Die Zeit und Ich
Eigentlich keine Kurzgeschichte, nur Gedankenfetzen... ich möchte sie trotzdem mit euch teilen. SilviaDie Zeit und ich, wir scheinen ein unterschiedliches Tempo zu haben. Wir sind wie zwei Züge auf unterschiedlichen Gleisen.
Manchmal wartet die Zeit in einem Bahnhof auf mich. Da begreife, verstehe, fühle ich sie, ich weiß. Die Zeit, unser Leben und unsere Welt sind dann ein Paradoxon, welches sich vor mir auflöst. Dann fahren die Zeit und ich ein Stück nebeneinander her, sogar in gleichem Tempo. Wir sind eins, ich bin eins... und fühle mich ein wenig wie Guinan oder Cassiopeia.
Aber dann wird es nebelig und wenn ich auf das Gleis neben mir schaue, ist es leer. Die Zeit und ich, wir haben uns wieder aus den Augen verloren.
Oft gibt es Momente, da weiß ich noch nicht einmal, wie alt ich eigentlich bin. 43 sagt mein Pass. Glaube ich das? Gestern war ich doch erst 25, vorgestern 14. Und will ich wirklich irgendwann mal 75 sein? Eigentlich wollte ich 100 werden. Das scheint mir weiter entfernt als 432 Jahre, ist es aber nicht. Gut, dass ich verdammt schlecht rechnen kann. So lebe ich weiter in der zweifelnden Gewissheit, dass ich unsterblich bin.
Menschen kommen und gehen in und durch mein Leben, und ich durch das ihre. Die, die vor ein paar Stunden noch meine Freunde waren, wissen jetzt nicht einmal mehr meinen Namen. Gelegentlich taucht einer wieder auf, „Wer-kennt-wen“ sei dank. Aber will ich das überhaupt? Das Leben mit diesen Menschen ist längst vorbei, selbst die Erinnerungen daran sind blasser als Pergament-Papier. Die Person, die sie kannten, hat mit mir so viel zu tun, wie der Pinguin mit dem Nordpol.
Albert Einstein soll gesagt haben, dass Zeit relativ ist. Ich habe von Physik keine Ahnung, aber wenn ich so aus meinem Abteilfenster schaue und da drüben den Zug der Zeit entschwinden sehe, dann habe ich manchmal ein Gefühl für diese Relativität. Wie sollen oder können wir Unendlichkeit (be-)greifen, wenn wir nicht einmal die Sekunde verstehen?
Mir scheint, dass wir nicht ein Leben leben, sondern viele hintereinander. Was die Frage nach dem Leben nach dem Tod absurd macht. Wir sterben ständig kleine oder große Tode, während wir ewig leben.
©DieEineEinzige
Dezember 2009