Das fünfzehnte Türchen
Tztztz, lauter Trittbrettfahrer, da half wohl auch kein tarnen. Unser herzlicher Dank für die herzerwärmende Geschichte von gestern geht also an
@*******tee.
Und heute haben wir hohen Besuch aus Großbritannien. Es ist niemand anderes als Sherlock Holmes. Ich wünsche euch viel Spaß.
Sherlock und der Mord an Mister Overstay
Kapitel 1
„Well…, wann haben Sie den Leichnam entdeckt?“ Holmes hatte seine Beine auf dem Schreibtisch gekreuzt und zog an seiner Pfeife.
„Heute in den frühen Morgenstunden. Genau gesagt war es exakt 4:32h als der Notruf einging:“
„Und Sie sagten, der Tatort befindet sich in der Bakerstreet 87, richtig?“
„Ja, richtig. Die Spurensicherung befindet sich noch vor Ort. Und wenn ich etwas anmerken darf,“ Sergeant Morris räusperte sich am anderen Ende der Leitung,
„haben Sie ein spezielles Augenmerk auf den Sohn des Opfers. Er heißt Michael Overstay und ist kein unbeschriebenes Blatt. Er wurde 1910 zu einer 8 – jährigen Haftstrafe wegen eines bewaffneten Raubüberfalls verurteilt.“
„Okay Morris, danke für den Hinweis. Ich mache mich jetzt auf den Weg in die Bakerstreet 87. Wir hören wieder voneinander.“ Damit beendete Holmes das Gespräch, zog seinen karierten Umhang an, setzte sich seine Jagdkappe auf, und zog die Tür mit einem quietschenden Knarren hinter sich zu.
Kapitel 2
Der Schnee fiel weich auf Londons Straßen und viele Menschen waren unterwegs, um die letzten Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Es waren noch zwei Tage bis zum Heiligen Fest.
Sherlock hatte es nicht weit bis zur Bakerstreet 87. Als er näher kam, konnte er Polizeiautos und die Menschenmenge erkennen, die sich vor der Nr.87 versammelt hatte. Schnell hatte sich herum gesprochen, dass in diesem Haus ein Mord passiert war.
Sherlock bahnte sich seinen Weg durch die Menschenansammlung, und erspähte Mr. Minute. Ein versierter Mann und seines Zeichens Leiter der Spurensicherung.
„ Hallo Holmes,“ rief Minute ihm zu, „ kommen Sie hier entlang. Aber seien Sie sich gewahr, dass Sie ein grauenhafter Anblick erwartet. Man hat Mr. Overstay, dem Opfer, den Schädel eingeschlagen.“ Mit diesen Worten ging Morris vorweg und leitet Holmes in ein hell erleuchtetes Wohnzimmer.
Man muss wissen, dass William Overstay ein Mann von Rang und Namen war. Er bewegte sich in Politiker Kreisen, und auch am Hofe war er ein gern gesehener Gast. Nicht selten kam es vor, dass er dort zu einer Tasse Tee eingeladen wurde.
Es wimmelte im Wohnzimmer vor Leuten der Spurensicherung.
Ein Fotograf machte seine letzten Bilder des Tatorts.
Das Opfer lag bäuchlings auf dem Boden, den Schädel zertrümmert, in einer großen Blutlache. Der Weihnachtsbaum lag quer über dem Opfer, wodurch der Leichnam grotesk mit Lametta bedeckt wurde. Ein wahrhaft gruseliger Anblick.
„Sehen Sie sich das an, Holmes! Überall Lametta. Das macht es der Spurensicherung nicht einfacher. Aber früher wäre es wahrscheinlich noch mehr Lametta gewesen. Inzwischen sparen die Leute ja an allem. Sogar am Lametta!“ Minute schüttelte den Kopf und machte sich wieder an die Arbeit.
