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Facetten der Einsamkeit

****ra Frau
2.917 Beiträge
Themenersteller 
Facetten der Einsamkeit
‚An Weihnachten werde ich allein sein‘ hatte ich letztens gesagt. Allein – wirklich allein? Was bedeutet das Wort „allein“ überhaupt? Allein – all(e)ein(e)……??
Kann man wirklich allein sein? Eigentlich werden meine Kinder bei mir sein, also bin ich gar nicht allein. Nur der, der mein Herz besitzt, er kann nicht bei mir sein. Also bezog ich das ‚allein sein‘ in diesem Moment nur darauf, dass ich nicht mit ihm zusammen sein kann? Sind ‚einsam‘ und ‚allein‘ dieselben Dinge? Wird doch oft beides in einem Satz genannt: „einsam und allein…“ oder „einsam und verlassen“… bedeutet dies alles ein und dasselbe? Bedeutet, oder beschreibt es die Tatsache, dass man körperlich ohne Gesellschaft ist, oder auch eine innere Leere?
Jemand der wirklich ohne Familie; Freunde oder sonstige Verwandte ist, ist der einsam, allein oder verlassen?
Ein Patient im Krankenhaus, wie fühlt er sich, in der medizinischen Routine, unter all dem geschäftigen Treiben, in dem sich doch viele um ihn kümmern?

Ein Kind, das vorm Fernseher sitzt, stundenlang die flimmernden Bilder betrachtet, hinter sich im Zimmer seine Spielsachen türmen, Eltern die keine Zeit haben, sich wirklich um seine Bedürfnisse zu kümmern, ein Kind das satt und versorgt ist, wie fühlt es sich ohne Zuneigung?
Das ältere Pärchen, das genervt und gelangweilt nebeneinander durch die Stadt trottet, ohne Worte, keines Blickes würdigen sie sich und wenn doch, blitzt dort nicht etwas wie ewiger Hass in den Augen? Das Gefühl verschwendeter Jahre, verlorenes Leben, unwiederbringlich verflossen.
Der nachdenkliche Mann, im Bus, der seinen Kopf gegen die beschlagene Scheibe lehnt, welche Gedanken kreisen in ihm? Draußen huschen die Lichter der Großstadt in zuckenden Blitzen über den nassen Asphalt, seine Blicken folgen diesem Schauspiel, doch bemerkt er es wirklich? Was wird ihn zu Hause erwarten? Eine leere Wohnung? Wieder diese Stille, die ihn empfängt, sobald er seine Tür aufschließt? Niemand der ihn erwartet, ihn umarmt, ihm Wärme schenkt.
Der Teenager, inmitten der langweiligen Familienfeier. Sieht die Gesichter der Omas, Tanten, Onkels. Lustig, eifrig sind sie dabei über längst Vergangenes, bereits vor langer Zeit Verstorbene zu reden, erhitzen die Gemüter, essen und trinken, fühlen sich zusammengehörig. Doch sind sie es wirklich oder ist es nur ein Schein, der in der Gesellschaft allzu gewahrt werden muss?
Innerlich hat er sich zurückgezogen, betrachtet alles mit einem Blick von außen, fühlt sich nicht passend in dieser Menge, hört die Stimmen, das aufgesetzte Gelächter und fühlt sich doch unter all diesen vielen Personen – ja, wie?
Die junge Frau im Park, auf der Bank, mit einem dicken Buch in den Händen. Nach Feierabend von ihrem Job, der es ihr ermöglicht, sich alles kaufen zu können, was sie sich erträumt, der Job, in dem sie erfolgreich ist, gebraucht wird, gelobt und gefördert wird, flüchtet sie hierher. Beobachtet die Familien mit Kindern, die an ihr vorbei spazieren, Paare, die Hand in Hand an ihr vorüberziehen.
Sie sucht die Freiheit außerhalb ihrer vier Wände, und weiß sie doch, wenn sie später notgedrungen wieder nach Hause geht, wird sie dort nichts finden. Solange sie hier draußen die Sonne betrachten kann, ist es nicht allzu dunkel in ihr. Bis zum nächsten Feierabend.


Werde ich wirklich „Allein sein“ an Weihnachten? In Gesellschaft meiner Kinder? In Abwesenheit des Mannes, den ich liebe?
Ich werde immer allein sein, so wie es jeder Mensch ist.
Doch werde ich mich an die Hand nehmen, habe keine Angst vor dem ‚Ich‘ in mir, suche nicht nach nutzloser Ablenkung und werde es spüren, dass ich nicht ganz allein bin – mit mir!
Das ist die Frage die uns alle angeht *g*
ich möchte als Antwort ein Bild posten. über die Wirkung deiner Worte.
LG. Mario
einsame Weihnacht....
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Ein sehr nachdenklich stimmender Text.

