GIB MIR DEINE LIEBE
Kapitel 1: Das ErwachenEtwas Seltsames lag in der Luft, als ich letzte Nacht aufwachte. Die Welt um mich herum schien still zu stehen, als ob selbst die Zeit den Atem anhielt, um auf das Unvermeidliche zu lauschen. Mein Zimmer war in einem schwachen, fremdartigen Licht getaucht, das von keinem Mond und keiner Lampe stammen konnte. Es war, als hätte sich das Universum für einen Moment zu mir herabgeneigt, um mir ein Geheimnis zu flüstern.
Ich setzte mich auf und rieb mir die Augen, doch das Licht blieb. Und dann – da war sie, diese Stimme. Sie war leise, fast wie ein ferner Hauch im Wind und doch schien sie von überallher zu kommen. Die Worte, die sie sprach, schnitten durch die Stille der Nacht, als wären sie für mich bestimmt und nur für mich allein:
"Gib mir deine Liebe."
Die Worte hatten etwas Hypnotisches an sich. Sie schwebten in der Luft wie ein Versprechen, das man nicht ignorieren konnte. Mein Herz begann schneller zu schlagen, ohne dass ich verstand, warum. Es war, als hätte ich eine Einladung in etwas Unbekanntes erhalten, eine Einladung, die ich nicht ablehnen konnte.
"Versuch, an Gefühle zu glauben," fuhr die Stimme fort, sanft und doch eindringlich. "Versuch, an mich zu glauben."
Ich konnte nichts sehen, außer diesem besonders geformten Licht, das in der Dunkelheit zu schweben schien. Und doch hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden – nicht mit Argwohn, sondern mit einer Art tiefer Verbundenheit. Es war, als ob etwas oder jemand auf mich gewartet hatte, für eine sehr lange Zeit.
"Gib mir deine Liebe."
Ich spürte, wie sich etwas in mir veränderte. Ein Ziehen, das tief in meinem Inneren begann und sich nach außen ausbreitete, wie eine Flamme, die langsam aber sicher entfacht wurde. Die Worte der Stimme klangen vertraut, als hätte ich sie schon einmal gehört, irgendwo in den Tiefen meines Bewusstseins, in einem Traum vielleicht, den ich längst vergessen hatte.
"Die Zeit hat einen besonderen Wert," sagte die Stimme und ich konnte nicht anders, als den Sinn dieser Worte zu spüren, auch wenn ich ihn nicht vollständig begreifen konnte. "Ein Moment der Liebe ist Ewigkeit."
Das Licht flackerte kurz und schien sich zu verändern. Für einen flüchtigen Augenblick meinte ich, eine Tür darin zu erkennen, aus Glas und Licht geformt. Die Tür schien so nah und doch unerreichbar weit entfernt zu sein. Aber die Stimme versprach mir, dass ich sie finden würde.
"Du wirst sie öffnen," flüsterte die Stimme, als die Dämmerung begann, den Nachthimmel zu durchdringen. "Du wirst die Nacht verlassen und du wirst dich nie alleine fühlen."
Die Stimme verklang langsam, wie ein verblassendes Echo, das im Nebel des Morgens verschwand. Zurück blieb nur das Gefühl, dass etwas Großes auf mich wartete. Etwas, das meine gesamte Existenz verändern würde.
Kapitel 2: Die Zeichen
Als der Morgen kam, war das Licht verschwunden und mit ihm die Stimme. Doch die Worte blieben in meinem Kopf, eingebrannt wie ein unauslöschlicher Traum. Ich konnte sie nicht vergessen, egal wie sehr ich es versuchte. Und tief in meinem Inneren wusste ich, dass es kein Traum gewesen war. Es war real.
Ich ging durch den Tag wie in Trance. Meine Gedanken waren nicht bei der Arbeit oder den alltäglichen Dingen, sondern bei dieser seltsamen, fast übernatürlichen Erfahrung der letzten Nacht. Was bedeutete es? Wer oder was hatte zu mir gesprochen? Und was wollte es von mir?
Die Welt um mich herum begann sich zu verändern, subtil, aber merklich. Ich bemerkte Zeichen, kleine Details, die ich zuvor übersehen hätte. Eine Feder, die wie aus dem Nichts auf meinen Weg fiel. Ein Schmetterling, der inmitten eines grauen Herbsttages in leuchtenden Farben flatterte. Und immer wieder dieses Gefühl, dass jemand oder etwas in meiner Nähe war, etwas, das ich nicht sehen konnte, aber dessen Präsenz ich deutlich spürte.
