Interview auf der Buchmesse
„Frau Grützkräutner, was ist das Geheimnis, das hinter ihrem Bucherfolg steht?“„Ach, wissen sie, einst war ich eine ganz gewöhnliche Frau mit ganz gewöhnlichen Bedürfnissen, ganz gewöhnlichen Träumen und ganz gewöhnlichen Tätigkeiten. Selten passierte etwas Außergewöhnliches. Ich hatte einen höchst gewöhnlichen Gatten außergewöhnlich gewöhnungsbedürftige Kinder und mein ganzes Leben verlief so gewöhnlich, dass ich es im Nachhinein fast schon als extraordinär bezeichnen könnte.“
„Aber das allein sagt ja noch nichts über ihr Buch aus. Wie kam es dazu, dass sie ein solches Werk angingen?“
„Als ich mich schon verloren glaubte, in der schrecklich verstörenden Welt der realitätsbezogenen Lebensnähe, kam mir ein genialer Gedanke, wie ich mein wertvolles Inneres befreien könne.
Ich schnitzte mir eine Wünschelrute!“
„Ja, die Wünschelrute ist ja ein wichtiges Element, in ihrem Ratgeber…“
„Allein das Schnitzen dieser Wünschelrute beflügelte meinen Geist so sehr, dass ich beinahe das Gefühl hatte, abzuheben.
Die Wünschelrute fand zwar weder Wasseradern, noch Ölquellen oder irgendwelche Geisterwesen. Aber sie eröffnete mir den Blick in eine völlig neue Welt.
Menschen sprachen mich an, wenn sie mich mit meiner Rute gehen sahen. Fremde Menschen, die viele Fragen hatten. Suchende.“
„Und dann schrieben sie das Buch, Frau Grützkräutner?“
„Nein, das dauerte noch sehr lange. Ich stieß natürlich in meiner Familie auf heftigen Widerstand, nachdem ich angefangen hatte, mit der Rute zu gehen.“
„Was hatte ihre Familie dagegen auszusetzen?“
„Na ja, meine Kinder zunächst mal eigentlich nichts. Aber mein Gatte war mit der Rute nicht so glücklich. Bei ihm schlug sie nämlich das erste Mal aus. Und danach immer, wenn er nach Hause kam. Es war fast unheimlich. Irgendwann blieb er dann weg. Und somit war auch kein Geld mehr da. Ich musste also etwas unternehmen.“
„Sie waren also Mittellos und Alleinerziehend? Ähnlich wie diese Frau Rowlings, die diese Geschichte über diesen Zauberlehrling geschrieben hat?“
„Ja, genauso ist es. Und ich dachte, was die kann, das kann ich allemal. Also kam ich auf die Idee dieses Buch zu schreiben, das es so noch in keinem einschlägigen Esoticker-, Entschuldigung, Estoterikladen zu erstehen gab:
Töpfern sie sich mit der Wünschelrute ihr Karma aus dem Rotz heiliger Indischer Kühe. Eine Einführung in 10 leicht lernbaren Lektionen.
„Und was wird ihr nächstes Projekt sein?“
„Oh, da bin ich mir noch nicht ganz sicher. Vielleicht Atmen! Eine essentielle Erfahrung"
„Frau Grützkräutner, erzählen sie mir noch mehr von ihrem neuen Projekt!“
„Oh, leider habe ich keine Zeit mehr. Sie wissen ja, die Fans… Ich lese heute aus meinem Buch Von blinden Frauen unter Wasser mit dem Munde geklöppelt. Was Männer nie erfahren werden“
(c) Rhabia 04-2010
Heija... Walpurgisnacht!