Ich präsentiere den Schluss ...
„Wie hast du das gemacht, Alex?“, fragte Frederik. Er schien nicht ganz bei der Sache zu sein und seine Forschung aus den Augen zu verlieren. „Du wirst mir nicht mehr alles versauen.“
Erik wusste nicht was der andere meinte. Er lag nur stöhnend da und hoffte, dass das Jucken und Brennen in den Augen nachlassen würde. Verzweifelt versuchte er durch den Schleier zu sehen, der ihn erblinden ließ. „Fred, Frederik, ich bin nicht Alex“, murmelte er.
„Das weiß ich, Idiot. Wie hast du die Keime getötet?“, herrschte er ihn an.
„Sieh genauer nach, dann findest du es auch alleine heraus.“
„Nicht frech werden, Alex. Hier habe ich das Kommando.“
„Was ist mit dir los? Ich bin nicht Alex.“
Frederik schien immer verwirrter zu werden. Sein Atem ging schwerer. Immer wieder musste er sich abstützen. „Mir geht es gut, aber dir bald nicht mehr, wenn du nicht mit den Frechheiten aufhörst“, drohte der Forscher, holte eine neue Spritze und eine Ampulle.
„Nein, Frederik, gib mir nichts mehr. Lass es gut sein. Du kannst diese Studien auch simulieren. Warum musst du die Versuche am Menschen machen?“, drängte Erik und versuchte gleichzeitig die Schmerzen zu ignorieren. Er wollte in die Gedanken des anderen eindringen und ihm suggerieren, dass er ihn frei lassen musste. Aber noch war Frederik in einer stärkeren Position.
„Versuch das nicht noch einmal!“, brüllte Frederik und zog die Spritze auf. „Wehe dir, du versuchst noch einmal mir deine Gefühle zu senden!“
„Ich schwöre dir, das war ich nicht.“
Frederik kam auf Erik zu, die Spritze hielt er bedrohlich in einer Hand, mit der anderen schlug er jetzt auf sein Opfer ein. „Ich werde es nicht zulassen, dass ihr mein Werk zerstört. Alex, Agnes und du! Hast du verstanden? Immer wieder sabotiert ihr die Wissenschaft! Nichts Wichtigeres gibt es im Leben! Mein Auftrag lautet ein Heilmittel für alle Krankheiten zu finden und das werde ich! Halt jetzt den Mund oder ich werde dich knebeln!“
Erik erschrak durch die Feindseligkeit in der Stimme des Wissenschafters. Noch nie war er solch blankem Hass gegenübergestanden.
„Ich bringe keine Resultate, haben sie gesagt. Denen werde ich Lösungen präsentieren, dass ihnen die Augen übergehen!“ Wütend rammte er die Spritze in Eriks Oberarm und rief anschließend durch den Kommunikator: „Brian, komm auf 18, nimm das Rasierzeug und den Knebel mit!“
Erik hörte, wie er Dinge zurechtlegte und einen Wagen neben ihn schob. Metallische Geräusche waren zu hören, dann dachte er, er würde vor Angst verrückt werden, als er eine Bohrmaschine hörte.
„Frederik, tu das nicht“, bat er flehentlich. „Ich weiß was du tun willst, dort wirst du keine Ergebnisse finden.“
Brian trat ein und stopfte Erik den Knebel in den Mund, dann rasierte er ihm den Kopf.
‚Hört auf’, dachte er verzweifelt. ‚Lasst meinen Kopf in Ruhe.’ Er hatte die Kinder mit den Löchern und den Sonden im Schädel gesehen und den Schmerz des jungen Mannes ertragen. Aber ob er das am eigenen Leib aushalten würde, wusste er nicht, er wollte es nicht wissen. Das Beruhigungsmittel begann zu wirken und er lag still.
Das Geräusch des Bohrers brachte ihn fast um den Verstand. Sein Herz schlug zum Bersten und drückte gegen das Brustbein, es schien mit jedem Schlag die Luft aus ihm zu verdrängen. Atemlos, voll Schrecken wartete er auf die Berührung des Metalls, das mit unerbittlicher Kraft den Knochen durchdringen würde. Verzweiflung und Schmerz zeichneten sich in seinem Gesicht ab. Sein ganzer Körper war angespannt.