"Gib mir deine Liebe," hallte die Stimme in meinem Kopf wider, jedes Mal, wenn eines dieser Zeichen auftauchte.
Ich versuchte, diese Erfahrungen rational zu erklären, doch jede logische Erklärung schien hohl und bedeutungslos. Es war, als ob mein Verstand in einem Netz aus Geheimnissen gefangen war, das sich langsam enger um mich zog. Und tief in meinem Inneren begann ich zu verstehen: Die Welt, die ich kannte, war nur die Oberfläche. Darunter lag etwas anderes, etwas, das ich gerade erst zu begreifen begann.
Dann, eines Abends, als der Himmel in tiefem Indigo leuchtete und die ersten Sterne am Horizont funkelten, sah ich sie wieder. Die Tür. Sie stand am Ende eines langen, einsamen Pfades, der sich durch den Wald hinter meinem Haus schlängelte. Glas und Licht, genau wie die Stimme es gesagt hatte. Mein Herz raste vor Aufregung und Furcht zugleich. Ich wusste, dass dies der Moment war, von dem die Stimme gesprochen hatte. Der Moment, in dem ich entscheiden musste, ob ich diesen Weg wirklich gehen wollte.
Kapitel 3: Der Pfad des Lichts
Zitternd vor Erwartung und Ungewissheit trat ich näher an die Tür heran. Das Licht, das sie umgab, war warm und einladend, wie die Umarmung eines alten Freundes. Doch es war auch fremd, anders, als alles, was ich jemals zuvor erlebt hatte. Ich legte meine Hand auf das kühle Glas und spürte ein sanftes Vibrieren, als ob die Tür auf meine Berührung gewartet hatte.
Mit einem tiefen Atemzug drückte ich die Tür auf.
Was mich dahinter erwartete, konnte ich nicht beschreiben. Es war, als hätte ich eine Schwelle überschritten, nicht nur in einen neuen Raum, sondern in eine neue Dimension des Seins. Die Welt, die ich betrat, war durchdrungen von einem Licht, das weder Sonne noch Mond gehörte. Es war ein Licht, das von innen heraus strahlte, aus allem, was existierte.
Und dann war da wieder die Stimme.
"Gib mir deine Liebe."
Kapitel 4: Die Begegnung
Die Welt, die ich betreten hatte, war gleichzeitig unendlich und vertraut. Jeder Schritt fühlte sich an, als würde ich tiefer in einen Traum eintauchen, doch meine Sinne waren schärfer als je zuvor. Die Farben um mich herum waren lebendig, pulsierend, als würden sie im Rhythmus eines unsichtbaren Herzschlags tanzen. Der Boden unter meinen Füßen war weich und doch fest, wie eine Mischung aus Wolken und Erde.
Ich ging weiter, getrieben von einer inneren Kraft, die ich nicht erklären konnte. Die Stimme war verstummt, doch ihre Präsenz fühlte ich noch immer in der Luft um mich herum. Sie führte mich, unsichtbar, aber spürbar, wie ein sanfter Wind, der mich in eine bestimmte Richtung trieb.
Plötzlich hielt ich inne. Vor mir öffnete sich ein weiter, ruhiger See. Das Wasser war klar wie Glas und spiegelte den Himmel wider, der in Schattierungen von Violett und Gold glühte. Auf der anderen Seite des Sees erhob sich ein gewaltiger Baum, dessen Äste weit in den Himmel ragten. Seine Blätter funkelten im Licht wie Juwelen und aus seinem Inneren strömte ein sanftes Leuchten, das das gesamte Ufer erhellte.
Und dort, am Rande des Sees, stand eine Gestalt. Sie war hochgewachsen, von schlanker Gestalt und in ein Gewand aus Licht und Schatten gehüllt. Ihr Gesicht konnte ich nicht erkennen, doch ich spürte ihre Augen auf mir. Ein Gefühl tiefer Ruhe überkam mich und gleichzeitig eine unbeschreibliche Sehnsucht. Es war, als hätte ich diese Gestalt mein ganzes Leben lang gesucht, ohne es zu wissen.
Die Gestalt hob eine Hand und in dem Moment schien die gesamte Welt den Atem anzuhalten. Dann sprach sie – mit der gleichen Stimme, die mich in der Nacht geweckt hatte.
