Dance me to the End of Love (By L. Cohen)
Ich habe mich hier an einem, für mich, neuen Thema versucht. Die Geschichte ist mir beim Musikhören eingefallen, wie schon der Titel sagt. Auf eure Kritik bin ich gespannt Herzlichst
Herta
Dance me to the End of Love (By L. Cohen)
„Komm und tanz mit mir“, sagte er schüchtern lächelnd. Sie wussten beide, dass sie nicht tanzen konnten. Es ging nur um die Berührung, die Musik, die sie beide liebten und den Augenblick. Was die anderen, die guten Tänzer, über sie dachten, war ihnen egal. Auffordernd bot er ihr die Hand. Nach leichtem Zögern griff sie zu und folgte ihm auf die Tanzfläche. Einige Paare schwebten bereits gekonnt über das Parkett. Ihre Schrittfolgen und Figuren passten sich hervorragend dem Rhythmus an und erzeugten Neid bei den Zuschauern.
Lillibeth und Julian bewegten sich steifbeinig zwischen diesen elfengleichen Tänzern und blickten sich dabei tief in die Augen. Sie hörten nur die Musik und spürten sie durch die Fußsohlen in sich eindringen. Schon bald wurden ihre Bewegungen geschmeidiger und sie vergaßen alles rund um sich.
Die Musik spielte von Liebe und Liebe stand in ihren Augen, Verlangen sprang aus ihren Berührungen und Sinnlichkeit versprach ihr Mund.
Sie tanzten und hielten sich dabei sanft umschlungen, wobei sie immer enger aneinanderrückten, bis sich ihre Körper berührten und von Sehnsucht sprachen, die sie nicht in Worte fassen konnten, weil das Wort dafür zu schwach war. Weiter tanzten sie, drehten sich im Kreis, tranken sich mit den Augen und versanken in dem Blick des Anderen. Sie waren eine Bewegung, ein Muster, das auf ein Ende hoffte, das irgendwann kommen würde – unausweichlich, wie alles ein Ende findet.
Doch dies war erst der Beginn. Der Anfang eines Moments des Fühlens, des Begehrens.
Oftmals mussten ihnen die guten Tänzer ausweichen, weil sie nicht darauf achteten und ineinander versunken in ihrem eigenen Traum schwebten.
Er beugte seinen Kopf und legte die Lippen an ihren Hals, ganz sanft, fast nicht spürbar und doch so intensiv, als würde er sie hier vor Allen heftig küssen. Wohlige Schauer rannen über ihren Rücken und sie richtete sich gerade auf, neigten den Kopf etwas zur Seite und bot ihm den Hals. Ein feines Lächeln umspielte ihre Lippen und sie schloss die Augen, gab sich ganz dem Tempo der Musik hin und seinem Atem an ihrem Hals, der Wärme seiner Lippen und der Liebkosung seiner Hände, die bewegungslos auf ihren Hüften lagen und sie hielten, wenn sie strauchelte.
Als der Tanz zu Ende war, wurden sie von allen angestarrt, denn sie bewegten sich in ihrem eigenen Rhythmus weiter. Vollführten ihren Tanz des Werbens und des Verlangens.
Lillibeth erwachte als erste aus dem Traum, öffnete die Augen und errötete leicht. Auch Julian kam wieder in die Gegenwart zurück, nahm ihre Hand und führte sie an seine Lippen. Er hauchte ihr einen zarten Kuss auf den Handrücken und murmelte: „Vielen Dank für diesen Tanz.“
Der Rausch der Sinnlichkeit erlosch, die Violinen schwiegen und sie waren wieder sie selbst, das alternde Ehepaar, das sich für einige Minuten wiedergefunden hatte. Sie waren noch ein Paar, Lillibeth und Julian.
(c) Herta 4/2010