... es geht weiter ;-)
Sie legte einen Stick nach dem anderen ein und tat nur mehr so als würde sie arbeiten. Die Wahrheit interessierte hier keinen, also gab sie sich bei den letzten Dateien keine Mühe. Sie übersetzte oberflächlich und automatisch, ging einigen Querverweisen nach, die sich aber als wertlos erwiesen und stieß schließlich auf einen Namen, den sie kannte. Das machte sie stutzig. Sie fand eine Botschaft nach der anderen. War das Zufall? Oder hatte er alles geplant? Sainkoh Nikitina, stand am Rand eines Querverweises. Angestrengt überlegte sie, ob sie eine Frau mit diesem Namen kannte.
„Wenn du mal Hilfe brauchst, Agnes, dann geh zu Sainkoh, sie wird weiter wissen“, hatte Alex einmal gesagt, nachdem sie ihm von ihrer Angst berichtet hatte, einmal abgeholt und verschleppt zu werden. Ihm war es dann viel früher passiert. ‚Wo steckst du nur? Wohin haben dich diese Arschlöcher gesteckt?’, dachte sie verzweifelt.
‚Ich kann nicht zu Sainkoh gehen. Sie ist nicht hier, oder doch?’ Hier begannen sich ihre Gedanken wieder im Kreis zu drehen. Hilfe konnte sie von keinem erwarten. ‚Max? Aber ich glaube nicht, dass er aus seinem Schneckenhaus heraus will.’
Endlich wurde sie aus dem engen Labor entlassen. Müde grüßte sie den Offizier, bevor er sie zu den Unterkünften geleitete.
„Wie bist du voran gekommen?“
„Ich bin fertig und zwar im doppelten Sinn. Vierundzwanzig Stunden frei ist alles, was ich will, dann kann ich wieder arbeiten. Jetzt kommt das Modul dran, das ist verzwickter, als das andere. Bitte, Sir, nur einen Tag und eine Nacht.“ Sie klang genauso müde und verzweifelt wie sie sich fühlte. Der Leutnant schaute sie zum ersten Mal richtig an, die ganzen Monate, die letzten beiden Jahre, hatte er sie nie wirklich gesehen. Jetzt erkannte er, dass sie tatsächlich am Ende war.
„Morgen beginnst du mit dem Modul und dann werden wir weiter sehen“, sagte er etwas freundlicher als sonst. „Ich berichte dem Generalstab von deinen Fortschritten.“
„Danke, Sir.“ Mehr konnte sie nicht erwarten. Bis auf den Ausbruch am Morgen war sie immer ruhig gewesen und hatte sich an die Anweisungen gehalten, zwar etwas widerwillig, aber sie hatte funktioniert. Mehr wollten sie nicht von ihr. Mehr wurde von einer Lindstrom nicht erwartet – Haltung und Perfektion, arbeiten ohne zu murren.
Allein in der Unterkunft überlegte sie, wie und wo sie Hilfe bekommen könnte. Es gab jetzt keine Möglichkeit mehr, unbeaufsichtigt zu arbeiten. Am Modul würden Techniker dabei sein, die alles genau studieren wollten. Irgendwie musste sie dort Zeit schinden, sie hinhalten und für dumm verkaufen. Agnes ahnte, wo die Manipulation lag. Das lockte ihr ein befriedigtes Grinsen ins Gesicht. Wenn Alex das so schlau angestellt hatte, wie sie erwartete, dann konnte nicht einmal sie diesen Fehler beheben, denn dann wäre alles auf seine persönliche DNS, seinen Retinaabdruck und seine Stimme gespeichert. Niemand sonst hätte Zugang zu den Schaltkreisen, zu den Speicherdaten.
