Treiben lassen
Treiben lassenMein Blick schweift zum Horizont, im Dunst zeichnet sich die Bergkulisse ab. Eine laue brise umschmeichelt mich, Paddelschlag für Paddelschlag lasse ich das SUP über die fast glatte Wasseroberfläche gleiten. Die wenigen seichten Wellen wiegen das Brett unter mir sanft auf und ab. Ein Schwan beäugt mich aus einiger Entfernung, vielleicht ist er verwundert darüber hier draußen mitten auf dem See einen Menschen zu sehen. Dann ziehe ich das Paddel aus dem Wasser und lasse mich treiben.
Meine Gedanken haben sich aus dem alltäglichen Hamsterrad befreit. Einfach abschalten. Nur sein. Umso weiter mich die Wogen auf den See hinaus schaukeln, desto nichtiger erscheinen mir meine Sorgen und Probleme. Kein Druck, keine Verpflichtungen. Ich atme befreit auf, es tut gut den Horizont zu sehen, die steinernen Riesen hinter deren Gipfel es unendlich weiter geht. Der Wind frischt auf als ich meine Paddelschläge fortsetze. Die Nase stramm im Luftstrom den Blick geradeaus. Ungebremst weht mir die zunehmende Brise vom Ufer entgegen. Mit kräftigen Paddelbewegungen schiebe ich mein SUP auf das Ufer zu. Die Wellen werden höher, aber ich gebe nicht auf. Schließlich erreiche die Gestaden des Sees, steige ab und trotte in einer Hand das SUP fest haltend, in der anderen das Paddel umklammernd zu meinen Platz auf der Liegewiese.
Ein paar Meter neben meiner Liegestatt fällt mir ein Paar auf, hitzig in eine Diskussion verwickelt. Ich weiß nicht um den Stein ihres Anstoßes. Aber vielleicht sollten sie sich einfach mal tragen lassen. Da draußen auf dem See. Um so mancher Differenz die Stirn zu bieten, damit sich der Blick zum Horizont neu öffnet. Aus einer anderen Perspektive bewerkstelligen sich Herausforderungen oder Schwierigkeiten anders. Oftmals ist es besser sich auf einem schwankenden Untergrund zu bewegen als auf festgetretenen Pfaden. Nicht den Tunnel zu nehmen, sondern den Kurvenreichen Bergpass. Anstelle des Aufzugs, lieber die Treppe. Abwärts geht es von alleine. Das ist nicht schlimm, solange man nicht den Horizont verliert. Man muss sich nur treiben lassen.
Das ist auch gut so.