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Die Ehebrecherin

Die Ehebrecherin
Ehebrecherin - sie mochte dieses Wort, obwohl es inzwischen ja schon fast ein wenig altmodisch war.
Brechen – wann immer sie das Wort aussprach oder auch nur dachte, hörte sie ein häßliches, knirschendes Geräusch in ihrem Hinterkopf, das ein erregendes Prickeln erzeugte.
Denn für Gewalttätigkeit oder offene Aggression war sie zu wohlerzogen – man hatte ihr früh eingebleut, dass man nicht schlägt, kratzt oder beißt und Dinge nicht zerstört, sondern pflegt.
So war ihr als einzige destruktive Möglichkeit, die sie auch mit Eleganz und ohne vulgäre Handgreiflichkeiten ausüben konnte, dieser Bruch geblieben – der Ehebruch.
Und da sie nicht verheiratet war, konnte sie also nur die Ehen anderer brechen.
Über die Jahre hatte sie ein großes Geschick darin entwickelt. Und sie genoss es noch immer jedes Mal, auch wenn sie es zu Zeiten bis zu zwei Brüchen am Tag brachte. Allerdings waren ihr zwei bis drei pro Woche – gut verteilt - lieber. Dann konnte sie es voll auskosten. Am Wochenende war es sowieso schwieriger, denn die verheirateten Männer waren da ja meistens in der Obhut ihrer Gattinnen.
Somit war ein Wochenend- Ehebruch ein besonderer Moment, den sie wie einen seltenen Leckerbissen genoss.
Da war zum Beispiel die erregende Episode mit dem seit 27 Jahren kinderlos verheirateten Anwalt, der ihr ein Vierteljahr lang mit immer weniger versteckten Komplimenten und Andeutungen seine Bereitschaft signalisiert hatte.
Sie ließ ihn zappeln, spielte die Ahnungslose und heuchelte Entrüstung (denn schließlich verkehrten sie privat miteinander und begegneten sich auch im Beisein seiner Frau). Jedes Mal, wenn sie ihn im Theater traf (sie hatten ein Premieren Abo mit mehreren Freunden) spürte sie, wie seine Erregung und Gier zunahmen. Wenn er ihr ein Glas Prosecco in der Pause reichte – das sie nur aus diesem Grunde annahm, denn sie hasste dieses Getränk – blieben seine Finger an ihren hängen. Wenn sie zufällig neben ihm stand, rutschte seine Hand für eine Sekunde an ihren Po. Wenn er ihr in den Mantel half, streiften seine Finger lockend an ihrem Hals entlang. Im Grunde war der Ehebruch schon vollzogen – in seinem Kopf – und sie wusste, ein Wink mit dem kleinen Finger und er würde alles wagen.
Also erklärte sie den Freunden in der Pause der „Parzival“ - Premiere, sie habe schreckliche Kopfschmerzen und würde nach Hause gehen. Er bot ihr an, sie nach Hause zu bringen, und blickte nur mit einem kurzen Nicken zu seiner Frau. Bis zur nächsten Pause wäre er wieder im Theater und könnte dann noch den letzten Akt sehen.
Schon im Aufzug zur Parkgarage fiel er über sie her, auf dem Weg zum Auto hatte er die Hand an ihren Brüsten, und vor der Autotür sank er auf die Knie, um sie zu lecken. Sie nahm ihn rittlings auf dem Beifahrersitz.
Zuhause legte sie die Parzival-CD ein und stellte sich bei einem Glas Rotwein auf der Couch vor, wie er jetzt die Hand seiner Frau im dunklen Theaterparkett drückte. Sie schmunzelte und hörte auch bei Wagners Musik einen brechenden Unterton.

Der Heizungsmonteur dagegen war ein leichter Fall. Seit Jahren machte er die Inspektion ihres Brenners und hatte schon oft von seiner Familie erzählt. Und betonte immer, dass sie eine seiner Lieblingkundinnen war, „so eine hübsche Frau und so allein...“.
Sie empfing ihn frisch geduscht, das Haar noch nass, einen V-Ausschnitt-Pullover über den nackten Brüsten und ohne Slip in der weiten Jogginghose. Er nahm sie auf der Waschmaschine in schnellen, gierigen Stößen. Die Waschmaschine unter ihr ächzte unter der Wucht. Diesmal schickte er keine Rechnung. Beim nächsten Termin einen Kollegen.