Das Grinsen in ihrem Gesicht wurde am nächsten Morgen noch breiter, als sie ihren Verdacht bestätigt fand. Es gab nirgends Aufzeichnungen über die Herstellung des Moduls. Sie hatten das ganz spontan ohne Plan zusammen gebastelt und einen irren Spaß dabei gehabt. Alles war ihrer Fantasie und einem großen Vertrauen zueinander entsprungen und der Liebe zum Leben. Alex war so voller Liebe gewesen, das stellte sie jetzt wieder fest. Die Administration hatte ihm deswegen das Leben ständig schwer gemacht. „Du warst wirklich der einzig anständige Mensch, den ich kennen gelernt habe, Alter“, sagte sie zur Maschine. Sie beachtete die Techniker nicht, die neugierig um sie standen.
„Wie soll uns wohl eine Historikerin helfen können? Das ist ein technisches Problem“, war der O-Ton der zukünftigen Kollegen. Damit hatte sie gerechnet. Aber die ständige Ablehnung ging ihr mittlerweile tief unter die Haut. Sie schnitt ihr ins Herz und begann an ihrem Selbstvertrauen zu nagen.
„Ich habe an dem Modul mitgebaut, also bin ich wohl genug qualifiziert, Herrschaften.“
Das nahm den Leuten den Wind aus den Segeln und sie mussten schweigend zu sehen, wie sie in den Mannschaftsraum des Moduls kroch und die Anzeigen studierte. Jetzt wusste sie auch, wo er abgeblieben war und sie wurde bleich vor Wut.
„Was ist los, Doktor?“, fragte einer der Techniker und steckte seinen Kopf zur Tür herein.
„Nichts, nichts. Ich hab nur gerade gesehen, wo die zuletzt waren.“
„Wo waren sie denn? Oder sollte ich eher fragen, wann waren sie hier?“
„Das ist gut, Sir. Wann waren sie … die perfekte Aussage. Sie denken wie ein Zeitreisender, oder jemand, der sich damit beschäftigen will. Sie waren im Pleistozän, dort muss auch der Konstrukteur verschollen sein.“
„Doktor?“
„Hm?“ Sie war mit den Gedanken in der Eiszeit. Weite Steppen, gefährliche Raubtiere und nur wenige Menschen, dazu kamen Kälte und stellenweise Wassermangel aufgrund des Eises und der Versteppung. „Alter Schwede“, murmelte sie, „wenn er da hingelangt ist, dann weiß ich auch nicht wie er das überleben soll und kann.“
„Was meinten Sie Doktor?“
Agnes kroch aus dem Modul und starrte den Mann an, der so respektvoll sprach. Er stand etwas abseits der anderen und in seinen Augen erkannte sie wissenschaftliche Neugier. Nur selten hatte sie dieses Leuchten bei jemandem gesehen. Einzig Alex hatte es gehabt und manchmal auch sie selbst.
„Wie heißen Sie?“, fragte sie deshalb und ignorierte die anderen Techniker.
„Erik Landmann“, sagte er knapp und reichte ihr die Hand.
Sie wandte sich an die übrigen Techniker und erklärte: „Ich habe einen Assistenten gefunden. Einer genügt. Sollte ich unerwartet doch mehr Hilfe benötigen, Sie sind ja nicht aus der Welt. Danke. Wenn Sie mich melden wollen, tun Sie sich keinen Zwang an und gehen Sie am besten gleich zum Generalstab, dann sparen Sie sich verschiedene Wege. Dort kennt man mich.“
Entrüstet begannen die Männer durcheinander zu reden, bevor sie schließlich doch abzogen, als sie erkennen mussten, dass sie nicht nachgeben würde.
