zur Gruppe
Fifteen e.V -Events-
761 Mitglieder
zur Gruppe
Dessous Liebhaber
1438 Mitglieder
zum Thema
Wann beginnt für euch „Fremdgehen“?748
Ich genieße sehr gerne erotische Massagen, meine Frau ist dafür…
zum Thema
Beobachten Frauen gerne ihren Partner beim Sex mit anderen185
Unter Männern scheint es eine vielgehegte Phantasie: Die eigene…
Das Thema ist für dich interessant? Jetzt JOYclub entdecken

Wer bin ich? Und wer ist das Ich?

*******day Frau
14.271 Beiträge
Themenersteller 
Wer bin ich? Und wer ist das Ich?
In den letzten Wochen beobachte ich immer mal wieder ein faszinierendes Phänomen: da wird eine Geschichte gepostet und und früher oder später beginnt einer der LeserInnen in direkter Du-Anprache den Autor/ die Autorin zu trösten, aufzubauen oder auch irritiert nachzufragen, ob denn xy tatsächlich... *schock*

Im Gegenzug sehen sich die AutorInnen zu langatmigen Erläuterungen genötigt, dass bzw. warum sie nicht mit dem „Ich“ in ihrer Geschichte identisch sind. Mach eine(r) schreibt sogar vorab: Ich bin aber nicht das „Ich“. *nono*

Wer ist denn nun dieses „Ich“ in unseren Erzählungen? Und wieso kommt es zu den Verwechslungen? *nixweiss*
Treiben wir uns alle zu sehr in den allgemeinen Foren herum, so dass wir inzwischen eine Kurzgeschichte mit „Hilfe, mein(e) Freund(in) will zu oft/ nie“ verwechseln? Ist also die Leserschaft „zu dumm“? *fiesgrins*
Oder liegt es am Schreiberling, der sich in der Themenauswahl am zu sehr eigenen Umfeld orientiert und durch diese Nähe das Missverständnis geradezu heraus fordert? *vogel*

Ich möchte Euch einladen, dieses Phänomen zu diskutieren und von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Unser lieber @*****har hat mir dazu seine tatkräftige Unterstützung zugesagt.

Dazu also ein paar simple Eingangsfragen:

*pfeil* Wann entscheidet Ihr Euch, ein „Ich“ auftreten zu lassen?

*frage* Warum wählt Ihr diese Perspektive und schreibt nicht von Lieschen Müller oder Seppl Meier?

*pfeil* Wie „nah“ ist Euch die Figur, von der Ihr als „Ich“ schreibt?

*beep* Ist es Euch schon mal passiert, dass Ihr mit Eurer Figur verwechselt wurdet?

*frage* Habt Ihr eine Idee, warum dass so sein könnte?

*alarm* Hättet Ihr Euch im Nachhinein gewünscht, lieber von Lieschen oder Seppl zu schreiben?

Ich hoffe auf spannende Diskussionen mit vielen Fallbeispielen, damit wir dem Phänomen „Erzählperspektive“ ein wenig auf die Spur kommen. Um die Diskussion in Gang zu bringen, habe ich ein Gruppenmitglied um Erlaubnis gebeten, seine/ ihre kurze „Ich“-Erzählung hier erneut posten zu dürfen. Es geht mir dabei nicht um das fröhliche Autorenraten, wie wir es gerade im Adventskalender betreiben, sondern um etwas anderes: herauszufinden, wie die Erzählperspektive funktioniert. Sollte jemand von Euch sich erinnern, wer die Geschichte geschrieben hat: einfach ignorieren. Die Frage, ob man Autor und „Ich“ in diesem Falle verwechseln kann, ist erst der zweite Schritt.

MissVerständnisse

Aus irgend einem Grund hatten sie mir die Rolle der Maria aufs Auge gedrückt. Mir war schleierhaft, was ich bei diesem Krippenspiel sollte. Ich war doch nur in die Kirche gelatscht, weil die Bar noch geschlossen hatte. Meßwein statt Bourbon eben.

Und nun sitze ich hier auf einem dämlichen Hocker, eingewickelt in ein blaues Tuch und dieser Typ in dem schwarzen Kleid mit dem weißen Stehkragen mault mich an, ich solle endlich die Sonnenbrille absetzen. Mann, ist das ätzend. Ich kann nicht mal den Mittelfinger hochrecken, weil ich dieses komische Stoffbündel wiegen soll. Wenn die drei Typen mit den Kronen wenigstens was zu rauchen dabei hätten. Aber nein. Weihrauch. Stinkt zum Gotterbarmen, das Zeugs. Und dieser Trottel brauchte auch noch fünf Streichhölzer, bis es endlich losging. Ich brauche verdammt noch mal meinen Whiskey.