„ Mister Minute, wissen Sie, wo der Sohn des Opfers, er heißt Michael, wohnt?“ Sherlock zog an seiner Pfeife, und blies den Rauch in kleinen Kringeln in das weihnachtlich geschmückte Wohnzimmer.
„ Ja, Michael Overstay wohnt in Chelsea, Flowerstreet 10. Ich habe ihn nach Hause geschickt, bevor wir mit der Spurensicherung begonnen haben.
Ein unsymphatischer Zeitgenosse, wenn Sie mich fragen. Aber nun lassen Sie mich meine Arbeit fertig machen, es ist schon spät.“
3. Kapitel
Holmes saß in seinem Daimler, und beobachtete den Hauseingang der Flowerstreet 10.
Michael Overstay war ein großgewachsener, bulliger Mann mit roten, ungepflegten Haaren. Er trug eine runde Brille und hatte einen Vollbart, der wohl seit Jahren nicht mehr geschnitten worden war.
Mr. Overstay jun. legte ein geschäftiges Treiben an den Tag. Pakete, Taschen, Koffer, Schatullen…alles wurde in ein Auto verfrachtet, welches vor der Haustür geparkt war.
Nachdem das Auto bis auf die letzte freie Ecke voll gestopft war, startete Overstay das Auto und fuhr los. Holmes folgte ihm unauffällig.
Die Fahrt ging Richtung Doncaster und dann nach Mansfield. Nach kurzer Zeit hatten sie Nottinghampshire erreicht und weiter ging die Fahrt nach Edwinstowe.
Nun wusste Holmes, das Ziel war Sherwood Forest.
4. Kapitel
Holmes parkte seinen Wagen in sicherem Abstand, nahm das Fernrohr und den Fotoapparat vom Beifahrersitz, und versteckte sich hinter einer mächtig verschneiten Tanne.
Sherwood Forest bot natürlich exzellente Versteckmöglichkeiten, und so war es kein Wunder, dass Michael Overstay sich diesen Ort ausgewählt hatte.
Overstay öffnete den Kofferraum, und begann mit dem Ausräumen des Autos.
Er begab sich auf eine kleine Lichtung, bückte sich und begann lose Tannenzweige vom Boden aufzuheben, um sie dann achtlos auf die Seite zu werfen.
Unter den Tannenzweigen befand sich eine ausgehobene Grube.
„ Aha,“ dachte sich Holmes, „dies lässt auf einen geplanten Mord schließen. Overstay musste die Grube schon vor der Tat ausgehoben haben.“
Holmes fotografierte jede Einzelheit. Er musste den Film heute noch entwickeln, damit er die Bilder morgen Sergeant Morris übergeben konnte.
Da! Als Overstay die letzte Fuhre Richtung Grube tragen wollte, öffnete sich ein Koffer und heraus fielen Schmuck, Goldbarren und Münzen.
Holmes knipste im Sekundentakt.
Hastig sammelte Overstay den Inhalt des Koffers ein und ging fluchend Richtung Grube. Aber nun wurde es auch Zeit für Holmes, das Versteck zu verlassen. Ein Zusammentreffen mit Overstay wollte er tunlichst vermeiden.
5. Kapitel
Am folgenden Tag übergab Sherlock die Bilder an Sergeant Morris.
Holmes hatte seine Pflicht erfüllt und konnte nun guten Mutes das Weihnachtsfest genießen.
Er erfuhr durch `die Morning Post`, dass Michael Overstay noch am 1.Weihnachtstag verhaftet wurde. Kurz darauf gestand er, seinen Vater ermordet zu haben, da dieser ihn enterbt habe. Dies wollte Michael nicht auf sich sitzen lassen. Schließlich wusste er, dass sein Vater ein beträchtliches Vermögen angehäuft hatte, das, in Michaels Augen, ihm zugestanden hätte.
Michael Overstay wurde am 1.2. 1924 zum Tode durch Erhängen verurteilt.
The end.