Dann war es so weit und Frederik begann mit seiner Arbeit. Erik schrie durch den Knebel hindurch. Noch nie wurde das am unbetäubten Menschen durchgeführt, wach waren sie alle gewesen, aber er hatte ihnen ausreichend Schmerzmittel gegeben. Erik musste das so aushalten. Nur wenig Blut kam aus der Wunde, der Schock hatte die Blutung gar nicht erst einsetzen lassen. Er musste sich übergeben und durch den Knebel war er gezwungen alles wieder runterzuwürgen. Dann umfing ihn endlich Bewusstlosigkeit.
Agnes stand vor dem Tor und hörte den Schrei. Sie sandte ihren Geist wieder aus. Irgendwo musste der Code zu finden sein. Dann kam ihr eine Idee. Es war Frederiks Büro und sehr einfallsreich war er noch nie gewesen. Entschlossen tippte sie sein Entstehungsdatum ein. Lautlos glitt die Tür auf und sie schlich hindurch, immer an die Wand gedrückt, von einer Tür zur anderen huschte sie. Die Waffe hielt sie schussbereit und entsichert in der Hand, dabei hoffte sie, nicht schießen werden zu müssen. Sie erfühlte sich nun den richtigen Weg. Der Hass und die Schadenfreude nahmen überhand. Sie wurden nur von unermesslichem Schmerz überlagert, nicht einmal die Angst war so groß.
Vor einer der vielen Türen blieb sie stehen. Von innen vernahm sie Maschinengebrumm und leises Reden. Also war mehr als eine Person dort. Tief holte sie Atem und fasste nach dem Türgriff. In diesem Moment wurde sie aufgerissen und sie starrte dem Helfer ins Gesicht. Ohne zu überlegen hob sie die Waffe und drückte ab, mitten ins Herz ging das Geschoss. Sie hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Rasch stieg sie über den Toten und zielte auf Frederik. „Hör auf!“, befahl sie.
„Du wirst mich nicht abknallen, Agnes“, entgegnete er selbstsicher. „Nimm die Waffe runter, oder ich bohre direkt in sein Hirn.“
Agnes senkte die Pistole, behielt sie aber in der Hand.
„Was hast du immer nur mit diesen sonderbaren Typen? Zuerst Alex und jetzt der da? Ich wollte mich mit dir zusammen geben lassen. Unsere Familiengene sind kompatibel und würden sich hervorragend ergänzen.“
„Du bist verrückt, Frederik. Nicht jeder will um jeden Preis Erfolg und Macht. Dir ging es nur um den Familiennamen und die Gene. Ich interessiere dich nicht und das macht mir auch nichts aus. Aber lass jetzt bitte von Erik.“ Während sie sprach war sie vorsichtig einen Schritt weitergegangen. Dabei sandte sie ganz leise unangenehme Gefühle aus: Einsamkeit, Schmerz, Schuld, Scham. Es waren ihre eigenen Gefühle, die sie ihm zu sehen gab. „Freddie, mach die Augen auf. Es ist nicht alles immer nur Wissenschaft. Hier liegt ein Mensch vor dir, und keine Maschine. Willst du immer nur vernichten?“ Wieder kam sie näher und verstärkte die erinnerten Gefühle. Als er nicht reagierte, ging sie weiter. Jetzt zeigte sie ihm Liebe, was es heißt, wenn man ohne Rücksicht auf das eigene Leben für jemand anderen eintritt. Sie zeigte ihm was Fürsorge ist, wenn man mit seinem Schmerz nicht alleine zu sein braucht und gehalten wird. „Ich kann dich halten Freddie, du musst es nur wollen“, sagte sie ganz leise. Nun stand sie direkt vor ihm. Die Waffe lag schwer in ihrer Hand, aber sie ließ nicht los. „Freddie soll ich dich halten?“, fragte sie wieder.
„Hör auf damit! Du bist auch eine dieser Verblendeten. Stör nicht meine Arbeit!“ Frederik ließ sich nicht beirren. Wieder setzte er den Bohrer an. Noch bevor er ihn einschalten konnte, hob Agnes die Waffe und drückte ab. Frederik fiel polternd zu Boden, in seiner Stirn prangte ein grausiges Loch.
‚Nur noch ein Schuss übrig’, dachte sie. ‚Ich hoffe, es sind keine Wachen mehr hier.’ Dann wandte sie sich Erik zu, der noch immer bewusstlos auf der Trage lag. Sie begann damit die Kopfwunde zu verbinden. Dann entfernte sie den Knebel und die Fesseln. Sanft wusch sie ihn den Schweiß vom Körper. Die Berührung weckte ihn und stöhnend regte er sich. Orientierungslos wedelte er mit der Hand. „Wer ist da?“, fragte er unsicher.