Nein Du Arsch, ich will jetzt kein Stück vom Schokoladenhasen. Ach ne, ist ja die andere Verpackung, Weihnachtsarsch eben. Pissen muss ich auch, wenn's für so was doch nen Dichtungsring gäbe. Vielleicht sollte ich einfach aufstehen, hier wieder rauslatschen und bei Paolo die Hobbyhure geben. Dem ist es wenigstens egal, dass Mama mich Jesus getauft hat.

So, und nun „Ring frei“ für eine fröhliche Perspektivendiskussion *freundchen*

Eure Sylvie *sonne*
********k_ni Frau
728 Beiträge
Wann entscheidet Ihr Euch, ein „Ich“ auftreten zu lassen?
wenn es aus mir kommt...sprich meinen Erfahrungen oder Fantasien

Wie „nah“ ist Euch die Figur, von der Ihr als „Ich“ schreibt?
in dem Fall ist mir die Figur sehr nah...logischerweise

*beep* Ist es Euch schon mal passiert, dass Ihr mit Eurer Figur verwechselt wurdet?

*frage* Habt Ihr eine Idee, warum dass so sein könnte?

*alarm* Hättet Ihr Euch im Nachhinein gewünscht, lieber von Lieschen oder Seppl zu schreiben?
nein

Warum wählt Ihr diese Perspektive und schreibt nicht von Lieschen Müller oder Seppl Meier?

von Lieschen Müller schreibe ich in rein fiktiven Geschichten wie z.B. im 8 Worte Spiel


zu dem Text kann ich nur sagen
ich finde ihn in seiner Art so gut gerade weil er die Ich Form hat...Gedankengänge lassen sich irgendwie besser rüberbringen in der Form...so spontan wie es durch den Kopf geht, sieht es dann aufgeschrieben aus

LG naschwerk
*******day Frau
14.271 Beiträge
Themenersteller 
Das nenn ich eine schnelle Freischaltung und eine noch schnellere Antwort *smile*

Liebe Naschwerk, danke dafür. Ich lehn mich mal zurück und sammel noch ein bißchen, was so rein kommt. Ich hoffe, das ist okay *zwinker*

Sylvie *sonne*
********k_ni Frau
728 Beiträge
@sylvie
gar kein Problem....bin auf die anderen Sichtweisen sehr gespannt
Nu denn!
Was meine Vieligkeit angeht, bin ich mir bei jeder Schreibe bewusst, dass immer ein Teil von mir aufs Papier fließt.
Peinlich oder unangenehm wäre es mir nur, wenn etwas abgefahrenes, halbseidenes oder böses jemandem Anderen in die Schuhe geschoben würde.
Meine Zeilen kommen aus der Beobachtung meiner Welt und meiner Identifikationen oder noch Nichtidentifikation mit dieser herausgeflossen.
So hat, egal in welcher Position ich schreibe, alles auch etwas mit mir persönlich zu tun. Meist mehr, als mir zunächst bewusst ist!
Schlimm wäre es, wenn diese Teile von mir das Kommando übernähmen.
Doch als schon immer begeisterter Multiphrener bin ich mir sicher , dass ich meine Figuren sozusagen herausschreibe, um ihnen Raum zu geben.
Eine mögliche und willkommene Nebenwirkung sind die Reaktionen oder Identifikationen meiner Leser. So werden für mich und diese (gerade hier im Forum!) ansonsten im Alltag versteckte oder verfehmte Themen ans Licht gezerrt und ich kann lernen, sie aus neuem Blickwinkel zu sehen.
Sie neu zu bewerten und ihnen den ihnen zustehenden Stellenwert in meinem Leben zuzuweisen.
Deshalb sind gerade die von dir angefragten "Verwechslungen" besonders spannend und zumindest, solange sie hinter einer schützenden Mattscheibe stattfinden, fast immer willkommen!