Viele halten es nicht aus, mit sich selbst allein zu sein, sie spüren sich nicht mehr in all der Hektik des Alltags. Dann ist es erschreckend, mit sich selbst konfrontiert zu sein, mit den eigenen Gedanken, Gefühlen, Wünschen, Begierden ... dem eigenen Ich.

Halte ich mich selber aus? Ich weiß es nicht - nicht mehr.

Danke für diese Geschichte.


Herta

@ Raptor_Art: Das Bild ist einfach nur ... schön, es strahlt geradezu Einsamkeit aus, fast Verlorenheit und doch auch wieder nicht. Durch den Steg kommt irgendeine Art von Verbundenheit auf.

LG Herta
Diese grundlegenden Fragen sind sehr interessant, und ich habe gestern mit einem Kollegen ein Gespräch geführt, in dem es um das soziale Leben in der DDR und der BRD ging. Die oft zu hörende Ansicht, es habe dort ein wärmeres soziales Klima geherrscht, wurde auch in diesem Gespräch wieder geäußert, und ich hatte zum wiederholten Mal den Gedanken, daß Einsamkeit und Alleinsein viel mit dem auf-sich-selbst-Gestelltsein zu tun haben. „Jeder ist seines Glückes Schmied“ bedeutet nicht nur die Chance, sein Glück selbst zu bestimmen, sondern auch die Bürde, mit den ständigen Entscheidungen überfordert zu sein. Nicht jeder kommt damit zurecht, alles selbst entscheiden und selbst regeln zu müssen, besonders dann, wenn es nicht so gut läuft.

Trotzdem fällt mir auf, daß die Schilderungen der Menschen in ein zu depressives Licht getaucht sind. Wieso denkt zum Beispiel der Mann im Bus nicht über eine sehr erfreuliche Geschichte nach? Mir fällt es deshalb auf, weil der Erzählende der Einzige ist, der eine andere Idee hat.
****ra Frau
2.917 Beiträge
Themenersteller 
@***io: klasse pic - wie immer *g* danke, es passt wirklich sehr gut.

liebe Herte: das mit sich selbst allein sein - genau dies wollte ich ausdrücken *blume*

@*****ann: mir waren einige Beobachtungen im Sinn geblieben, die ich in der letzten Zeit erlebte - diese Einsamkeit, die jeder in sich trägt; doch wie sich der Einzelne damit fühlt ist natürlich Interpretation.
Einsam kann ich sein, auch wenn Menschen um mich herum sind …
Allein kann ich sein, auch wenn Menschen um mich herum sind …

Die Einstellung ist wichtig,
bin ich depressiv ist es schlimm,
bin ich positiv gestimmt, dann kann ich trotzdem zufrieden und glücklich sein.

ev
keit = hinfallen auf badisch, greit= gereut, leit =liegt
glückseeligkeit

ein sam keit
in die ewigkeit
keimt net bis heit
isch doch bereit
un ischs jetzt leid
er will die freid
un wachst gedeit
erfreut die maid
ä kurze zeit
bis dass es hat ihn garnit greit
es isch ihm dann so lang wie breit
die sens ihn wieder nieder mait
voll niedertracht un heiterkeit
snegschd sämle uf der erde leit


wenns Warten schwerfällt, liebste Lysira
Lysira, deine Geschichte...
...Mario, dein Bild...

und in diesem Sinne bin ich heute einsam im Kreise meiner Familie. Die Menschen (von meinen Kindern abgesehen), denen mein Herz gehört, sind nicht bei mir.

Dazu auch von mir ein Bild...

!Bernd
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Sind wir nicht alle immer wieder mal sehr allein oder einsam - auch inmitten vieler Menschen?

Und ist nicht vieles, was wir tun, letztlich nur ein verzweifelter Versuch, dieser inneren Einsamkeit zu entkommen?

Aber - wir sind niemals allein, auch dann nicht, wenn wir uns scheinbar schrecklich einsam fühlen. Denn wir sind mit allem und jedem jederzeit verbunden ... wir müssen es nur wieder zu spüren lernen.

Das Wort zur Weihenacht und den zum Thema passenden Raunächten

Übrigens - schön geschrieben und ausdrucksstarke Bilder!

(Der Antaghar)
Selbst mit Bildern hätt ich nicht ausdrücken können was du beschreibst Herr Antaghar...
kompliment für deine geistige Ausführung...
LG. Mario
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