„Erik, ich bin es, Agnes. Wir müssen von hier verschwinden“, sagte sie drängend. „Kannst du gehen?“
„Ich werde wohl müssen. Aber mir ist so schlecht und ich kann nichts sehen. Agnes, ich weiß nicht, was er mir gegeben hat. Kann sein, dass sich die Mühe mich zu retten nicht lohnt. Wenn ich liegenbleiben sollte, dann rette dich selbst und versteck dich so gut du kannst.“
Agnes kämpfte weiter mit den Tränen und der Angst, aber noch hielt die Entschlossenheit die Oberhand. „Wir werden sehen, Erik. Jetzt brauchst du erst einmal etwas zum Anziehen. Freddies Sachen sind dir zu klein, aber die von dem anderen müssten passen, auch wenn sie dir zu weit sind, ist es besser als nur in Shorts durch die Gegend zu rennen.“ Sie redete einfach irgendetwas, damit er sie hören konnte. Immer weiter ging ihr Redestrom. Es war grausam und ekelhaft den Leichnam zu entkleiden. Schließlich war es geschafft und sie half Erik in die Sachen.
„Mich wundert, dass nach dem Radau, den ich hier veranstaltet habe, noch keiner nachschauen gekommen ist“, sagte sie, als sie ihm auf die Beine half.
„Mich nicht. Heute ist irgendeine Delegation hier, die sind in den oberen Büroräumen und kommen sich wichtig vor. Gehen wir dorthin? Wollen wir ihnen einige Gefühle präsentieren?“ Dann hielt er sich an ihr fest und drückte sie an sich. „Ich fürchtete schon, dich nie wieder zu sehen. Wir geben nicht auf, nicht wahr, Agnes? Niemals.“
„Nein, wir geben nicht auf, mein Lieber.“ Auch sie klammerte sich an ihm fest. „Schade um dein schönes Haar“, sagte sie als sie ihm über den Kopf strich.
„Ich kann es nicht mehr sehen, also ist es mir gleichgültig. Aber ich finde es schade, dass ich dich nicht sehen kann. Gehen wir?“
Agnes machte sich los und sagte: „Einen Moment noch. Freddie hat eine Chipkarte, damit können wir den Lift benutzen und durch alle Türen gehen.“ Schnell fand sie das gewünschte Teil und dann kehrten sie diesem brutalen Ort den Rücken.
Keine Menschenseele begegnete ihnen am Gang. Am Lift war immer noch keiner zu sehen. Sie waren verwundert, weil hier nichts und niemand anwesend war. Agnes drückte auf den Knopf in den zehnten Stock und sie fuhren los.
„Vorsicht beim Aussteigen, Erik.“ Sie hörten die Leute schon, während die Lifttür aufging. Agnes hob die Waffe. Es wusste niemand, dass sie nur mehr eine Patrone im Magazin hatte. Also setzte sie die eiskalte Lindstrom-Miene auf und zog Erik mit sich. Es kostete ihn erhebliche Kraft, die Füße auch nur anzuheben.
„Ich kann nicht mehr, lass mich fallen“, flüsterte er.
„Nein!“, kam es entschieden zurück. „Ich lasse niemanden fallen.“ Sie sah sich in dem Foyer um. Dann zeigte sie mit der Waffe auf einen jungen Mann und rief: „He, Sie da! Kommen Sie her und stützen sie meinen Freund! Hopp, hopp. Etwas schneller, wenn ich bitten darf! Seien Sie nicht so schüchtern, eine Berührung bringt sie nicht um.“ Als der Mann Erik endlich geschultert hatte, sagte Agnes weiter: „Und jetzt bringen Sie uns zu Ihrem Boss. Dort soll ja heute eine Veranstaltung sein. Wenn Sie uns vorstellen wollen, wir sind Doktor Lindstrom und Doktor Landmann, nicht ganz unbekannte Namen, wie ich bemerken darf.“
Jedes Mal wenn Agnes einen Blick auf Erik warf, gab es ihr einen Stich ins Herz. Aber jetzt musste sie sich hart machen für das was sie beide vorhatten. Gemeinsam hatten sie sich geschworen der Welt die Liebe zu zeigen. Eine bessere Möglichkeit als heute würde sich nicht mehr so schnell ergeben. Sie waren bereits im Gebäude und soviel sie wussten war fast der gesamte Senat anwesend. Auch einige Medienleute waren da. Agnes hatte sie im Foyer gesehen. Wie ein Rattenschwanz schlichen ihnen die Reporter nach.