Ich hoffe, Dir mit meiner Antwort in Deiner Not behilflich sein zu können dürfen wollen!

ergebenst

vollernstnarrolaf
erst mal danke
für die tollen Fragen - dienen sehr zur Schreibreflektion! *g*

Wann entscheidet Ihr Euch, ein „Ich“ auftreten zu lassen?
zuerst schreibe ich los - manchmal in der dritten Person, nicht immer kriegt sie einen Namen, und manchmal ist es ein Ich.
Es kann sein, dass ich es nach 10 Sätzen ändere, wenn ich weiß, wohin die Geschichte geht und welche Erzählperspektive sie/oder ich als Schreiber/ braucht.

Warum wählt Ihr diese Perspektive und schreibt nicht von Lieschen Müller oder Seppl Meier?
Manchmal erzähle ich tatsächlich von mir,
manchmal braucht die Geschichte den Blick von "innen", um z.B. Gedanken beschreiben zu können.
Außerdem liest auch der Leser "ich" - das zieht ihn als agierende Person in die Geschichte und lässt ihn nicht nur Zuschauer sein.

Wie „nah“ ist Euch die Figur, von der Ihr als „Ich“ schreibt?
Ich muss ihr näher sein, ich muss mich in sie hineinversetzen (gerade wenn es ein Mann oder Kind ist) und anders agieren als tangocleo. Das ist spannend. Und durch die IchPerspektive habe ich als Schreiber zu den anderen Figuren der Geschichte eine größerer Distanz.
Schreibe ich nur in der dritten Person, bin ich als Schreiber Beobachter meiner Personen. Es geht eher ab wie in einem Film, den ich im Kopf sehe und dann beschreibe.

Ist es Euch schon mal passiert, dass Ihr mit Eurer Figur verwechselt wurdet?
ja, je besser mich die Leser kennen, desto eher beziehen sie alles auf mich als Privatperson. Da muss ich oft und lange erklären, auch dass sie nicht mit einer meiner Figuren gemeint sind. *g*
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Interessante Fragen
Das sind spannende Fragen über die ich mir auch ab und zu Gedanken mache. *gruebel*

Einige werde ich sogar beantworten können *ggg*


Wann entscheidet Ihr Euch, ein „Ich“ auftreten zu lassen?
Das ist bei mir vom Inhalt der Geschichte abhängig. Meine letzte in Ich-Form geschriebene Geschichte, hätte sich anders nicht erzählen lassen, weil sie sehr viel im Inneren, also im Kopf des Protagonisten spielt.

Manchmal wechsle ich auch innerhalb der Geschichte die Erzählperspektive. Das macht es schwieriger aber auch interessanter zu schreiben und bringt den Leser neue Einblicke.


Wie „nah“ ist Euch die Figur, von der Ihr als „Ich“ schreibt?
Während des Schreibens bin ich diese Figur - das liest sich vielleicht jetzt etwas sonderbar, aber bei mir ist es so. Es fällt mir dann leichter, bestimmte Aussagen zu machen oder auch Handlungen, die ich als Herta nie tun würde.

Wenn ich aus der Erzähler-Perspektive schreibe, muss ich alle Figuren in ihrer Komplexität im Auge haben und halte deshalb eine gewisse Distanz.

Beides hat für mich gesehen beim Schreiben seine Vor- und Nachteile.

Das Ergebnis muss halt für den Leser auch interessant sein und vor allen Dingen lesbar *g*

Ist es Euch schon mal passiert, dass Ihr mit Eurer Figur verwechselt wurdet?

So viel ich weiß noch nie *ggg*



Eigentlich gibt man beim Schreiben schon ein Stückchen von sich Preis, so gründlich kann man sich nicht rausklinken aus der Erzählung. Aber ich schreibe nie über mich *zwinker*


*sonne*Herta
*******an_m Mann
3.831 Beiträge
Sehr gute Frage(n) Sylvie, das beschäftigt mich auch öfter. Darüber werde ich heute Nacht noch mehr zusammenschreiben.

Und wieso kommt es zu den Verwechslungen?
Dass es zu diesen Verwechslungen kommt, nehme ich erst mal als Kompliment. Der Text scheint also sehr real, sehr nah geraten zu sein.

Für "dumm" halte ich die Leser nicht, man hört schließlich immer wieder, dass Autorinnen und Autoren ihr Schreiben als eine Art Therapie sehen, dass es ihnen geholfen hat, Krisen zu überwinden, Probleme zu verarbeiten, etc.

Das wird dann von Nicht-Schreibenden wahrscheinlich wörtlich genommen - wie sollten sie es anders wissen?

