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Davu

nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Davu
Davu


Er stand hinter dem Zaun. Zeit seines Lebens hatte er nichts anderes gemacht, als das Leben von außen zu betrachten. Davu war geboren als Kind armer Einwanderer, sie hatten nichts gehabt als die Kleider am Leib und ihr Leben. Er war ein Säugling gewesen, als sie ins Land kamen, war hier in den Kindergarten gegangen und dann zur Schule. Die Sprache beherrschte er perfekt. Einzig die Hautfarbe unterschied ihn von den anderen Menschen in seiner Umgebung. Seine Eltern waren aus einem Krisengebiet in Afrika geflohen. Dort herrschte schon so lange Krieg, dass keiner mehr wusste, wie sich Frieden anfühlt.

Nun stand er am Zaun seines bescheidenen Horizonts und war der Neger, der mit Rauschgift handelt und dem man nicht trauen kann, weil die ja alle stehlen und lügen. Er betrachtete sein Leben als Rückschau und fand wenig Gutes darin. Das einzige, das ihn noch hoffen ließ, waren eine handvoll Menschen, die sich mit der Kultur seiner Eltern beschäftigten. Sie hatten einen Clubraum, wo sie sich einmal im Monat trafen, die Trommel schlugen und tanzten. Aber irgendwie war dieses Folkloristische auch nicht so sein Ding. Er wollte zur großen Gemeinschaft gehören, sehnte sich nach Menschen, die ihn nicht abstempelten und in eine Schublade legten.

„Davu!“, rief der Chef. „Trödel nicht schon wieder rum! Die Ziegel müssen heute noch vermauert werden. Mach mal schneller und guck nicht soviel! Ich zahl dich nicht fürs Gaffen!“ Er war bei einer Baufirma als Hilfsarbeiter beschäftigt. Wahrscheinlich als Schwarzarbeiter, war seine mehr als berechtigte Befürchtung. Sonderzahlungen gab es nie und auf Urlaub musste er auch verzichten. War er einmal krank, drohte der Rausschmiss. So schwebte über ihm nicht nur das Damoklesschwert der Behörden, sondern auch das der drohenden Arbeitslosigkeit und damit, in eine noch größere Armut zu fallen, als er ohnehin schon war.

Er besaß nicht viel. Das meiste des verdienten Geldes gab er seinen Eltern, damit sie ihre Schulden bei einem Kredithai abzahlen konnten, den sie bei ihrer Einwanderung vor fünfundzwanzig Jahren aufgenommen hatten, um einige Beamte zu bestechen. Sie hatten Asyl und später die Einbürgerung erhalten, aber die Schulden waren ständig gewachsen und damit die Abhängigkeit von anderen.

„Meine Eltern sind von einem Kriegsgebiet in ein anderes gezogen, nur dass hier mit versteckten Waffen gekämpft wird, das sieht keiner“, sagte er eines Tages zu seinen Bekannten aus der Afrikagruppe. Er hatte schon befürchtet, dass über diese Aussage gelacht werden würde, aber alle nickten nur. Jeder kannte die Situation, die in Afrika und die Hierzulande. Hier waren die Mittel anders. Die Benachteiligung war subtiler. Hinter vorgehaltener Hand wurde über die Ehrlichkeit der Asylanten spekuliert. In den Wirtshäusern gelästert und dumme Witze gerissen. Dann wieder waren da die anderen, die, die mit den Fäusten argumentierten und jeden, der anders aussah aus dem Land prügeln wollten, mit Feuer und Schwert und dem Kreuz, ganz gleich ob Moslem, Christ oder ein Andersgläubiger. Jeder Fremde wurde als Gefahr für die eigene Existenz gesehen.

Für Davu und alle anderen waren die Zeiten keine rosigen.

Damit er endlich aus der elterlichen Schuldenfalle kam, hatte er begonnen, seinen Körper gegen Geld zu verkaufen. Er griff zu Drogen, um den Ekel vor sich selbst zu betäuben und sank dadurch noch tiefer in den Strudel der Abhängigkeiten. Jetzt war er nicht nur von den Geldeintreibern bedroht, sondern auch von den Dealern, denen er Geld schuldig war. Er wusste nicht, wie oft er schon zusammen geschlagen worden war, von Freiern, die nicht zahlen wollten, Dealern und den Handlangern des Gläubigers. So ertrank er mehr und mehr im Sumpf der Kriminalität und wurde der Schublade gerecht, in die er vom ersten Tag seines Lebens in diesem Land gesteckt worden war.

Eines Tages hielt er sein Leben nicht mehr aus und er, bereits schwer heroinabhängig, setzte sich den letzten Schuss. So endete ein Mensch, der das Leben immer nur von außen betrachten konnte in einer stinkenden Bahnhofstoilette und wurde nicht einmal eine Randnotiz in einer der vielen Tageszeitungen.

Auf dem schlichten Stein des Armengrabes hatten seine alten Eltern lediglich den Namen eingravieren lassen: Davu.