„Ich bin Agnes. Wenn ich mit jemandem zusammen arbeite, dann sind wir per du miteinander, das vereinfacht so einiges.“
„Danke. Ja, es ist einfacher, wenn man nicht immer an Titel und Rang denken muss. Was hast du da drin entdeckt? Ich weiß, wo der Fehler liegt – zumindest denke ich es. Aber so wie es aussieht, werden wir den nicht beheben können.“
„Stimmt. Und ich erwarte mir von dir, dass wir uns mit der Entdeckung dieses Fehlers mindestens eine Woche Zeit lassen. Außerdem steht mir noch ein freier Tag zu. – Ich brauche frische Luft, gehen wir raus.“
Sie zog den Jüngeren am Ärmel aus dem Labor und hinaus auf freies Gelände. Der Wachoffizier am Tor hatte sie kurz aufzuhalten versucht, aber sie hatte überheblich gesagt: „Wenn wir Wissenschafter den ganzen Tag ohne Licht und Luft arbeiten müssen, steht uns wenigstens eine halbe Stunde Luft und Licht am Tag zu. Wagen Sie nicht, uns aufzuhalten!“
Der Soldat hatte nur mehr gegrüßt und sie durch gelassen.
„Es hat wohl auch noch nie ein Korporal einen Gefreiten zuerst gegrüßt“, meinte er lachend, als sie auf einem freien Exerzierfeld standen.
„Und jetzt wird es ernst. Was denkst du, entdeckt zu haben?“, Agnes war neugierig, ob er richtig lag. Die Antwort kam prompt und ohne langes Zögern.
„Der Konstrukteur hat es dreifach gesichert. Stimme, Retina und DNA.“
„Wieso hast du das noch niemandem gesagt?“
„Weil ich ihn für ein Genie halte und sein Werk soll nicht missbraucht werden. Ich weiß, dass sie es falsch verwenden, wenn sie dahinter kommen.“
„Du bist anders als die anderen, Erik Landmann. Wer bist du?“
„Das gleiche könnte ich dich fragen. Aber du bist sicher Telepathin genug, um zu wissen, ob ich dich belüge.“
„Wenn du es noch nicht weißt, dann sage ich es dir gleich. Ich habe das Talent nicht.“
Erik schaute sie stumm an, dann fasste er einen Entschluss.
„Heute nach Dienstschluss werde ich dir etwas geben.“
Erstaunt und erschrocken zugleich schaute sie ihn an und entdeckte erst jetzt den Hauptmannstern. Schon war sie versucht ihre Haltung zu ändern und merkte, wie die rechte Hand an die Stirn wollte. Erik grinste als er die Bewegung bemerkte und meinte: „Lass das. Ich bin mehr Wissenschafter als Militär. Der Stern ist eher zufällig dahergekommen. Deshalb sind wohl auch die anderen Techniker etwas vorsichtig mir gegenüber. Ich bin Hauptmann und ein guter Telepath, das lässt alle etwas weniger laut erscheinen, sagen wir mal so. – Nach Dienstschluss, wenn wir hier fertig sind.“
Agnes war verblüfft. Sie hatte hier noch keinen Offizier getroffen, der so wenig diesem Bild entsprach wie Erik Landmann.
Als sie nichts erwiderte, fuhr er fort: „Und jetzt lass uns wieder reingehen, bevor die Wachhabenden noch auf dumme Ideen kommen.“
Als sie wieder vor dem Modul standen, wurde sich Agnes bewusst, dass sie das in jahrelanger Arbeit mit Alex geschaffen hatte, auch wenn es mehr sein Baby war als ihres, empfand sie doch ein sonderbares Gefühl jetzt im Inneren zu sitzen. Alle Teile waren vertraut und riefen Erinnerungen an Gespräche wach.
„Du brauchst mir hier nicht alles zu erklären, Agnes. Ich will es nicht wirklich wissen“, sagte Erik schließlich. „Mich interessieren andere Dinge – aber das erst nach Dienstschluss.“
„In Ordnung. Aber irgendwie müssen wir die Zeit rumbiegen. Es ist erst Mittag.“
„Gut, dann machen wir jetzt Mittagspause, die steht uns jedenfalls zu.“
Es war das erste Mal seit langem, dass Agnes eine Pause machen durfte. Also folgte sie Erik in die Offiziersmesse.