„Machen Sie auf und melden Sie uns an“, befahl sie und wedelte mit der Pistole. Dann wandte sie sich an die Reporter: „Sie sind eingeladen, unserer Rede zuzuhören. Und sehen Sie sich meinen Freund ganz genau an! Er wurde als Versuchstier missbraucht – und er war bei weitem nicht der einzige in den Labors. Notieren Sie sich das: in den Versuchseinrichtungen werden Kinder verstümmelt und mit Medikamenten vollgepumpt bis sie daran sterben.“ Mit einem Arm stütze sie Erik und in der anderen hielt sie die Waffe.
„Ich habe so den Eindruck, dass bald unser alter Arbeitsgeber hier auftauchen wird. Wir werden schnell machen müssen," flüsterte er
„Ich weiß.“ Zusammen betraten sie den Saal. Agnes sah alle Senatoren, darunter auch ihre Eltern, die sie empört anstarrten und Erik angewidert musterten. Er öffnete seinen Geist so weit er es mit der Betäubung schaffte und begrüßte alte Bekannte.
„Landmann! Das ist Hauptmann Landmann“, hörten sie jemanden sagen. „Ich kenne ihn. Was ist mit ihm geschehen?“
„Senator Gilmore, es freut mich, dass Sie mich noch kennen. Fragen Sie Abgeordneten Meyer, sie waren doch unten in den Labors. Es war Ihre Stimme die ich hörte.“ Alle blickten jetzt auf den Genannten. „Geben Sie uns Ihre Erinnerungen Abgeordneter. Teilen Sie das, was Doktor Hauser Ihnen gesagt hat“, forderte er. Aber der Abgeordnete versteckte sich hinter einer Mauer aus Korrektheit und vermied den Blickkontakt zu den Kollegen.
„Agnes, ich muss mich setzen“, flüsterte er.
„Sie da! Bringen Sie einen Stuhl her!“, befahl sie barsch und unterstrich die Dringlichkeit durch einen Wink mit der Pistole. Schnell stand ein Sessel da und Erik ließ sich seufzend darauf nieder. „Kannst du ihnen jetzt die Gefühle präsentieren, Liebes?“ Er hatte alle Liebe in seine Stimme gelegt, die er in dem Moment empfand. „Auch wenn ich nie wieder sehen werde, habe ich dein Gesicht immer vor mir.“ Er fasste nach ihrer Hand und küsste sie. Ein empörtes Raunen ging durch den Saal. Erik hatte mit voller Absicht so gehandelt. Die Leute mussten aufgerüttelt werden. Agnes umarmte ihn und nahm auf seinem Schoß platz. Alles war eine Demonstration der Gefühle und wie man ihnen Ausdruck verleihen kann. Er lächelte als er sie so schwer auf sich fühlte. „Es geht los“, sagte er noch, dann half er Agnes den Leuten die Liebe zu zeigen. Erik verstärkte die Vision und sandte sie auch außerhalb des Raumes. Es waren aber nur Agnes Emotionen. Seine waren noch zu sehr mit Schmerz vermengt, dass er es nicht wagte, sie zu zeigen. So gab sie ihre Liebe preis und fühlte sie wachsen.
„Jetzt weiß ich, was Alex gemeint hat, als er sagte, er liebt die Menschen.“
Im Saal war es ruhig geworden. Alle versuchten die empfangenen Eindrücke zu verarbeiten. Da sagte Erik unvermittelt: „Die Militärpolizei ist im Haus. Agnes, geh bitte und lass mir die Waffe.“
„Nein, Erik. Entweder wir gehen gemeinsam oder gar nicht. Ich stehe zu dem was ich getan habe.“
„Aber ich bin dein vorgesetzter Offizier. Du kannst immer behaupten nur Befehle befolgt zu haben. Ich möchte dich lieber in Sicherheit und am Leben wissen.“
„Das weiß ich doch. Aber lieber sterbe ich mit dir, als in dieser Welt zu leben, wo der Einzelne nichts zählt und jeder nur nach Macht strebt und die sogenannten Unwerten unterdrückt und ihre Gene so manipuliert, dass sie mit spätestens fünfzig Jahren tot umfallen.“ Diese Gedanken hatte sie eben von ihm empfangen. Noch immer starrten die Leute verblüfft auf Agnes und Erik, die sich heftig aneinanderklammerten.