Familienväter waren im allgemeinen etwas schwieriger. Sie hatten meist permanent ein schlechtes Gewissen, schon wenn sie einer Frau auf der Straße nachsahen.
Im Sommer saß sie gerne in einem leichten Kleid und halbhohen Riemchensandaletten lesend in der Nähe von Spielplätzen. Denn Familienväter waren besonders anfällig für schöne, nackte Beine. Klaus z. B. ließ den Fußball aus Versehen mehrmals in ihre Richtung rollen. Und entschuldigte sich dafür sehr höflich bei ihr, wenn er sich unter ihre Bank bücken musste.
Am Samstag darauf fragte er sie nach ihrem Buch. Ein Woche später saß er neben ihr und schickte seinen Sohn allein zum Schaukeln. Der kurze Kuss, den sie ihm erlaubte, machte ihn stottern. Sie verließ hüftschwingend den Park und spürte seinen brennenden Blick auf ihrem Hintern.
Freitags abends kam er bei ihr vorbei, um sich ein Buch zu leihen. Er war auf dem Weg, um seinen Sohn von einem Kindergeburtstag abzuholen. Sie hatte nur einen geblümten Morgenmantel an, denn es war gewitterschwül. Als er mit zitternder Hand ein Buch aus ihrem Regal zog, umarmte sie ihn von hinten. Er stöhnte auf und warf sie auf die Couch. Als die zarte Seide unter seinem Rasen zeriss, musste sie lächeln.
Schweißnass verließ er sie eine Stunde später im strömenden Regen.
Sein Zuspätkommen entschuldigte er bei den Geburtstags-Eltern mit dem Wolkenbruch, bei seiner Frau mit dem netten Gespräch beim Abholen.
Ob Klaus all die Bücher las, die er sich bei ihr auslieh, hat sie nie erfahren, denn zu einer Unterhaltung kam es kaum, wenn er wieder vorbei kam.

So sammelte sie ihre Brüche. Jedes Mal hatte sie dieses knirschende, berstende Geräusch im Kopf – es machte ihr eine wohlige Gänsehaut. Das war ihr Vergnügen und ihre Lust. Nicht mehr und nicht weniger.

©tangocleo 2010
*******day Frau
14.272 Beiträge
Was für eine einsame, traurige Gestalt *traurig*
wie so oft, merkt des der Betrachter eher als "die Gestalt" - gut für sie! *g*
*******day Frau
14.272 Beiträge
Diese fatale "Ich-will-nie-wieder-Schmerz-spüren"-Einstellung mit der damit verbundenen "Ich-lass-mich-nie-wieder-ein"-Direktive ist ja offensichtlich weitverbreitet.

Aber dieser Rachefeldzug ist tragisch *schock*

Sylvie *angsthab*
bei rachefeldzug komme ich nicht mit. wie kommst du darauf, daß sie rache übt?
*******day Frau
14.272 Beiträge
@interzone
Solche Verhaltensmuster entstehen nicht ohne Grund. *g*

Wäre es nur das "Jetzt-will-ich-nur-noch-Spaß"-Muster, gäbe es keinen Grund, gezielt Ehemänner auszuwählen.

Wäre es nur das "Ich-bleibe-jetzt-immer-unverbindlich"-Muster, könnte sie eine gemütliche "Friends-with-Benefits"-Geschichte ausmachen.

Aber sie bricht nach dem immer gleichen Grundmuster in immer neue Ehen ein.

So war ihr als einzige destruktive Möglichkeit, die sie auch mit Eleganz und ohne vulgäre Handgreiflichkeiten ausüben konnte, dieser Bruch geblieben – der Ehebruch.

Wobei ich nicht zu orakeln wage, ob sie sich an den Männern, an den Frauen oder stellvertretend an den eigenen Eltern rächt *nixweiss*

Sylvie *holmes*
Ich bin zu solchen Überlegungen nicht gekommen. Für mich ist sie eine etwas durchgeknallte Frau, die sich ein Hobby zugelegt hat und keine, die nach einem Verhaltensmuster agiert, das auf einer Entscheidung beruht, nur noch Spaß haben oder immer unverbindlich sein zu wollen. Sie bricht in der Geschichte keine Ehe im Sinne eines Zerbrechens. Sie will mit den Männern spielen, aber deren Ehen nicht kaputtmachen. Wenn man Lust am Psychologiesieren hat, könnte man eher auf den Gedanken verfallen, daß sie keine Ablehnung vertragen kann und deshalb auf Männer zugeht, die ihre Hosen eh schon offen tragen.
Die Interpretation des Ungeschriebenen
Wieso eigentlich die Geschichte interpretieren wollen?