„Da darf ich nicht hinein“, sagte sie vor dem Zugang. Aber Erik schob sie ungerührt weiter. „Das geht in Ordnung“, meinte er. Aber es ging nicht in Ordnung. Brüsk wurde sie des Raumes verwiesen. „Du da, du hast hier nichts verloren!“, brüllte ein Offizier. Zustimmendes Gemurmel erhob sich.
„Aber sie ist Wissenschafterin“, versuchte Erik zu vermitteln. „Dadurch hat sie einen anderen Status.“
„Hier zählt das nicht. Wir sind hier schließlich in der Offiziersmesse – raus mit ihr!“
Erik wollte gerade zu einer heftigen Erwiderung ansetzen, als Agnes schnell sagte: „Lass gut sein Erik, ich gehe wieder ins Labor. Ich bin das gewöhnt.“
„So sollte es nicht sein“, murmelte er zurück.
„Lass es einfach. Ich gehe.“
„Gut. Aber ich bring dir was mit. Es geht nicht, dass du nichts zu essen bekommst. Die Pause ist aus, bis du bei den anderen Speisesälen bist.“ Erik sah sie durchdringend an, dann ging er weiter.
So ausgesperrt war sich Agnes schon lange nicht mehr vorgekommen. Der Typ am Eingang grinste sie hämisch an, als sie umkehrte und wieder zurück ins Labor ging. Frustriert setzte sie sich ins Modul und dachte an Alex.
Dann nahm sie das Bild, das sie ständig mit sich führte, aus der Jackentasche und redete zu ihm: „Alex, wie geht es dir, dort wo du jetzt bist? Es ist sicher saukalt, kälter als du es gewöhnt bist. Ach, es tut mir alles so leid.“
Sie legte sich im Sitz zurück, schloss die Augen und versuchte den knurrenden Magen nicht zu beachten. Seit dem Morgen des vergangenen Tages hatte sie nichts gegessen. Diese ständige Drängelei wegen der Übersetzungen und die gewonnenen Erkenntnisse, hatten ihr einen empfindlichen Magen beschert. Manchmal hatte sie das Gefühl, dass Essen etwas war, das anderen passierte und ihr Verdauungssystem direkt mit den Augen verbunden war. Hatte sie grausame Tatsachen gefunden und übersetzt, dazu die Lügenmärchen, die sie erfinden musste, konnte sie nicht essen. Immerzu dachte sie an diese armen Menschen, die einfach nur aus einem fadenscheinigen Grund heraus abgeschlachtet worden waren. Noch jetzt trieb es ihr die Tränen aus den Augen, wenn sie an die Bilder der Kinder dachte, die in den sogenannten Heilanstalten auf ihre Tötung warteten. Es schnürte ihr die Kehle zu, hinderte sie daran weiter zu denken. Die offensichtlichen Lügen, die sie in den Krankenakten entdeckte und die Eltern hatten das alles für bare Münze genommen.
„Ein Leben war damals nur etwas wert, wenn es den Vorgaben des Regimes passte – so wie heute“, sagte sie leise und dachte noch weiter zurück in eine Zeit als es nur wenige Maschinen gab, als die Menschen noch viel von Hand erledigten, als es noch mehr Land als Menschen gab und wie die Menschen aus Europa Amerika besiedelten und die Ureinwohner massakrierten – sei es durch Krankheiten, die sie bewusst herbei führten, oder sie im Kugelhagel hinmetzelten. Dann dachte sie wieder nach vor. An die Kriege, die wegen Rohstoffen geführt worden waren. Bilder aus Afrika: Menschenmassen auf der Flucht vor der Dürre und verrückten habgierigen Kriminellen, die sich zum Herrscher machten. Müde, geschwächte und tote Körper neben dem Menschenzug – Leichenzug – lebende Leichen waren das. In jedem Zeitalter beinahe gab es solche Fluchtbewegungen. Alle Dokumente an die sie kommen konnte hatte sie übersetzt und nichts beschönigt, im Gegenteil, sie hatte das Leid der Menschen noch extra betont. Aber das würde nichts nützen. Die Administration hatte ihre Meinung und die deckte sich nicht mit ihrer.