(c) Herta 2/2010
Mal wieder
schwere Kost!
Traurige Wahrheiten garniert mit grausamer Wirklichkeit.

Nichtsdestotrotz notwendig, sich immer Mal wieder vor Augen und ins Herz führen zu lassen.
Die Links unten, die standardmäßig an das Thema des Threads angeglichen werden, zeigen deutlich, was bei uns mit so etwas passiert.
Aus Davu mach Davos. Dann ist wieder gut.....

betroff *uah* laf
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Danke
Mir scheint so, als könnte ich nur mehr über die brutalen Seiten des Lebens schreiben *traurig*

Die Idee zu dieser Geschichte ist mir gestern Abend gekommen, als ich eine Einladung zu einer Charity-Veranstaltung erhielt, wo meine letzten beiden Bücher vorgestellt werden sollen.

Dort spielen immer wieder afrikanische Gruppen und es trifft sich in diesem Haus auch regelmäßig eine dieser Gruppen.

Ich bin schon gespannt auf diese Veranstaltung.

Liebste Grüße
Herta
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****ia Frau
22.263 Beiträge
ja, was fällt der jc-werbescenerie dazu ein?

Urlaub als TV

toller urlaub. ja, da können wir dunkelhäutige menschen sehen...

die fotsetzung?
Davu in Davos?
Dort könnten sich die Reichen und Schönen mit ihm amüsieren...
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Das wäre auch noch ein mögliches Ende gewesen, aber da ist der Tod fast menschlicher, als sich noch mehr zur Ware zu machen.

Ich verstehe es einfach nicht, wenn ein Mensch nicht als Mensch gesehen wird, sondern nur die Hautfarbe, die Herkunft, die Sprache, das Geschlecht, die sexuelle Neigung, die Religion .... Bedeutung haben. *nixweiss* Dafür bin ich wahrscheinlich zu blöd.
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****ia Frau
22.263 Beiträge
nein, dafür bist Du zu menschlich...
*knuddel*
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
ma, du wieder *knuddel**zwinker*
@anhera
Reichen diese paar Zeilen um ein Schicksal zu beschreiben?
Ja, wenn man einfach sagen möchte: "Schuld sind die anderen."

Es ist ein hartes Schicksal was du beschreibst,
aber es ist mir persönlich zu einseitig.

Ich verstehe deine Ambitionen, doch mit der tatsächlichen Realität hat der Text wenig zu tun.

Zu viele Dinge sind zusammen geschoben die die soziale Wirklichkeit verzehren.

Seine Eltern die eingewandert sind und ihn in einen Kindergarten gegeben haben, ein sozial integriertes Umfeld was ihn die Sprache perfekt sprechen lässt, passt nicht zum dummen Bauarbeiter, der nicht weiss ob er schwarz arbeitet.
Auch finde ich den Schlenker zu den "Gutmenschen" unpassend, Menschen wie Davu haben in den meisten Fällen keine sozialen Verbindungen zu ihr "Gastgeberland".
Das einzige, das ihn noch hoffen ließ, waren eine handvoll Menschen, die sich mit der Kultur seiner Eltern beschäftigten. Sie hatten einen Clubraum,...

Um die Geschichte authentischer und nachfühlbarer zu schreiben, würde ich zum einen...

• nicht die zweite Generation von Flüchtlingen als Helden nehmen. Diese wachsen schon in dem sozialen Umfeld auf, in dem ihre Eltern leben. Sie kennen also nicht die Zustände in ihren Ursprungsländern.
• weiterhin musst du dich entscheiden, heimlich im Land, geduldet oder sozialisiert.
• und zum anderen...

Auch das leben eines Einwanderers wird durch seine Entscheidungen mitgeprägt, nicht nur durch seine Umwelt, so wie du es darstellst. Um Mitgefühl und ein soziales Miteinander zu schaffen, ist es notwendig nicht aus der Position eines überlegenen Helfers auf diese Menschen zuzugehen. Mit der Aussage "Davu kann nichts für sein Leben, wir sind die schlechten."- fällt dieser Text ein Urteil, dass so nicht zur Integration beiträgt.
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
@ Brian_Lorenzo
Danke für deine Anregungen. Wenn ich etwas mehr Zeit habe, werde ich vielleicht die Geschichte noch einmal überdenken und überarbeiten.

Liebe Grüße
Herta
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Nachtrag ...
obwohl ich sagen muss, dass ich Menschen kenne, die nach außen hin integriert sind und bereits in dritter Generation hier leben und sich dennoch als Fremde sehen und auch so behandelt werden.

Es liegt am Menschen selbst und auch am Umfeld, wie sich eine Zukunft entwickeln kann. Straucheln kann ein jeder und ich kenne einen Akademiker der auf dem Bau gearbeitet hat und dennoch nicht wusste, dass er nicht angemeldet war. Erst als er einen Arzt brauchte, wurde es offenkundig - und das kann auch Einheimische treffen.

