Betrachtung im Dunkel
Es gab einmal in einer Science Fiction - Serie die Unterteilung in zwei Gruppen. Die eine Gruppe fragte: Wer bist du?, während die andere Gruppe fragte: Was willst du?Das bewegt mich bis heute. Und wird auch nicht aufhören. Gerade diese Woche betrachtete ich einen meiner Lehrer beim vormachen einer Übung. Ganz erstaunlich, wenn man mit Distanz betrachtet und losgelöst von der Leidenschaft für die Kampfkunst.
Man muss dazu wissen, dass Schwertkampf- Dojos mit vielen Spiegeln versehen sind. Und zwar aus demselben Grund, warum Spegel in Ballettschulen unverzichtbar sind: Selbstkontrolle.
Aber was ich sah, war kein Kontrollblick. Ich sah eine Person in vollkommener Selbstliebe. Er bewunderte sich selbst. Das war, zugegeben, ein Schock. Denn der "Lehrer" war nicht bei mir, bei meinem Skill, bei meiner Verbesserung, er war ganz bei sich selbst. Da dieser Gedanke mir so vollkommen absurd und fremd ist, bewegt er mich über alle Maßen.
Ich wurde letzte Woche gefragt: „Was tust du?“ Ich antwortete: „Ich bin Rentner.“
Und, nach einem kleinen Zögern: „Und Budo-Lehrer. Ja, ich bin Budo-Lehrer für Karate und Iaido“. Dann fragte mich Lee, mein Freund und Physio-Therapeut, was der Sinn des Budo sei. Die Antwort ist dieselbe.
Allen, die denken, Budo-Lehrer sei kein ehrwürdiger Beruf wie zum Beispiel Arzt, Architekt oder Ingenieur, sei dieser Text gewidmet. Jemand sagte sogar, ich sollte glücklich sein, mit Kindern spielen zu dürfen. Ich dachte kurz nach, weil diese Aussage mich betroffen machte. Denn was ich mache, kommt von Herzen und richtet sich nicht auf Geld, Besitz oder Anerkennung. Meine Antwort war:
„Ich bin nicht angestellt oder arbeite in einer Firma. Ich bin in einem Raum, Dojo, in dem Menschen sind. Namentlich Italiener, Franzosen, Iren, Kanadier, Russen, Japaner, Marokkaner, Ungarn, Finnen, Belgier, Niederländer, Chilenen und Deutsche. Es gibt Junge und Alte, es gibt verschiedene Hautfarben, Dialekte, Herkünfte und Religionen. Ich diskriminiere nicht, weil ich alle meine Studenten gleichbehandle. Ich fördere Wissen, ich bringe ihnen bei, sich zu verteidigen, zu verstehen und eine Gemeinschaft zu bilden. Ich bin kein Sensei, aber ich hoffe, manche sehen mich ein bisschen als Vorbild an. Ich bin kein Psychologe, aber ich bringe die Schüler dazu, mutig zu sein und an sich selbst zu glauben. Ich bin kein Arzt, aber ich zeige Mängel auf. Ich vermittle Harmonie, Spannung, Entspannung und Meditation. Ich habe keine festen Arbeitszeiten, aber wenn andere ins Kino gehen oder Fernschauen, arbeite ich an Papieren und Strategien, Trainingskonzepten, um weiterhin das Beste zu geben, die Schüler voranzubringen. Ich bin kein Architekt, aber ich baue Erwartungen auf, Hoffnungen, Träume und vermittle Werte. Ich spiele nicht mit den Schülern und Kindern, ich verbiege sie nicht, ich versuche, ihren Geist und ihre Träume zu formen.
Ich bin jeden Tag dankbar und glücklich, Budo-Lehrer sein zu dürfen. Ich möchte mit niemandem tauschen. Es gibt für mich nicht viele Dinge, die wichtiger sind.“