„Irgendwann werden sie mich ebenso abservieren“, sagte sie zum Modul.
„Was ist los? Sieh mal, ich habe leider nur einen Kalorienriegel bekommen. Sie lassen keine Lebensmittel mehr aus. Wir scheinen wieder einmal auf einer Rationalisierungswelle dahin zu schwimmen. „Ich hoffe, dir macht es nichts, dass ich nur Wasser mitgebracht habe. Aber alles andere schmeckt nicht gut, wenn es warm wird.“
„Ist schon in Ordnung, Erik“, antwortete sie müde. „Gib mir das Zeug herein. Ich bleibe gleich hier.“
Erik kroch nun ebenfalls in das Modul und wartete bis Agnes den Riegel verspeist hatte. Sein Blick fiel immer wieder forschend auf sie. Er wurde nicht schlau aus ihr. Sie hielt die Gedanken verschlossen, noch nie hatte er das bei einem Menschen ohne Talent so gefühlt. Er ahnte, dass mehr dahinter steckte und hoffte, sich nicht zu täuschen, das wäre fatal.
„Wann hattest du das letzte Mal frei?“, fragte er. Sie kam ihm so müde und ausgelaugt vor, zu müde um effektiv arbeiten zu können.
„Ich glaube, da war ich noch Lehrerin“, murmelte sie, beinahe unverständlich.
„Was? – Au!“ Er war aufgesprungen und hatte vergessen, dass das Modul niedrig gebaut war, und sich den Kopf an einer Kante angeschlagen. Smirnov war kleiner gewesen und sie hatten Material gespart. „Morgen hast du frei. Du brauchst mindestens einen freien Tag, sonst klappst du zusammen!“ Er stieg hinaus und ging zu einer Kom-Einrichtung. Agnes konnte nicht verstehen, was er sagte. Die Müdigkeit hatte sie jetzt voll im Griff. Bis zu der Pause hatte sie nicht gemerkt, wie erschöpft sie tatsächlich war. Sie vergrub den Kopf in den Händen und wurde von einem unterdrückten Schluchzen geschüttelt. ‚Es ist zuviel – zu viele Bilder, zu viele Tote! Ich kann das nicht mehr. Behandelt mich doch wenigstens wie einen Menschen.’
Ein zorniger Hauptmann kam zurück. Als er sie so zusammengesunken im Modul fand, weinend und am Ende ihrer Kraft, verpuffte der Ärger.
„Komm, Agnes, wir machen Schluss für heute“, sagte er sehr sanft.
„Alex?“, fragte sie „Sollen wir wirklich schon aufhören?“
„Ja, wir machen Feierabend. Du bist müde.“ Auf die falsche Anrede ging er nicht ein, er nahm sie einfach an der Hand und brachte sie weg.
Als sie schon auf den Weg zu den Unterkünften waren, wurde Agnes wieder wach. Ihr Körper hatte zwar funktioniert, aber der Geist war weg gewesen. Sie wusste nicht einmal wo genau. „Wo gehen wir hin, Erik?“
„Schön, dass du mich wieder erkennst. Wir gehen jetzt zuerst in meine Unterkunft. Ich muss noch etwas regeln. Laut Personaleinteilung und Generalstab – ich weiß nicht, warum die sich da einmischen – bekommst du keinen freien Tag.“ Er hatte zornig gesprochen, dabei die Hände geballt.
„Was war denn?“ Noch immer war sie verwirrt und nicht ganz bei der Sache.
„Du warst völlig weggetreten, das war erschreckend. Was du dringend brauchst, ist Erholung und ich werde dafür sorgen. Es reicht jetzt. Ich will wissen, was da vorgeht.“ Noch immer war er erbost über die Vorgesetzten. ‚Diese Ignoranten, benutzen Menschen wie Dinge. Wenn sie nicht mehr funktionieren werden sie weggeworfen. Vielleicht habe ich jetzt mal eine Chance was zu verändern’, waren seine Gedanken als er mit Agnes im Schlepptau zu seinem Quartier eilte.
