Treppenstufengespräche: Cleo Patra
Cleo Patra„Kleo, nun setz dich. So lang ist sie nun auch nicht unbedingt.“
„Nicht unbedingt?“ Nicht unbedingt! Sie ist nicht lang, meine Zunge.“
[Später werden die gallischen Geschichtsschreiber Goscinny und Uderzo auf Grund falscher Überlieferung das adjektiv „lang“ auf die Nase anstatt der Zunge beziehen.]
(… es folgen 15 Minuten eines Monologs über Eselsmilch, Kamelhoden und deren Wirkung auf die Potenz und der Erkenntnis, dass man die ‚Potenz einer Frau‘ nicht an der Länge der Zunge, äh: Nase abschätzen sollte …)
„Kleo, setz dich.“
„Nein!“
„Kleo! Platz!“
(… es folgen 3,75 Sekunden der Ruhe. Bei meinem Hund wirkt das länger …)
„Cleo schreibt man mit ‚C‘, nicht mit ‚K‘ “
„Meine liebste, für die spätere deutsche Geschichtsschreibung…“
Ich kam nicht weiter.
„C, C, C… nicht ‚K‘ “
„Cleo, also gut. Du bist eine Prinzessin von mazedonischem Blute.“
„Makedonisch! Mit ‚K‘ wie ‚Kleopatra‘.“
„Nicht mit ‚C‘ ?“
Auch Heulen gehört in das Repertoire ihrer Gefühlsausbrüche.
„Männer verwirren mich immer. Ich bin nur eine schwache Prinzess…. Waaaaaas? Sagtest du Prinzessin? Ich bin eine KÖNIGIN! Die Herrscherin über Ober- und Unterägypten, über, über, über… Cäsar und Anton,…“
Ich liebe ihre Wutausbrüche. Es macht sie so fraulich; entschuldigung: königlich.
„Sag, möchtest du über Gajus Julius reden?“
„Über die Ratte? Nein.“
„Wieso Ratte?“
„Wegen seines langen, nackten Schwanzes. … Nein will ich nicht.“
„Erzählst du mir von Mark Antonius?“
„Marc mit ‚K‘ oder mit ‚C‘?
„Gibt es zwei in deinem Leben?“
„Zumindest ist er Potent wie zwei Kamelhengste, der Marcus.“
kicherte sie affektiert. „Aber es kann auch daran liegen, dass er immer zuerst zwei seiner Legionäre vorschickte, zu prüfen, ob die Luft rein sein. Aber nicht nur die Luft war rein. Ich bin doch eine reinliche Frau, ähhhm Königin von ptolemäerischem Blute.“
„Nicht makedonisch?"
„Mazedonisch!“
„Also doch.“
„Nein.“
Ich ließ sie zur Ruhe kommen und wagte es nicht mehr, ihr zu widersprechen. Ich werde ihr nie wieder widersprechen, wenn ich meinen ultimativ blutdrucksenkenden Schirling nicht dabei habe.
„Cleo, nun, da du XXXIX Jahre alt bist…“
„XXXIX?“ Cleo heulte erbost auf. „Weißt du nicht, dass wir Araberinnen …“
„Ptolemäerinnen“, versuchte ich, sie zu verbessern. Es blieb beim Versuch.
„Unterbrech mich nicht! Wir Araberinnen haben ein eigenes Zahlensystem zur Beschreibung des Alters der Alterslosen erfunden.“
Sie hielt inne. Eine Ewigkeit: 2,25 Sekunden.
„Ich bin 39! Das System hat Vorteile. Unschätzbare Vorzüge. Wenn eine Frau im Alter von zehn Jahren …“
„X?“
„Nein: 10!“
„Wenn sie also erwachsen wird, werden die Zahlen nicht mehr länger. Sie bleiben zweistellig. Die Frau bleibt de facto ewig jung.“
„Und was ist, wenn sie 100 wird?“
Zum ersten Mal habe ich Cleo sprachlos erlebt. Grübelnd setzte sie sich wieder auf die Stufen des Palastes von Theben. Plötzlich sprang sie auf: „Dann werde ich eben nie 100, sondern wohl doch ‚C‘ “
„‘C‘, nicht ‚K‘ ?“
Es brachte sie ultimativ und final aus der Fassung.
„Cleo, wie spät ist es eigentlich?“
„Kurz vor Natter.“