"Willkommen," sagte sie und ihre Worte klangen wie Musik in meinen Ohren. "Du hast den ersten Schritt getan."
"Wer bist du?" fragte ich und meine Stimme klang in dieser stillen Welt fremd und klein.
"Ich bin ein Teil von dir und doch bin ich viel mehr," antwortete sie. "Ich bin das, wonach du suchst. Ich bin das, was du immer in deinem Herzen getragen hast. Liebe."
Das Wort hallte in mir nach, füllte mich aus mit einem Gefühl, das ich kaum beschreiben konnte. Es war wie ein warmes Feuer, das in meiner Brust brannte, wie die Umarmung einer längst verlorenen Erinnerung.
"Was soll ich tun?" fragte ich leise. "Warum bin ich hier?"
Die Gestalt trat näher und ich konnte jetzt das sanfte Leuchten in ihren Augen sehen. Es war, als ob sie in meine Seele blickte, jede Angst, jede Freude, jede Sehnsucht, die ich je empfunden hatte, kannte.
"Du hast eine Wahl," sagte sie. "In dir liegt die Kraft, diese Welt zu verändern, so wie sie dich verändert. Du bist nicht nur hier, um zu empfangen. Du bist hier, um zu geben."
"Zu geben?" wiederholte ich verwirrt. "Was kann ich geben?"
"Deine Liebe," antwortete die Gestalt schlicht. "Liebe ist das mächtigste Geschenk, das du hast. Sie kann heilen, was gebrochen ist und das Unmögliche möglich machen. Aber Liebe erfordert Mut. Sie verlangt, dass du dich öffnest, verletzlich machst und dass du an etwas Größeres glaubst als nur an dich selbst."
Die Worte der Gestalt trafen mich tief. Sie erinnerten mich an die Stimme in der Nacht. An das Versprechen, dass ein Moment der Liebe Ewigkeit bedeuten könnte. Aber sie brachten auch eine Welle von Unsicherheit mit sich. Liebe war etwas, das ich immer als kostbar und fragil angesehen hatte. Etwas, das leicht zerbrechen konnte. Wie konnte ich etwas so Zerbrechliches geben, ohne es zu verlieren?
Die Gestalt schien meine Gedanken zu erahnen und lächelte sanft. "Liebe ist nicht begrenzt, sie ist endlos. Je mehr du gibst, desto mehr wirst du empfangen. Aber du musst bereit sein, den ersten Schritt zu tun. Vertraue auf das, was du in dir trägst und die Welt wird sich vor dir öffnen."
Ich stand still, ließ die Worte in mir widerhallen. Es war, als ob ein Schleier vor meinen Augen zerriss und ich zum ersten Mal die wahre Bedeutung von Liebe verstand. Sie war keine Kette, die uns band, sondern Flügel, die uns erhoben.
"Wie finde ich den Mut, diesen ersten Schritt zu tun?" fragte ich schließlich.
Die Gestalt trat noch näher und legte eine Hand auf meine Schulter. Ihre Berührung war warm und beruhigend, wie Sonnenstrahlen nach einem kalten Winter. "Du hast den Mut bereits in dir. Es ist der gleiche Mut, der dich durch die Tür geführt hat. Vertraue ihm und vertraue mir."
Mit diesen Worten begann die Gestalt, sich langsam aufzulösen, als ob sie in das Licht um sie herum verschmolz. Doch bevor sie völlig verschwand, hörte ich ihre Stimme noch einmal, klar und stark:
"Gib mir deine Liebe und die Welt wird sich verwandeln."
Kapitel 5: Der Spiegel des Herzens
Nachdem die Gestalt verschwunden war, blieb ich lange am Ufer des Sees stehen, starrte in das klare Wasser, das die Farben des Himmels spiegelte. Die Worte hallten nochmals in mir nach und ich fühlte eine neue Art von Energie in meinem Inneren, als ob ein verborgenes Feuer in mir entfacht worden war.
Ich setzte mich schließlich auf einen flachen Stein am Ufer und starrte in die Tiefe des Sees. Irgendetwas zog mich an, ein Gefühl, das ich nicht benennen konnte. Es war nicht die gleiche unsichtbare Kraft wie zuvor, sondern eher eine stille Neugier, eine Ahnung, dass etwas in diesem Wasser auf mich wartete.