Es dauerte nur wenige Minuten und er schob sie in ein beinahe luxuriös eingerichtetes Zimmer. „Du kannst dich hier ausruhen. Wenn du magst, kannst du hier duschen. Ich weiß, dass es in den Massenquartieren etwas kostet. Also, genieß das warme Wasser und dann legst du dich hin.“
Agnes war sprachlos. So gut war sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr behandelt worden. Tränen der Rührung stiegen ihr auf, als sie in der Dusche stand und das warme Wasser wie eine Liebkosung über die Haut floss. Danach wickelte sie sich in ein Handtuch und legte sich in Eriks Bett.
Erik war unterdessen zum Kommandostab gefahren. Er wollte seinen Namen und seine Beziehungen spielen lassen. Da gab es Ungereimtheiten, denen er auf die Spur kommen wollte.
„John, alter Freund, kann ich heute eine Verbindung mit Sunflower bekommen?“
„Warum denn, Erik? Es ist nicht immer leicht mit der Zivilverwaltung.“
„Es ist dringend, John und ich weiß, dass es schon spät ist.“
John sah ihn einige Minuten an, weil er Erik schon so lange kannte und er sich nie etwas zuschulden hatte kommen lassen gab er ihm eine Verbindung. „Du kannst die Kammer ganz hinten benutzen. Die Leitung ist frei.“
„Danke, John. Ich bin dir was schuldig.“
„Ach lass nur, Mann. Bleib weiter ein freundlicher Hauptmann, dann passt das für mich“, sagte er mit einem Zwinkern.
Erik ging zu dem ihm zugewiesenen Terminal und verband sich mit der CPU ins Sunflower.
„CPU, hier Erik Landmann, Hauptmann und Telepath der ersten Klasse“, identifizierte er sich. „Informationen erbeten. Person: Agnes Lindstrom, Alter: 36 Jahre, Geschlecht: weiblich, militärischer Rang: Gefreite. Derzeitiger Aufenthaltsort: Zurick. Akademische Laufbahn und Verwandtschaftsverbindungen erbeten, sowie Verhaftungen und Notfallmaßnahmen.“
Es dauerte eine Weile, dann kam die Antwort direkt auf die Netzhaut: „Lindstrom Agnes, Doktor der Geschichte, akademische Laufbahn: studiert in Sunflower, Abschluss in Urgeschichte und neuer Geschichte, Doktorat anschließend Teamleiterin der Abteilung Theoretische Geschichtsforschung mit Doktor Alex Smirnov, Erbau des Zeitreisemoduls, mehrere Bücher zum Thema Zeitreisen und Altertumsforschung, später Notfallmaßnahme aufgrund der Weigerung die P1 zu nehmen, danach Lehramt in einer privaten Schule für Kinder von Militärangehörigen, wieder Notfallmaßnahme und Verhaftung, Deportation nach Zurick.“
„Danke CPU, gab es während der Verhaftung Untersuchungen?“
„Bitte spezifizieren Sie ‚Untersuchungen’.“
„Psychologische und physiologische.“
„Beides wurde bei der letzten Untersuchung gemacht, dabei wurden DNS-Proben und Eizellen entnommen.“
„Wozu? Wer war der behandelnde Arzt?“
„Geheimsache.“
„Na toll. Danke CPU. Sunflower ich melde mich ab.“
Erik löste die Verbindung. Seinen Zorn hatten die Informationen nicht kühlen können, sie hatten ihn noch geschürt. „Danke nochmals, John“, rief er, winkte kurz und lief hinaus. Er grübelte und dachte nach. Es ging ihm gegen den Strich, wenn ihm Informationen aufgrund einer ‚Geheimsache’ verweigert wurden. Wütend stapfte er zu seinem Fahrzeug und raste zu seinem Quartier zurück.