Der Dank für die magische Geschichte von gestern geht an
@******s23. Und der Punkteregen an euch liebe Mitspieler.
Heute klinken wir uns in einen proppenvollen Frisörsalon, mit all seinen abenteuerlichen Geschehnissen, kurz vor dem Heiligen Abend ein.
Da können wir nix für
Ja, ja, die Gertrude Moppel saß – so wie jeden Tag - mit ihrem Stoppel bei dem Dompteur ihrer Wahl auf dem Stuhl, um sich während einer Wahrkur richten zu lassen und vielleicht auch ihren Stoppel, so nannte sie liebevoll ihr Doppelkinn, dass ihr mit den Jahren gewachsen war. Der Laden der Dompteure war kurz vor Heiligabend voll mit Kundschaften, und im Sessel neben ihr hockten die Gespinnster Zissel und Fressel.
Diese beiden glotzten in einem fort in den bunt flimmernden Plasmabildschirm, der ihnen gegenüber anstatt eines Spiegels an der Wand hing. Dabei gestikulierten sie wild und motzten ohne Unterlass, so dass Gertrude Moppel insgeheim neugierig wurde. Denn sie fand das tägliche Prozedere der Wahrkur ihres Dompteurs inzwischen voll langweilig. Sie beugte sich also soweit wie möglich nach vorn und schickte ihren Stoppel mit seinen feinfühligen Haarwurzeln voran, um auszukundschaften, was die Gespinnster derartig aufregte, dass sie alle beide hochrot anliefen und vor lauter Schwitzen ihre Säuernis ausdünnsteten.
Doch als der Stoppel dem Zissel und der Fressel sprichwörtlich fast um die Beine strich und dabei seine metaphorischen Lauscher zu meterlangen Löffeln aufrichtete, reagierten die Gespinnster mit Gezischel und machten dem Stoppel aus Bosheit einen Knoten in die eingebildeten Ohren und klebten ihm Nudeln in die kurzen Kinnhaare. Dieses nun wiederum ärgerte Gertrude Moppel derartig, dass sie dunkelviolett anlief, nach Luft japste, um schließlich unter der Haube ihres Föhns zu platzen.
Das ergab einen ganz schönen Radau aus Nudeln, Haarbüscheln, Kinnen und unwirtlichem Gedärm und Knochen, so dass der Rest der Kundschaften in heller Aufregung auf die Straße rannte, weil sie schon öfters einen Anschlag der Gutbürger miterlebt hatten, ergo nun verängstigt waren ...
Die Gespinnster hingegen schmachteten sich daraufhin schlapp, schläpper und am schleppendsten an und zerliefen schließlich relativ zeitnah zum überlagerten Grünkäs‘ ihrer Bosheit.
Die Dompteure aber kicherten leise und rieben sich gewieft ihre Nasen. Sie kratzten die zerlaufenen Gespinnster von den Holzdielen ihres Ladengeschäftes und warfen die Überreste in den Zentralmixer ihrer Wahrkur. Ebenso taten sie dies mit der geplatzten Getrude Moppel. Und dann hob der Chefdompteur sich den Hörer des orangenen Telefons ans Ohr, bevor er den dazugehörigen vielgerühmten roten Knopf betätigte.
Am nächsten Tag verkündeten die graulichen Damen die Nachricht über die Megaphone der Straßenschluchten von Dumpf-Town, dass es nun ab sofort verboten sei, sich Stanniolsteifen in die Haare zu flechten. Denn die Graulichkeiten seien zu der Erkenntnis gekommen, dass dies nicht vor den gefährlichen Radiowellen schützen würde, sondern dass das Gegenteil der Fall sei. Man würde in Summe nur noch schneller verblödeln und sich dabei dauerhaft den Geist veröden.
Ein dicker Junge stand mit seiner Schimäre von einer schönen Zukunft an der Hand vor dem Zuckeramt und wartete in der langen Schlange aus Menschen, die sich ihre tägliche Ration an Süßstoff gegen eine zu entrichtende Steuer abholen wollten. Er beobachtete und hörte, wie die Menschen in der Warteschlange aufgrund der sich in Dauerschleife befindlichen Nachricht aus den Megaphonen dieser Stadt zu quengeln begannen.
„Wie die kleinen Kinder“, dachte er und sein rußgeschwärzter Mund öffnete und schloss sich langsam wieder und wieder, während an seinen Fingern Öl heruntertropfte. „Früher da mussten sie hungern, weil ich mit dem teuren Lametta mein Paradies im Himmel geschmückt habe, um ihre Kriegshelden zu feiern und heute werde ich auch wieder fett und noch fetter als damals, weil sie ihre Hälse vor lauter Wohlstandskonsum und Angst vor der Angst nicht voll genug kriegen und täglich ihre Dosis Zucker brauchen.“, fuhr er nachdenklich fort
Die Dompteure zogen ihre Schultern hoch, bis diese ihre ausgeleierten Ohrläppchen berührten und raunten darüber nur einhellig und scheinheilig: „Da können wir nix für.“ …