Mittlerweile lasse ich Geschichten einfach nur auf mich wirken und versuche gar nicht erst, die beschriebene Person zu begreifen, sondern jene zu erfassen, die als Autor(in) hinter diesen steht.

Dies ist viel spannender und realer, als einer fiktiv beschriebenen Person ein Handlungsmuster an-interpretieren zu wollen. Letztendlich interpretiert der Autor seine Charaktäre auch. Der Leser vermag seine Sicht mit der Originalinterpretation lediglich mehr oder minder gut in Deckung zu bringen.


Danke für die Geschichte, deren Hauptperson mir zehn Minuten Zerstreung beim Lesen bereitet hat.

!Bernd
interessanter beitrag. mit dem versuch, über den text auf den autor zu schließen, bist du meiner auffassung nach bei der interpretation zweiten grades angelangt. wie das ohne eine deutung der charaktere bewerkstelligt wird, ist mir ein rätsel.
macht ruhig weiter - bin gespannt, wo ihr da landet! ..*g*

irgendwo ne Ehe zu brechen???...japps...gier......lach
@interzone
mit dem versuch, über den text auf den autor zu schließen, bist du meiner auffassung nach bei der interpretation zweiten grades angelangt.

Was ist dieses Interpretation zweiten Grades? Ist hierzu das Bilden partieller Ableitungen nach den Einflussgrößen Personen in der Handlung notwendig"?

Schriftstil, Thematik, Schwerpunktsetzung und die Auflösung der Handlung - sprich: "die Darstellung der Moral der Geschicht'" erlauben sehr wohl diesen Rückschluss, ohne darauf eingehen zu müssen, warum die Frau in der Geschichte Ehemänner auf Waschmaschinen flachlegt.

!b
das war nicht mein argument. ich meine, du kannst nicht ohne interpretation des beschriebenen auf den autor schließen. wie weit diese interpretation geht, ist eine andere frage. aber ohne die personen in irgendeiner weise zu begreifen geht es nicht. man muss ja nicht zu weit gehen und die figuren mit bedeutung überladen.

übrigens:
In Ostfriesland gibt es ein Flüsschen; die Ehe. Sie fließt in die Jümme, die kurz darauf in die Leda fließt, die wiederum, ebenfalls nur ein paar Kilometer weiter westlich, bei Leer in die Ems mündet. In der Ehe habe ich schon als Bobbele gebadet, mit einer wahrscheinlich erbärmlichen Badehose um die Hüften und auf einem großen Trekkerhinterreifenschlauch liegend. Daß die Ehe nicht nur schön, sondern auch tückisch sein kann, musste ich eines Sommertages lernen; ich trieb hilflos in einen riesigen, ekligen Mückenschwarm, aus dem meine Mutter einen entsetzt schreienden Jungen befreien musste.
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
@ interzone
So ganz verstehe ich Deine Argumente auch noch nicht ...

Wieso muss ich, um auf den Autor zu schließen, seine Geschichte interpretieren? Kann es nicht auch genügen, einfach mal hinzuspüren?

(Der Antaghar)
Werter Herr Anthagar...
...ebenso sehe ich es.

vielleicht magst du es wissen, dass ich eine Treppenstufengeschichte über Cleo geschrieben habe. Und dies einfach aus dem Bauch heraus, ohne Geschichten zu interpretieren.

Kurzgeschichten: Treppenstufengespräche: Cleo's Tango

Anschließend habe ich mich ausgiebig mit Cleo unterhalten und weiß, inwiefern ich richtig gelegen habe.

Daher bin ich überzeugt, dass es nicht notwendig ist, den Zugang zu einem Autor über die beschriebenen Personen zu suchen. Wenn der Bauch Geschichten liest und der Kopf ausgeschaltet bleibt, hat man einen wesentlich tieferen Zugang zur Geschichte und mehr Freude am Lesen.

!b
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
@ RavenFox
Du sagst es, mein Freund!

*top*

Danke für den Tipp mit den Treppenstufengesprächen, die sind mir wohl mal wieder entgangen bei all der Fülle hier an beeindruckenden Werken ...