Langsam beugte ich mich vor, bis mein Gesicht fast das Wasser berührte. Und dann, plötzlich, sah ich es. Mein eigenes Spiegelbild. Doch es war nicht so, wie ich es kannte. Das Gesicht im Wasser war jünger, strahlender, als hätte es alle Lasten und Sorgen abgelegt, die das Leben mit sich bringt. Aber es war nicht nur das. In den Augen meines Spiegelbildes sah ich eine tiefere Wahrheit. Es war, als ob ich durch die Oberfläche des Wassers hindurch in eine andere Version von mir selbst blickte, eine Version, die ich immer hätte sein können.
Ich hob eine Hand und mein Spiegelbild tat es mir gleich. Doch in diesem Moment veränderte sich das Bild. Die Augen meines Spiegelbildes begannen zu leuchten, ein sanftes, goldenes Licht, das aus dem tiefsten Inneren zu kommen schien. Und dann hörte ich wieder die Stimme, diesmal leise, fast wie ein Echo:
"Gib mir deine Liebe und du wirst die Tür finden."
Verwirrt und fasziniert zugleich richtete ich mich auf. War die Tür, von der die Stimme sprach, nicht die, die ich bereits durchschritten hatte? Oder gab es noch eine andere Tür, eine tiefere, die noch darauf wartete, geöffnet zu werden?
In diesem Moment wusste ich, dass meine Reise noch lange nicht vorbei war. Sie hatte gerade erst begonnen.
Kapitel 6: Die zweite Tür
Die Tage und Nächte verschwammen, als ich mich tiefer in die Welt des Lichts und der Spiegel begab. Jeder Schritt brachte mich näher zu der Wahrheit, die mir durch die Stimme enthüllt wurde. Ich wanderte durch endlose Landschaften aus Licht und Schatten, begegnete Wesen, deren Worte in Rätseln gesprochen wurden und fand immer wieder die seltsamen Türen aus Glas und Licht. Jedes Mal, wenn ich eine von ihnen öffnete, wurde mir eine neue Facette der Liebe gezeigt. Nicht nur als Gefühl, sondern als Kraft, die die Fäden des Universums zusammenhielt.
Aber eine Tür blieb mir verschlossen. Sie war nicht wie die anderen. Diese Tür war aus reinem Licht geformt, pulsierend und lebendig, als ob sie ein eigenes Bewusstsein hätte. Jedes Mal, wenn ich versuchte sie zu öffnen, spürte ich, wie meine Hand zurückgewiesen wurde. Als ob ich noch nicht bereit war.
Ich begann zu verstehen, dass diese Tür etwas bedeutete. Etwas viel tiefgründigeres und wohl Endgültiges. Sie war nicht nur ein Portal zu einer neuen Dimension sondern war die Tür zur letzten Wahrheit, die Wahrheit, die ich tief in mir selbst finden musste.
Eines Abends, als ich am Ufer des Sees saß und über die Bedeutung der letzten Tür nachdachte, erschien die Gestalt erneut. Diesmal war ihre Präsenz noch heller, fast überwältigend in ihrer Intensität. Sie setzte sich neben mich und für einen Moment spürte ich, dass sie genauso viel von mir brauchte, wie ich von ihr.
"Warum ist diese Tür noch verschlossen?" fragte ich, die Stimme leicht zitternd.
Die Gestalt lächelte sanft, als ob sie meine Frage schon wieder erwartet hatte. "Weil du noch nicht bereit bist, sie zu öffnen. Diese Tür führt dich nicht nur zu einer neuen Dimension des Lebens, sondern sie ist auch der Übergang in die letzte Erkenntnis, den letzten Frieden. Es ist der Punkt, an dem Liebe und Tod sich treffen."
"Der Tod?" wiederholte ich und eine Welle von Angst kroch in mir hoch.
"Ja," sagte die Gestalt sanft. "Der Tod ist nicht das Ende, sondern eine Rückkehr. Liebe und Tod sind zwei Seiten derselben Münze. Sie sind untrennbar miteinander verbunden. Die Tür, die du suchst, ist die Tür, die viele fürchten, aber du hast die Macht, sie anders zu sehen. Als einen Übergang in das, was jenseits liegt. Als einen Moment der Liebe, der ewig währt."
Ich spürte, wie die Bedeutung dieser Worte in mir widerhallte. Ich hatte immer den Tod gefürchtet, wie so viele Menschen es tun. Doch hier, in dieser Welt, wurde er mir als etwas anderes gezeigt. Etwas, das weder endgültig noch furchteinflößend war, sondern als Teil eines größeren, endlosen Kreislaufs der Liebe.
