Nicht schon wieder!
Lange nicht gesehen.Sie schreibt ihm eine email, mal so.
er schreibt zurück, höflich und erfreut.
Sie schreibt zurück, erfreut und höflich.
Er schreibt zurück, erfreut und vergnügt.
Sie schreibt zurück; vergnügt und höflich.
Er schreibt; vergnügt und selbstsicher.
Sie schreibt, irritiert und selbstversichernd.
Er schreibt, vergnügt und verunsichernd.
Sie schreibt, er habe sie verunsichert.
Er schreibt, es sei nicht seine Absicht gewesen, grins.
Sie schreibt, sie sei vergnügt gewesen.
Er schreibt, es sei seine Absicht gewesen, grins.
Sie schreibt,
er auch.
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Er schreibt: das Begehren sei der Fingerzeig auf der Wunde des Lebens.
Sie schreibt: die Wunde kenne sie auch. Aber keinen Fingerzeig.
Er schreibt, es bedürfe einer offenen Hand.
Sie schreibt, ihre bedeckten ihre Augen.
Er: ja; und dann doch im Dunkeln.
Sie: hm...., wo sonst?
Er: das Ausweichen sei zauberhaft, sei grazil, sei geistreich
Sie: danke!
Er schreibt zurück, er würde es wagen, das Leben.
Sie schreibt zurück, sie habe Angst.
Er schreibt zurück, er würde es wagen, das Leben.
Sie schreibt, auch, aber noch nicht jetzt.
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Sie korrigiert: doch jetzt. Morgen Nachmittag,
dreizehn Uhr, an der Brücke.
Er schreibt zurück, ich werde da sein, grins.
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Wer ausweichte, der eine Schlucht aus Furcht, aus Begehren, aus unauslöschlicher Daseinsfreude und Daseinsbetrübnis hinter sich hat, der weicht aus und fällt lange und tief; wer ausweichte, der hat nur Halt in anderen Armen und breitet seine aus zum Flug; wer ausweichte, schwebt über dem Abgrund und unter dem Himmel und gleitet, wie ein Vogel, hält inne, wie ein Stern, verglüht wie ein Meteor;wer ausweichte, sinkt in anderen Armen nieder und löscht sich aus und hört auf zu sein und wird wieder geboren. Und stirbt endlich still, mit offenen Augen, mit einem Seufzer, mit einem Lacher, mit einer unauslöschlich erwachten Daseinsfreude und vergessener Daseinsbetrübnis, mit der Gewissheit nie vorher gelebt zu haben, doch jetzt, doch jetzt, doch jetzt.
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Sie sagt: ich werde da sein.
Er sagt: ich auch, aber noch nicht jetzt.
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Sie korrigiert, nachträglich. Mit einem gigantischen Tintentod, den sie kaum halten kann, fährt sie über die Zeilen, mehrmals, mehrmals täglich, mit einem gigantischen Tintentod fährt sie über die Zeilen und doch bleibt nur ein Unterstrich.
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Da bleibt nichts übrig,
sie nimmt die Hände von ihren Augen, greift in sich und verpackt die Wunde in Seidenpapier, in so vielen Hüllen, dass sie nicht mehr tropft.
Sie nimmt die Hände von ihren Augen und streckt ihre Arme aus und streckt sich und streckt sich dem Himmel entgegen und streckt ihre Flügel aus und ihre Flügel sind weit ausgespannt und sie gleitet
und gleitet, und als die Schlucht unter ihr ist, sieht sie im roten Lehm ihren Schatten dahingleiten, sie beobachtet ihr Gleiten und ihren majestätischen, stillen, ungetrübten Flug, unten ist er Schatten, unten ist roter Lehm oder blaues Wasser, stille, ungetrübte Fischschwärme, unten ist nichts, als der Schatten.
Und die herabfallenden Tränen verglühen auf dem Weg, wie Meteore und sinken unbemerkt ins Meer.
Und es bleibt ungewiss, ob das alles mal stattgefunden hat, die Schlucht, das Begehren, die Hände, die Wunde; sicher ist nur der Flug.
Und todsicher ist, dass es gottverdammt da oben weit sicherer ist als irgendwo anders..
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Er schreibt eine email /////
Sie schreibt eine email /////
Er: grins....
Sie: grins....