Also, so weit hergeholt ist die Geschichte nicht.

Liebe Grüße
Herta
@anhera
Doch ist es...

Der Nicht bei den Sozialkassen vom Arbeitgeber angemeldet worden zu sein oder in einer Schwarzarbeiterkolonne zu arbeiten ist zwei verschiedene Dinge.

Der Eine hatte einen Arbeitsvertrag unterschrieben und wahrscheinlich auch seinen SV-Ausweis, seine Lohnsteuerkarte abgegeben und wurde vom Arbeitgeber betrogen, der andere hatte nie eine...

Ich denke du wirst für jeden deiner Punkte ein Beispiel finden, so wie ich jedes Beispiel mit einem Gegenbeispiel belegen könnte... dass würde uns nicht weiter bringen.

Wichtiger ist doch die Fragen warum Fremdes abgelehnt wird und unbedingt integriert werden soll.
Wenn ich heute Nachmittag zu einen Taubenzüchter-Verbandstreffen gehen würde, dann würde ich dort auch fremd sein.
Eine komplette Integration kann und sollte es also nicht geben, aber ein gemeinsames Miteinander das auf Respekt und gegenseitigem Austausch beruht.
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Eine komplette Integration kann und sollte es also nicht geben, aber ein gemeinsames Miteinander das auf Respekt und gegenseitigem Austausch beruht.

... da teilen wir die gleiche Ansicht.

Alles andere bezieht sich auf persönliche Lebenserfahrungen.


*sonne* Herta
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Eine komplette Integration kann und sollte es also nicht geben, aber ein gemeinsames Miteinander das auf Respekt und gegenseitigem Austausch beruht.

Da ist die Frage, wie man Integration versteht. Im Sinne von Assimilation ist sie natürlich negativ zu bewerten.
Eine komplette Integration in Form von Inklusion sehe ich durchaus als erstrebenswert an.
Integration bedeutet eine Gruppe in eine bestehendes Sozialgefüge aufnehmen und es diesem System anzupassen, zu integrieren.

Inklusion bedeutet eine Gruppe am sozialen Leben teilhaben zu lassen ohne sie dem bestehenden System anzupassen, also das beide Sozialsysteme sich gegenseitig beeinflussen, ohne sich auszulöschen.

Um es übertrieben darzustellen, wenn unserer Wunsch darin besteht, das Fremdsein durch Anpassung zu beheben, so wird es auf beiden Seiten zu Ablehnung kommen.
Wird das fremde jedoch in seiner Form als anders und interessant erlebt, dann kann man sich als Freunde Nähe erfahren.


Aber das sind alles utopische Konzepte, den auch (um beim Thema zu bleiben) Davu sozial an Rande der Gesellschaft lebt, so hat auch er ein soziales Gefüge in dem er lebt, dass ebenso negativ auf ein teilhaben einer anderen Kultur reagiert hätte, wie unser deutsches Sozialsystem auf islamische Strukturen.

Ausgrenzung wird immer von zwei Seiten betrieben. Von der "Überlegenen" die Angst hat das ihr System verwässert wird und von der anderen die auf die Ablehnung mit einem in sich geschlossenen Gefüge antwortet. Abgrenzung als Antwort auf Ausgrenzung.


"Sagt der Deutsche, ich finde kopftuchtragende Frauen suspekt - antwortet die muslimische Frau, ich will auch gar nichts mit Deutschen zu tun haben."
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Ich erlebte das in einem kleinen Dorf recht extrem am Beispiel zweier russischer Familien.

Eine Familie blieb für sich. Man sprach russisch, auch wen Deutsche dabei waren. Obwohl man durchaus deutsch konnte. Aber man grenzte sich deutlich ab.

Die zweite Familie sprach anfangs so gut wie kaum Deutsch. Aber man besuchte jedes Dorffest, nahm an jedem Kindergartenevent teil, redete auf der Straße mit den Leuten, zur Not mit Händen und Füßen.
Es gab gegenseitige Einladungen. Russisches Essen. Oder die Frage nach typisch deutschen Rezepten. Ein fröhliches, buntes Miteinander, das wirklich Spaß gemacht hat.

Die Familie lebt integriert ohne ihre eigene Identität verloren zu haben.

Und das in einem kleinen Dorf, wo Fremde (da reicht es schon, aus einer anderen Stadt zu kommen, um ein Fremder zu sein) erst mal argwöhnisch beäugt werden!
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
@ Rhabia
*top*

So ist es!

Integration ist kein passiver Akt, für den man nur das Gastland verantwortlich machen kann. Das hab auch ich oft genug exakt so beoabachten können, wie Du es schilderst.

Man hat auch die Verantwortung dafür, selbst etwas für die Integration zu tun, das wird leider oft genug vergessen. Und ich sag immer: Wer nicht will, hat schon gehabt - oder ich respektiere eben seinen Wunsch, sich nicht integrieren zu wollen.

(Der Antaghar)
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