Die heiligen drei Könige und das Volk der Bauern grüßen Euch
Sie kamen daher aus dem Morgenland, sie suchten nach dem gesunden Menschenverstand. Das Kind in der Krippe war schon über 2000 Jahre alt, darum suchten sie weiter im unheiligen Spaßclub-Land - und fanden es bald. Das Adventsgeschichten-Spiel. Türchen für Türchen eine Offenbarung:
Es war schon der zweite Weihnachtsfeiertag, als eine Geschichte aufgetischt wurde, die ihresgleichen suchte. Klar, es konnte nur einen geben, der solche Brocken schrieb. Bomben und Granaten, Leichenteile und tote Kameraden. Zuletzt musste mit List und Tücke ein General verschwinden, welch ein Husarenstück. Kriege machen eben nicht vor Feiertagen halt.
Am Tag nach den Feiertagen gab es Fisch. Doch nicht als Fastenprogramm nach der Völlerei. Es gab Tintenfisch, und zwar einen handgenähten Tintenfisch als Kuscheltier aus Stoff. Er ging verloren, der gut Olmi, der die geliebte Mutter auf ihrem letzten Weg begleiten sollte. Die Helden der Geschichte setzten alle Hebel in Bewegung, Olmi an seinen angedachten Platz zurück zu holen – und hatten Erfolg. Der Tod ist kein Tabu, doch weg bist Du im Nu.
Am achtundzwanzigsten Tag des Dezembers kam das Wasser. Es überspülte alles - die perfekte Welle. Die überlebenden Menschen rauften sich zusammen, es rettete sich, wer konnte. Im Augenblick der Katastrophe bahnte sich an, dass die Menschen doch nicht so schlecht sind, und sie stimmten zusammen ein Weihnachtslied an – nur um schnell wieder in ihre alten Gewohnheiten zu verfallen: Macht, Gier und Lust. Und wieder wurde eine Geschichte von den Sittenwächtern als FSK-18 eingestuft. Warum? Weil ein Beichtstuhl wackelte?
Auch in der Gruppe der Adventsdiskutanten tat sich etwas. Eine Geschichte erschien, die nun ebenfalls hätte zensiert werden müssen, es aber nicht wurde, doch einige griffen zur Selbstzensur. Same procedure as every year? Die Gemeinde schien sich zu zerstreiten. Hatten wir das nicht schon mal? Nun, Streit gehört zum Menschen dazu. Wahrscheinlich stritten sich die heiligen drei Könige damals auf ihren Kamelen genauso: Über den richtigen Weg, über die passende Kleidung, ob Gold, Weihrauch und Myrrhe wirklich kindgerecht waren oder ob dieses Blackfacing wirklich nötig war. Die Autorin der Geschichte zum neunundwahnsinnigsten Dezember löste das Problem selbst und zog ihre Geschichte zurück. Ehre denen, die deeskalieren können.
Auch am dreißigsten hört man noch die Schäfer am Lagerfeuer streiten, was die Menschen, die sich in einem Zug der Deutschen Bahn zusammenfinden, allerdings gar nicht stört. Ein Riese verkackt ihnen den Heimweg. Ein guter Anlass, ein ganz unheiliges Fest der Liebe zu feiern, den streikenden Bahnbeschäftigten zum Trotz und ohne Gemotz.
Zuletzt, am Tag des Silvester, foppte uns das Geistergesicht mit einer KI-generierten Geschichte. Auch wenn in den Tagen nach Heiligabend die Aufmerksamkeit im Adventsspiel bedenklich nachlässt und so manche Perle in der aufgewärmten Bratensoße untergeht, waren jetzt doch einige Mitglieder nochmal am Start. Mit Verve und Eifer. Es wurde diskutiert über digitale Unmöglichkeit und politische Schönheit. Dafür ist diese Gruppe da: Es wird diskutiert. Nicht gehetzt. Nicht polarisiert. Und schon entstehen neue Ideen. Ich freue mich aufrichtig auf Weihnachten 2024!
Die heiligen drei Könige reiten weiter, die Schäfer scheren ihre Schafe, verteuerter Landwirtschaftsdiesel kümmert sie nicht. Wir wissen, der wahre Grund für den Generalstreik am achten Januar im Jahr des Drachen liegt nur darin begründet, dass der Frust groß ist. So viele Menschen ärgern sich darüber, dass das Geschichtenspiel vorbei und nicht jeden Tag Weihnachten ist.
Alte Bauernregel: „Ob Sonne brennt, ob Regen fällt – der Bauer ruft nach Steuergeld.“