Das fünfzehnte Türchen
Die Moritat von gestern schrieb
@*******y42
in einer Geschichte ohne Kamin und Huhu
Heute haben wir was ohne Elfe und Drachen
trotzdem lässt sich drüber schmunzeln, vielleicht sogar lachen.
In frühen Zeiten
Ein ganz anderes Leben war das damals, oder? Die Regentschaft über die Welt hatten sie übernommen. Die weissen Vierbeiner. Auch wenn dies heute in den Geschichtsbüchern völlig ausradiert ist, so ist es dennoch wahr. Aber schauen wir uns die Hintergründe an.
Orcha, der grasgrüne Wetterfrosch saß seit Jahren oben auf der Leiter. Ganz ohne schönes Wetter. Das führte dazu, dass alle anderen Zeitgenossen gegen ihn revoltierten. Sie zogen übers Land, brandschatzten, nahmen Gefangene, missachteten jegliches Recht auf eigene Meinungen und, was nicht zu unterschätzen war, führten die Ursache ihres Tun und Handelns stets auf Orchas stoisches Besetzen der oberen Leitersprosse zurück. Immer mehr Arten und Völker wurden dabei ausgerottet. Orchas Stab versuchte dies zu verhindern in dem er Gesetze erliess und einiges in Sachen Imagetuning in den Ring warf. Aber es war chancenlos und so kam es, dass auch die Leiter direktes Angriffsziel wurde. Man sagte, es seien Kannibalen am Werk gewesen, die letztendlich Orchas Beine ausrissen und diese mit einer kleinen stinkenden Knolle würzten bevor sie verspeist wurden. Mit einer unbesetzten oberen Leitersprosse allerdings nahmen die Krawalle und anarchischen Aktionen zu. Alle Lebewesen waren völlig ohne Plan und Orientierung. Alle? Nein, ganz so stimmte das nicht.
Auf einer kleinen Insel, man nimmt an sie wäre hinter Glummerland gewesen, gab es eine hochentwickelte Lebensform. Es waren groß gewachsene Vierbeiner mit weissem Fell und regenbogenfarbenen Haaren. Über die Jahre ihrer Existenz hatten sie gelernt sich gegenseitig zu verständigen. Heute weiss man, sie konnten sprechen.
Da die klimatischen Verhältnisse in jener Zeit einem starken Wandel unterworfen waren, bildete sich zwischen der Insel der weissen Wesen, wir würden heute Ponys sagen, und der Nachbarinsel Glummerland eine Sandbank. Nach dem die Ponys mehrheitlich der Meinung waren, man könne es wagen, machten sie sich auf den Weg nach Glummerland. Dort trafen sie auf einen ihnen gänzlich unbekannten technischen Fortschritt, Glemma, die Lokomotive mit ihren gerade gebauten Anhängewaggons. Die Ponys, rhetorisch jetzt auf einer hohen Entwicklungsstufe, handelten mit den Besitzern der Eisenbahn und tauschten diese gegen ihre Ursprungsinsel. Als der Handel mit Hufschlag besiegelt war, bestiegen sie den Zug und fuhren los. Jedoch nicht fortwährend im Kreis, nein, hinter den Bergen gab es eine weitere Meerwasserfurt und darüber kamen sie auf ein Festland.
Man stelle sich das einmal vor. Strahlend weisse Ponys mit regenbogenfarbener Mähne, vereinzelt darin eingeflochtene Glitzersteine, trafen auf Wesen, die sich abgemagert und mit Lumpengewändern durch das Land schlugen. Praya, die schönste unter den Ponys erkannte sofort ihre Chance und berief eine Vollversammlung ein. Zu dieser kamen überraschenderweise auch viele der anderen Arten, ausgezehrt und vom harten Kampf gezeichnet. Praya stand strahlend auf einer Anhöhe und erklärte den Plan zur Befriedung des Landes, zum Schaffen von dauerhaftem Wohlstand und Glück. Das gesamte Auditorium brach darauf in lauten Jubel aus. Prayas engster Beraterstab hatte diesen Moment schon vorhergesehen und nutzte ihn, in dem sie Früchte aus Wäldern und Feldern verteilten bis überall ringsum ein sattes Schnaufen und Grunzen zu hören war. Unterdessen stand Praya weiterhin auf der Anhöhe und setzte ihre Ansprache fort. Sie erklärte ihre Herkunft mit einer direkten Abstammung von einer unsichtbaren Macht, die über alle Geschöpfe herrsche. Dabei zogen zwei Ponys aus Prayas engstem Gefolge über und über mit Glitzersteinen behängte grüne Bäume auf die Anhöhe, sichtbar für alle. Dann stimmten sie in einen melodischen Ruf ein, der im Wesentlichen nur aussagte, dass Praya alle Kreaturen retten könne und dass sie die Erlöserin von allem Übel sei.
Dieses Ereignis wurde rasch im ganzen Land bekannt. Die Ponys verkündeten die frohe Botschaft im Auftrage ihrer Königin, wie Praya sich jetzt nannte. Soweit es möglich war lernten alle Kreaturen die Lautierungen der Ponys und zunehmend machte sich eine einheitliche Sprache breit. Irgendwann errichteten die Ponys ein offizielles Hauptquartier mit einer hohen Aussentreppe, auf deren oberster Stufe Praya saß. Jährlich feierte man zu Füssen der Treppe den Tag der Erscheinung von Praya. Man stellte überall grüne Bäume mit Glitzersteinen auf und sang Lieder, die Praya und ihre Abstammung von der grossen Macht verherrlichten.
Bis, ja bis eines Tages eine Gruppe von Zweibeinern die Abstammung von Praya anzweifelten und sich eine Gegenbewegung im Untergrund formierte. Ob diese Erfolg hatte ist wissenschaftlich nicht gesichert. Vielfach wird von einem Virus berichtet. Auch ein Kometeneinschlag wird oft zitiert. Aber wer weiss schon genau was sich vor Jahrmillionen ereignet hat. Knochenfunde weisen allerdings in der Region von Glummé, einer afrikanischen Stadt an der Südküste, auf eine sehr frühe Pferdepopulation hin.