(Der Antaghar)
was ist denn spüren anderes als interpretieren? wie gesagt, es ist nicht mein argument, die figuren mit bedeutung über gebühr zu beladen und zu psychologiesieren, es sei denn, der text forderte dazu heraus. dieser tut es eben nicht. gleichwohl habe ich ein gefühl oder eine mischung mehrerer gefühle beim lesen. wenn ich ein bestimmtes gefühl empfinde, dann deshalb, weil mich die erzählung erreicht. ich habe das gelesene interpretiert, den inhalt für mich und in meiner persönlichen art und weise übersetzt.

ich sehe das formulieren, das deutlichmachen dessen, was da als verständnis bzw. empfindung besteht, nicht als einen gegensatz zum fühlen; man kann es formulieren und muss es nicht. und wenn man es tut, heißt das nicht, daß man das fühlen zugunsten irgendeines logos, eines verstandesmäßigen zer- oder berredens, über bord wirft. ganz im gegenteil: das gefühl ist ja durch logos, durch sprache entstanden. ich habe durch lesen gefühlt, also kann ich prinzipiell auch gefühltes beschreiben.
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
@ interzone
Ich sehe und erlebe einen enheblichen Unterschied zwischen dem, was ich bioenergetisch spüre - und dem, was mein Verstand interpretiert. Gefühle sind zwar keineswegs die Feinde des Verstandes, aber eben doch etwas völlig anderes. Sehr gut erläutert ist das u. a. in "Wer bin ich? Und wenn ja, wie viele?".

Da unterscheiden wir uns wohl ziemlich. Ich respektiere und achte das, aber ich sehe es völlig anders als Du ...

(Der Antaghar)
wir sind wirklich sehr verschieden. du empfiehlst ein buch, das ich sehr überflüssig finde, ärgerlich geradezu. selbstverständlich akzeptiere ich das ebenso wie du. wär ja auch n ding. ich halte es allerdings für außerordentlich bedauerlich und enttäuschend, wenn ein inhaltlicher austausch genau das ende findet, das ich gerne einmal vermieden hätte: du denkst halt so und ich so.

anstatt die diskussion weiterzuführen und beispielsweise deine entgegensetzung von gefühl und verstand als etwas jeweils völlig anderes in den mittelpunkt und vor allem: zur diskussion zu stellen. beispielsweise deine formulierung umzudrehen und zu fragen: zeigt sich hier nicht die tief wurzelnde überzeugung, der verstand sei der feind des gefühls?
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Noch niemals, lieber Interzone, habe ich eine Diskussion vermieden, die einen gewissen Sinn zu machen scheint. Und so werde ich mich auch hier gerne weiter austauschen und auseinandersetzen.

Doch zunächst hab ich einfach mal den Ist-Zustand festgestellt ... Und es gibt ja auch noch andere, die etwas dazu zu sagen bzw. zu schreiben haben, es wäre aus meiner Sicht nicht Sinn der Sache, würden wir beide hier einen Disput führen.

Ich bin immer noch dabei und ziehe mich keineswegs zurück.

Übrigens: Der Verstand ist nicht der Feind des Gefühls, im Gegenteil! Aber er bedarf aus meiner Sicht der Gefühle, um "lebendig" zu sein. Was eiskalter und purer Verstand bewirkt, ist für uns alle um uns herum tagtäglich zu beobachten und zu erleben - nämlich nichts als Unverstand. Verstand ohne Herz, nennt man das gemeinhin - und das ist ziemlich erbärmlich. Allerdings, auch das muss betont werden, sind Gefühle ohne Verstand ebenso erbärmlich, und auch davon kann jeder die Folgen tagtäglich erleben und erfahren. Beide sollten sich ergänzen, sozusagen Hand in Hand gehen und zusammen arbeiten. So sehe ich das jedenfalls ...

Und das Buch mag in manchen Passagen ärgerlich sein (da gebe ich Dir durchaus recht), aber deshalb ist nicht das komplette Buch ärgerlich. Und was Gefühle betrifft, hat es den Kern dennoch sehr trefflich beschrieben, wie ich finde. Und leider würde es hier wohl zu weit führen, in die moderne Hirnforschung und Endokrinologie bzw. Biochemie einzusteigen, wir sind hier ja kein fachliches Forum für derartige Debatten.

Bin gespannt ...