Ich verarbeite zwar oft eigene Gefühle, Erlebnisse, Gedanken und Wünsche, die sind aber selten 1:1 im Text umgesetzt.
Für meine Alptraum-Geschichte habe ich ja auch Trost bekommen *zwinker*. Ich kenne diese Beklemmungen, diese irrationale Angst zwar, habe sie aber so nicht mehr - seltsamerweise gerade seit ich solche Texte schreibe.
Der Text ist "interpoliert" aus verschiedenen, nicht zusammenhängenden Situationen und Gefühlen.

Dh: "Ich" stecke im Text, und zwar zu beinahe 100%.
Wahrscheinlich auch deshalb habe ich mich ohne es vorher zu wissen, für die Ich-Form entschieden.
Der bewusste Teil der Entscheidung für diese Form war, dass ich den Grusel so nah wie möglich machen wollte.
Erst durch dieses Thema ist mir der zweite Grund (also in diesem Beitrag der zuerst genannte *g*) wieder klar geworden.

Eure Antworten dazu interessieren mich auch sehr

Christian
Ich ….oder in der dritten Person ….oder als Lieschen Müller ………

Nicht ganz einfach zu beantworten ………

Ich habe einen Traum, ich ärgere mich über jemand, alles wird aufgeschrieben.
Habe ich dann eine Idee, gehe ich lange schwanger mit ihr, fange danach an zu schreiben ………

Ohne Überlegung fange ich dann an, einfach drauf los zu schreiben, so wie es kommt.
Ist alles aufgeschrieben, dann fange ich an zu ändern, zu überlegen:
hier hat die Person etwas gedacht,
also in der „ICH-FORM“ weil es dann verständlicher wird.

Oder in kursiv, wenn in der „ICH-FORM geschrieben“.
Oder aber, ich schreibe gleich alles in der „ICH-FORM“,
weil ich mich dann besser in diese Person hinein versetzen kann.
Wie würde sie jetzt reagieren, was würde sie jetzt machen ……….

Sind es meine Wünsche, wenn ich in der „ICH-FORM“ schreibe?
Darüber muss ich sicherlich mal lange nachdenken ………
Aber sicherlich hat es immer mit mir zu tun, egal wie.

Alles andere schreibe ich in der dritten Person, weil ja nicht ICH es bin.

Natürlich sind immer einige Ideen oder Erlebnisse aus dem eigenen Leben drin,
aber nie ist es authentisch, sondern es gab nur den Anstoß,
zu dieser oder jener Geschichte die real ganz anders verlief als in diesen Geschichten.

*gruebel* *gruebel*
ev
*******an_m Mann
3.831 Beiträge
Nach dem kurzen Kommentar hier die ausführliche Beantwortung der Fragen:

Wann entscheidet Ihr Euch, ein „Ich“ auftreten zu lassen?
Sobald ich weiß, was in der Geschichte passiert, überlege ich, welche Erzählperspektive das am Besten unterstützt.
Kurze Texte (zB fürs 8-Worte-Spiel) entstehen einfach und bleiben dann so wie sie sind. Sowas kann auch die Anfangsidee für etwas längeres sein - dann kann sich aber auch die Perspektive noch ändern.

Meine ersten Geschichten waren fast alle in der Ich-Form. Die habe ich geschrieben, um mich aus meiner damaligen Situation herauszuträumen. Die Story mit den Elfen (Wie man in den Wald hineinruft) gehört in ihrer Original-Version dazu. Die ersten paar Kapitel waren auch in der Ich-Form. Als die Handlung komplexer wurde, habe ich gemerkt, dass diese Sichtweise sehr einengt, weil ein Ich-Erzähler nicht alles sehen kann.

Heute ist es ein intuitives Abwägen, was sich besser anfühlt, wie die Geschichte besser wirken würde. Und dann schreibe ich das so. Anfangs habe ich ein paar Mal daneben gelegen und den Text dann abgeändert, inzwischen fällt die Entscheidung schneller und sicherer, dh ich bin mit größerer Wahrscheinlichkeit mit dem Ergebnis zufrieden.