"Wenn du diese Wahrheit akzeptieren kannst," fuhr die Gestalt fort, "dann wirst du die Tür öffnen können. Nicht nur für dich, sondern auch für andere."
Kapitel 7: Die Rückkehr
Als ich erwachte, war ich wieder in meinem Bett. Das seltsame Licht war verschwunden und die Nacht war still. Doch etwas war anders. Ich fühlte keine Trennung mehr zwischen mir und der Welt, die ich betreten hatte. Die Erkenntnisse, die ich gewonnen hatte, waren jetzt ein Teil von mir, unauslöschlich eingebrannt in mein Herz und meine Seele.
Ich wusste, dass meine Reise noch nicht vorbei war. Doch sie würde anders verlaufen, als ich es mir vorgestellt hatte. Die Welt, in die ich zurückgekehrt war, brauchte diese Erkenntnis ebenso sehr wie ich. Menschen lebten in ständiger Angst vor dem Unbekannten, vor dem Ende, das sie nicht begreifen konnten. Ich hatte gesehen, dass der Tod nicht das war, wofür wir ihn hielten. Er war nicht die Dunkelheit, sondern ein weiteres Tor aus Glas und Licht. Eine Tür, die sich nur dann öffnete, wenn wir bereit waren, zu verstehen, was jenseits von ihr lag.
Ich begann, regelmäßig Hospize zu besuchen. Es war keine bewusste Entscheidung, eher eine innere Notwendigkeit, ein Drang, den ich nicht ignorieren konnte. Die Menschen, die ich dort traf, standen am Rande dieses letzten Übergangs. Sie waren verängstigt, einsam, verloren in der Ungewissheit dessen, was auf sie wartete. Viele von ihnen klammerten sich verzweifelt an das Leben, weil sie glaubten, dass jenseits davon nur Dunkelheit lag.
Doch ich wusste es jetzt besser.
Ich setzte mich an ihre Betten, hörte ihren Geschichten zu und erzählte ihnen dann meine eigene. Von der Stimme, die mich in der Nacht geweckt hatte, von der Gestalt die mich empfing, von den Türen aus Licht und Glas, von der Erkenntnis, dass Liebe und Tod ein und dasselbe waren. Ich erzählte ihnen von der Welt, die ich gesehen hatte, von den Wundern und dem Frieden, der dort auf sie wartete. Und langsam, mit jedem Besuch, bemerkte ich, wie sich etwas veränderte.
Die Angst in ihren Augen begann zu verblassen. Sie hörten mir zu, nicht mit der Skepsis, die man oft gegenüber ungewöhnlichen Geschichten hat, sondern mit einer tiefen, stillen Hoffnung. Sie begannen, den Tod nicht mehr als Feind zu sehen, sondern als einen Freund, der sie auf eine neue Reise mitnehmen würde.
Eine ältere Frau, die ich oft besuchte, sagte eines Tages zu mir: "Du hast mir die Angst genommen. Jetzt sehe ich den Tod nicht mehr als das Ende, sondern als einen neuen Anfang. Danke."
Ich wusste, dass meine Geschichte nur ein Funke war, aber manchmal genügt ein kleiner Funke, um die Dunkelheit zu vertreiben. Jeder Mensch, den ich traf, wurde zu einem Teil meiner eigenen Reise und ich zu einem Teil ihrer. Zusammen fanden wir den Mut, die letzte Tür zu öffnen. Die Tür aus Glas und Licht, die uns alle irgendwann erwartet.
Und so, mit jedem neuen Besuch, verstand ich mehr und mehr, was die Gestalt gemeint hatte. Liebe und Tod waren untrennbar miteinander verbunden, zwei Seiten derselben Münze. In der Akzeptanz des einen fand ich den Frieden im anderen.
"Gib mir deine Liebe," flüsterte die Stimme immer noch in meinen Träumen. Und ich gab sie, jeden Tag, jedem Menschen, der bereit war, zuzuhören.
Und in diesem Akt der Liebe, im Teilen meiner Geschichte, fand ich selbst die tiefste Wahrheit, dass Liebe nicht nur das Leben veränderte, sondern auch die Ansicht vom Tod. Und dass jeder Moment der Liebe tatsächlich eine Ewigkeit bedeutete.
Unter anderem inspiriert durch
den Song „GIVE ME YOUR LOVE“ von Frank Duval.