(Der Antaghar)
Profilbild
****ia Frau
22.263 Beiträge
egal, wie viele ich gerade bin
ich mag die protagonistin in der geschichte irgendwie...

schön geschrieben, cleo!

und für mich auch nachvollziehbar
auch wenn ich nicht so werden möchte
da liegt ein punkt, dessentwegen ich widersprochen habe und in dem du dir vor einer stunde mit raven so einig warst: das lesen mit dem bauch, "mit ausgeschaltetem Kopf", als dem wahren, wesentlichen und viel tiefergehenden zugang zu einem text.

ein bauch kann nicht lesen, aber auch im übertragenen sinne liest er über den verständigen anderen teil, den verstand. was alles an unverstand in der welt ist; legion. ob das aber durch "herzlosen" oder sonstwie gearteten verstand hervorgerufen wird, ist doch eine frage, die noch weiter weg führt, als wir schon sind.
Profilbild
****ia Frau
22.263 Beiträge
ich weiß nicht...
ich lese nicht mit dem bauch
sondern mit dem herzen!
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Ich lese mit Verstand und Gefühl ... was ist das dann? *gruebel*

Aber eigentlich darf ich hier nicht wirklich mitreden, weil ich meistens beinhart analysiere - mit der Betonung auf meistens *zwinker*

Jeder der eine Geschichte liest, empfindet anders. Da spielen die verschiedenen Lebenserfahrungen hinein und das ist ja auch gut so. Ich finde auch im Sinne des Autors ist es gut, wenn eine Geschichte auf viele Arten verstanden werden kann. Nicht immer muss alles klar und deutlich ersichtlich sein. Es kann auch einmal Raum für eigene Emotionen geben, die vielleicht vom Autor so gar nicht gesehen wurden.

Macht das nicht erst eine Geschichte interessant?


Herta
Also ich lese ja mit dem Verstand. Immer schon. Ich habe auch schon Erbsen gelesen, aber das ist lange her. Das war zu der Zeit, als ich noch in der Ehe badete. Heute lese ich hin und wieder Schrauben aus der Schraubenkiste oder Kippen aus dem Beet. Das ist der grundlegende Sinn des Lesens; das Herausklauben des Wesentlichen, des Bedeutsamen. Was das denn sei, bestimme ich selbst. Welche Erbsen sind die guten? Welche Schrauben brauche ich? Kippen gehören nicht ins Beet. Wenn ich Texte lese, klaube ich das Bedeutsame heraus, und das geht so: Mein Verstand liest ihn mir vor, weil nur er es kann. Herz und Bauch hören zu und machen Miene.

Aber so einfach ist es nicht. Das wäre ja langweilig. Herz und Bauch haben vom Vertstand schon einiges von cleo vorgelesen bekommen und können sich noch gut erinnern. Wenn also der Verstand sagt: Oh, seht mal: Was neues von cleo! Dann rufen Herz und Bauch im Chor: Ja! Lies vor! Natürlich kann es auch anders sein. Zum Beispiel dann, wenn es Herz und Bauch erstmal egal ist oder sie sogar sagen: Oh nein! Nicht der schon wieder! und der Verstand aber lesen will, weil er meint, bei einem Autor oder Thema weiterkommen zu wollen.

Oder es kann so sein, daß der Verstand irgendwie ins krause Kraut geschossen ist und gerne liest, nicht nur, um etwas herauszuklauben, sondern hineinzulegen.
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
@ Interzone
Wusstest Du schon, dass das Herz über ca. 50.000 Neuronen verfügt, die ein kleines, halbautonomes Gehirn bilden, das enge Verbindung hält zum Gehirn in unserem Kopf? Und dass das Herz bei einem Embryo zu schlagen beginnt, bevor das Gehirn überhaupt so weit ist, ihm die Anweisung dazu geben zu können, weil es eben selbst über diese Neuronen verfügt? Und wusstest Du schon, dass wir alle nachweislich in den Eingeweiden mehrere Millionen Neuronen haben, die ebenfalls eine Art Bauchgehirn bilden? (Vielleicht eine Erklärung für das, was man Intuition nennt?)

*

Ich lese meistens, wie auch Du, Erbsen oder Wesentliche heraus (auch wenn für mich "EHE" nur die Abkürzung von "erare humanum est" ist ...) - oder Bücher mit dem Verstand.

Aber - und das ist wohl der Unterschied - ich schalte dabei meine Gefühle nicht aus, und manchmal fühle ich beim Lesen bestimmter Passagen berührt oder getroffen oder ärgerlich oder traurig ... Und auch das sind kostbare Informationen, die man herauslesen kann aus Geschriebenem: Gefühle.

Es ist wie z. B. bei Musik: Höre ich da auf die einzelnen Instrumente, auf bestimmte Noten o. dgl., dann erfasse ich niemals die gesamte Aussage, die Stimmung und das Berührende der Stücke, die ich da höre. Man kann natürlich Musik nur mit dem Verstand hören, aber für mich ist es nicht einmal der halbe Genuss.

Ist es bei Dir anders?

(Der Antaghar)
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