„Wir geben nicht auf“, sagte sie und küsste ihn.
„Hört auf, ihr beiden! Sofort!“, brüllte Senator Landmann. „Ich schäme mich, dass so etwas aus meinen Genen entstanden ist!“
„Sei still!“, fauchte Erik. „Du hast keine Ahnung wovon du redest. – Agnes, hilf mir auf, ich will zu diesen Blinden gehen. Sie wollen nicht sehen, also werden sie es fühlen müssen.“
Zitternd und sich fest an Agnes klammernd stand er auf und schwankte zu den Leuten, die sich um einen großen Tisch drängten. Dort ließ er sich wieder auf einen Stuhl nieder und jetzt merkte er, dass er seine internen Mauern wieder sehen konnte. Er riss sie nieder und ließ alles raus, was er in der Vergangenheit erlebt hatte. Mit der Wut der Verzweiflung zeigte er ihnen ein Kind das an der Einsamkeit beinahe zugrunde gegangen war. Dann war da ein junger Mann der nach Zuspruch suchte und nichts als Forderungen fand. Später auf der Militärakademie, der beinharte Drill, der den wissenschaftlich interessierten Jungen fast brach. Und dann seine Entscheidung Agnes zu helfen, als er in sich eine Hoffnung auf ein anderes Leben keimen fühlte. Jetzt zeigte er die Erinnerungen, als sie sich in Liebe vereint hatten. Die meisten Leute wurden rot und senkten verlegen den Blick. Schon wollten die ersten zu protestieren anfangen als die ersten den Schmerz fühlten. Das war etwas Unbekanntes für diese behüteten Leute, die sich höchstens einmal beim Rasieren schnitten. Einige fielen in Ohnmacht, andere schrien. Erik kannte kein Mitleid mit ihnen. Sie hatten auch keines mit den Probanden, denn viele von ihnen waren im Vorstand des Gentech Konzerns. „Hört mit den Forschungen am Menschen auf!“, forderte er. „Wir haben die Tierversuche aufgegeben, weil wir niemanden mehr quälen wollten und ihr macht so weiter. Jedes Leben ist wertvoll!“, schloss er. Wieder griff er nach Agnes Hand und drückte sie.
Die Reporter hatten interessiert und ergriffen zugehört und die Emotionen empfangen. Jetzt begannen die ersten damit, die Daten zu übertragen. Jeder wollte der erste sein, der diese Neuigkeit präsentierte. Bald würde es auf allen Kanälen zu sehen sein, wie sich zwei Menschen küssten, ohne dass sie tot umfielen.
„Noch könntest du gehen, Agnes“, flüsterte er wieder. „Ich trage es, weil mein Leben ist zu Ende. Geh, nimm einen anderen Namen an und versuche glücklich zu werden. Suche Alex, du weißt wo er ist. Sainkoh wird dir helfen es zu bauen, ich weiß, dass sie es kann. Wir haben den Menschen die Liebe gezeigt, ihnen eine Tür geöffnet, durchgehen müssen sie selber. Ich liebe dich und deshalb bitte ich dich jetzt zu gehen. Ich werde leichter sterben können, wenn ich dich in Sicherheit weiß.“
Agnes konnte nichts mehr sagen, sie gab ihm die Pistole und schaute ihn traurig an. Dann umarmte sie ihn noch einmal und rannte hinaus. Vorbei an den erstaunten Reportern, die nicht wussten, wie sie weiter berichten sollten.
Gelassen wartete er auf die Militärpolizei und ließ sich widerstandslos abführen. Stumm trat er später der Kommission gegenüber und nahm alle Schuld auf sich. Er log und behauptete, Agnes als Geisel genommen zu haben. Niemand glaubte ihm, aber es gab keine Beweise für das Gegenteil. Agnes Lindstrom wurde eifrig gesucht aber nie gefunden.
„Die Liebe ist das wichtigste auf der Welt. Ich habe euch einen Weg gezeigt“, waren seine letzten Worte.
Erik Landmann starb mit einem Lächeln im Gesicht.
(c) Herta 1/2010