Warum wählt Ihr diese Perspektive und schreibt nicht von Lieschen Müller oder Seppl Meier?
Wegen der Wirkung (Nähe) und wenn abzusehen ist, dass diese Perspektive ausreicht, also wenn es nicht so viel außerhalb des Sichtfeldes der Figur zu erzählen gibt.
Ich erinnere mich nur an wenige Bücher, in denen die Perspektive wechselte und frage mich, ob das einfach eine Konvention ist, dass "man" das halt nicht tut, oder ob es handfeste Gründe dagegen gibt.


Wie „nah“ ist Euch die Figur, von der Ihr als „Ich“ schreibt?
Sehr nah, aber nicht 1:1 da ist immer noch eine Abstraktion zwischen mir und der Figur (ist manchmal besser so *mrgreen*). Bei der GEZ-Geschichte hätte ich ohne die Pointe echt ein Problem gehabt, das so zu schreiben.
Einen so widerwärtigen Protagonisten wie in American Psycho könnte ich nicht in der Ich-Form schreiben.


Ist es Euch schon mal passiert, dass Ihr mit Eurer Figur verwechselt wurdet?
Wo fängt für dich "verwechseln" an? Schon wenn man für irgendwas beglückwünscht/getröstet wird, das man (be)schreibt?
Es haben ja schon einige geschrieben, dass sie sich für ihre Figuren rechtfertigen mussten, ich zB für eine Figur, die mit einem Hackebeil… *g*

Und es passiert immer wieder, auch hier in der Gruppe. Und das, obwohl hier alle schreiben. Ich habe mal jemanden wegen einem Text getröstet, mich hat jemand wegen der Alptraum-Geschichte getröstet…

Letztens habe ich jemanden kennengelernt, der einen ziemlich blutigen Krimi geschrieben hat (nicht einmal in der Ich-Perspektive) – und mir war allen Ernstes etwas mulmig, den wiederzusehen *g*
Aus den gleichen seltsamen, unsinnigen, aber nicht zu verleugnenden Gründen habe ich ihm eine meiner düstersten Geschichten erst geschickt, nachdem er einige positivere von mir gelesen hatte.


Habt Ihr eine Idee, warum dass so sein könnte?
Dazu habe ich (bisher) nur drei Erklärungen:

1. Ganz platt: das verwendete Personalpronomen.
Sprache ist sehr mächtig. Dass wir tagtäglich davon umgeben sind und sie ohne nachzudenken verwenden, läßt einen das leicht vergessen.

2. (Wie im vorigen Posting schon geschrieben:) Man hört immer wieder, dass Autorinnen und Autoren ihr Schreiben als eine Art Therapie sehen, dass es ihnen geholfen hat, Krisen zu überwinden, Probleme zu verarbeiten, etc.

3. Autorin/Autor hat Gedanken, Gefühle und Geschehnisse so plausibel wiedergegeben, dass man es einfach für wahr hält.


Hättet Ihr Euch im Nachhinein gewünscht, lieber von Lieschen oder Seppl zu schreiben?
Nein.
*****e_M Frau
8.517 Beiträge
Gute Frage....
Zunächst staune ich erstmal über die bisherigen Antworten. Da lese ich doch öfters einen ganz gezielten, bewussten Umgang mit und den Willen zum Schreiben heraus....

Bei mir ist es etwas anders.

In jeder meiner Geschichten bin ich mitten drin. Ganz stark natürlich in denen mit einem Ich-Erzähler. Dabei ist es völlig unabhängig ob ich das Ganze bereits erlebt habe, ob es authentisch sich auf Vergangenheit bezieht oder ob es meine Phantasien, mein Wunschdenken ausdrückt.

Im Moment des Schreibens erlebe ich es, gehe dann völlig in der Rolle auf und bin nicht selten seltsam "geschafft" wenn die Geschichte "steht". Und das geht recht schnell.

Unabhängig davon wo und wie ich privat schreibe, nach dem Impuls, der Anregung von innen oder außen, passiert es.

Ich stürze mich lustvoll hinein und "ich" bin dann ich. Selbst mein Ausflug ins kriminelle Genre war ganz klar "mein erster Mord".

Eine Wahl, eine Entscheidung habe ich da nicht.

LG, Odette
Lieschen Müller....
Da ich Lieschen Müller nicht kenne, schreibe ich immer in der Ich-Perspektive.

Scherz beiseite:
Ich schreibe sehr selten, überlege auch nicht, welchen Inhalt die Geschichte haben soll, es fliesst aus mir heraus, und entweder sind es autobiographische Geschichten oder in ihren Gefühlen sehr nah an mir dran.

