Läßt sich ...
... an diesem Geschichtenanfang die Zeit des Geschehens erkennen (1) und kommt Spannung rüber (2)? Der dicke Sternberger
Wortlos reichte der dicke Mann dem Schaffner die Fahrkarte, wortlos knipste der das Loch in deren Rand. Draußen war der Himmel blau, dieses blau des Sommers, das unverwechselbar ist, so blau wie kein Kleid zu der Zeit, blau wie Wickenblüten.
Das Abteil war halbleer, außer dem dicken Mann mit den zwei Koffern, die er schwitzend auf die Ablage gewuchtet hatte, saßen eine Städterin und ich auf den grünen Lederolbezügen und starrten ins Helle. Im Korn neben dem Gleis hob ein Reh den Kopf, sah wohl Frieden und äste dann weiter.
Der dicke Mann hatte ein Notizbuch aus der Innentasche seines leicht abgewetzten Reddingots gezogen und addierte – so sah aus zumindest von meinem Sitz aus aus – Zahlen. Jede Seite schloss er mit einem kräftigen Doppelstrich seines Kopierstiftes, den er mit blauer Zunge anleckte. Mal zu mal gab er den kurzen Stift zum Notizbuch in die linke Hand, schob die Nickelbrille zurück zur Nasenwurzel und wischte sich mit einem dunkelblauen Taschentuch die Stirn.
Der Zug bremste, und der dicke Mann zerrte die Pappkoffer von der Ablage. Der eine war braun wie alter Rost, der andere schwarz. Sehr schwer schienen die Koffer nicht, aber auch wiederum nicht so leicht wie leere. Als der Zug hielt, griff er den braunen mit der rechten, den schwarzen mit der linken und stieg, den schwarzen vor sich haltend und den braunen hinter sich, auf den niedrigen Peron von Below Bahnhof.
Ich hielt Ausschau nach Onkel Gustav, er saß auf seinem Bock und schmökte eine Zigarre. Lotte schnaubte.
„Sternberger, wüllst na Dobbin?, fragte er den dicken Mann und der antwortete hochdeutsch: „Wohlan, dort will ich meine Kurzwaren feilbieten.“
In Onkel Gustavs Augenwinkel zuckte es – so, wie wenn er den Witz mit dem Pastor und dem Ei erzählte und zu mir sagte er: „Na, Jung, du büst ja wedder wassen. Sett di moal taun Milchkann‘“
Ich half dem „Sternberger“ seine Koffer auf den Pferdewagen zu laden, warf meinen Rucksack hinterher und stieg zu den Kannen. Der dicke Mann setzte sich neben Onkel Gustav, der schnalzte und Lotte zog an. Auf dem Kopfsteinpflaster des Bahnhofsplatzes ratterten die Eisenreifen und Lottes Hufe klapperten, doch auf dem Sandweg durch die Tannen hörte man nur das feine Reiben und das dumpfe Klopfen von Huf und Rädern. Nichts sonst unterbrach das tsip-tsak, tsip-tsak und flüttötö der Lerchen und Kiebitze, ganz fern klapperte ein Dreschkasten. Jetzt schon?