Der Redner
…aus einem Schreibprojekt im Jahre 2017 - passt auch noch zu heutigen EreignissenJetzt noch die volle Ladung Dreck in die Stimme und fertig war die Laube!
Er rieb sich die Augen, trat vor die versammelten Mikrophone. Auf diesen Moment war er vorbereitet, alle wollte er verbal vergenusswurzeln, mit seinem siegesgewissen Lächeln aufhübschen und dabei eine Niederlage zum Sieg erklären.
Wieder und wieder hatte er vor dem Spiegel die Szene geprobt. Dass er dabei stets die Hand von seiner vermeintlichen Wespentaille in die innen offene Hosentasche gleiten liess und rhythmisch seinen Schwanz streichelte, gehörte zum Ritual. Es funktionierte auch vor Publikum. Sein Glücksbringer, ein Titancockring, war stets an der rechten Stelle und bereitete ihm zunehmenden Genuss.
Los gehts! Er begann seine Ansprache mit einigen Allgemeinplätzen und spulte alles weitere nur ab. Zu seiner Rechten, die Kollegin mit der quikigen Stimme, schaukelte wie immer von einem Fuss auf den anderen und es war ihr anzumerken, auch olfaktorisch, dass seine Rede sie in einen gewissen Erregungszustand versetzte. Blöde Kuh, dachte er.
Einen Moment lang waren ihm die Bilder von der orgiastischen Marktplatzszene aus dem Film „Das Parfüm“ vor Augen. Aber halt, er war gerade inmitten seiner eigenen Seifenoper und da galt es ohne Zetermordio das grosse Finale zu gestalten.
Mit der rechten Hand rieb er durch die Hosentasche seine Päonienknospe und schloss mit den Worten: „Niemand hat die Absicht.... (oh, falsche Rede!) ähem.... Koalitionen sind Rauch und Schall, ähh... Schall und Rauch, aber nicht mit mir!
Minutenlange Stille wurde von dem Klicken der Kameras abgelöst. Im Nu war der ganze Spuk vorbei.
Er ging zufrieden zu seiner Limousine.