Darum schreibe ich (bisher) nur in der Ich-Perspektive, so einfach ist das.
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ich ...
... schreibe ich der Ich-Form, wenn ich von mir selbst erzähle. Oder wenn ich dadurch hoffe, die Leser mehr in Bann ziehen und berühren zu können.

Und wie man sieht, scheint das auch häufig zu funktionieren, wenn andere User darauf gleich "anspringen" ...

Besser fürs Erzählen an sich finde ich allerdings, etwas von einer anderen Warte aus zu schildern, sich also als Erzähler nicht selbst als "handelnde Person" in die Geschischte einzubringen - das lässt einige Optionen offen, manches auch aus der Erzähler-Perspektive zu betrachten und zu schildern, in den Zeiten zu springen und Szenen zu wechseln.

In der Ich-Form kann ich z. B. schlecht einen Schnitt machen und etwas von einer völlig anderen Szene erzählen.

(Der Antaghar)
Ich habe noch nie für "einen Leser" geschrieben, zumindest nicht bei den Geschichten und Gedichten, die ich hier eingestellt habe. Bei Artikeln für Zeitschriften ist das selbstverständlich etwas anderes. Aber Geschichten und Gedichte schreibe ich für mich, sie müssen für meine Begriffe schön sein.

Das ist mir erst gestern wieder klar geworden, als es im thread zu meinem Text "Rebecca" um die Botschaft ging, die jemand erkannt haben will. Es gibt dort keine, die ich hineingeschrieben oder mit dem Text hätte transportieren wollen. Ich schreibe meine Texte, zumindest die Geschichten, nicht für eine Botschaft. Ich denke, das ist der Grund, warum ich mir keinen Leser vorstelle, der etwas begreifen soll.

Die Frage der Perspektive stellt sich mir damit auch nicht im Sinne einer besseren Verständlichkeit, sondern nur im Sinne einer für mich passenden Darstellung; mehr oder weniger distanziert. Dabei sind die beiden Perspektiven oft sehr nah beieinander. Ähnlich wie bei vielen Dogmafilmen, bei denen man als Beobachter so nah dran ist, daß es fast eine Ich-Perspektive wird (Dancer in the dark).

Eine beeindruckende Leseerfahrung war für mich "Mein Name sei Gantenbein", weil ich die Passagen der Innensicht allein dadurch so bewegend und dramatisch empfand, weil sie jeweils durch eine alleinstehende Zeile "Ich stelle mir vor" markiert werden.
"Ich" ist in der Kürze einfacher,
diese Tatsache halte ich für einen Hauptgrund der "Ego-Perspektiven-Flut".

Die Sicht der Geschichte und die Emotionale Einbindung des Leser gelingt leichter, wenn man ihn von vorn herein in die Rolle des Darstellers schlüpfen lässt.
Wann entscheidet Ihr Euch, ein „Ich“ auftreten zu lassen?
Wenn es schnell gehen soll. Dabei wechsle ich jedoch gerne die Erzählweisen und springe in Abschnitten von einer Person in die nächste oder setze mit einem Erzähler die Rahmenhandlung.
Warum wählt Ihr diese Perspektive und schreibt nicht von Lieschen Müller oder Seppl Meier?
s.o.
In den meisten, der hier in der Gruppe geschriebenen Geschichten, sind private Gedanken eingebunden. Ebenso bei mir, wobei ich jedoch meine Persönlichkeit versuche in den Geschichten so weit wie möglich zu eliminieren. Wenn ich schreibe dann als multiple Persönlichkeit, deren Denken immer der jeweils handelnde Person entspricht.
Wie „nah“ ist Euch die Figur, von der Ihr als „Ich“ schreibt?
Wenn mein "Ich" in meiner Geschichte eine Frau erniedrigt und sie misshandelt, dann frage ich mich nicht mit meinen moralischen Vorstellungen als Brian Lorenzo, wie sich das an fühlen würde. Ich erlebe dann diese Szene als würde die Frau vor mir liegen.
Es steckt viele meiner Gedanken in meinen Geschichten, als alternative Egos die ich selbst hätte sein können.
Direkt meine momentane Persönlichkeit blitzt nur als Wortwitz oder Zwischennote hervor.
Ist es Euch schon mal passiert, dass Ihr mit Eurer Figur verwechselt wurdet?
Brian Lorenzo ist ein alternatives Ego. Ich werde nicht verwechselt ich lebe es.
Habt Ihr eine Idee, warum dass so sein könnte?
Weil ich es mir so ausgesucht habe. Mit Personen aus meinen Geschichten wurde ich jedoch selten 1zu1 gleichgesetzt.
Hättet Ihr Euch im Nachhinein gewünscht, lieber von Lieschen oder Seppl zu schreiben?
Ich stehe zu dem was ich schreibe und nichts ist zufällig.

