Eine Handvoll Rosenblätter
© Nisham 2009Auf dem Markt haben sie mich an diesem Samstag für verrückt gehalten. Ich komme dahin, als sie gerade all ihre Stände zusammenräumen. Kaufe hier, da und dort Rosen; zu Schleuderpreisen. Alle sehen auch nicht mehr so taufrisch aus. Der Kofferraum meines Autos ist voll. Voller Rosen.
Den Nachmittag verbringe ich zu Hause, all die zarten Rosenblätter zu zupfen und das ganze Bett damit zu bedecken. Du hast mir ja von deiner Phantasie erzählt, dich einmal in einem Bett voller Rosenblätter zu lieben…
Wir haben ausgemacht, dass du an diesem Samstag nach deiner Arbeit gegen 18 Uhr zu mir kommst, weil ich ja eine Überraschung für dich habe. Du hast mir noch gestern am Telefon gesagt, wie sehr du dich freust, wie gespannt du bist, was für eine Überraschung ich da wohl für dich habe.
Das Bett sieht toll aus: unzählige Rosenblätter, von dunkelrot bis hellrosa. Ein betörender Duft füllte das Schlafzimmer.
Ich kann es nicht leugnen, aber als es auf meiner Uhr 6 zeigt, ist meine Anspannung schon sehr groß. Deine Unpünktlichkeit berechnend, weiß ich, dass ich noch ein wenig warten muss. Es wird viertel nach, dann halb… Kurz vor sieben klingelte es an der Tür. Endlich!
Ich öffnete strahlend und erwartungsvoll. Doch nicht du stehst da. Nein, es ist deine Freundin: „Darf ich kurz mal reinkommen?“
Ich zögerte ein wenig, bringe keinen Ton raus.
„Bitte, es ist wichtig.“
Was bleibt mir übrig? Die Tür steht ja weit offen und mit einer kleinen Geste lade ich sie ein einzutreten.
„Lass uns kurz sitzen, am besten in der Küche.“
Ich folge ihr. Setze mich ihr gegenüber.
„Es fällt mir sehr schwer. Aber ich muss dir eine Botschaft übermitteln…“
Ich bringe immer noch keinen Ton heraus.
„Sie wird nicht kommen. Nie wieder.“
Ich schlucke. Schaue sie ungläubig an. Kann, will nicht verstehen.
„Sie ist heute weg. Mit einem Anderen. Sie konnte es dir nicht sagen. Sie hat mir gesagt, sie kann es nicht ansehen wenn sie dir das Herz bricht.“
Immer noch bringe ich keinen Ton heraus. Sie ergreift meine Hand, die auf dem Tisch liegt. Ihr Händedruck wirkt wie ein Knopfdruck: ich breche in Tränen aus. Ich weine und schluchzt. Kann einfach nicht aufhören.
In dieser Nacht hat sie noch das Laken mitsamt den Rosenblättern entsorgt.
Ich habe seit dieser Nacht nie wieder weinen können. Bis auf den heutigen Tag. So viele Tränen, wie ich in dieser Nacht vergossen habe – das somd Tränen für ein halbes Leben.
Jahre später werfe ich ein Handvoll Rosenblätter ins Meer und versöhne mich mit den Rosen.