Geht´s noch?
Es klingelte. Johnny ist dran.
»Hi Johnny. Wie geht´s?«
»Gut, viel besser. Du hast mir sagenhaft geholfen.
»Schön, freut mich.«
»Ähm sag mal, ich habe da eine Frage.«
»Ja?«
»Wegen dem Telefonsex.«
»Ja?«
»Na, du hattest ja abgelehnt.«
»Ja.«
»Sag mal, wenn ich dir 50 Euro gebe, könntest du dir dann vorstellen, dass wir telefonieren? Du brauchst auch nichts zu sagen dabei. Nur ja oder nein.«
»Mmh. Also...«
»Und nur so 10 min. Könntest du dir das vorstellen?«
»Es bedeutet dir viel?«
»Ja, sehr. Du weißt ja, was mit meiner Prostata los ist, diese ganze Krebsgeschichte geht mir so an die Nieren. Und ich kann seit ewigen Zeiten nicht mehr - du weißt schon. Und dann hatte ja deine Behandlung so gut gewirkt. Ich habe wieder was gespürt bei mir. Dass du den Telefonsex nicht wolltest, verstehe ich ja. Aber wie gesagt, das hier ist ja nur ein Gespräch, beziehungsweise nur ein Zuhören.«
»Mmh. Ok. Ja ich verstehe. Wir können das probieren.«
»Super! Ich ruf dich nachher an. Wie gesagt, nur 10 min. Tschau!«
Was soll´s dachte sie, sie würde ja nichts tun müssen. Nur zuhören. Das kann doch nicht schaden.
Er massierte sich und sie hörte zu. Er sprach darüber, was er gerade tat und sie hörte zu, sagte nur ja oder nein oder mmh oder lachte mal.
Mittendrin brach das Gespräch ab.
»Hallo? Hallo?«
Nichts. Sie legte auf. Wartete. Da klingelte es wieder.
»Man, irgendwas hier klappt nicht. Du warst plötzlich weg.«
»Und wie geht es dir jetzt?«
»Deprimierend. Es hat nicht geklappt.«
»Vielleicht willst du zu viel auf einmal?«
»Kann sein.«
»Da beginnt sich doch gerade erst wieder langsam etwas zu regen.«
»Ja eben. Du weißt ja nicht wie das ist... so als Mann.«
»Achte deinen Körper mehr. Lerne dich selbst anzunehmen und zu lieben. Und deinen Körper zu lieben, so wie er ist. Du hast von deinem Körper immer nur gefordert. Er musste seinen Mann stehen, auf Teufel komm raus. Wir haben ja schon darüber gesprochen.«
»Ja, ich weiß. Ich versuche das alles zu verstehen. - Können wir das demnächst wiederholen?«
»Ich weiß nicht. Ich finde es nicht gut, dass du mich dafür brauchst. Das fühlt sich nicht gut an für mich.«
»Warum?«
»Weil ich nicht dein Werkzeug sein mag.«
»Aber du hilfst mir doch nur. Was ist daran schlecht?«
»Ich fürchte, ich helfe dir nicht, dir selbst zu helfen.«
»Meinst du?«
»Ja.«
»Ich muss Geduld mit mir haben, stimmt´s?«
»Ja, und ein paar Dinge bei dir anschauen. Wir hatten ja darüber gesprochen.«
»Ok, also danke noch mal. Und das Geld... «
»Lass mal. Es ist ok so.«
Nachdenklich stand sie am Fenster. Sie würde nichts annehmen. Natürlich nicht.
Wie verzweifelt musste dieser Mann wohl sein, wenn er darauf zurückgriff, für Geld andere zu bitten, ihm dabei zuzuhören. Welche Hoffnungen hatte sie da ungewollt in ihm geweckt? Und welche verdrehte Welt lässt Männer geil werden, wenn ihnen fremde Frauen am Telefon zuhören?
© Gud_Rune 03/2010