LG
Brian

Nichts ist die Wahrheit und alles ist erlaubt.
Ezio Auditore de Firenze in Assassin's Creed II

die Eingangsphrase
war doch etwas verwirrend, aber nun ist es ziemlich klar.

Ich schreibe sowohl als auch. Allerdings auch von mir selbst immer, zumindest bisher, in der dritten Person. Die Geschichte "Sonne in der Nacht" ist so ein Fall. (steht auf meiner HP). Das erleichtert in meinen Augen vieles. Es gibt mir die Möglichkeit eigenes Erleben sehr detailiert zu schreiben und trotzdem für mich zu entscheiden, ob ich wirklich alles erzählen möchte ...

Aber meistens beruht das Geschriebene auf Erlebtem und ist für entsprechend beteiligte Personen sehr gut nachvollziehbar.

Ich habe aber auch Geschichten geschrieben aus der Ich-Perspektive, die trotzdem nichts mit mir zu tun haben. Ich habe einfach aus der Sicht der handelnden Person geschrieben, ohne diese Person selbst zu sein. Wenn ich als Mann aus Sicht einer Frau in Ich-Form schreiben möchte, dann ist das zum Einen eine Herausforderung und zum anderen immernoch totale künstlerische Freiheit, denn Ich komme in dieser Geschichte nicht vor,obwohl ich die Ich-Form benutze.

Es kommt also drauf an, aber ich schreibe lieber als Erzähler, wieviel von mir in einzelne Personen fließt ... meine Entscheidung.
*******day Frau
14.271 Beiträge
Themenersteller 
*wow* Ich bin sehr beeindruckt über so viel Bereitschaft zur Reflexion und zum Teilen derselben. Ohne jetzt auf die bisherigen Beiträge im einzelnen einzugehen und alles noch mal kreuz und quer zu verlinken, kristallisieren sich sehr unterschiedliche Ansätze heraus.

Wie ist das also mit der Entscheidung, ein "Ich" auftreten zu lassen?

1. Es fließt so heraus, ist also keine bewusste Entscheidung
2. Es passiert mal so mal so, und es kann vorkommen, dass die Perspektive noch mal umgeworfen wird
3. Es ist eine bewusste Entscheidung, weil es beim Schreiben "leichter" ist. Autor(in) schlüpft in die Person und identifiziert sich während des Schreibvorgangs mit der handelnden Person
4. Der Leser soll emotional eingebunden werden, deshalb tritt ein "Ich" auf
5. Das Geschriebene ist mehr oder minder autobiograhisch
6. Das "Ich" zeigt eine geringere Distanz des/der Autor(in) zum Handelnden und soll das auch bei der Leserschaft hervorrufen

Sollte ich jemanden mit seinem/ihren Ansatz vergessen haben, liegt es an der Fülle der bisherigen Informationen, also bitte nicht persönlich nehmen *zwinker*

Anders als bei Rechtschreibung und Grammatik gibt es hier ja auch kein "richtig" oder "falsch". Trotzdem hat die Wahl einer bestimmten Erzählperspektive Auswirkungen. Einige Euer Antworten gingen ja schon in diese Richtung. Obwohl von der direkten Leseransprache bis hin zu "der Leser ist mir beim Schreiben erst mal egal" vieles dabei war.

Deswegen noch mal die Nachfrage an alle:

Welche Vor- und Nachteile hat die Wahl eines "Ichs" als Handelnden? Wie wirkt es sich aus Eurer Sicht aus?

Aber ich merke gerade: ich muss natürlich selbst auch Farbe bekennen *zwinker*

Ich wähle die Ich-Perspektive sehr selten. Bei "Spaziergang im Park"

Homepage "Spaziergang im Park" von sylvie2day

war es eine sehr bewusste Entscheidung, weil die Figur den Leser direkt anspricht. Ob es eine gute Entscheidung war, das so zu machen, müsst Ihr mir sagen *g*

Was aber passiert, wenn um das "Ich" noch zehn andere Personen herumspringen?

