Der Spaßvogel
Er bezeichnete sich als Spaßvogel. Aber woran machte er das fest?Er hielt sich immer sehr gerade, wenn er saß oder ging. Gerade so, als hätte er ein Lineal im Rücken oder einen Stock im Arsch.
Machte ich mal einen Witz – Ok, ich mache manchmal merkwürdige Witze, man sagt, das käme von meinen holländischen Genen – entfloh ihm nicht das klitzekleinste Lächeln, nein! Er zerlegte meine Aussage explizit bis ins Detail und überführte mich stets der political Incorrectnes, der Diskriminierung anderer und als Meisterin der platten Geschmacklosigkeit.
Seine Mundwinkel zeigten stets streng nach unten, um eine Parallele zu bilden, zu der steilen Falte auf der Stirn.
Alles an ihm war mehr als nur korrekt. Die Bügelfalte der Hosen so scharf, man hätte Papier damit schneiden können. Der Scheitel perfekt gezogen. Das Hemd blütenweiß und die Krawatte tadellos gebunden.
Über all seine Ausgaben führte er akribisch Buch. Immerzu und jeder Zeit. Seine Buchhalterseele machte nicht mal vor meinem Bett halt.
Nach einer Nummer notierte er:
• 10 gr. Gleitgel (0.89 €)
• 2 Kondome (eins davon benutzt, aber nicht gebraucht) (1,62 €)
• 10 ml Massageöl (verschwendet, weil sie Massagen nicht mag) (0,86 €)
• 0,7 l Prosecco (davon 0,2 l verschüttet und 0,2 l selbst getrunken, ich glaub sie ist ne Säuferin) (3,89 € Anmerkung: der von Lidl zu 1,59 hätt’s auch getan)
• 1 Bund rote Rosen von Aldi Süd zu 1,99 (in Zukunft streichen, sie hat eine Allergie gegen Rosen)
Ich dachte, mich trifft der Schlag, als ich sein kleines schwarzes Büchlein fand und darin blätterte.
Nein, ich werde mich sicher nicht mehr mit ihm treffen.
Er meinte, er sei ein Spaßvogel.
Und ich wollte doch nur zum Spaß vögeln…
© Rhabia 01-2010