Ich warte gespannt auf Eure weiteren Überlegungen.

Sylvie *sonne*
Spaziergang im Park
schönes Beispiel, liebe Sylvie.
Da ist ja nicht nur ein Ich-Erzähler, sie spricht ja auch den Leser direkt an im Lauf der Erzählung.
Da ist ein guter Bogen: erst die Eichhörnchen, die Erzähler und Leser quasi gemeinsam betrachten, und dann "schwenkt die Kamera" auf das Ich, das später mit dem Leser sogar ein Gespräch beginnt.
Sehr intensiv!
Vor- oder Nachteile
Hmmm... also, ich glaube, ich bin in dieser Frage echt eine Enttäuschung für dich, weil ich das so furchtbar unprofessionell angehe. Aber ich versuche es trotzdem.

Mir ist bei jeder Geschichte (die ich schreibe und die ich lese) wichtig, dass Gefühle in mir bewegt werden. Je mehr, desto besser. Ich mag es, wenn eine Geschichte mich ganz tief berührt und etwas in mir offensichtlich in starker Resonanz zu dem Geschriebenen steht.

Das passiert mir fast nur bei Geschichten in der Ich-Perspektive. Es fällt mir leichter, mich zu identifizieren. In dem Moment, in dem ich "Ich" lese, fühle ich mich näher dran. "Ich" bin die Handelnde oder die Erlebende.

Allerdings habe ich auch noch nie versucht, eine meiner Geschichten (perspektivisch) umzuschreiben. Das wäre mal ein Experiment wert... *gruebel*
*******day Frau
14.271 Beiträge
Themenersteller 
Liebe Cleo *g*

Danke für Dein Kompliment *zwinker* Aber ich hab ja nicht auf den "Spaziergang" hingewiesen, um zu heimsen, sondern um deutlich zu machen, dass ein "Ich" als Handelnder die Perspektive tatsächlich verengt.

@**e

Wieviel Kopf und wieviel Bauchanteil an der Entscheidung für oder gegen eine Erzählperspektive beteiligt ist, ist zumindest für mich kein Gradmesser von Professionalität. Du setzt beim Schreiben wie beim Lesen auf die Identifikation mit der handelnden Person und sagst: wenn das ein "Ich" ist, ist das leichter.

Heißt das im Umkehrschluss, Du kannst mit den anderen handelnden Personen nichts anfangen? *gruebel*

Sylvie *sonne*
@****ie: Nein, aber sie sind "Mitspieler" und ich habe zu ihnen ein distanzieres Verhältnis. Sie sind halt nicht ich, sondern du oder er oder sie und mein Fühlen ihnen gegenüber ist dann auch so.
*******day Frau
14.271 Beiträge
Themenersteller 
DEE
Ich frag mal ganz ketzerisch: gesetzt der Fall, zwei Mitspieler sind gleichwichtig - nennen wir sie Gott und Teufel oder auch nur schwarz und weiß - was passiert dann wenn der schwarze Teufel "Ich" ist?

Sylvie *liebguck*
Ich bin grad zu blond, um deine Frage zu verstehen. Hol nochmal etwas aus...
*******day Frau
14.271 Beiträge
Themenersteller 
Wenn ich eine Geschichte aus der Ich-Perspektive schreibe, dann kann ich gewissermaßen in ihren Kopf zoomen. Damit gehst Du doch d'accord, oder?

Wenn aber nun ein Mitspieler genauso wichtig ist, dann kann dieser Ich-Erzähler dem Mitspieler doch nur vor den Kopf gucken. Und dann sieht's um die Balance schlecht aus. Das ist es, was ich meine.
@****ie: Das mag sein, da muss ich noch mal in mich gehen, um genauer antworten zu können.

Wenn ich jedoch z.B. meine Geschichte http://www.joyclub.de/my/homepage/939588-49501.for_eternity_and_one_day_kurzgeschichte.html nehme, da bin "Ich" genauso wichtig wie "Er". Und ich glaube oder hoffe, dass ich trotzdem beide "gleichwertig" darstelle.

Aber wie gesagt, da muss ich nochmal drauf rumkauen und melde mich, wenn was dabei rausgekommen ist.
Anmelden und mitreden
Du willst mitdiskutieren?
Werde kostenlos Mitglied, um mit anderen über heiße Themen zu diskutieren oder deine eigene Frage zu stellen.